Das führt zu der kuriosen Situation, dass am 26. Mai Menschen mit Behinderung zwar bei den Hamburger Bezirkswahlen, nicht aber bei den Europawahlen mitwählen dürfen. Diese Missachtung des Bundesverfassungsgerichts durch die Große Koalition grenzt schon an Arbeitsverweigerung und ist für die Betroffenen sehr diskriminierend.
Abschließend ist festzustellen: Menschen mit Behinderung sind Experten in ihrer eigenen Sache. Das Recht auf individuelle Entscheidung, wie, wo und mit wem die betroffenen Menschen leben und arbeiten wollen, ist deshalb zu respektieren. Ob Förder- oder Regelschule, ob Werkstatt, Integrationsbetrieb oder Erster Arbeitsmarkt, ob in einem Heim, in einer Wohngemeinschaft oder in der eigenen Wohnung: Alle Systeme sollten gleichermaßen in den Blick genommen und geschätzt werden. Nur ein vielfältiges Angebot sichert die individuelle Wahlfreiheit und ermöglicht eine echte Teilhabe. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Zehn Jahre Behindertenrechtskonvention haben positive Spuren hinterlassen. Es gibt zwar noch viel zu tun, aber es ist großartig, dass die Zeiten vorbei sind, in denen behinderte Menschen in den Familien versteckt wurden, wie es in den Fünfziger- und Sechzigerjahren geschehen ist, damit die Familie nicht mit der "Schande" konfrontiert wird. Inklusion behinderter Menschen ist in Deutschland und vor allem auch in Hamburg längst angekommen. In puncto Akzeptanz ist die Gesellschaft viel weiter als noch vor 20 Jahren – und auch viel weiter, als manche Behinderte glauben mögen. Es wird mit Behinderten gesprochen und nicht mehr nur über sie.
Doch ist Inklusion etwas, das von zwei Seiten geschieht, also auch vonseiten der Menschen mit Behinderung. Voraussetzung dafür ist, dass Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gefördert wird. Das heißt, Behinderte müssen individuell gefördert und gefordert werden. Inklusion ist natürlich grundsätzlich hilfreich, aber oftmals dann doch nicht zielführend. Für einige behinderte Kinder mag es wirklich dran sein, in Regelschulen zu gehen, in denen sie entsprechend gefördert werden. Aber dadurch können die Förderschulen nicht gänzlich aufgegeben werden, das ist meine persönliche und das ist unsere Meinung. Viele Schulen sind wirklich überfordert. Die Lehrer haben keine spezielle sozialpädagogische Ausbildung und kaum ein Lehrer ist der Gebärdensprache mächtig; es ist eine hohe Anforderung. Kinder werden also gezwungenermaßen vernachlässigt, und das hat dann mit Teilhabe von Behinderten nichts mehr zu tun.
Und zu allem Übel fordert die UN nun noch, dass Behindertenwerkstätten abgeschafft werden sollen, um zugängliche Arbeitsplätze zu schaffen. Das wäre für einige Behinderte wirklich kontraproduktiv, vor allen Dingen für diejenigen, die eine sehr starke Behinderung haben. Denn es gibt nicht die Behinderung, sondern ein weit ausgreifendes Spektrum von Behindertenstärke, sodass behinderte Menschen teilweise nicht wirklich arbeitstechnisch eingebunden werden können.
Wichtig ist meines Erachtens, dass wir in Hamburg nicht zu vorschnell handeln und übereilt Maßnahmen ergreifen, sondern mit den Betroffenenverbänden intensive Gespräche suchen, denn diese wissen, was notwendig und wichtig ist. So sollten wir in Hamburg kurzfristig über einen entsprechenden Partizipationsfonds nachdenken, um ihn vielleicht auch tatsächlich zu realisieren. Weiter sollte der Forderung nachgekommen werden, das Kompetenzzentrum für ein barrierefreies Hamburg als
festen Bestandteil im Hamburger Behindertengesetz zu verankern. Auch brauchen wir, das wurde schon erwähnt, in der Verwaltung mehr Arbeitsplätze für behinderte Menschen. Sinnvoll ist es mit Sicherheit auch, den Forderungen des Hamburger Blinden- und Sehbehindertenvereins nach einer gesetzlich geregelten Schlichtungsstelle nachzukommen.
Ich denke, wir sind in Hamburg weit vorangekommen und haben vieles umgesetzt, aber es ist noch viel zu tun und wir sollten das mit Verstand über die Bühne bringen. – Vielen Dank.
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds für den Beirat für politische Bildung – Drs 21/14765 –]
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines vertretenden Mitglieds der Kommission für Stadtentwicklung – Drs 21/14934 –]
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Kultur und Medien – Drs 21/14935 –]
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz – Drs 21/16187 –]
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines vertretenden Mitglieds der Kommission für Stadtentwicklung – Drs 21/16531 –]
Es ist wieder vereinbart worden, dass die Wahlen in einem Wahlgang durchgeführt werden können. Alle haben die fünf farbigen Stimmzettel bekommen. Sie enthalten wie gewohnt bei den Namen jeweils Felder für Zustimmung, Ablehnung und Ent
haltung und Sie dürfen auf jedem Stimmzettel bei jedem Namen ein Kreuz machen – nur eines; die Stimmzettel sind ungültig, wenn sie den Willen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen. Auch unausgefüllte Stimmzettel gelten als ungültig.
Sind alle Stimmzettel abgegeben? – Nein. Herr Oetzel, Sie brauchen sich zum Abgeben nicht hinsetzen. Dort hinten sind auch noch welche.
Sind sonst alle Stimmzettel abgegeben? – Ich sehe, das ist jetzt der Fall. Dann schließe ich den Wahlgang und die Ergebnisse werden zu Protokoll oder im Verlauf der Sitzung bekannt gegeben.
Punkt 54 der Tagesordnung, Antrag der GRÜNEN und SPD-Fraktion: Rabattiertes HVV-Ticket für Auszubildende.
[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Rabattiertes HVV-Ticket für Auszubildende – Drs 21/16368 –]
[Antrag der FDP-Fraktion: Freiwilligendienste, Azubis und Studierende im HVV gleichstellen – Drs 21/16640 –]
Wird hierzu nun das Wort gewünscht? – Dorothee Martin bekommt als Erste das Wort für die antragstellende SPD-Fraktion.
Herr Präsident, vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beantragen heute die Einführung eines vergünstigten Auszubildendentickets für den ÖPNV, das sich preislich am Semesterticket für Studierende orientiert. Das Azubi-Ticket ist für uns eine verkehrspolitisch, bildungs- und sozialpolitisch sehr wichtige Maßnahme, von der viele tausend Azubis profitieren werden.
Sie kennen das Semesterticket für Studierende, es liegt aktuell bei 179,20 Euro pro Semester. Ein vergleichbares Angebot gibt es für Azubis nicht. Deren aktuelle Tarife sind deutlich teurer, obwohl ihre finanzielle Lage doch vergleichbar mit der von Studierenden ist. Dieses Ungleichgewicht möchten wir beheben und senden heute damit auch ein starkes
Signal für die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung, was uns ein großes Herzensthema ist.
Der günstige Preis für das Semesterticket ist deswegen möglich, weil die Studierendenschaften Verträge mit dem HVV mit Wirkung für alle ihre Mitglieder abschließen können. Welche Möglichkeiten es dann gibt, vergleichbar günstige Angebote für Azubis zu schaffen, soll nun geprüft werden. Hier mag man gegebenenfalls auch zu systematisch anderen Lösungen kommen, wie dies abgewickelt wird, aber das Ziel bleibt: Wir brauchen auch für Auszubildende ein preislich attraktives ÖPNV-Angebot.
Mit Auszubildenden, das ist ein sehr wichtiger Punkt, meinen wir auch diejenigen, deren Betriebe eben nicht in den Kammern organisiert sind, also zum Beispiel Gesundheits- und Pflegeberufe oder der große Bereich der Erzieherinnen und Erzieher. Ebenso möchten wir das Ticket für Teilnehmende an einem freiwilligen ökologischen oder sozialen Jahr oder auch für den Bundesfreiwilligendienst prüfen. Wir hatten in unserem Antrag diese Gruppen mit der Öffnungsklausel "in ähnlichen Lebenslagen" bereits eingeschlossen, denn wenn junge Menschen sich dazu entschließen, ein Jahr Arbeitszeit und Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, sollen sie natürlich auch von diesem günstigen Tarif profitieren. Insofern, werte Kollegen der FDP, haben wir hier das gemeinsame Anliegen und können Ihrem Antrag daher zustimmen.
Meine Damen und Herren! Neben den genannten sozialen Aspekten ist das Angebot für Azubis natürlich auch eine verkehrspolitisch wichtige Maßnahme. Denn wenn wir den Anteil des Bahn- und Busverkehrs in unserer Stadt nachhaltig erhöhen und halten möchten, dann müssen wir gerade jungen Menschen mit guten Angeboten ein überzeugendes Angebot machen, sowohl eben bei der Taktverdichtung im HVV als auch ganz zielgerichtet mit guten Tarifen. Das Azubi-Ticket bietet daher auch eine große Chance der frühzeitigen Bindung von Nutzerinnen und Nutzern an unseren ÖPNV.
Zudem ist das Ticket für Arbeitgeber ein guter Anreiz bei der doch immer schwieriger werdenden Suche in der Besetzung der Auszubildendenstellen. Ein gutes Mobilitätsangebot ist hierbei ein entscheidender Standortvorteil, gerade wenn man sich einmal vergleichbare Angebote in anderen Städten anschaut wie Berlin, München, Stuttgart oder Köln. Da liegen die Preise für ein Azubi-Ticket im Abo monatlich zwischen 60 und 70 Euro – im
mer noch sehr viel, wie ich finde. Hamburg geht also mit dem angepeilten Tarif angelehnt an das Semesterticket hier einen ganz großen Schritt voran.
Die Rückmeldungen, die wir bis dato zu unserem Vorstoß erhalten haben, von Auszubildenden, aber auch von Unternehmen, von Kammern, von den Trägern, sind sehr positiv. Jetzt geht es um die konkrete Ausgestaltung des Tarifs, um Finanzierung und um Systematik.
Meine Damen und Herren! Wir haben in der letzten Sitzung mit der Ausweitung des Seniorentickets deutliche Verbesserungen beschlossen. Wir arbeiten an der Neuaufstellung und Verbesserung des Schülerfreizeittickets, und wir drehen nun an der Preisschraube beim HVV-Ticket für Auszubildende. Damit setzen wir weitere wichtige Maßnahmen, damit stärken wir weiterhin den ÖPNV in unserer Stadt, und damit gehen wir einen weiteren Schritt in Richtung Verkehrswende. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Busse und Bahnen in unserer Stadt sind das Rückgrat der Mobilität, und deshalb ist es auch richtig und wichtig, dass wir gemeinsam uns immer wieder darüber Gedanken machen, wie wir den ÖPNV in unserer Stadt attraktiver machen. Das tun Sie, das tun wir und das tun auch viele andere Fraktionen in der Hamburgischen Bürgerschaft und das ist richtig, das ist wichtig und das sollten wir auch in Zukunft weiterhin tun.