Seien Sie doch froh, dass der Wähler entscheiden kann, wen er wählt. Ob das ein Mann ist, ob das eine Frau ist, ob das von der CDU ist oder von der AfD, da brauchen Sie den Parteien keine gesonderten gesetzlichen Vorschriften zu machen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe es immer so verstanden, dass es unsere Aufgabe als Politik ist, Probleme zu identifizieren und zu lösen.
Aber die FDP will hier offensichtlich nichts besser oder gerechter gestalten und die CDU anscheinend auch nicht.
Im Gegenteil, es ist ihr sogar eine Aktuelle Stunde wert, um deutlich zu machen, dass sie de facto alles so für in Ordnung hält, wie es momentan läuft.
Aber es ist doch so: Auch 100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts können wir immer noch nicht über die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen reden. Wenn wir so weitermachen, brauchen wir noch mindestens weitere 100 Jahre, um zu tatsächlicher Gleichberechtigung zu kommen. Und das, liebe FDP, ist ein riesiges Problem und unsere Aufgabe ist es, dies zu lösen.
Schauen wir uns die Zahlen an. Aktuell beträgt der Frauenanteil in der Bürgerschaft rund 38 Prozent. Im Bundestag gibt es sogar nur 30 Prozent Frauen. Das ist viel zu wenig. Zu einer demokratischen Gesellschaft gehört die Hälfte der Macht den Frauen. Ohne Frauen ist kein Staat zu machen.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Warum denn immer Macht?)
Vor diesem Hintergrund stehen wir vor der Frage, wie wir den Frauenanteil in den Parlamenten steigern. Als GRÜNE haben wir einen Vorschlag in die Diskussion eingebracht und gesagt: Ja, wir brauchen ein Parité-Gesetz auch in Hamburg. Wie dies trotz aller verfassungsrechtlichen Bedenken gehen kann, wollen wir ausführlich und sachlich in aller Breite diskutieren.
Dabei nehmen wir den Auftrag des Grundgesetzes und auch der Hamburgischen Verfassung ernst. An dieser Stelle möchte ich Elisabeth Selbert zitieren. Sie ist eine der vier Mütter des Grundgesetzes und kannte sich also bestens mit diesem aus. Ich zitiere:
"Die mangelnde Heranziehung von Frauen zu öffentlichen Ämtern und ihre geringe Beteiligung in den Parlamenten ist doch schlicht Verfassungsbruch in Permanenz."
Das sagte sie im Jahr 1981. Damals gab es noch nicht den Zusatz im Artikel 3, dass der Staat die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichberechtigung zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken habe. Vor diesem Hintergrund ist es geradezu absurd, dass ausgerechnet die FDP, die uns die letzten Monate ständig etwas von Werten erzählt und wem diese alle beizubringen seien,
(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Wir haben nicht Ihre Werte! Das ist ei- ne Unterstellung!)
Ich rede davon, die Verpflichtung des Grundgesetzes an dieser Stelle ernst zu nehmen und in eine Debatte einzusteigen, wie wir sie erfüllen können.
Nein, anders. Die FDP hat sich sogar sofort gegen den ersten öffentlichen Vorschlag positioniert, wie wir dieses Problem angehen können.
An einer ernsthaften Auseinandersetzung mit diesem Thema scheint die FDP nicht interessiert zu sein.
Übrigens ein interessanter Zwischenruf eben: Die FDP hat gerade noch einmal erklärt, dass sie es nicht als Problem sieht.
Der Antrag der FDP wiederholt das immer wiederkehrende Argument, der Grundsatz der Gleichheit der Wahl allein gewähre vollkommene Chancengleichheit. Dafür, dass dies nicht stimmt, müssen wir uns nur einmal hier im Saal umschauen. Wie bei der Frauenquote in der Privatwirtschaft zeigt sich auch hier, dass freiwillige Selbstverpflichtungen uns nicht weiterbringen.
Die Fraktionen mit vielen Frauen in ihren Reihen haben nicht nur Mentoring-Programme gestartet, was durchaus wichtig ist, sondern die Hälfte der Macht fest in ihren Statuten verankert und so sichergestellt, dass die Hälfte der Macht wirklich den Frauen zugehen kann. Das heißt, wir brauchen uns nur einmal wieder im Raum umzuschauen.
Und was denken Sie denn, woran es liegt, dass Frauen in Parlamenten, aber auch in vielen anderen Bereichen unterrepräsentiert sind? Sicher nicht daran, dass Frauen keine Macht wollen. Selbstverständlich wollen und können Frauen Politik gestalten, Gesellschaft gestalten und regieren. Es liegt an den Strukturen, die das nicht zulassen und durch die Frauen immer noch diskriminiert werden. Die Art und Weise, wie viele Parteien ihre Wahllisten aufstellen, das werden auch einige Frauen der CDU bestätigen können, ist von Männern dominiert, die ihre Macht nicht teilen wollen. Das können wir nicht länger hinnehmen.
Aus diesem Anliegen heraus haben wir auch unseren Zusatzantrag interfraktionell eingereicht. Mit unserem Antrag zeigen wir, dass wir bereit sind, diesen Weg zu gehen und auszuloten, was rechtlich möglich ist: für mehr Gerechtigkeit und eine Hamburgische Bürgerschaft, die wirklich ein gesellschaftliches Abbild der Bevölkerung darstellt, für echte Wahlfreiheit, für die Freiheit, wirklich Frauen wählen zu können, und gerade mit Blick auf unser Wahlrecht
(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Wo sind sie denn, Ihre Frauen? Das ist wirklich grundgesetzwidrig, was Sie da er- zählen!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die politische Sphäre ist immer noch Männerdomäne und die Zahlen, Frau von Treuenfels-Frowein – ein Zungenbrecher –, zeigen doch deutlich, dass wir eine signifikante Unterrepräsentanz von Frauen in allen Parlamenten zu allen Zeiten haben.
(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Das ist aber diskriminierend, was Sie da vorhin gesagt haben, mein Name wäre ein Zungenbrecher! Nehmen Sie das zu- rück!)
Ich möchte zum Inhaltlichen zurückkommen, denn das ist heute das Ausschlaggebende und das Wichtige. Wir haben die Situation, dass immer noch zu wenige Frauen in den Parlamenten vertreten sind, und das zeigt uns sehr deutlich, dass wir uns politisch kritisch mit diesen Strukturen auseinandersetzen müssen, vor allem nach Kriterien der Geschlechtergerechtigkeit, und daraus müssen dann eben auch Maßnahmen folgen.