Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

Das Asylrecht der 2015 Gekommenen wird infrage gestellt, Herr Wolf hat das noch einmal gesagt, von wegen Grenzöffnung und so. Immer wieder dieselbe Mär. Dabei verbietet Dublin Deutschland nicht die Aufnahme von Geflüchteten, das hat der Europäische Gerichtshof längst entschieden.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Und schließlich die Milliardenkosten. Was wird da für ein Bild gezeichnet? Herr Wolf hat es noch einmal bestätigt. Von Steuererhöhungen ist die Rede, von Verteilungskämpfen, Geflüchtete, die uns alles wegnehmen, die uns arm machen. Geflüchtete verursachen Kosten, richtig. Für 2018 waren da im Bundeshaushalt 21,4 Milliarden Euro bereitgestellt, einschließlich Bekämpfung der Fluchtursachen. Aber es ist unsere verdammte humanitäre Pflicht, diese Kosten zu übernehmen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Mareike En- gels GRÜNE)

Eine Kosten-Nutzen-Rechnung verbietet sich da. Und im Übrigen, meine Damen und Herren: Jährlich entgehen dem Bund etwa 100 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist eine Form von Flucht, die Schaden anrichtet. Dazu schweigt die AfD. Nicht ohne Grund. Denn AfD-Mandatsträgerinnen und Mandatsträger sind fleißig daran beteiligt, siehe die Ermittlungen gegen Gauland, siehe das Verbot der Mandatsausübung gegen den AfD-Landtagsabgeordneten Weiß in Brandenburg, siehe den Verdacht gegen die AfD-Landtagsabgeordnete Bublies-Leifert in Rheinland-Pfalz und das Verfahren gegen Ex-AfDChefin Frauke Petry. Wenn wir hier also über Flüchtlingskosten reden, dann sollten wir über die Kosten der AfD-Steuerflüchtlinge reden; wer weiß, was in Hamburg da noch schlummert.

(Beifall bei der LINKEN und Heiterkeit bei der AfD)

Den Antrag lehnen wir selbstredend ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Phyliss De- mirel und Anna Gallina, beide GRÜNE)

Frau Nicolaysen bekommt nun das Wort für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! AfD und seriöse Flüchtlingsthemen, das ist kaum vorstellbar.

(Dirk Nockemann AfD: Für Sie vielleicht nicht!)

Es ist kaum miteinander zu verbinden. Wie Pol und Gegenpol stößt sich das einfach gegenseitig ab. Migration ist ein Thema, das die Gesellschaft spaltet, ein Thema, das, wie wir in den vergangenen Jahren gelernt haben, die politische Richtung in vielen Ländern nach rechts abdriften ließ. Das ist die große Gefahr.

(Dr. Carola Ensslen)

Wir Liberale treten für eine weltoffene Gesellschaft ein.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb darf hier kein Würfeln über die Höhe der Kostenbeteiligung des Bundes stattfinden. Sinkende Zuwanderung und steigende Integrationskosten müssen in Einklang gebracht werden. Ich habe mich nicht besonders darüber gewundert, dass, als der Bundestag am 29. November 2018 über die fortgesetzte Beteiligung des Bundes an den Integrationskosten der Länder und Kommunen entschied, die AfD die einzige Fraktion war, die dagegen stimmte. Ihr Antrag ist deshalb zwar verwunderlich, aber ich als Liberale bin immer bereit, vorurteilsfrei in eine Sachdiskussion einzusteigen.

(Dirk Nockemann AfD: Darf ich das bezwei- feln?)

Wenn man nun die provokante Überschrift weglässt, dann ist das Kernthema ein fraktionsübergreifendes Anliegen, nämlich die Frage danach: Wer trägt künftig die Kosten der Integration? Und: Kann der Bund höhere Kosten auf die Länder einfach so abwälzen?

Fakt ist, an den zuwanderungsbedingten Kosten hat sich der Bund laut der ebenfalls heute auf der Tagesordnung stehenden Drucksache 21/16647 in Hamburg im Jahr 2018 mit rund 176 Millionen Euro beteiligt. Die Erstattung des Bundes erfolgte in Höhe von 121 Millionen Euro im Rahmen der Umsatzsteuerverteilung, etwa 55 Millionen Euro wurden direkt in die Einzelpläne unter anderem für die Kosten der Unterkunft und den sozialen Wohnungsbau zugewiesen.

Der erste Vorschlag des ehemaligen Bürgermeisters und nunmehr Bundesfinanzminister Scholz, die Beteiligung des Bundes an den Flüchtlingsausgaben der Länder und Kommunen deutlich zurückzufahren, war einfach inakzeptabel. Dass Länder – wie auch Hamburg – dagegen Sturm liefen, war klar. Ich würde meinen, es war sogar Taktik, um erst einmal zu schockieren und mit einem zweiten Vorschlag das Worst-Case-Szenario abzuwenden. Nun, wie sich zeigte, spielte Herr Scholz einfach nur den Populisten in die Hände. Jetzt hat Herr Scholz verkündet, dass der Bund auch die zusätzlichen Kosten für die Unterkünfte der Flüchtlinge übernehmen werde. Der zweite Vorschlag ist immerhin ein Entgegenkommen. Die Hamburger SPD sollte Herrn Scholz bei nächster Gelegenheit einfach darüber aufklären, dass der Bund für das Asylrecht zuständig ist und darum auch finanziell dafür verantwortlich ist.

Es kann nicht angehen, dass immer mehr Aufgaben im Asylbereich auf die Länder und Kommunen einfach so abgewälzt werden, ohne dass deren Kosten durch den Bund getragen werden. Diese Aufgabenverlagerung ohne finanzielle Kompensation stellt einen Bruch der vollmundigen Verspre

chungen dar, die Länder mit den Folgen der Migration nicht alleinzulassen. Die Integrationspolitik in den Ländern und insbesondere in Hamburg darf einfach nicht aufs Spiel gesetzt werden, weil der Bund einseitig nur auf die Zugangszahlen schaut. Wir erwarten, dass Hamburg seinen Einfluss im Bund nutzt und auf eine faire und gerechte Kostenbeteiligung des Bundes an den zuwanderungsbedingten Kosten hinwirkt. – Vielen Dank.

(Befall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Dr. Flocken.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Volksvertreter! Dass es nicht sinnvoll sein kann, den Menschen, die hier in diesem Lande arbeiten, Geld abzupressen, denn es handelt sich nicht um sprudelnde Steuerquellen, wie das vielleicht irgendwo in Russland oder Saudi-Arabien, wo die Ölquellen sprudeln … Da könnte man das vielleicht so sagen. Aber das Geld, das der Bund zur Verfügung hat, das presst er den arbeitenden Menschen ab. Und dieses Geld dann dem asylindustriellen Komplex in den Rachen zu werfen und die Probleme, die durch die Massenimmigration entstanden sind, damit zuzuschütten – dass das die AfD nicht versteht, ist schon bitter. Und natürlich hat das Herr Heißner viel besser ausgedrückt als ich.

Deshalb zum nächsten Punkt. Die Massenimmigration ist Völkermord, so heißt es in einer Resolution des Bundestags vom 1996. Die Volksvertreter wollten damals den bösen, bösen Chinesen eins auswischen. Na ja, wer anderen eine Grube gräbt … Die Täterin, besser Anstifterin für diesen Völkermord war und ist die Frau, die in diesem Hause nicht kritisiert werden darf. Nur insoweit ist der AfD-Text stimmig.

(Glocke)

Herr Dr. Flocken, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall bei Philipp Heißner CDU und Dr. An- jes Tjarks GRÜNE)

Natürlich haftet sie – also jetzt nicht die AfD – für die Folgen nicht mit ihrem Privatvermögen; für die finanziellen Folgen, meine ich. Und erst recht nicht für die körperlichen Schäden derjenigen, die mit ihrem Leben oder ihrer Unversehrtheit direkt Betroffene oder Überlebende des Völkermordes wurden. Es bezahlt in jedem Falle das Volk.

Was aber haben die Bürgermeister der Kommunen beziehungsweise in Hamburg die Bezirksamtsleiter gemacht? Während der hitzigen Phase der Asylkatastrophe

(Christel Nicolaysen)

(Zuruf von Anna Gallina GRÜNE)

haben sie sich mit ihren Mitarbeitern Schulungen unterzogen. Die Bürgerschaft hat dafür extra eine halbe Million Euro bereitgestellt. Sie haben gelernt – also die Bezirksamtsleiter und anderswo die Bürgermeister –, asylkritische Bürger bei sogenannten Informationsveranstaltungen einzuschüchtern, zu isolieren oder durch die zahlreichen und lautstarken Menschen aus dem asylindustriellen Komplex niederbrüllen zu lassen.

(Zuruf von Anna Gallina GRÜNE)

Einige Bürgermeister haben das Unrecht des Völkermordes erkannt. Warum sind sie gegen ihr Gewissen mitgelaufen? Ordinäres deutsches Duckmäusertum? Untertanengeist? Die Chance, sich in einem moralischen Wohlgefühl zu suhlen? Oder eine Wirtschaftshilfe für den lokalen asylindustriellen Komplex? Wir wissen es nicht.

(Glocke)

Später werden wohl alle dagegen gewesen sein.

Herr Dr. Flocken, ich erteile Ihnen für Ihre Wortwahl einen weiteren Ordnungsruf.

Boris Palmer ist das lebende Beispiel, dass Widerstand möglich war und ist.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie sind doch sonst gegen Grüne!)

Die Kommunen waren die Erfüllungsgehilfen, die willigen Vollstrecker der … Na, das darf ich jetzt nicht mehr sagen.

Wenn es darum ginge, eine gerechtere Lösung zu finden, also im Konjunktiv Irrealis, wenn es darum ginge, dann hätte ich einen Vorschlag:

(Arno Münster SPD: Nee, bitte nicht!)

Wo bis 2015 viel Links-Grün gewählt wurde, da müssen die Kommunen nicht so viel selbst zahlen; ab 2015 entfällt natürlich die Unterscheidung zwischen CDU und Links-Grün. Im Gegenzug würden alle Kommunen entlastet, die durch einen besonders hohen AfD-Stimmenanteil ihre Gegnerschaft zum Völkermord dokumentiert haben.

(Dirk Nockemann AfD: Ludwig, red doch kei- nen Mist, Mensch!)

Eine letzte Bemerkung zum AfD-Antrag. Der Stil, der Sprachstil ist dermaßen beleidigend für die deutsche Sprache, dass mir wirklich die Worte fehlen, wie man so etwas hier vorlegen kann. – Vielen Dank.

(Dirk Nockemann AfD: Mein Gott, was ist aus Ludwig Flocken geworden!)

Das Wort bekommt Herr Nockemann für die AfD-Fraktion.