Protokoll der Sitzung vom 01.11.2018

Für die CDU-Fraktion bekommt Herr Heißner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ja, es stimmt, der Senat setzt auf die Kitas in dieser Stadt einen politischen Schwerpunkt.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Und das aus Ih- rem Mund, Herr Heißner!)

Und Sie, Rot-Grün, haben diesem Schwerpunkt nicht nur Worte folgen lassen, sondern ihn auch finanziell hinterlegt. Ich glaube, für keinen Aufgabenbereich in den Fachbehörden geben wir inzwischen mehr Geld aus als für diesen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Dann sollte man aber auch erwarten, wenn Sie einen politischen und einen finanziellen Schwerpunkt auf dieses Thema setzen, dass Sie zumindest deutlich überdurchschnittliche Ergebnisse in Hamburg erzielen. Sie haben vor mehreren Jahren die Kita-Gebühren für den fünfstündigen Gutschein abgeschafft, aber was Sie vergessen haben, ist, dass es in diesem Bereich nicht reicht, einfach nur Geld zur Verfügung zu stellen, sondern man muss auch schauen, wie man die Sache umsetzt. Wie sieht es da aus? Wir haben es immer wieder hier diskutiert. Hamburg belegt von allen westdeutschen Bundesländern den letzten Platz, was den Betreuungsschlüssel in den Krippen angeht.

(Kazim Abaci SPD: Das haben wir schon im- mer gehört! Was Neues bitte!)

Das heißt, es reicht nicht, einfach nur Geld ins System zu pumpen, Sie müssen auch schauen, dass Sie es entsprechend umgesetzt bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Wie sieht es weiter in der Qualität aus? Wir haben mehrere Skandale gehabt, zuletzt bei einer Kita mit untragbaren Zuständen in Neugraben. Warum? Weil Sie seit 2010 die im Gesetz stehende Kita-Inspektion, die genau solche Qualitätskontrollen vornehmen würde, nicht umgesetzt haben. Gut, also qualitativ sagen wir einmal Mittelfeld, wenn überhaupt, wenn Sie Glück haben.

Wie sieht es denn quantitativ aus? Man sollte meinen, Sie haben das alles kostenlos gemacht. Sie sagen doch auch, erklärtes Ziel sei, möglichst viele Kinder in die Krippen zu bekommen. Und ja, Herr Lohmann hatte nicht ganz unrecht. Bei den Krippen sieht es quantitativ ganz gut aus, aber beim viel größeren Teil der Kinder, bei den Drei- bis Fünfjährigen, liegt Hamburg auf Platz 15 von 16, vorletzter Platz der Betreuungsquote.

(Dirk Kienscherf SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Ja, müssen Sie sich einmal anschauen.

Das sind nämlich die Zahlen, die Sie bekommen von der Bertelsmann Stiftung und vom Statistischen Bundesamt. Da können Sie selbst nicht …

(Zuruf)

Ja, ich weiß, bei Ihnen sind immer die Statistiken schuld, da haben sich alle verschworen gegen den Hamburger Senat und deswegen ist alles immer nicht nachvollziehbar und anders, aber das sind nun einmal die Zahlen.

Wie sieht es denn sonst quantitativ aus? Wir haben gerade dank der klugen SKA des Kollegen Oetzel, die wir ab und zu bekommen, sehen können, dass insbesondere in Harburg massiver Mangel an Kita-Plätzen herrscht. Da können Sie sich auch nicht darauf berufen, dass Sie in Hamburg besonders wenig Klagen haben auf den Rechtsanspruch, denn das ist doch erst der dritte Schritt in der ganzen Geschichte, und der Rechtsanspruch scheitert wahrscheinlich vor Gericht, wenn Sie jemandem in Neugraben irgendwo am anderen Ende von Harburg einen Kita-Platz nachweisen.

Aber die entscheidende Zahl ist, genau wie Herr Oetzel gesagt hat, die Zahl der Nachweisverfahren, und die ist massiv angestiegen. Für die Bezirke, in denen es am kritischsten ist, erheben Sie sie gleich gar nicht, in Eimsbüttel und Hamburg-Nord. Dort, wo wir es bekommen haben, in Harburg, haben wir gesehen, dass die Zahl der Nachweisverfahren massiv angestiegen ist. Hinzu kommt natürlich, dass der Fünf-Stunden-Gutschein bei den Kita-Trägern wahnsinnig unbeliebt ist, weil es am Ende natürlich trotzdem an Geld fehlt, selbst in diesem Bereich der kostenlosen Betreuung.

Also, was haben wir? Wir haben qualitativ Mittelmaß unterm Durchschnitt. Wir haben aber auch quantitativ Mittelmaß unterm Durchschnitt, und das in einem Bereich, in dem dieser Senat einen politischen Schwerpunkt setzt und in dem Sie, RotGrün, einen finanziellen Schwerpunkt setzen. Das ist, glaube ich, geradezu die Definition von schlechtem Regieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Gallina für die GRÜNE Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Chancengerechtigkeit einmal als Thema anzumelden, hat mich sehr erfreut. Ich finde, das ist auch ein wichtiges Ziel, das wir gemeinsam voranbringen sollten, aber es ist eben auch ein Ziel, das nicht nur für

(Uwe Lohmann)

junge Menschen gelten sollte, sondern für alle Menschen in unserer Gesellschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Natürlich ist es für die Bildungsbiografie eines Kindes sehr wichtig, dass es in den Genuss frühkindlicher Bildung kommt. Wir tun in Hamburg bereits eine Menge dafür, um den Bildungserfolg für alle Kinder möglich zu machen.

Ein paar Dinge sind heute schon angesprochen worden, ich erinnere Sie noch einmal daran: Beitragsfreiheit für fünf Stunden Kita, die Prio-10-Gutscheine, das KitaPlus-Programm, die weitreichenden und sehr frühzeitig eingeführten Rechtsansprüche, Vorschule in der Kita und in der Schule und vor allem stetige Qualitätsverbesserungen, für die auch unsere jüngste Einigung mit der Volksinitiative "Mehr Hände für Hamburger Kitas" steht. Das alles sind wichtige Elemente.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Aber wir tun eben auch einiges dafür, dass Kinder und Eltern überhaupt früh herangeführt werden an die Kita, und ich bin, Herr Heißner, erstaunt darüber, dass Sie sich auf die Betreuungsquote eben bezogen haben, denn die ist in Hamburg wirklich extrem gut, sowohl im Elementarbereich als auch im Krippenbereich steigt sie weiter an. Das zeigt, dass wir erfolgreich dabei sind, tatsächlich sehr frühzeitig auch Kinder, bei denen es vielleicht nicht selbstverständlich gewesen ist, an die Kita heranzuführen und darüber auch Eltern zu erreichen. Abseits von KitaPlus gibt es beispielsweise auch das Bundesprogramm Kita-Einstieg, "Brücken bauen in frühe Bildung", das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird und an dem sich auch die BASFI finanziell beteiligt. Auch damit werden Hürden sehr effektiv abgebaut.

Wir sollten vielleicht noch einmal diese Anmeldung dazu nutzen, den Blick ein bisschen weiter schweifen zu lassen als nur auf die Kita, wenn es um die Frage der Chancengerechtigkeit geht. Das jüngste Beispiel, vielleicht haben Sie es auch gelesen, von Bildungsforscher Klaus Klemm, der im Auftrag des DGB eine Studie durchgeführt hat, zeigt, dass es eben sehr viele andere wichtige Faktoren gibt, die auch in unserer Stadt großen Einfluss haben. Da sind wir zum Beispiel wieder beim Thema soziale Entmischung von Wohngebieten, denn auch da spiegelt sich natürlich in der Kita und später in der Schule wider, wenn wir es nicht schaffen, überall in der Stadt flächendeckend bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Da frage ich mich dann schon, sowohl bei der FDP als auch bei der CDU, wo eigentlich Ihre konkreten Vorschläge diesbezüglich sind.

(Michael Kruse FDP: Hat Daniel Oetzel doch gerade vorgetragen! Haben Sie nicht zuge- hört? Die Rede war vorher geschrieben!)

Rot-Grün kümmert sich darum seit vielen Jahren, und Sie kümmern sich nicht wirklich mit klugen Vorschlägen zum Wohnungsbau, sondern Sie hadern immer noch damit, dass der Markt es gar nicht schafft, das allein zu regeln in dieser Stadt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir werden aber auch in den Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit im nächsten Doppelhaushalt noch einmal stark investieren, ebenso wie in die Jugendverbandsarbeit, weil nämlich auch das Bildungsorte sind, Selbsterfahrungsorte sind, in denen Partizipation und Mitbestimmung junger Menschen gefördert werden und die sehr viel Einfluss auch auf das Thema Chancengerechtigkeit haben.

Natürlich gehört es auch dazu, dass wir Eltern weiter stärken, einerseits in der Frage ihrer Erziehungskompetenz, wenn es nötig ist, aber eben auch in Bezug auf ihre eigene Integration in den Arbeitsmarkt. Natürlich kommt es bei Chancengerechtigkeit der Kinder darauf an, dass ihre Eltern von dem Gehalt auch leben können, dass ordentliche Löhne gezahlt werden und, wenn es nötig ist, wir als Gesellschaft rechtzeitig in ihre Weiterbildung investieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Ewald Aukes FDP: Was hat das denn mit dem Thema zu tun?)

Herr Aukes, das habe ich Ihnen gerade versucht zu erklären, dass es gelegentlich schon notwendig ist, wenn man das Thema Chancengerechtigkeit anmeldet, auch gerade mit Blick auf die junge Generation, dass man sich schon die Mühe machen muss, einmal ein bisschen in größeren gesellschaftlichen Zusammenhängen zu denken. Das ist jetzt gerade hier der Angang,

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

anstatt einfach nur das Klein-Klein Ihrer Schriftlichen Kleinen Anfragen der letzten Tage zu wiederholen, was Sie hier vorn gemacht haben.

Ein weiteres zukunftsweisendes Thema in diesem Bereich ist lebenslanges Lernen. Auch da wird es massiv darauf ankommen, dass alle Menschen in unserer Gesellschaft Zugang dazu haben. Wir müssen vielleicht einmal aufhören, so zu tun, als hätten wir keine 20 Prozent verfestigte Kinderarmut in diesem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es wäre schön gewesen, wenn sich zum Beispiel die CDU dafür erwärmt hätte, einmal in Richtung einer Kindergrundsicherung zu denken, anstatt das zu tun, was Sie jetzt nämlich wieder machen im Bund. Sie sind doch diejenigen, die dafür sorgen,

(Zurufe von der FDP)

dass wir eine schöne Kindergelderhöhung bekommen, von der auch ich profitieren werde, aber ich brauche das Geld nicht.

(André Trepoll CDU: Das ist für die Kinder, das Geld!)

Die Menschen im Leistungsbezug, die Kinder, deren Eltern im Leistungsbezug sind, die bräuchten tatsächlich dieses Geld viel, viel dringender. Solche modernen Lösungen, solche zukunftsweisenden Lösungen,

(Zuruf von Philipp Heißner CDU)

die Chancen für die junge Generation bieten würden, Herr Heißner, verhindern gerade Sie im Bund.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE bekommt Herr Yildiz das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben noch keinen Wahlkampf, für eine Generaldebatte könnte ich Ihnen eine Stunde hier einen Vortrag halten.