Meine sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Ein moderner Verfassungspatriotismus braucht meinungsstarke Vertreter. Nur wer die Werte des Grundgesetzes wirklich lebt, kann sie auch erfolgreich gegen Angriffe verteidigen.
wir unsere offene Gesellschaft. Die Werte des Grundgesetzes sind aber nichts Theoretisches oder Abstraktes, sondern sie sind unser Kern, so wie wir leben. Immer häufiger wird genau das, unsere Art zu leben, von Linken, Rechten und religiösen Extremisten angegriffen. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere gemeinsamen Werte verteidigen. Deshalb müssten wir immer wieder sehr deutlich machen, welchen unschätzbaren Wert eine Verfassung, der Rechtsstaat und auch das darin gesetzte Vertrauen eines jeden von uns darstellt.
Was wir brauchen, ist ein lebendiges Bekenntnis zum Rechtsstaat. Für viele junge Menschen ist Demokratie, Freiheit und Wohlstand etwas sehr Selbstverständliches. Sie können sich gar nicht mehr vorstellen, dass es einmal anders war, und auch nicht vorstellen, dass es jemals anders sein wird. Die Demokratie ist aber keine Selbstverständlichkeit, mit Ewigkeitsgarantie versehen, sondern sie muss immer wieder neu verteidigt werden. Das sieht man an den Ländern wie Polen, Ungarn und der Türkei sehr schmerzlich. Und weil das so ist, ist es umso wichtiger, dass das Demokratieverständnis bereits in den Schulen geschärft wird. Dass das dringend notwendig ist, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Bertelsmann-Umfrage zu dem Thema Demokratiebildung in Schulen, in der nur 4 Prozent der Lehrer dem Thema Demokratiebildung in ihrem Unterricht einen hohen Stellenwert zuschreiben. Ich finde, diese Zahl spricht für sich und zeigt auch deutlich, dass wir sehr dringend etwas ändern müssen.
Wir müssen die Grundpfeiler unserer Demokratie begreifbar machen, anschaulich zeigen, worum es eigentlich geht im Grundgesetz und was Rechtsstaat und Grundgesetz – und wie das alles funktioniert – wirklich heißt, in lebendigen Formaten, die die Schüler auch wirklich erreichen. Wir fordern daher eine Ausweitung im Fachunterricht und spannende zusätzliche Formate für die Schüler, stärkere Kooperation, eine bessere Vernetzung mit den Trägern der politischen Bildung in Hamburg. In Zeiten aufgeladener Debatten ist stärkeres Engagement für politische Bildung mehr als angezeigt.
Und deshalb brauchen wir auch in der Schulbehörde etwas anderes als Dienst nach Vorschrift. Denken wir politische Bildung auch im Schulkontext neu, lassen wir die staubtrockenen Formate der Vergangenheit sein und bringen Sie die Schüler mit Persönlichkeiten aus juristischer Praxis, aus der Wissenschaft und aus der Gesellschaft ins Gespräch. Übrigens, der frühere Bundesrichter Thomas Fischer, der sich, glaube ich, in solchen Sachen sehr gut auskennt, hat unseren Ansatz, das in die Schulen zu bringen, sehr unterstützt. Jungen
Menschen ein Verständnis von Verfassung und Rechtsstaat zu vermitteln, ist wirksame Prävention gegen politische Radikalisierung, gegen Antisemitismus und gegen religiösen Extremismus.
Und der bedeutet gleichsam einen entscheidenden Beitrag zur Integration, eine nachhaltige Stärkung von Demokratie und Rechtsstaat. Begeistern wir schon die Schüler in den Schulen von dem, was unsere weltoffene Gesellschaft ausmacht. Lassen Sie uns gemeinsam ein Zeichen setzen gegen die Stimmen, die auf eine Spaltung der Gesellschaft drängen, die sich nicht um die tiefe Bedeutung von Recht und Verfassung scheren und statt geteilter Werte eine geteilte Gesellschaft wollen. Lassen Sie uns das zusammen bekämpfen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Als Erstes möchte ich einmal in Richtung FDP-Fraktion sagen: Dienst nach Vorschrift, wie Sie das Hamburgs Lehrerinnen und Lehrern unterstellt haben, macht, glaube ich, keiner, und insbesondere die Diskussion, die wir in der Vergangenheit geführt haben über PGW, also Politik, Geschichtsunterricht und Wirtschaft, zeigt doch, wie engagiert gerade diese Lehrerinnen und Lehrer ihre Aufgabe in Hamburgs Schulen verstehen. Das will ich vorweg sagen.
Eine umfassende politische, gesellschaftliche Bildung an Schulen ist eine wichtige Aufgabe der schulischen Bildung und erstreckt sich durch die gesamte Schullaufbahn. Im Unterricht gibt es bereits heute die Vermittlung von ethisch-moralischen Werten und politisch-gesellschaftlichen Werten. Ich nenne nur ein paar Beispiele, wie etwa Schule ohne Rassismus oder – wir werden das alle kennen – Jugend im Parlament. Ich glaube, diese zwei Formate, die ich aufgeführt habe, sprechen schon sehr deutlich gegen die These der Bertelsmann Stiftung, die uns allen unterstellt hat, dass Demokratie eine untergeordnete Rolle spiele. In Klassenstufe 8 bekommen alle Hamburger Schülerinnen und Schüler das Grundgesetz, und es wird auch im Unterricht besprochen.
Ich will noch etwas sagen zum Thema Recht. Das ist natürlich Teil eines jeden PGW-Rahmenplans, aber auch hier gibt es Unterrichtsprojekte wie beispielsweise den offenen Gerichtssaal als außerschulischen Lernort. Außerdem gibt es eine große
Ich gebe Ihnen recht, dass natürlich die Situation, die wir gerade in Europa haben, kritisch ist. Und durch meine Arbeit in Brüssel weiß ich, was in solchen Ländern wie Polen und Ungarn los ist. Da brennt wirklich die Hütte und da kommt es darauf an, dass auch in diesen Ländern das Demokratieverständnis immer wieder weiter geweckt wird und am Leben gehalten wird.
(Dr. Ludwig Flocken fraktionslos: Da können die Leute gegen Regierung demonstrieren! Im Gegensatz zu hier! – Gegenruf von Anna Gallina GRÜNE: Das ist ja lächerlich!)
Ich will nur noch einmal deutlich machen, dass wir einer Überweisung zustimmen, weil wir der Meinung sind, dass das Thema es wert ist, dass wir es in Ruhe miteinander diskutieren. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FDP, Frau von Treuenfels, hat die Bertelsmann Stiftung als Beispiel genommen. Ich möchte erwähnen, dass im November vergangenen Jahres die Zeitung "Die Welt" gemeldet hat, dass für 95 Prozent der deutschen Lehrer die Demokratie ein Randthema im Unterricht sei – ich zitiere –:
" … die allerwenigsten Pädagogen Unterrichtsmethoden wie Schülerparlamente und Demokratiewochen wirklich nutzen."
Frau Duden, ich glaube, da ist tatsächlich Diskussionsbedarf. Wohlgemerkt, auch hier handelte es sich bei der "Welt" um eine Randbemerkung. Anscheinend wurde dieses Thema als nicht so wichtig eingestuft. Das finden wir deutlich schade. Umso besser ist es, dass wir heute das Thema auf der Tagesordnung haben, denn wie wichtig die Vermittlung demokratischer Werte ist, gerade angesichts der aktuellen Entwicklung unseres Landes, muss ich zumindest dem Großteil des Parlaments nicht erläutern; das ist unstrittig und liegt auf der Hand.
Schleswig-Holstein geht einen ähnlichen Weg oder macht einen ähnlichen Ansatz. Dementsprechend, glaube ich, sind wir gut in der Zeit dabei. Von uns kommt daher ein deutliches Ja zu mehr Wertevermittlung. Das muss allerdings nicht unbedingt ein
eigenes und neues Unterrichtsfach sein, wir wollen doch die Schulen nicht weiter überfrachten. Ich persönlich bin der Meinung, dass es in altersgerechter Form auch in die Grundschulen gehört.
In erster Linie sollte es darum gehen, die Wertevermittlung des Grundgesetzes fachübergreifend zu intensivieren. Es gilt, Infrastruktur und Kooperation, die unsere Stadt schon bereithält, auch zu nutzen, zum Beispiel die Kooperation mit Gedenkstätten wie Neuengamme. Ein weiteres Beispiel: die Kompetenz, die sich am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung mit dem Referat Gesellschaft, Arbeitslehre und Aufgabengebiete befindet. Und nicht unerwähnt lassen, wie Frau von Treuenfels es auch schon getan hat, will ich die Landeszentrale für politische Bildung, die mit ihren Angeboten jedoch von Schulen gar nicht so häufig in Anspruch genommen wird, wie es wünschenswert wäre.
Ein kurzer Seitenhieb: Die Förderrichtlinie für die freien Träger in diesem Bereich hat ein zu enges Korsett, und so verhindert es einen sinnvollen Austausch zwischen Schulen und freien Trägern zunehmend.
Herr Heißner und Herr Ploog applaudieren ebenfalls, Herr Heißner hat es mit mir im Beirat auch ausgehandelt. Also es liegt nicht nur an den fehlenden Möglichkeiten, die fehlenden Möglichkeiten sind es nicht, Casus knacksus ist vielmehr, dass dem Senat, so fürchte ich, ein Konzept zur Demokratievermittlung fehlt. Allerdings liegt seit 2013 das Landesprogramm zur Förderung demokratischer Kultur, Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus vor.
Doch auf eine Weiterentwicklung warten wir seitdem. Senatorin Leonhard ist nicht da, die dafür verantwortlich ist. Aber vielleicht darf ich Sie höflich an das bürgerschaftliche Ersuchen vom 10. Mai 2017 erinnern, in dem der Senat unter Absatz 4 ersucht wird, dieses sogenannte Landesprogramm weiterzuentwickeln und daraufhin zu prüfen, ob neuerdings verstärkt auftretende Phänomene wie ein ausgrenzender Nationalismus und ethischer Extremismus ausreichend umfasst sind und die entsprechenden Zielgruppen erreicht sind.
Also ich bin wirklich gespannt auf diese Weiterentwicklung, ich kenne den Umfang des Werkes noch nicht. Auch nach knapp zwei Jahren der Berichterstattung ist dieses noch nicht vorhanden. Vielleicht gehen Sie darin schon etwas mehr darauf ein, was
in diesem Antrag gefordert wird von der FDP. Falls das bei der Weiterentwicklung noch nicht so sein sollte, nehmen Sie den Antrag am besten doch als zentrales Themenfeld mit auf. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Demokratiebildung ist nicht ein Thema an und für sich, sondern Demokratiebildung findet in der Schule immanent in fast allen Fächern und allen Themenbereichen statt.