Protokoll der Sitzung vom 01.11.2018

(Martin Dolzer)

einen Straftäter am nachhaltigsten? Ganz klar, indem man ihm die Vorteile seiner rechtswidrigen Tat wegnimmt. Da ist es nur schwer verständlich, dass es bis zum Jahr 2017 gedauert hat, bis die Bundesregierung endlich das Gesetz zur umfassenden Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung erlassen hat. Sicher gab es auch vorher schon so etwas, allerdings nur unter denkbar erschwerten Bedingungen.

Durch dieses Gesetz werden derartige Hemmnisse, die die Einziehung illegal erlangter Vermögenszuwächse erschweren, beseitigt. Kernstück der Reform ist aber die Neuausrichtung der Vermögensabschöpfung zugunsten des Opfers. Das ist neu, denn bislang galt Täterschutz vor Opferschutz. Heute haben Sie Gott sei Dank die richtigen Maßstäbe wiedererlangt.

Die Vermögensabschöpfung ist ein wirksames Instrument der Kriminalitätsbekämpfung sowie der damit einhergehenden erheblichen Stärkung der Wahrnehmung des Rechtsstaates. Wir alle wissen, wie sehr beispielsweise das Gefühl für den Rechtsstaat gelitten hat. Die Bevölkerung hat das Gefühl, dass Straftäter nicht hinreichend verfolgt werden. Von daher finde ich es ganz angenehm, Herr Dolzer von der Links-Fraktion, dass Sie hier auch die Einstellung zusätzlicher Staatsanwälte begrüßt haben. Das gilt aber wahrscheinlich nur für derartige Delikte wie Vermögensabschöpfung, denn Sie machen ja immer einen feinen Unterschied zwischen guter und zwischen böser Kriminalität.

(Martin Dolzer DIE LINKE: Das haben Sie jetzt gesagt!)

Für die Umsetzung dieser neuen modifizierten gesetzlichen Vorgaben wird zusätzliches Personal benötigt. Das liegt nicht nur daran, dass es für das neue Gesetz auch erweiterte Eingriffsmöglichkeiten gibt, sondern es liegt auch daran, dass die Komplexität dieser Verfahren in den letzten Jahren massiv zugenommen hat. Wir von der AfD werden auch in Zukunft einen besonderen Blick darauf haben, ob und inwieweit der Senat das modifizierte Recht der Vermögensabschiebung, -abschöpfung effektiv …

(Zuruf von Anna-Elisabeth von Treuenfels- Frowein FDP)

Zur Abschiebung, Frau Kollegin, komme ich gleich noch. Wir haben ja noch das Thema Sachleistungen.

Wir von der AfD werden auch in Zukunft einen besonderen Blick darauf haben, ob und inwieweit der Senat das neue Recht der Vermögensabschöpfung effektiv anwendet und seine Möglichkeiten ausschöpft. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort hat nun für den Senat Senator Dr. Steffen.

Vielen Dank. Es ist sehr viel Richtiges gesagt worden. Sehr geehrter Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Das Thema der Vermögensabschöpfung ist wirklich ein sehr wichtiges Handlungsfeld und ich möchte mich an dieser Stelle – und das ist wirklich mein wichtigster Punkt – ausdrücklich dafür bedanken, was durch die Bürgerschaft im Rahmen der letzten Haushaltsberatungen hier möglich gemacht wurde. Diese Stellenverstärkung hat sich also wirklich gelohnt und das ist eine sehr gute Verstärkung für die Staatsanwaltschaft gewesen. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bei Ihnen bedanken.

Diese Initiative hat sehr gut funktioniert. Das sehen Sie an den Zahlen, die auch hier richtig eingeführt worden sind. Die Debatte hatte zunächst ein paar Fragen offengelassen, einmal die Frage, Herr Seelmaecker: Was war jetzt mit der Landwirtschaft, warum lohnt die sich nicht? Das haben Sie offengelassen. Und die andere Frage an Herrn Dolzer, also mit dem großen Fisch und den kleinen Fischen. Ich finde, dass unsere Bilanz sehr gut belegt, dass wir beides leisten. Wir sagen immer so ein bisschen kleinlaut: Na ja, die 209 Millionen Euro müssen wir gesondert betrachten, weil wir nicht garantieren können, dass wir jedes Jahr einen Fall mit 209 Millionen Euro Vermögensabschöpfung haben werden. Aber wir haben einen solchen Fall. Das heißt, wir haben sehr wohl einen großen Fisch, jemanden, der in großem Umfang im Verdacht der Geldwäsche steht und dessen Vermögen wir arrestiert haben und wo wir sicherstellen werden, dass dieses Geld an die richtige Stelle kommt, in dem Fall der dänische Staat. Wir wünschen uns natürlich, dass die internationale Zusammenarbeit insgesamt klappt, und wir wollen an der Stelle auch von der Vermögensabschöpfung anderer europäischer Staaten profitieren. Darauf freuen wir uns ganz besonders.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, es ist auch wichtig, dass Vermögensabschöpfung nicht nur diskutiert wird als ein Instrument für die großen Fälle, sondern auch dann, wenn jemand mit bescheidenem Vermögen um einen Betrag gebracht wird, der vielleicht in der Gesamtbilanz überschaubar erscheinen mag, also diese Enkeltrickfälle. Da wird jemand vorgerückten Alters dazu gebracht, einen Betrag von 10 000 Euro an jemanden zu geben, der sich als naher Verwandter ausgibt. Dann würden wir in der Gesamtbilanz sagen: 10 000 Euro, das merken wir gar nicht. Für die betroffene Person ist es natürlich total wichtig, dass wir ihr dabei helfen, diese 10 000 Euro zurückzubekommen. Deswegen gehört eben auch das Thema kleine Fische, wie Sie

(Dirk Nockemann)

es genannt haben, dazu. Abgesehen davon gibt es auch Straftäter, die sich von kleineren Anreizen bewegen lassen, und deswegen gehört das auf alle Fälle auch dazu.

Also der Grundsatz ist: Wir entziehen den Tätern ihr erbeutetes Vermögen und sorgen dafür, dass es an die Opfer zurückgegeben werden kann. Das Verbrechen zahlt sich für die Täter nicht aus. Die zehn Stellen sind sehr gut investiertes Geld, und wir werden an diesem Thema dranbleiben, weil hier in der Tat – und das ist auch von mehreren richtig gesagt worden – weiterhin Potenzial besteht, und das wollen wir auf alle Fälle nutzen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt … Doch. Herr Seelmaecker hat das Wort für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Senator! Das will ich natürlich gern aufklären. Wer sich mit Landwirtschaft beschäftigt und die hehren Ziele betrachtet, die wir alle verfolgen, ökologische, nachhaltige Landwirtschaft, und sich dann anguckt, wie viel die Bauern für die Milchproduktion bekommen, wie viel davon subventioniert ist, welche EU-Problematiken die aufweisen, welche Probleme wir mit Dünger haben, dann ist das in dem Bereich dasselbe wie mit dem Verbrechen. Leider muss man sagen: Ordentliche Landwirtschaft lohnt sich nicht.

(Urs Tabbert SPD: Was ist mit der Landwirt- schaft?)

Das Zweite, und das ist mir noch einmal ganz wichtig: Wir hatten eben die Frage nach der Höhe der Vermögensabschöpfung gehabt. Und darauf möchte ich einmal den Blick richten, dass wir gerade im Bereich der niedrigeren oder der vermeintlich niedrigeren Beträge noch echte Probleme in der Praxis haben. Ich will Ihnen genau sagen, woran das liegt.

Heute gibt es ein häufiges Betrugsfeld im Onlinebereich. Das bedeutet: Die Menschen, die im Internet umtriebig sind, gucken sich beispielsweise an, wenn in Hamburg eine neue Gesellschaft im Handelsregister registriert wird. Dann kommt dieses Betrügerunternehmen, nutzt diese Daten, erstellt schnell eine Homepage, schafft sich online eine Bankverbindung an, da man heute nicht mehr physisch mit dem Personalausweis in irgendeine Bank laufen muss – das können Sie alles online machen –, und diese Bankverbindung befindet sich irgendwo in Großbritannien. Dann machen die Folgendes: Dann betrügen sie; ob das Enkelbetrügertrick, ob das Warenbetrug oder was auch immer ist, spielt gar keine Rolle. Da gibt es vielfältigste

Ideen, die diese Verbrecher haben. Nein, aber sie machen Folgendes: Sie bleiben unter der Schwelle von 5 000 Euro. Und die Menschen, die darauf reinfallen, und das ist leider eine Vielzahl von Menschen, die davon betroffen sind, die nämlich nicht viel Geld haben … Das Geld geht dann nach England. Die Problematik liegt darin, dass es, selbst wenn die Staatsanwaltschaft und die Polizei das ausermittelt haben, spätestens daran scheitert, dass bei Rechtshilfe die Engländer am Ende sagen: Wenn das Beträge unter 5 000 Euro sind, verfolgen wir sie nicht weiter, weil sich das nicht lohnt. Das ist ein ganz praktisches Beispiel. Und an diesen Dingen müssen wir arbeiten, um da eben auch das Vertrauen in den Rechtsstaat wiederherzustellen. Denn wenn Sie heute dem Opfer sagen: Tut uns leid, du hast nur 4 500 Euro in den Orkus geworfen, das ist jetzt Pech … Das darf es bei uns nicht geben. Das wollte ich nur noch einmal sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich stelle fest, dass es jetzt wirklich keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt gibt.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Senatsmitteilung aus der Drucksache 21/14633 Kenntnis genommen hat.

Wir kommen dann zum Tagesordnungspunkt 24, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Gemeinwohlorientierte Grundstücks- und Bodenpolitik für Hamburg – Erbbaurecht statt Ausverkauf städtischer Grundstücke.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Gemeinwohlorientierte Grundstücks- und Bodenpolitik für Hamburg – Erbbaurecht statt Ausverkauf städtischer Grundstücke – Drs 21/14660 –]

Die Fraktion DIE LINKE möchte diese Drucksache an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen.

Die Fraktionen sind übereingekommen, die Debatte zu streichen. Wir kommen gleich zur Abstimmung.

Wer möchte also nun die Drucksache 21/14660 an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist diesem Überweisungsbegehren gefolgt.

Dann kommen wir zum Tagesordnungspunkt 15, Drucksache 21/14582 …

(Glocke)

Mit Handzeichen und so weiter. Wenn es lautlos geschieht, können Sie meinetwegen gern dieser

(Senator Dr. Till Steffen)

Debatte folgen. Ansonsten möchte ich Sie bitten, Ihre Diskussion draußen weiterzuführen.

Also, Drucksache 21/14582, Bericht des Innenausschusses: Zeit zu handeln! Einführung einer Ausweis- und Kennzeichnungspflicht von Polizeibediensteten und Individuelle Kennzeichnungspflicht für die Polizei bei geschlossenen Einsätzen.

[Bericht des Innenausschusses über die Drucksachen 21/12342 und 21/12343: Zeit zu handeln! Einführung einer Ausweis- und Kennzeichnungspflicht von Polizeibediensteten (Antrag der Fraktion DIE LINKE) und Individuelle Kennzeichnungspflicht für die Polizei bei geschlossenen Einsätzen (Antrag der FDP-Fraktion) – Drs 21/14582 –]

Ich möchte hierzu vorab anmerken, dass dieser Tagesordnungspunkt von der FDP-Fraktion als Kurzdebatte angemeldet worden ist und dass jeder Rednerin und jedem Redner pro Debattenbeitrag jeweils zwei Minuten Redezeit, also 120 Sekunden, zur Verfügung stehen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Zwei Minuten sind halt sehr kurz!)

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Für die FDPFraktion hat Herr Jarchow das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spüre schon, wie Sie sich auf diese Debatte freuen. Wir haben den nunmehr formal vorliegenden Bericht des Innenausschusses zu den beiden Drucksachen bezüglich einer Kennzeichnungspflicht für die Polizei zur Kurzdebatte angemeldet, um noch einmal das bemerkenswerte Verfahren zu den Anträgen hier hervorzuheben. Dieses Verfahren wurde insbesondere durch die Koalitionsfraktionen in dieser Art und Weise durchgeführt. Natürlich wäre es uns viel lieber gewesen, hier und heute nach so vielen Monaten endlich den vom Senat bereits vor der Sommerpause angekündigten Gegenentwurf zu unseren Antrag und dem der LINKEN debattieren zu können. Diesen gibt es aber leider immer noch nicht, obwohl hier nun wirklich kein rechtliches oder administratives Neuland betreten wird. Die meisten europäischen und viele deutsche Bundesländer haben bereits entsprechende Regelungen und deren Erfahrungen dazu sind bekannt. Auch die parlamentarische Mehrheit für diese Kennzeichnungspflicht ist hier gewährleistet.

Aber nun noch einmal zum eher unbefriedigenden aktuellen Stand in dieser Sache: Wir hatten zwei unterschiedlich gestaltete, aber sorgfältig formulierte Anträge mit konkreten Gesetzesinitiativen der LINKEN und der FDP. Diese waren im Wesentlichen auch nicht neu, sondern sind seit Jahren wiederholt gestellt. Wir als Antragsteller waren auch

bereit, im Verfahren gegebenenfalls noch Anpassungen vorzunehmen.

Es kam die auch von uns geforderte Expertenanhörung im Ausschuss zustande und war durchaus erhellend, konnte sich aber nur mit den vorliegenden Drucksachen befassen; andere gab es nicht. Das führte dann aber erfreulicherweise dazu, dass der Senat binnen einer Woche aktiv wurde und eine bereits sehr konkrete Regelungsinitiative ankündigte, die sich im Kern an dem seit sieben Jahren wiederholt vorliegenden im Verfahren befindlichen Antrag der FDP orientierte. Ich sehe, meine Zeit läuft ab; deswegen komme ich zum Ende.

Das Ergebnis dieses bisher höchst ineffizienten parlamentarischen Verfahrens hat dazu geführt, dass die Drucksache des Senats uns bis heute nicht vorliegt. Wir hoffen, dass das in Kürze geschehen wird, denn es geht …

(Glocke)

Wir erwarten mit Spannung, wann Senat und Koalition endlich ihre Gegendrucksache folgen lassen werden und wie weit diese dann auch den ambitionierten Ankündigungen folgen wird. – Vielen Dank.