Protokoll der Sitzung vom 16.01.2019

Aber es ist gut; ich soll Sie ab und zu auch einmal loben. Aber Sie könnten auch uns loben, weil sämtliche Anträge früher von uns kommen, weil wir seit zehn Jahren für Erbbaurecht streiten. Aber dass Sie nicht loben können, weiß ich.

Aber noch einmal: Es ist gut, dass Sie zum Erbbaurecht zurückwollen. Es ist gut, dass Sie auch sagen, Sie gingen nicht mehr aktiv auf Menschen zu, damit sie ihr Erbbaurecht ablösen. Doch ich frage mich – und Sie sich vielleicht auch –: Warum sind Sie so zögerlich, warum machen Sie Trippelschritte? Sie schreiben, bevorzugt sollten die Grundstücke im Erbbaurecht vergeben werden, oder Frau Koeppen sagte eben, Sie sollten es vorziehen. Die richtige Formulierung, Herr Duge, weil Sie es eben auch ansprachen, heißt: Grundsätzlich im Erbbaurecht und es kann Ausnahmeregelungen geben. Das wäre richtig. Selbst Sie haben auf Ihrem Landesparteitag – oder wie das Ding da

heißt –, auf Ihrem Parteitag beschlossen, Sie wollten ausschließlich im Erbbaurecht vergeben. Habe ich extra nachgelesen. Das scheint Sie nicht mehr zu interessieren. Da waren Sie aber auf dem Parteitag schlauer, als Sie es hier in der Bürgerschaft sind.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Anna Gallina GRÜNE)

Es taucht in Ihrem Antrag hier auch wieder auf, dass Sie auf einmal doch wieder auf die Einnahmen schielen. Das ist so ganz verschämt, indem Sie sagen: Natürlich werden wir auch weiterhin auf eine gute und solide Haushaltspolitik achten. Bisher ist Erbbaurecht immer gern gemacht worden, um ganz schnell Geld in die Kassen zu bekommen. Ich hoffe, dass Sie auch davon abrücken.

Da Sie mir wahrscheinlich immer weniger glauben, zitiere ich einmal einen langjährigen und mittlerweile über 90 Jahre alten Genossen aus der SPD. Hans-Jochen Vogel hat vor nicht mehr als einem Jahr gesagt, dass er weiterhin dafür streite, wieder mehr Erbbaurecht zu bekommen.

(Zuruf)

Ich führe den Gedanken eben zu Ende, dann können Sie gern fragen.

Vogel streitet also weiterhin für Erbbaurecht und sagt: Warum sollen wir städtische Grundstücke, öffentliche Grundstücke verkaufen, damit andere damit leistungslos, wirklich leistungslos, die fetten Gewinne einfahren können? Er hat Bodengewinne gesagt, nicht fett. Er hat auch einen weiteren Punkt angeführt, und das sollten Sie sich sehr gut hinter die Ohren schreiben. Er sagt nämlich, er sei dagegen, dass das Gemeinwohl vor der Macht des Marktes kapitulieren müsse. Auf diesen Weg wollen Sie sich doch machen, wenn ich Sie richtig verstehe. Dann verstehe ich aber nicht, warum Sie nur wieder trippel, trippel und nur ein kleines Stück machen. Folgen Sie Hans-Jochen Vogel, er hat recht und Sie wären dann endlich einmal die Besseren.

(Beifall bei der LINKEN)

Was Herr Heißner uns hier erzählt hat, muss ich leider einmal sagen, zeugte wirklich von Unwissen. Das Erbbaurecht hat eine sehr gute Funktion, wenn es darum geht, die Bodenpreise zu regulieren, wenn es darum geht, auch bestimmte Verknüpfungen mit den Grundstücken zu machen.

Und Rot-Grün: Ich habe es so verstanden, Sie sind doch im Konsens, Sie wollen das Erbbaurecht doch jetzt umsetzen, das haben Sie uns gerade gesagt. Sie haben sicherlich schon mit dem Senat gesprochen. Dann verstehe ich nicht, dass Sie noch mindestens ein Dreivierteljahr warten wollen, um das zu machen. In Ihrem Antrag heißt es nämlich, der Senat solle ein Konzept vorlegen, das die Bürgerschaft sich dann bis September 2019 an

schaut. Wir wissen, dass wir das frühestens am Ende des Jahres haben werden. Da Sie aber für Erbbaurecht sind, schlage ich vor, dass Sie Ihre Leitlinien jetzt sofort anlegen, damit keine weiteren Grundstücke neu in den Verkauf kommen.

(Dirk Kienscherf SPD: Gründlichkeit vor Schnelligkeit!)

Deswegen: Stimmen Sie unserem Antrag zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Das geht ja nicht!)

Für die FDP-Fraktion bekommt nun Herr Meyer das Wort.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende rot-grüne Antrag zur Neuausrichtung der Bodenpolitik ist wirklich bemerkenswert. Bemerkenswert deshalb, weil er keine pragmatischen Vorschläge liefert, um den angespannten Wohnungsmarkt nachhaltig zu entschärfen und eine zukunftsfähige Stadtentwicklung zu sichern, sondern stattdessen linke Ideen von vorgestern aufgreift, die den gegenwärtigen und erst recht den zukünftigen Herausforderungen der Stadt nicht gerecht werden und auch nicht gerecht werden können.

(Beifall bei der FDP und bei Philipp Heißner CDU)

Es ist deutlich zu spüren, dass mit dem Jahresbeginn der Wahlkampf für das Jahr 2019 beziehungsweise schon für die nächsten Bürgerschaftswahlen in gut einem Jahr begonnen hat, denn Rot-Grün bemüht allein die Formulierung der Gemeinwohlorientierung ganze sechs Mal in diesem Antrag und schwadroniert von einer politischen Neuausrichtung. Auch das ist bemerkenswert. Bemerkenswert, weil man sich fragen muss, ob die Stadtentwicklungspolitik seit 2011 in SPD-Verantwortung immerhin acht Jahre lang etwa nicht gemeinwohlorientiert war, und bemerkenswert auch, weil die Definition von Gemeinwohlorientierung bei RotGrün scheinbar völlig falsch verstanden wird.

(Beifall bei der FDP)

Bei Wikipedia ist jedenfalls zu lesen – Zitat –:

"Gemeinwohl wird verstanden als Gegenbegriff zu bloßen Einzel- oder Gruppeninteressen innerhalb einer Gesellschaft."

Zitatende.

Wenn Sie also wirklich Gemeinwohlorientierung meinen, sollten wenigstens Sie, meine Damen und Herren von der SPD, endlich anfangen, auch die gesamte Gesellschaft in den Blick zu nehmen und nicht allein die Klientel Ihrer ohnehin schwindenden Wählerschaft.

(Dr. Monika Schaal SPD: Ihre Klientel!)

Sie laufen regelmäßig in die Falle Ihres grünen Koalitionspartners, ohne es zu merken, und wundern sich dann über Ihre desolaten Umfragewerte.

Schließlich attestieren Sie mit Ihrem Antrag, dass Sie seit 2011 eine falsche Bodenpolitik betrieben haben. Die GRÜNEN freut das natürlich, aber Sie, meine Damen und Herren von der SPD, müssen sich doch eigentlich darüber wundern.

Und ich sage Ihnen, so falsch war Ihre bisherige Bodenpolitik gar nicht, weil sie differenziert hat, differenziert zwischen strategisch wichtigen Grundstücken und weniger wichtigen. Das Planrecht ist das entscheidende Instrument, das der Senat beziehungsweise die Bezirke gestalten und mit dem die Stadt die wesentlichen Entwicklungsimpulse setzen kann und auch setzen muss.

Es entsteht keine einzige zusätzliche Wohnung dadurch, dass Grundstücke in Erbpacht vergeben werden, und nur darauf kommt es an, wenn der Preisdruck am Wohnungsmarkt gedämpft werden soll.

(Beifall bei der FDP)

Fragen Sie einmal Ihre Partner vom Bündnis für das Wohnen, ob sie durch Ihre neuen Ideen künftig mehr Wohnungen schneller und preiswerter bauen werden. Ich bezweifle das.

(Farid Müller GRÜNE: Passiert doch schon!)

Selbst die SAGA als städtisches Unternehmen hat bereits auf die zusätzlichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Projektfinanzierung hingewiesen, wenn Grundstücke nicht mehr erworben werden können, und das wird privaten Wohnungsunternehmen erst recht nicht anders gehen.

Das Beispiel Elbtower müsste doch eigentlich allen gezeigt haben, dass die Vergabe in Erbpacht höchst unattraktiv ist, denn es gab keinen einzigen Bieter, der dieses ambitionierte Projekt unter dieser Voraussetzung angeboten hätte. Das freut zwar DIE LINKE, die private Investitionen doch ohnehin fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wenn Ihnen Frau Sudmann applaudiert, sollten in der Mitte der Gesellschaft doch alle Warnlampen angehen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD)

Die rot-grüne Stadtentwicklungspolitik verteuert den frei finanzierten Teil des Wohnungsmarkts immer weiter, weil dieser den geförderten Teil quersubventionieren muss. Das führt dazu, dass sich immer weniger Menschen ohne soziale Transferleistungen eine für sie passende Miet- oder auch Eigentumswohnung leisten können. Und dagegen wehren wir uns als Freie Demokraten vehement.

(Beifall bei der FDP)

(Heike Sudmann)

Der rot-grüne Antrag gehört wie auch der Zusatzantrag von links vor der Abstimmung zur weiteren Diskussion in den Stadtentwicklungsausschuss. Aber da Sie die Überweisung vor der Abstimmung verhindern, beantragen wir ziffernweise Abstimmung, denn einzelne Punkte Ihres Antrags wie zum Beispiel die Einbeziehung der BImA-Liegenschaften, die für Hamburg wichtig und richtig ist, unterstützen wir. Den Zusatzantrag der LINKEN lehnen wir dagegen ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die AfD-Fraktion bekommt nun Frau Oelschläger das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben hier bereits mehrfach über Erbbaurechte gesprochen, und so muss ich Ihnen nicht mehr sagen, dass wir diese für sinnvoll halten. Erbbaurechte sind ein Instrument zur Bekämpfung von Bodenspekulationen und ein Instrument für die künftige Stadtplanung und -entwicklung. Mit einem Erbbaurecht kann man die Bebaubarkeit von Grundstücken wirtschaftlich ausnutzen und dennoch das Grundvermögen dauerhaft erhalten. Schon aus diesem Grunde halten wir Ihren Antrag in weiten Teilen für sehr richtig.

Ebenfalls auf dem Prüfstand muss allerdings der Preis für ein Erbbaurecht sein. Der LIG vergibt Erbbaurechte für Wohngrundstücke für 75 Jahre und Gewerbegrundstücke für 60 Jahre. Bezahlt werden kann durch eine Einmalzahlung von 75 Prozent des aktuellen Bodenpreises oder bei Wohnungsnutzung von 2,1 Prozent des Bodenwertes pro Jahr. Mit 2,1 Prozent bezahlt der Erbbaunehmer 157,5 Prozent des Kaufpreises. Das ist zu viel, insbesondere dann, wenn Sie verstärkt preisgünstige Wohnungen fördern wollen. Wie wollen Sie denn unter einem Mietwert von 10 Euro bleiben, wenn davon bereits je nach Größe des Grundstücks ein Fünftel oder mehr auf den Erbbauzins entfällt?

Ein weiteres Problem, das Sie in Ihre Betrachtung mit einbeziehen müssen, ist, dass Bauen auf Erbbaugrundstücken widerwillig von Banken finanziert wird. Hier müssen Sie über ein Sicherungsprogramm über die KfW oder über Bürgschaften nachdenken.

Das sind Probleme, die in den Griff zu bekommen sind, aber, meine Damen und Herren von RotGrün, denken Sie bitte vorher darüber nach.

Was mich an Ihrem Antrag sehr stört: Sie berücksichtigen nicht die Familien oder die Doppelhaushälfte, denn Ihr Antrag stellt ausschließlich auf vermieteten Wohnraum ab. Der Ursprung des Erbbaurechts war die Förderung der Familie. Die selbst genutzte Immobilie entfällt bei Ihrer künftigen Vergabe von Erbbaurechten. Vielleicht haben Sie die

Familie einfach vergessen oder die Hamburger Politik unter Rot-Grün unterstützt tatsächlich nur noch Wohnungsbaugesellschaften.

Überweisen Sie den Antrag an den Ausschuss und hören Sie sich die Vorschläge der Opposition zu diesem Thema einfach noch einmal an. Die Bürger Hamburgs werden es Ihnen danken. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort erhält nun Frau Senatorin Dr. Stapelfeldt.