Protokoll der Sitzung vom 30.01.2019

staatlichen Hochschulen hier ein hervorragendes Angebot liefern. Es freut mich, das muss ich wirklich anerkennend feststellen, dass Sie gesagt haben, auch in Ihrem Antrag haben, die Hamburg Open University

(Carsten Ovens CDU: Online!)

sei ein sehr guter Ansatz. Es ist genau so, wie wir es gesagt haben. Wir haben weitere Angebote. Lesen Sie die Große Anfrage, da sehen Sie das.

Was aber nun interessant ist an Ihrem Antrag, sind eigentlich drei Sachen. Das Erste nehme ich als etwas sehr Positives zur Kenntnis. Während Herr Dr. Schinnenburg beispielsweise immer sagte, ach, Geisteswissenschaften, was machen die eigentlich, was forschen die eigentlich, sprechen Sie hier jetzt von Norwegisch. Finde ich gut. Sehr wichtig. Es gibt viele andere Bereiche. Also gut, dass die FDP auch die Geisteswissenschaften als einen wichtigen Aspekt sieht.

Das Zweite, das wir in Ihrem Antrag sehen, ist, dass Sie vielleicht nicht genau wissen, was Kontaktstudenten sind. Wenn Sie Kontaktstudenten als diejenigen sehen, die Qualifikationsarbeiten und Zertifikate, wie Sie in Ihrer Rede gesagt haben, erwerben, dann muss ich Sie darauf hinweisen: Das ist nicht der Sinn von Kontaktstudenten.

(Daniel Oetzel FDP: Das ist uns durchaus bewusst! Das steht auch nicht im Petitum!)

Deswegen ist dieses Beispiel auch nicht besonders sinnvoll.

Der dritte Punkt: Was wir sicherlich nicht machen werden, ist, die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der einzelnen Unternehmen an die Universität zu verlagern, wie es in Ihrem Antrag in Punkt 3 steht. Das ist sicherlich nicht die Aufgabe des Staates.

(Beifall bei der SPD und bei Martin Dolzer DIE LINKE und René Gögge GRÜNE)

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass in Hamburg – Sie zitieren das Bundesprogramm "Aufstieg durch Bildung" – bereits drei Bereiche der HAW und der TU Hamburg ausgezeichnet worden sind, beispielsweise die Bereiche Angewandte Familienwissenschaften, Interdisziplinäre Gesundheitsversorgung, aber auch Next Media. Wir wissen auch, dass wir sehr viele Preise mit Lehre bekommen; die TU Hamburg hat hier allein 21 Millionen Euro als Drittmittel eingeworben.

Ein weiteres Problem Ihres Antrags ist, dass Sie von formalen Zugangshürden sprechen, die es in dem Hamburger Hochschulgesetz mit Absicht nicht gibt. Wir haben in der letzten Legislaturperiode genau das abgeschafft, wir haben nämlich dafür gesorgt, dass es diese Hürden nicht gibt. Lesen Sie im Hamburgischen Hochschulgesetz Paragraf 39 Absatz 2 nach.

(Beifall bei der SPD und bei René Gögge GRÜNE)

Was ich dann besonders interessant finde, ist – und das ist eben das, was Sie wahrscheinlich von Herrn Dr. Schinnenburg differenziert –, dass Sie die privaten Universitäten entweder von der Qualität her nicht akzeptieren oder vielleicht sagen, die staatlichen Universitäten in Hamburg seien besser. Denn Sie gehen davon aus, dass die Angebote an den privaten Universitäten offensichtlich nicht ausreichen und anderswo angeboten werden müssen. Sehr interessant. Das war bisher nicht unbedingt FDP-Politik.

Die Universität in Hamburg hat ein Zentrum für Weiterbildung eingerichtet, um alle ihre Weiterbildungsstrukturen zu bündeln. Auch das ist sicherlich eine sehr erfreuliche Entwicklung.

Meine Damen und Herren! Die SPD hat sich sowohl im Land als auch im Bund immer dafür eingesetzt, dass Lehre ein weiterer wichtiger Baustein bei der Vergabe von Hochschulpaktmitteln ist, als Kriterium für die weitere Ausbildung und Fortbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität, von Studierenden, aber eben auch für Weiterbildung. Wir haben in den Haushaltsberatungen immer wieder darauf gedrängt, dass Weiterbildung weiterhin von den Universitäten betrieben wird. Das passiert. Wir haben dafür Gelder zur Verfügung gestellt. Sie sehen es, wie gesagt, in unserer Großen Anfrage. Insgesamt ist der Weiterbildungssektor massiv gefördert worden; auf 63 Seiten können Sie es nachlesen.

Meine Damen und Herren! In dem Hamburger Hochschulgesetz steht nicht umsonst, dass Weiterbildung ein Auftrag der Hochschulen in Hamburg ist. Das bleibt da, das wird da bleiben und wir werden es weiter so durchsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Ovens von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Daniel Oetzel, ich finde es gut, dass die FDP das Thema Aufstieg durch Bildung hier erneut aufgreift. Die offene Hochschule ist ein Projekt, das noch aus der gemeinsamen Zeit der schwarz-gelben Bundesregierung stammt. 2009 bis 2013 haben CDU und FDP gemeinsam die Weichen gestellt, um unsere Hochschulen für eine neue Bildungsinitiative, für die moderne Wissensgesellschaft zu öffnen. Von daher können wir als CDU natürlich diesen Antrag im Grunde auch nur begrüßen.

Nun ist es ja so, das haben wir gerade schon gehört: Wissensgesellschaft muss heute digital gedacht werden. Und die Digitalisierung, das wissen wir aus vielen Anfragen, das wissen wir aber auch

(Dr. Sven Tode)

aus der gelebten Praxis der Debatten im Plenum, ist nicht unbedingt der Schwerpunkt von Rot-Grün in Hamburg.

(Farid Müller GRÜNE: Ich teile Ihre Einstel- lung nicht!)

Genau das ist das Problem. Wir haben gerade Herrn Dr. Tode gehört, der sehr ausführlich aufgezählt hat, was es alles schon gibt, der aber kein Wort darüber verloren hat, was es noch geben könnte, um genau das voranzutreiben, was angeblich auch seine Partei vorantreiben möchte, nämlich Aufstieg durch Bildung. Dafür braucht es digitale Hochschulen, lieber Herr Dr. Tode. Dafür braucht es ein funktionierendes, vernünftig ausgestattetes Projekt wie die Hamburg Open Online University, das aber bisher vom Senat eher als Showprojekt geführt wird und leider bislang wenig Substanz und vor allem viel zu wenige Inhalte hat.

(Beifall bei der CDU)

Denn seien wir doch einmal ehrlich: Die Hochschulpolitik leidet immer darunter, dass wir von sehr knappen Ressourcen ausgehen müssen. Diese Debatte führen wir auch hier sehr häufig, wenn denn einmal jemand aus dem Senat anwesend ist, der sich dafür interessiert. Knappe Ressourcen an Hochschulen, das ist das Dilemma, völlig egal, ob wir über staatliche oder private Hochschulen sprechen. Universitäten, Forschungseinrichtungen, Hochschulen sind nun einmal keine eierlegenden Wollmilchsäue, sosehr sich das manch einer auch wünschen mag. Und das ist auch ein bisschen das einzige Problem, lieber Daniel Oetzel, das ich mit diesem Antrag habe. Er enthält, das hat man gerade am Lob der SPD gemerkt, sehr viel sozialdemokratisch-romantisch angefärbte rote Prosa, aber leider mangelt es dann doch an vielen Stellen an einem Bezug zu dem, was faktisch umsetzbar ist.

Wenn man sagt, man wolle Kosten für Angebote ermitteln, dann ist das sicherlich richtig. Nur, dafür müsste sich vielleicht auch dieser Senat erst einmal überlegen, wo er denn eigentlich hin will. Noch einmal: Die Hamburg Open Online University ist bisher ein Flickenteppich ohne ein ganzheitliches Konzept, ohne eine Idee, ob man eigentlich irgendwann ganze Abschlüsse dort anbieten will oder ob es sich einfach nur um ein YouTube der Hamburger Hochschulen handelt. Und das ist etwas, das wir kritisieren.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat 2011 mit der ersten Initiative und dann von 2014 bis 2020 mit der zweiten Initiative für offene Hochschulen hier bereits den Ball ins Rollen gebracht. Wir können es unterstützen, dass der Hamburger Senat das Ganze jetzt auch aufnimmt, diesen Ball weiterspielt. Ich denke, da gibt es noch einiges zu diskutieren. Von daher würden wir es begrüßen, das Ganze im Wissenschaftsausschuss zu vertiefen. Ansonsten können wir aber diese Initiative grundle

gend mittragen, denn dieser Senat braucht einfach Unterstützung in der Hochschulpolitik; das merken wir auch heute wieder. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Gögge von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir uns offenbar zumindest in einem Punkt hier in diesem Haus einig sind, nämlich dass wer weiterkommen will im Leben, nicht aufhören darf, zu lernen. Denn lebenslanges Lernen ist tatsächlich ein Erfolgsmodell und es bringt Menschen persönlich und auch beruflich weiter in einer Welt – das haben wir schon gemeinsam festgestellt –, in der die Innovationsgeschwindigkeit ständig steigt. Für mich ist aber auch klar, und ich glaube, das können wir hier gemeinsam feststellen, dass es noch nie so unkompliziert war, zu neuem Wissen, zu neuen Fertigkeiten, zu neuen Fähigkeiten zu kommen, wie heute. Und da spielen die digitalen Medien eine sehr große Rolle und sind dabei nicht mehr wegzudenken.

Der "Monitor Digitale Bildung" der Bertelsmann Stiftung stellt fest, dass schon jede oder jeder zweite Deutsche digitale Medien zur privaten und beruflichen Weiterbildung nutzt. Klar ist, dass die Digitalisierung auch die Lehre an den Hochschulen grundsätzlich verändern wird und auch jetzt schon verändert. Das Hamburger Hochschulgesetz benennt ja auch explizit Online-Kurse als Teil des Lehrangebots.

Unsere Hochschulen sind eine Art Quelle des Wissens. Sie nehmen ihre Rolle als Bildungsinstitution unter veränderten Vorzeichen sehr gut an. Dazu gehören natürlich auch Angebote für das lebenslange Lernen, besonders für die Weiterbildung im beruflichen Sektor. Das betont übrigens auch der Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen und nimmt die Hochschulen auf diesem Feld in die Plicht.

Meine Damen und Herren! Zur Durchlässigkeit akademischer und beruflicher Bildung gehört natürlich auch, dass die Hochschulen sich für neue Zielgruppen öffnen. Es müssen Angebote für diejenigen gemacht werden, die berufsbegleitend oder in Teilzeit studieren möchten, und da sind die Hamburger Hochschulen längst am Start. Bestes Beispiel, es wurde mehrfach erwähnt, ist die Hamburg Open Online University. Das ist ein breit aufgestelltes und interdisziplinäres Lehrangebot und wer sich unkompliziert akademisch weiterbilden will, ist hier goldrichtig.

Die staatlichen Hochschulen bieten nicht nur diverse Weiterbildungs-Master, sondern auch eine große Anzahl an Zertifikatskursen an. Die Universi

(Carsten Ovens)

tät lädt bereits seit Jahren alle Interessierten zu ihren öffentlichen und frei zugänglichen Vorlesungen ein. HAW und Technische Universität haben sich am Bildungsprogramm "Aufstieg durch Bildung" beteiligt und drei Masterstudiengänge in diesem Rahmen entwickelt. Seit 2014 werden Massive Open Online Courses, MOOC, von den Hochschulen dort eingesetzt, wo es ins Programm passt und es sinnvoll bereichert. Der Vorteil ist hierbei, dass sehr viele Menschen gleichzeitig diese kostenlosen Online-Angebote nutzen können. Das sind nur einige Beispiele des sehr vielfältigen Angebots in unserer Stadt. Es passiert also einiges und das ist auch gut so.

Der Kontakt zur Wirtschaft ist für die Hamburger Hochschulen ebenfalls kein Neuland. Gerade die Technische Universität kooperiert im Rahmen ihres Programms ContinuING intensiv mit Unternehmen. Die formalen Zugangshürden, um die es im vorliegenden Antrag auch geht, sind im Hamburger Hochschulgesetz immer weiter abgebaut worden und ich stelle fest, dass es in Deutschland schon lange möglich ist, zu studieren, wenn man über eine Ausbildung oder Erfahrung im Beruf verfügt.

Meine Damen und Herren! Der Antrag der FDP impliziert, dass unsere Hochschulen auf die Themen Digitalisierung und lebenslanges Lernen erst noch hingewiesen werden müssten. Das ist nicht der Fall, sondern sie sind bereits in der konkreten Umsetzung. Wir werden dem Antrag nicht zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Dolzer von der Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Hamburgerinnen, liebe Hamburger, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Die Öffnung der Hochschulen beziehungsweise offener Hochschulzugang ist eine wirklich ur-linke Forderung und nicht romantisch, wie Herr Ovens es beschrieben hat, sondern rational, nämlich so, dass diejenigen, die als bildungsferne Schichten bezeichnet werden, auch später im Leben noch einen Zugang zu den Hochschulen bekommen. Das ist uns wichtig.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich freue mich wie Herr Tode, dass Herr Oetzel sich ein bisschen von der Ausrichtung der Wissenschaftspolitik der FDP wegbewegt,

(Carsten Ovens CDU: Sozialromantik! Linke Sozialromantik!)

und zwar dahin, dass Sie sich zumindest Gedanken über eine Öffnung der Hochschulen machen. Senator Dräger war es unter CDU/FDP, von der FDP als Parteiloser in den Ring geschickt, der die

einzige Hochschule Hamburgs, die gezielt 40 bis 60 Prozent Studierende aufnahm, die keinen Hochschulabschluss hatten und über Berufserfahrung und einen eröffnenden Test die Hochschulqualifikation erwarben, die HWP, Hochschule für Wirtschaft und Politik, abgewickelt hat.

(Glocke)

Dass Sie sich davon entfernen, finde ich gut. – Zwischenfragen lasse ich gerne zu.

Herr Dolzer, die Klingel bedeutet eigentlich, dass ich eine Frage an Sie habe und die Frage heißt: Darf Herr Oetzel eine Zwischenbemerkung oder eine Zwischenfrage stellen?