Protokoll der Sitzung vom 01.11.2018

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dieser beeindruckende Erfolg bei der Vermögensabschöpfung zeigt, dass die rot-grüne Entscheidung, die Staatsanwaltschaft personell zu verstärken, genau richtig und sozusagen Gold wert war. Nur durch entsprechende Investitionen in mehr Personal kann der organisierten Kriminalität und der Wirtschaftskriminalität ebenso wirksam wie nachhaltig der Kampf angesagt und entgegengewirkt werden, denn die Verfahren erfordern dezidierte Fachkenntnisse, aufwendige Ermittlungen, die oft kompliziert sind, weil sie auch auf internationaler Ebene stattfinden und man da ebenfalls Rechtshilfegesuche braucht.

Wir haben also nach kurzer Zeit sehr große Summen an Vermögen sichergestellt. Das zeigt, dass die Verstärkung in diesem Bereich ein großer Erfolg war nach so kurzer Zeit. Es kann nur heißen, weiter so. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für die SPD-Fraktion bekommt nun Herr Tabbert das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Senatsmitteilung, die wir heute diskutieren und die aus einem Antrag von Rot-Grün aus den letzten Haushaltsberatungen resultiert, kann man getrost als Win-win-win-Situation beschreiben.

(Thilo Kleibauer CDU: Triple-Win!)

Der Antrag, der dem zugrunde liegt, wurde im Übrigen nach einer Diskussion zur Stärkung der Staatsanwaltschaft, insbesondere der hier betroffenen Hauptabteilung 5, mit dem Personalrat der Staatsanwaltschaft geschaffen und zeigt sich jetzt, wie die Kollegin Timm gerade ausgeführt hat, als voller Erfolg.

Win zum Ersten, weil das Gerechtigkeitsgefühl der Bevölkerung im Bereich der Wirtschaftskriminalität gestärkt wird.

Zum Zweiten, weil durch diesen Antrag präventiv verbrechensvorbeugende Effekte erzielt werden. Durch Verbrechen erlangtes Vermögen darf nicht

mehr Grundlage sein und kann dann eben auch nicht mehr Grundlage sein für weitere Straftaten.

Drittens Opferschutz, sehr wichtig. Die Erfahrung habe ich selbst manchmal als Anwalt gemacht, wie mühselig es ist, wenn diese Möglichkeiten nicht bereitstehen, weil zum Beispiel die Staatsanwaltschaft nicht genügend Personal hat, für Opfer von Straftaten das entwendete Vermögen dann teilweise auf dem Zivilrechtswege wieder zurückzuerlangen. Auch hier bietet dieser Antrag und die Personalverstärkung bei der Staatsanwaltschaft in Kombination mit einem damals schon absehbaren Gesetz auf Bundesebene, auf das ich noch zu sprechen komme, die Möglichkeit, verstärkten Opferschutz zu leisten.

Viertens ein nicht zu vernachlässigender, aber sehr willkommener Nebeneffekt: Wir steigern damit die Einnahmen für die Freie und Hansestadt Hamburg, denn der Bereich an Vermögensabschöpfung, der nicht zugunsten der Opfer geschieht, sondern der darüber hinaus erfolgt, und der ist auch nicht unerheblich, kommt letzten Endes der Staatskasse zugute. Und das ist auch etwas, worüber keiner in diesem Hause so richtig traurig sein kann.

Dem Antrag lag damals zugrunde, dass Vermögensabschöpfungen – und das materielle Recht, das dem zugrunde liegt, ist ja Bundesrecht – erleichtert werden. Deswegen war das eigentlich ein Best-Practice-Beispiel für ein gutes Zusammengreifen von Justizpolitik auf Landesebene und auf Bundesebene, schon etwas im Vorgriff auf ein absehbares Gesetzgebungsvorhaben des damaligen Bundesjustizministers Heiko Maas, das aber auch im Zusammenhang mit der CDU damals dann noch verabschiedet wurde. Es sollte nämlich dadurch – und das ist nun auch geschehen, wie sich an den Zahlen ablesen lässt – vereinfacht werden, rechtswidrig erlangtes Vermögen mit weitaus weniger Aufwand als bisher abzuschöpfen und dann entweder für die Staatskasse oder für die entsprechenden Opfer sicherzustellen.

Die Zahlen hat die Kollegin Timm vorhin schon genannt; sie sind beeindruckend. Man kann nur hoffen, dass es so weitergeht. Für meine Fraktion und, ich glaube, auch für die Fraktion der GRÜNEN kann man nur sagen: Der Erfolg sollte uns ermutigen, weiterhin bei dem Thema dranzubleiben und zu schauen, dass wir diese Erfolgsgeschichte weiterschreiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion bekommt nun Herr Seelmaecker das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren! Vermögensabschöpfung. Ich habe etwas gelernt im Le

(Dr. Carola Timm)

ben: Verbrechen und Landwirtschaft lohnen sich nicht. Und die Vermögensabschöpfung … Wir haben ja viele verschiedene Strafzwecke, das lernt man im Studium: Es solle der individuelle Straftäter abgehalten werden, in Zukunft Straftaten zu begehen, andere potenzielle Straftäter sollen davon abgehalten werden, Straftaten zu begehen. Schuld, Sühne, das sind alles die Dinge, die im Studium und in der Theorie eine große Rolle spielen. Ich sage Ihnen: Die Vermögensabschöpfung ist eines der probatesten Mittel, um der organisierten Kriminalität das Handwerk zu legen. Insofern ist es gut und richtig, dass wir heute die Möglichkeit haben und diese auch genutzt wird, diese Vermögensabschöpfung wesentlich stärker zu nutzen, als es früher der Fall war.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN und der FDP)

Es ist insofern auch zu loben und richtig, dass die Verstärkung bei der Staatsanwaltschaft notwendig war. Wir werden allerdings noch mehr tun müssen. Denn es sind nicht nur die Staatsanwälte betroffen, es sind nicht nur die Gerichte betroffen, sondern wir haben auch noch die Rechtspfleger, die davon betroffen sind. Und bei den Rechtspflegern wird es sicherlich noch nachzusteuern geben. Es gab 2016 im Bereich der Staatsanwaltschaft 30 Rechtspfleger und wir haben 2018 dort immer noch 30 Rechtspfleger, allerdings zwei Stellen nicht besetzt, und das sind diejenigen, die am Ende das Ganze umsetzen müssen, die die Verteilung vornehmen müssen, das auszahlen müssen. Und bitte bedenken Sie: Es geht immer um Opfer von Straftaten, die Geld wiedererlangen sollen neben dem, was nur fürs Staatssäckel ist; das, was wir hier eben als Argument des Opferschutzes hatten. Das heißt, dass die Menschen das Vertrauen in den Rechtsstaat zurückerhalten: Der Staat hilft mir, wenn ich Opfer von Kriminalität geworden bin, und ich erhalte das wieder. Das heißt, gerade dieser Umstand ist wichtig, und deswegen, meine ich, müssen wir auch an die Rechtspfleger denken und zusehen, dass wir dort eine Verstärkung bekommen. Das möchte ich auch zum Anlass nehmen … Es wird häufig gewitzelt über die vermeintlich arbeitsscheuen Menschen im öffentlichen Dienst. Gerade an dieser Stelle kann man sehen, dass davon sicherlich nicht die Rede sein kann angesichts der vielen Überstunden, die dort geschoben werden, angesichts der vielen Mehrarbeit, die dort geleistet wird, wo sich die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte wirklich redlich darum bemühen, mit Überstunden, mit Urlaubsverzicht das zu erlangen, worüber wir hier letztlich reden. Und das ist wirklich einen großen Dank wert, wie ich meine, und das ist ein wirklich hilfreicher Aspekt bei uns im Rechtsstaat heute.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN und vereinzelt bei der FDP)

Dabei will ich auch noch einmal das Augenmerk darauf richten: Das ist ein Bundesgesetz, das wir, die Große Koalition, vor einem Jahr geändert haben. Das schlägt sich jetzt langsam nieder und da der Appell auch noch einmal an uns alle, die wir hier sitzen: Wir müssen sehen, dass wir bei allem Guten, das das Ganze bewirkt, jedes Mal, wenn wir solche Dinge beschließen, durch das Aufwachsen von Aufgaben Mehrarbeit auslösen. Das kann man sich wünschen, aber man muss auf der anderen Seite auch immer sehen, dass man auf der Seite auch Kosten produziert; diese Kosten müssen am Ende dann auch reingeholt werden. Das heißt, an der Stelle müssen wir immer sehen: Wenn wir A sagen, müssen wir auch B sagen und können dann nicht kritisieren, dass an der Stelle keine Ressourcen vorhanden sind. Diese Ressourcen müssen wir mit schaffen; das gehört der Ehrlichkeit halber dazu. Deswegen bin ich guten Mutes, dass wir durch die Vermögensabschöpfung in den nächsten Jahren noch erhebliche Mehreinnahmen, wie es hier so schön geheißen hat, erzielen werden und dass die Menschen das Vertrauen in den Rechtsstaat, jedenfalls an dieser Stelle, wiedererhalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE bekommt nun Herr Dolzer das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsanwaltschaft wurde gestärkt, um die Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung gemäß den Vorgaben der Reform des Gesetzes zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung zu erweitern. So weit, so gut, könnte man erst einmal denken, insbesondere weil auch Wirtschaftskriminalität und organisierte Kriminalität somit eingeschränkt werden können, insbesondere wenn man sich dann auch die Zielsetzung in der Drucksache des Senats anhört – ich zitiere –:

"Auf Grund der besonderen Bedeutung der Vermögensabschöpfung als wirksames Instrument der Kriminalitätsbekämpfung und als erfolgreiche Maßnahme des Opferschutzes sowie der damit einhergehenden erheblichen Stärkung der Wahrnehmbarkeit des Rechtsstaates betreffend [der Güter für] die Güterverteilung und des […] Gerechtigkeitsempfindens der Bevölkerung wird die Ausschöpfung dieser Möglichkeiten auch weiterhin vorrangig verfolgt."

Das ist erst einmal schön formuliert, aber in Teilen zumindest nicht ganz zutreffend. Wir haben es schon gehört, Frau Timm hat es gesagt: Ein großer Fisch war dabei, 219 Millionen Euro, und wenn man mit Wirtschaftsrechtlerinnen und -rechtlern

(Richard Seelmaecker)

spricht, liegt der Rest im Bereich der kleinen und mittleren Kriminalität.

(Zuruf von Urs Tabbert SPD)

Es ist wichtig, auch dort Erfolge zu verzeichnen. Es wäre aber viel wichtiger, mehr bei den Großen anzusetzen, und genau darauf zielt unsere Kritik ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn erst einmal würden viele Menschen, wenn sie diesen Satz lesen, zumindest annehmen, dass die Staatsanwaltschaft gezielt gestärkt worden wäre, um Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Schattenfinanzwirtschaft in großem Ausmaß zu unterbinden, und zwar, wie das zum Beispiel gemacht werden müsste, um gezielt gegen Cum-ExGeschäfte vorgehen zu können, bei denen nach Erkenntnissen von Journalistinnen und Journalisten im letzten Jahr 32 Milliarden Euro Steuern hinterzogen worden sind, oder eben auch, um systematischer gegen Steuer- und Geldwäsche im Rahmen der sogenannten Panama Papers vorgehen zu können. Genau da mangelt es der Staatsanwaltschaft, um gezielt dagegen vorzugehen, weil es unspezifisch gehandelt wird und nur auf die Kleinen und Mittleren ausgerichtet ist. Daran haben wir Kritik.

(Beifall bei der LINKEN)

Das rechtliche Instrumentarium zur Verfolgung und Bekämpfung der groß angelegten Wirtschaftskriminalität lag auch vor dem Gesetz schon vor und wird leider bis heute nicht konsequent angewandt, und ich hoffe, dass Ihr letzter Satz so gedacht ist, dass da jetzt Abhilfe geschaffen wird.

(Dirk Nockemann AfD: Auch bei Drogendea- lern und Linksextremisten!)

Genau darauf bezogen könnte die Staatsanwaltschaft somit gestärkt werden, und das würde dann auch sicherlich das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung in Bezug auf die Güterverteilung stärken.

Zusätzlich muss man sagen – Sie haben es ja erwähnt –: Das ist im Rahmen der Gesetzesreform für Vermögensabschöpfung umgesetzt worden und da hat die Strafverteidigerinnen- und Stafverteidiger-Vereinigung zu Recht auf mehrere Punkte hingewiesen, die man nicht unerwähnt lassen sollte. Zum einen geht es bei der erweiterten Einziehung nach Paragraf 73a Strafgesetzbuch darum … Auf europarechtlicher Ebene wurde gesagt, der Katalog müsste nur erweitert werden, und zwar um das, was dieses Instrument erfordert. Er ist aber erheblich erweitert worden, und ob das in jedem Punkt sinnvoll ist, ist infrage gestellt worden. Von daher haben die Strafverteidigungen verfassungsrechtliche Bedenken eingebracht. Es ist wichtig, das zu bedenken und auch zu benennen, wenn wir das diskutieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch in Bezug auf die Einführung der Möglichkeit einer verurteilungsunabhängigen Einziehung, Paragraf 26a Absatz 4 Strafgesetzbuch, kritisierten die Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger zu Recht die Beweislastumkehr. Genau diese hat jetzt stattgefunden und das ist ein Problem. Wir sind da in gewisser Weise ein Stück weit in einem Dilemma. Aber das muss benannt und abgewogen werden, und das hat hier bis jetzt nicht zur Genüge stattgefunden.

Von daher wiederhole ich es noch einmal: Ein guter Schritt in eine Richtung. Es bringt aber nicht das Entscheidende, wenn wir nur die Kleinen und Mittleren belangen, sondern es ist notwendig, das Instrumentarium so zu schärfen und so zu fokussieren, dass auch Geschäfte wie Cum-Ex, Schattenwirtschaft und gezielte Geldwäsche in großem Ausmaß verhindert und entsprechend die Schuldigen dort zur Rechenschaft gezogen werden können. Da ist noch sehr viel Luft nach oben. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion bekommt nun Frau von Treuenfels-Frowein das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist von allen alles gesagt, nur noch nicht von mir, und deswegen mache ich es jetzt einmal kürzer. Ich glaube, wir sind uns hier alle einig, dass Straftaten sich nicht finanziell lohnen dürfen. Deswegen ist das Instrumentarium der Vermögensabschöpfung völlig sinnvoll. Auch darin sind wir uns, glaube ich, ohne viel Worte machen zu müssen, einig. Unser Hinweis geht noch einmal dahin, dass man die Rechtspfleger aufstockt – denn sie sind diejenigen, die es hinterher durchund umsetzen müssen –, der Staatsanwaltschaft vielleicht noch einige Fortbildung zukommen lässt und aufpasst, um die Funktionsfähigkeit der Justiz zu stärken, dass man da an Personal nicht spart. Ich hoffe, Herr Steffen, Sie setzen das sehr gut um, damit das, was wir alle uns vornehmen, nicht nur ein Gelöbnis ist, sondern dass es dann auch passiert. Ich glaube, das wäre der Hauptpunkt. Das war's. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die AfD-Fraktion bekommt nun Herr Nockemann das Wort.

(Vizepräsident Dr. Kurt Duwe übernimmt den Vorsitz.)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie trifft man

(Martin Dolzer)