Heute vor genau einem Jahr, am 1. November 2017, kam die Volksinitiative "Mehr Hände für Hamburger Kitas" zustande. Die Initiatoren haben damals zu Recht Alarm geschlagen und darauf aufmerksam gemacht, dass in Hamburg Anspruch und Wirklichkeit in der Kindertagesbetreuung seit Jahren auseinanderdriften. Trotz des gesetzlichen Anspruchs auf eine kostenfreie Grundbetreuung haben immer mehr Eltern Schwierigkeiten, wohnortnah einen Platz zu erhalten, wenn sie ihn auch wirklich brauchen. Die Anzahl der Platznachweisverfahren von Eltern, die einfach keinen Platz finden, hat sich von 2016 bis 2017 verzehnfacht, und in diesem Jahr werden wir eine noch höhere Zahl haben. In vielen, wenn nicht gar allen Kitas in Hamburg gibt es mittlerweile lange Wartelisten, die aus politischen Gründen nicht Wartelisten genannt werden dürfen, sondern Interessenlisten, damit auch niemand den Eindruck bekommt, in Hamburg würde irgendjemand auf einen Platz warten. So geht es nicht weiter, hier muss sich der Senat ehrlich machen und nicht nur weiter von regionalen Engpässen sprechen.
Wenn Eltern aufgrund eines Unterangebots an Plätzen jeden Platz annehmen müssen, den sie irgendwie ergattern können, wird der Wettbewerb zwischen den Einrichtungen mit Profilbildung und positivem Ringen um das beste pädagogische Konzept als einer der Eckpfeiler unseres Gutschein-Systems komplett ad absurdum geführt. Wir beantragen daher heute, alles Erforderliche in die Wege zu leiten, um den realen Kita-Platzbedarf in Hamburg transparent zu ermitteln. Sie haben dann im weiteren Verlauf der Sitzung die Gelegenheit, unserem Antrag in dieser Sache zuzustimmen.
Die mangelnde Übersicht beim Kita-Platzbedarf ist leider nicht das einzige Problem in Hamburg. Hauptkritikpunkt der eingangs erwähnten Kita-Initiative ist völlig zu Recht die Tatsache, dass die reale Situation in den Kindertagesstätten leider eine erhebliche Divergenz aufweist
Zunächst einmal wäre die Einigung mit der Initiative der perfekte Moment gewesen, den vollkommen intransparenten rechnerischen Betreuungsschlüssel zugunsten eines realen Schlüssels aufzugeben, der mittelbare Pädagogik, Urlaub, Krankheit und Fortbildung voll berücksichtigt,
Dinge, die jeden Tag den Kita-Alltag beeinflussen, aber vor denen der Senat bei der Festlegung des Schlüssels vollkommen die Augen verschließt.
Diese Chance ist meines Erachtens allein deshalb verpasst worden, weil Rot-Grün sich nicht die Blöße geben wollte, einen Betreuungsschlüssel aufzuschreiben, der auf den ersten Blick schlechter aussieht und erst auf den zweiten Blick ehrlicher und transparenter ist. Das ist aber noch nicht alles.
Dazu kommt noch, dass der Senat im Nachgang des letzten Familienausschusses zugestehen musste, dass der geltende Schlüssel grundsätzlich und dauerhaft von allen Einrichtungen in Hamburg um 10 Prozent unterschritten werden darf. Das weicht den Schlüssel noch einmal erheblich auf.
dest die Frage stellen könnte, ob sie nicht aufgrund ihres erheblich unterschiedlichen Qualifikationsniveaus zumindest unterschiedlich einzupreisen sind. Dem Ganzen setzen Sie die Krone auf mit der 90-prozentigen Einbeziehung von Hilfskräften ab Tag eins ihrer Arbeit. Die haben nach Ihrem neuen Modell gerade 360 Stunden Schnelllehrgang hinter sich und dann fünf Jahre Zeit, eine Qualifikation zu erreichen, welche ihnen die Aufnahme einer Ausbildung als sozialpädagogische Assistenz ermöglicht. Dann kommt der Treppenwitz, denn in dem Moment, wo sie das erreicht haben und wo sie bis zu fünf Jahre lang in den Schlüssel eingerechnet wurden, werden sie ab dem Tag, an dem sie dann ihre Ausbildung beginnen, nicht mehr mitgerechnet. Da muss die Kita im Zweifel wohl ein bisschen aufpassen, dass dann in der entsprechenden Einrichtung nicht plötzlich irgendwelche Richtwerte gerissen werden.
Der derzeitige Betreuungsschlüssel ist mehr Schein als Sein, und das halten wir Freie Demokraten nicht für richtig. Wir werden daher in der übernächsten Sitzung einen Antrag zur transparenten Darstellung des Betreuungsschlüssels stellen.
Auch heute haben wir schon einen vorgelegt, Herr Kienscherf, Sie werden ihn vielleicht in der Tagesordnung entdeckt haben. Damit Sie eben nicht sagen, wir meckern nur,
sondern sehen, dass wir auch eigene Vorschläge haben, kann ich Ihnen sagen, dass wir beantragt haben, das Antragsverfahren für den Kita-Gutschein zu vereinfachen. Das haben Sie abgelehnt.
Wir haben beantragt, den Erzieherberuf auf die Mängelliste der Berufsagentur aufzunehmen. Das haben Sie sogar angenommen, ich weiß also nicht, warum Sie sich jetzt beschweren. Wir haben bereits vor zwei Jahren beantragt, dass der Betreuungsschlüssel in den Haushalt aufgenommen werden soll. Sie haben das abgelehnt und haben es trotzdem gemacht. Heute beantragen wir, den Platzbedarf in den Kitas besser sichtbar zu machen. Erzählen Sie mir also nicht, dass wir als FDP keine eigenen Ideen haben.
(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Sie kommen eine Woche zu spät!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Irgendwie komme ich mit dem Thema "Chancengerechtigkeit fängt in der Kita an – Wie steht es um Hamburgs Kinderbetreuung?" und der Rede von Herrn Oetzel nicht so ganz klar; irgendwie habe ich das Gefühl, er hat von anderen Bundesländern geredet, aber nicht von Hamburg.
Ich möchte einmal anfangen mit einem Zitat eines etwas größeren Trägers hier in Hamburg, was in Hamburger Kitas eigentlich passiert. Zitatanfang:
"Wir beteiligen die Kinder an den für sie wichtigen Entscheidungen, sodass sie ihr Recht und ihre Pflicht auf Teilhabe an der Gemeinschaft zunehmend wahrnehmen können. Bei uns erleben die Kinder Demokratie."
Man merkt an solchen Zitaten, dass die frühkindliche Bildung schon lange bei unseren Kita-Trägern angekommen ist und sie sich auf einem sehr hohen Niveau bewegen, das sie immer weiter entwickeln werden.
Zurzeit werden rund 86 700 Kinder in Krippen, Kitas und in der Tagespflege betreut, und diese Zahl ist weiter steigend. Das sind übrigens fast 100 Prozent der Dreibis Sechsjährigen und knapp 50 Prozent der unter Dreijährigen. Damit liegen wir weit über dem Bundesschnitt bei Krippenkindern.
An der Stelle nicht zu vergessen: Hamburg war das erste Bundesland, das den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz eingeführt hat, und wir erfüllen auch diesen Rechtsanspruch. Das hat meine Enkeltochter gerade erfahren in Niendorf. Der Wunschkindergarten, überhaupt kein Problem. Kinder von Freunden von mir haben einen Wunschkindergarten in Wandsbek, das war überhaupt kein Problem.
Das alles bei der Wahlfreiheit zwischen Kita und Kindertagespflege oder zwischen dem letzten KitaJahr und Vorschule. Natürlich steigt die Attraktivität der Angebote weiter, wenn nur noch die Qualität verstärkt wird und bessere Fachkräfteschlüssel geschaffen werden. 1:4 als Betreuungsschlüssel für die Hamburger Krippen bis zum 1. Januar 2021 und 1:10 im Elementarbereich bis zum 1. Januar 2024 bedeuten einen weiteren Schritt …
Sie bedeuten einen weiteren Schritt hin zu Qualitätsverbesserung und frühkindlicher Bildung in den Hamburger Kitas, und diese Betreuungsschlüssel können sich bundesweit mittlerweile sehen lassen.
Dass wir dieses jetzt gesetzlich verankert haben, wie mit der Kita-Volksinitiative vereinbart, führt bei allen Beteiligten zu Sicherheit für die nächsten Jahre und kann hierdurch rechtssicher geplant werden.
Chancengerechtigkeit aber fängt schon vor der Kita an, weil wir nicht nur darauf warten, dass die Eltern diese Angebote annehmen. Wir werben aktiv für die Inanspruchnahme dieser Angebote, gerade dort, wo Kinder sonst möglicherweise nicht von frühkindlicher Bildung und Betreuung profitieren würden. Das gilt zum Beispiel für den Ausbau der Eltern-Kind-Zentren, um Eltern im Sozialraum zu erreichen und zu bewegen, ihre Kinder in eine Krippe oder Kita zu bringen, und ausdrücklich auch für Eltern, die solche Einrichtungen aus ihrer ursprünglichen Heimat nicht kennen. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass die Bürgerschaft einstimmig den Senat ersucht hat, in einem neuen Evaluationsbericht zu ermitteln, wie die EKiZ ihren Auftrag erfüllen und neue Zielgruppen erreichen. Auch die Stärkung der Lotsenprojekte für Flüchtlinge wirbt in diese Richtung.
So können wir feststellen, dass bisher schwächere Stadtteile für frühkindliche Bildung und Betreuung aufholen. Flankiert werden diese Maßnahmen durch das Kita-Plus-Programm, rund 330 der circa 1 100 Hamburger Kindertageseinrichtungen nehmen daran teil und setzen die um 12 Prozent bessere Personalausstattung hauptsächlich für Sprachförderung ein. Hamburgweit gilt: Noch nie haben so viele Kinder so früh und so lange von frühkindlicher Bildung profitiert wie heute.
Wenn immer mehr Schulen berichten, dass in ihren ersten Klassen die Sprachförderung deutlich zurückgegangen ist und was das allein für zukünftige Schulabschlüsse und Chancengerechtigkeit von Anfang an bedeutet, dann sind die für 2020 prognostizierten 1 Milliarde Euro richtig gut angelegtes Geld und eine Investition in die Zukunft unserer Kinder.
Die Stärkung der Betreuungsquoten, die Stärkung der Qualität und bekannte Planungen für über 70 neue Kitas zeigen, es steht wirklich gut um Hamburgs Kinderbetreuung. Wir werden die frühkindliche Bildung weiter vorantreiben im Sinne von Chancengleichheit und Teilhabe. – Danke.