Carola Ensslen
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erneut debattieren wir hier über die Kooperation zwischen Jobcenter und Jugendhilfe, erneut kritisiere ich dieses Konzept. Grundlage dafür ist die Annahme, dass Alleinerziehende Unterstützung bei der Bewältigung ihres herausfordernden Alltags benötigen, so die Senatsmitteilung. Das habe ich im Sozialausschuss hinterfragt. Die Antwort der Sozialsenatorin: Es sei erwiesen, dass Alleinerziehende besonders armutsgefährdet seien – Frau Rath hat darauf auch schon hingewiesen. Ja, das ist der erschütternde Befund der Sozialpolitik in Deutschland und Hamburg. Das bedeutet noch lange nicht, dass Alleinerziehende ein Fall für die Jugendhilfe sind. Was für ein herablassender, bevormundender Politikansatz.
Wie wäre es denn stattdessen einmal mit bedarfsdeckenden Regelsätzen, einer Kindergrundsicherung und einem menschenwürdigen Existenzminimum? Dann braucht es in der Regel auch keine Jugendhilfe.
Ja.
Ja. Das ist mir klar.
Ich habe im Übrigen auch von Herrn Schwieger nicht gehört, warum jetzt dieser Politikansatz gewählt wird. Aber ich finde es noch etwas schlimmer. Ich wollte wissen, warum denn eine Kooperation zwischen Jobcenter und Jugendhilfe als Handlungsansatz angesehen wird – und jetzt kommt in Teilen auch eine Antwort auf Frau Möller. Die Antwort der Sozialsenatorin war: Jobcenter-Sanktionen führten dazu, dass zum Beispiel nicht genug Lebensmittel vorhanden seien und sogar Wohnungsverlust drohe. Wenn Kinder betroffen seien, dann liege eine Kindeswohlgefährdung vor und dann müsse die Jugendhilfe schnell einschreiten können. Also da sieht man doch, dass so etwas zum Bedarf für Jugendhilfe führt, und das verschlägt mir die Sprache. In was für einer Welt lebt eigentlich der rot-grüne Senat? Jobcenter sollen ruhig weiterhin sanktionieren, und die Jugendhilfe soll es dann richten? War die Ansage des Bundesverfassungsgerichts nicht deutlich genug? Für mich gibt es darauf nur eine Antwort: Weg mit den Sanktionen, dann kann dadurch auch keine Kindeswohlgefährdung entstehen. Das ist doch so einfach wie selbstverständlich.
Stattdessen verficht die Sozialsenatorin einen unsozialen Reparaturbetrieb, und die GRÜNEN, selbst Sie, Frau Möller, die auf Bundesebene andere Auffassungen vertreten, machen das mit. Wir brauchen keinen Ausbau des Jobcenters zu einer Superbehörde, die alle Lebensbereiche erfassen soll. Wir brauchen eine sanktionsfreie Mindestsicherung, die die Menschenwürde wiederherstellt.
Einfach machen. Soziale Antworten gibt es nur mit links. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal an den Anlass oder die Ursprungsdrucksache für die Debatte erinnern, da geht es nämlich schlichtweg um die Anmietung von Räumen. Super spektakulär, habe ich bei mir gedacht, dagegen ist natürlich nichts einzuwenden. Aber es war klar, dass die Debatte genutzt wird, um das Fachkräfteeinwanderungsgesetz noch einmal hervorzuheben und zu loben.
Damit stimme ich dann nun wieder nicht so sehr überein, denn ich habe eine Menge Kritik daran. Ich finde es zum Beispiel zynisch, wenn der Senat das jetzt eilfertig alles umsetzt für den Fachkräftezuzug, während Menschen von hier abgeschoben werden. Ich finde es auch zynisch, dass Menschen hierhergeholt werden, während nach wie vor Migrantinnen und Migranten, aber auch Langzeitarbeitslose nur sehr unzureichend unterstützt und gefördert werden. Im Endeffekt ist dieses Gesetz ein Bürokratiemonster, das nur eine Scheinlösung bietet. Wie bei allen anderen Menschen, die zu uns ziehen, müssen erst sprachliche, fachliche und kulturelle Barrieren überwunden werden. So schnell geht das also auch nicht mit den Arbeitskräften.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz erinnert mich außerdem im Denken sehr an die Fünfziger- und Sechzigerjahre, als die sogenannten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter – in Anführungszeichen – hergeholt wurden und tunlichst wieder gehen sollten, als sie nicht mehr gebraucht wurden. Auch jetzt sollen die Fachkräfte ihre Familien möglichst dort lassen, es gibt nämlich sehr hohe Hürden, die vor einer Mitnahme sehr abschrecken – bloß nicht zu viel Integration, sie könnten ja hierbleiben. Deswegen dürfen wir nie vergessen: Es kommen Menschen mit eigenen Vorstellungen über ihr Leben, und es sollte selbstverständlich sein, dass sie auf Dauer mit ihren Familien bei uns leben wollen.
Und genau an der Stelle möchte ich auch noch einmal – Frau Demirel hat es angedeutet – auf einen weiteren Aspekt hinweisen. Wenn Menschen aus Syrien oder anderen Kriegsländern auf diesem Weg hierherkommen, ist das einerseits gut, weil sie dann dem Krieg entkommen, andererseits habe ich die Befürchtung, dass die Visa-Verfahren für Menschen, die auf den Familiennachzug warten, noch viel länger dauern werden. Es gibt nämlich auch einen Fachkräftemangel in den dortigen Botschaften. Irak, Libanon, Türkei, da warten Familienmitglieder Monate bis Jahre darauf, nachzuziehen. Und wenn diese Menschen wegen dieses Gesetzes nun noch weiter zurückgestellt werden, dann nützen schöne neue Räume nichts, denn spätestens dann gehört dieses Gesetz für mich sofort auf die Müllhalde.
Was wir stattdessen wirklich brauchen, ist ein echtes Einwanderungsgesetz, das diesen Namen auch verdient. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ja, Zuwanderung kostet Geld, und für mich ist jeder ausgegebene Cent richtig und wichtig,
denn es ist unsere verdammte Pflicht, etwas für die Menschen zu tun, die nicht in einem Land geboren sind, in dem sie bleiben konnten. Jeden Tag spüre ich die Schuld, hier in Frieden und Wohlstand leben zu dürfen, während andere auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken; für all diese Menschen kön
nen wir keine Kosten mehr übernehmen. Damit die Menschen, um die es geht, nicht eine anonyme Masse bleiben, möchte ich in der verbleibenden Zeit Namen aus einer Liste von 34 361 Toten, die das europäische Netzwerk UNITED for Intercultural Action recherchiert hat, vorlesen:
"Snaid Tadese, 19 Jahre, weiblich, Eritrea, Mame Mbaye Ndiaye, 35 Jahre, männlich, Senegal, Tesfalidet Tesfon, 22 Jahre, männlich, Eritrea, Ibrahim Selim, 3 Jahre, männlich, Türkei, Becky Moses, 26 Jahre, weiblich, Nigeria, Alhassane Barry, 21 Jahre, männlich, Guinea, Lula, 28 Jahre, weiblich, Eritrea, Hassane Traoré, 28 Jahre, männlich, Elfenbeinküste, Madina Hussini, 6 Jahre, weiblich, Afghanistan, Mohamed Bouderbal, 36 Jahre, männlich, Algerien, Marian Shaka, 20 Jahre, schwanger, Nigeria, Arim Bakar, 27 Jahre, männlich, Irak, Osato Osara, 20 Jahre, schwanger, Nigeria, Lawend Shamal, 3 Jahre, männlich, Irak, Rosa Maria, 20 Jahre, weiblich, Nigeria."
Dies ist nur ein verschwindend kleiner Ausschnitt der vielen, vielen Toten, und ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Breit gefächert ist ein gutes Stichwort, Frau Möller. Ich könnte jetzt im Sinne der CDU auch anfangen, etwas über das miserable Baustellenmanagement des Wirtschaftssenators oder über die miserable Notfallaufnahme des UKE zu sagen,
aber natürlich will ich etwas zur Arbeitsmarktpolitik sagen.
Da, muss ich sagen, habe ich ein gewisses Unverständnis für die Anmeldung dieses Themas und für dieses Selbstlob. Ich frage mich, wofür eigentlich? Sie können doch in Wirklichkeit so gut wie nichts dafür, dass wir eine Million Beschäftigte in Hamburg haben. Aber positiv will ich immerhin vermerken, dass Sie gegen Befristungen und prekäre Beschäftigung ernsthafter angehen wollen. Das finde ich gut.
Was aber ist mit den Erwerbslosen? Wir haben nur einen kleinen Blick in Bezug auf den sozialen Arbeitsmarkt darauf geworfen, aber wenn man sich das einmal anschaut: 16 500 Langzeiterwerbslose. Wenn ich mühsam zusammenzähle, kommen wir vielleicht insgesamt auf 1 000 Stellen am sozialen Arbeitsmarkt. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, und das ist längst nicht genug.
Diejenigen, die nicht das Glück haben, werden nicht genügend gefördert. Herr Schwieger sagt, es würden die Stadtteilprojekte gefördert werden, aber das ist nicht der Fall, es stimmt einfach nicht. Frau Möller sagt zu Recht, wir müssten mehr Landesmittel in die Hand nehmen. Genau das wird aber nicht getan, im Gegenteil: Die Mittel für diese Projekte, die auch soziale Stellen ermöglichen, werden gekürzt, und es werden noch nicht einmal die Mittel in die Hand genommen, die durch Beschäftigung eingespart werden. Das ist ein echtes Ärgernis. Unser Antrag dazu wird nicht einmal an den Sozialausschuss überwiesen.
Was mich aber wirklich wütend macht, ist, dass nicht beachtet wird, dass dabei der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet wird. Wir haben in diesem Bereich sehr, sehr viele Nichtwählerinnen und Nichtwähler, und SPD und GRÜNE haben es immer noch nicht erkannt, dass an dieser Stelle eine sehr, sehr starke Politik für diese Menschen gemacht werden muss, damit der gesellschaftliche
Zusammenhalt gestärkt wird. Da erhoffe ich mir einfach mehr. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich könnte viel dazu sagen, dass die spezielle Arbeitsberatung für Geflüchtete eine gute Einrichtung ist, bei der es aber noch immer etwas in der Umsetzung hakt. Ich könnte auch viel dazu sagen, dass wir mehr aufsuchende Beratung in den Unterkünften bräuchten, dass die Rahmenbedingungen besser sein müssten, um eben vonseiten der Geflüchteten sich mehr auf Ausbildung und Arbeit konzentrieren zu können.
Und ich könnte auch die Forderung der CDU zur Servicestelle Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerfreizügigkeit unterstützen. All das möchte ich hier aber nicht weiter vertiefen, weil der Antrag von Rot-Grün einen entscheidenden Webfehler für mich hat: Er beruht auf dem kürzlich im Bundestag in einem Atemzug mit den Verschärfungen des Abschieberechts beschlossenen Fachkräfteeinwanderungsgesetz. All das haben übrigens die GRÜNEN auf Bundesebene auch abgelehnt. Wir haben dieses Gesetz nicht ohne Grund scharf kritisiert. Es orientiert sich an Nützlichkeitskriterien. Wir lehnen es ab, dass die Grenzen für begehrte Fachkräfte durchlässiger werden und für Schutzsuchende immer unüberwindbarer.
Das Gesetz wird menschenrechtlichen und solidarischen Gesichtspunkten nicht gerecht. Das Aufenthaltsgesetz an sich wird nämlich nicht verändert. Wir wollen aber den unsicheren Status der Duldung beenden.
Es ist einseitig auf die Interessen der Wirtschaft ausgerichtet. Statt besserer Arbeitsbedingungen und Löhne sollen lieber billige, über das Aufenthaltsrecht erpressbare Arbeitskräfte hergeholt werden. All das wird von Rot-Grün jetzt mit Farbtupfern wie der Forderung nach Förderung von Frauen schöngefärbt, und eine solche ist an sich nicht verkehrt. Was wir aber wirklich brauchen, ist gesellschaftliche Teilhabe von allen hier lebenden Migrantinnen und Migranten, die diskriminierungsfrei gestaltet wird.
Und wir müssen hier bessere Arbeitsbedingungen und Löhne schaffen. Auch in Hamburg ist der Anteil von Migrantinnen und Migranten in Leiharbeit und Niedriglohnsektor hoch; Ihr W.I.R trägt übrigens wenig dazu bei, das zu ändern. Gastronomie, Sicherheitsdienste, Reinigungsgewerbe sind nur Beispiele. Darauf müssen W.I.R, Jobcenter, Arbeitsagentur verstärkt achten, die Bemühungen um Qualifizierungen müssen noch deutlich weiter erhöht werden. Wenn wir jetzt nicht alle Anstrengungen dafür unternehmen, wird das in schlechten Zeiten womöglich zu einem Bumerang an Arbeitslosen werden. Auch die eingewanderten Fachkräfte können dann schnell zum Spielball werden.
Für uns gilt: Es kommen Menschen. Sie dürfen nicht einfach wieder weggeschickt werden, wenn es nicht mehr passt. Sie brauchen ein sicheres Bleiberecht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! 5 283 Tage, das ist heute die Zahl des Tages, 5 283 Tage Hartz IV, 5 283 Tage Ungerechtigkeit für Menschen, die auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Das hat zur Gründung der WASG, später der LINKEN, geführt. Unsere Forderung bleibt aktuell: eine sanktionsfreie Mindestsicherung statt Hartz IV.
Gefordert ist vor allem die Bundesebene. Wir finden aber, bis sich da wirklich etwas bewegt, können wir in Hamburg eine ganze Menge tun. Das SGB-II-Netzwerk hat recht. Es muss doch möglich sein, dass wir gemeinsam sagen: Hamburg traut sich etwas.
So eine Postkarte haben im Übrigen alle Abgeordneten in diesem Haus bekommen.
Ich möchte mit einem Ausflug in die Welt des Films spürbar machen, wie es Menschen in Hartz IV geht. Es ist der Film "Ich, Daniel Blake". Es geht um die Geschichte eines Zimmermanns, der einen Herzinfarkt erleidet und so in die Mühlen der Sozialbürokratie gerät. Sozialhilfe wird abgelehnt, obwohl er nicht arbeitsfähig ist, Arbeitslosenunterstützung erhält er auch nicht, weil er nicht arbeiten kann. Er legt Widerspruch ein, doch bis zu einer Entscheidung dauert es sehr, sehr lange. Eines Tages sprüht er frustriert an die Mauer des Jobcenters – Zitat:
"Ich, Daniel Blake, fordere meinen Widerspruchstermin, bevor ich verhungere. Und ändert die sch … Warteschleifenmusik im Telefon."
Zitatende.
Passantinnen applaudieren, doch die Leitung des Jobcenters lässt Daniel von der Polizei abführen. Der Film endet tragisch. An dem Tag, an dem er zu seinem Widerspruch angehört werden soll, stirbt Daniel Blake im Jobcenter am Herzinfarkt. Bei seinem Armenbegräbnis verliest eine Freundin das, was Blake bei dem Termin sagen wollte. – Zitat:
"Ich bin weder ein Klient noch ein Kunde, Leistungsempfänger oder Drückeberger, auch kein Schnorrer, Bettler oder Dieb, keine Sozialversicherungsnummer und kein Pünktchen auf dem Bildschirm. Ich bin ein Bürger, nicht mehr und nicht weniger."
Zitatende.
Die Wahlergebnisse sind auf Seite 7855 zu finden.
Der Film zeigt ein von Misstrauen geprägtes System mit pauschalem Betrugsverdacht. Die Unmenschlichkeit des Systems versteckt sich hinter Bürokratie und Verfahrensvorschriften. Damit wird die Würde der Betroffenen und letztendlich von uns allen angetastet. Dieser Film bezieht sich auf die britischen Verhältnisse. Er ist eine wütende Anklage des Regisseurs Ken Loach, der sich mit sozialer Ungerechtigkeit und den Folgen für unsere Gesellschaft nicht abfinden will. Aber wenn wir ehrlich sind, trifft das auf unsere Gesellschaft in Deutschland und Hamburg genauso zu. Und auch ich will mich nicht damit abfinden.
Ich selbst hatte übrigens gerade eine Begegnung der dritten Art mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Security eines Jobcenters. Bei einem Infostand vor dem Jobcenter hatte ich es gewagt, einen Fuß auf das Privatgelände zu setzen, und schon stürzten mehrere Personen aus dem Jobcenter heraus und befahlen mir in aggressivster Form, gefälligst das Privatgelände zu verlassen. Nun fällt es mir nicht schwer, mich gegen ein solches Auftreten zu wehren. Man braucht aber nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie sich Menschen fühlen, die dort hineingehen müssen. Es wird der Eindruck vermittelt, man sei potenziell gewalttätig, kriminell, konsumiere übermäßig Drogen und Alkohol. Ist das denn wirklich nötig? Hier zeigt sich, wie treffend der britische Film auch unsere Verhältnisse charakterisiert. Ich finde, das haben Bürgerinnen und Bürger, um es mit Blake zu sagen, nicht verdient.
Was an dieser Stelle nicht getan wird, was wir aber tun können, darauf will ich später eingehen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrüße es sehr, dass seitens der SPD und der GRÜNEN Schritte – das ist doch schon längst auf Bundesebene in der Diskussion – unternommen werden sollen, um die Bedingungen, unter denen Menschen in Hartz IV leben, zu verbessern. Was mich ein bisschen daran stört, ist Sozialstaat 2025, wie die SPD es nennt. Ich finde, das muss schneller gehen. Auf jeden Fall begrüßen wir jede Form von Verbesserungen. Das heißt aber nicht, dass auf Bundesebene nicht nach wie vor unsere Forderung gilt, sanktionsfreie Mindestsicherung statt Hartz IV.
Frau Rath, ich will zu Ihrem Beitrag nur eines sagen. Wir lehnen sowohl marktkonforme Patientinnen und Patienten als auch marktkonforme Langzeitarbeitslose schlichtweg und einfach ab.
Es ist doch nicht so, dass wir nicht mit den Leuten reden würden. Ich habe auch schon mit Erwerbslosen über etliche dieser Punkte in dem Antrag diskutiert, und da habe ich zum Beispiel gehört: Wenn wir wenigstens schon einmal eine Quittung für abgegebene Unterlagen bekämen, dann entfiele der Vorwurf, dass wir die Unterlagen nicht abgegeben haben. Leider ist es gar nicht so selten, dass Unterlagen in Jobcentern verschwinden. Wir meinen, das lässt sich sehr schnell und einfach erledigen.
Herr Feineis, das Schwärzen beziehungsweise Teilen von Kontoauszügen ist keine Banalität. Es gibt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, und das gilt auch für Hartz-IV-Bezieherinnen- und -bezieher.
Aber leider sind nicht alle Punkte so leicht zu lösen. Frau Engels hat das Thema Wohnen angesprochen, auch bei Hartz IV ein Riesenthema, und Hamburg hat viel in der Hand, um das menschenfreundlicher zu gestalten. Es ist richtig, da ist etwas passiert, aber eine Bruttokaltmiete von 495 Euro maximal für eine Person geht an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei. Ich habe diese Woche einmal auf ImmobilienScout geschaut. 562 Ein- bis Zweizimmerwohnungen waren da angeboten, rund 50 davon gab es zu dieser Bruttokaltmiete, das heißt Kaltmiete plus Betriebskosten, ohne Nutzungseinschränkung. In den Kerngebie
ten waren das gerade einmal sieben, und die waren winzig klein.
Fazit: Eine reelle Chance auf eine Wohnung sehe ich so nicht. Im besten Fall wird man an den Rand der Stadt gedrängt, und Frau Sudmann würde jetzt sagen, Deckel drauf,
ich sage, jetzt gleich den Leuten erst einmal die Mietkosten ordentlich absichern. Der Deckel – natürlich.
Das Resultat der gesamten Hartz-IV-Politik haben wir neulich bei der Veranstaltung "Gib mir was, was ich wählen kann" gesehen. Viele Langzeiterwerbslose gehen nicht zur Wahl. Das sollte auch der CDU zu denken geben.
Deren wirtschaftspolitischer Sprecher im Bundestag Pfeiffer sagte kürzlich – Zitat:
"Wir schütten die Leute mit Geld zu und sie werden trotzdem nicht zufriedener. Wir leisten uns zu viel Sozialklimbim in einem Rundumversorgungsstaat."
Zitatende.
Das finde ich zynisch.
Kaum weniger zynisch ist FDB-Chef Lindner
FDP, wenn Sie es genau wissen wollen, ich wiederhole das auch gern noch einmal – mit seiner Empörung darüber, dass jemand nicht einen noch so unzumutbaren Job annehmen will, um aus Hartz IV herauszukommen.
Die AfD bezeichnet LINKE und GRÜNE als Sozialromantiker, natürlich ungegendert, weil wir eine Mindestsicherung wollen. Das sei Umverteilungsirrsinn. Dass das Grundgesetz ein Existenzminimum garantiert, schert die AfD wenig.
Das finde ich asozial.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann mich im Wesentlichen Herrn Kleibauer anschließen. Die Erleichterungen bewegt man alle paar Jahre; das ist okay. Aber gedacht wird dabei eher an etabliertere Organisationen. Die bürokratischen Hürden auf dem Weg zur Gemeinnützigkeit werden nicht bedacht. Auf einer Veranstaltung mit Migrantinnenund Migrantenorganisationen wurde uns diese Woche gesagt, genau das sei das Problem. Ein Beispiel: Eine migrantische Jugendinitiative will einen gemeinnützigen Verein gründen, um als Träger der Jugendhilfe anerkannt zu werden. Dazu ist es laut Satzung nötig, eine Altersbegrenzung von 27 Jahren einzuführen. Das Finanzamt sagt dann aber, für die Gemeinnützigkeit könne man keine Altersbegrenzung machen. Was also tun? Es war durchweg zu hören, dass es rein ehrenamtlich ohne professionelle Unterstützung nicht geht, Gemeinnützigkeit zu erlangen. Gefordert wurde eine ordentliche, möglichst kostengünstige Beratungsstruktur. Wir finden, dass sich da etwas tun muss.
Aber Rot-Grün will sich lieber mit einem Antrag schmücken, der in erster Linie den Bund Geld kostet. Hamburg sollte lieber einmal schauen, wie es kleinere Organisationen unterstützt.
Schließlich will ich noch etwas zu Ziffer 6, zum Lohnsteuerabzug, sagen. Es kann doch nicht ernsthaft gewollt sein, dass gemeinnützige Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Lohnsteuer für sich behalten sollen. Haben Sie einmal ausgerechnet, wie viel Geld den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern damit geschenkt werden würde? Das halte ich, gelinde gesagt, für eine absurde Idee. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, Frau Engels, ich stimme Ihnen zu, freiwilliges Engagement ist für unsere Demokratie unverzichtbar. Was ich mich jedoch frage, ist: Reden wir eigentlich alle von dem gleichen Engagement? Sie haben zum Beispiel "Fridays for Future" genannt. Das finde ich ein gutes Beispiel. Da ist jemand politisch aktiv bei "Fridays for Future", organisiert Demos, kümmert sich um den Netzauftritt, steckt Geld und Zeit in sein Engagement. Nur sehe ich nicht, dass der sich irgendwo in dem Antrag von Rot-Grün überhaupt wiederfinden könnte. Wo wird denn diese Form des Engagements da überhaupt gewürdigt?
Einen Hamburger Nachweis würde so jemand schon einmal nicht bekommen. Eine Freiwilligenagentur braucht er auch nicht. Aber es würde helfen, wenn wir darüber nachdenken, wie wir sein Engagement fördern können. Und auf jeden Fall würde ihm ein kostenloses HVV-Ticket helfen, wie wir es gefordert haben. Hier muss sich endlich einmal mehr tun.
Wir sehen an dem Antrag von Rot-Grün, aber auch an dem Antrag der CDU, dass eigentlich schon die Engagementstrategie an sich den Blick auf das Engagement verengt. Von Eigensinn, von Freiheit und politischer Einmischung ist nirgendwo die Rede. Protest und Widerstand kommen als Engagement nicht vor. Alles konzentriert sich auf den sozialen Nutzwert von Engagement. Sollte Engagementpolitik aber nicht auch Platz für Divergenz, für Unangepasstes haben?
Es kann doch nicht sein, dass nur gefördert wird, was opportun ist.
Damit hier keine Missverständnisse aufkommen – ich habe es schon erwähnt –: In den Anträgen steht natürlich viel Richtiges und Sinnvolles. Deswegen stimmen wir auch zu. Aber wenn wir eine Engagementstrategie neu auflegen, dann sollten wir doch auch die eingetretenen Pfade verlassen.
Das bedeutet für mich: Jedes demokratische Engagement muss sich in der Engagementstrategie wiederfinden. Wir brauchen neue Kriterien für die Förderung von Engagement.
Es kann nicht angehen, dass Flüchtlingshelferinnen und -helfer erwünscht sind, der Protest gegen Abschiebungen aber nicht. Unbequeme Bereiche dürfen nicht außen vor bleiben.
Auch – in Anführungsstrichen – nützliches Engagement muss kritisch sein dürfen. Wer als Flüchtlingsinitiative die Unterbringung bei f & w fördern und wohnen kritisiert, darf nicht befürchten müssen, keine Förderung mehr zu bekommen. Und diese Befürchtung ist real. Ich war gerade gestern bei der Diskussion im Plenum des Bündnisses Hamburger Flüchtlingsinitiativen. Dort wurde sehr, sehr viel Kritik geäußert, aber es wurde auch gesagt: Wir wollen das nicht öffentlich äußern, weil wir Angst haben, unsere finanzielle Förderung zu verlieren. Wir müssen also klären, wie wir Abhängigkeitsverhältnisse durch Förderung vermeiden.
Wir müssen uns aber auch damit befassen, wie wir das unendliche Know-how von Engagierten besser einbinden; bei f & w fördern und wohnen können wir sehen, wie man es nicht macht.
Ein Beispiel: Ehrenamtliche möchten einen Informationsabend zu den Gefahren des Straßenverkehrs für Kinder machen. Sie werden von der Unterkunftsleitung aber nicht dabei unterstützt, die Bewohnerinnen und Bewohner mit Kindern überhaupt mit einer Einladung zu erreichen. Das zeigt, f & w fördern und wohnen tut sich schwer mit der Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt.
Wir müssen also endlich einmal ernsthaft auch an die schwierigen Themen ran. Den Anfang könnten wir mit einer Erhebung des Engagements bei f & w fördern und wohnen machen, so wie wir das fordern.
Das alles ruft nach einer Ehrenrunde im Sozialausschuss. Ich nehme aber zur Kenntnis, dass die Anträge nicht überwiesen werden sollen, wir sollen dann erst die fertige Strategie am Ende diskutieren. Das finde ich ein nicht besonders demokratisches Verhalten. Das ist zu spät. Der Ausschuss muss diskutieren können, bevor die Engagementstrategie fertig ist, das wäre einmal demokratische Kultur. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal ein paar Zahlen nennen, um das Ganze ein wenig plastischer zu machen. Die jüngsten Statistiken zeigen, dass es in Hamburg fast 44 000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte ohne eigenes Einkommen gibt, die vier Jahre und länger im ALGII-Leistungsbezug sind. Das ist eine Größenordnung, die zeigt, dass das bei diesem Arbeitsmarktprogramm – wir haben in Hamburg nicht einmal 1 000 geförderte Arbeitsplätze – ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Nun erfüllen zwar die 44 000 jetzt nicht genau die Kriterien der Arbeitsmarktprogramme, aber wir sehen, wie groß das Problem an sich ist. Das zeigt sich auch in einem Stadtteil wie Steilshoop. Dort leben 50 Prozent der Kinder in Grundsicherung, dort gibt es die Hälfte des Durchschnittseinkommens von Hamburg.
Wir haben also eklatante soziale Probleme in Hamburg. Da ist es mehr als notwendig, dass wir geförderte Beschäftigung brauchen, und da reichen die aktuell 510 Stellen, die es in Paragraf 16e und 16i gibt, lange nicht.
Insofern ist der Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD richtig und wichtig. Er geht in die richtige Richtung. Das Ganze hätten wir im Übrigen auch schon am 13. Februar haben können, als wir unseren Antrag dazu eingebracht haben; der deckt sich nämlich in Teilen. Aber da war es noch so, dass sich heftiger Protest dagegen gerichtet hat. Nun kann ich es willkommen heißen, dass da jetzt eine gedankliche Änderung vonstattengegangen ist. Allerdings, warum wird hier nur eine Modellrechnung beantragt? Wir brauchen doch auch den Beschluss darüber, dass dann das
Geld, das wir so dringend für Landesarbeitsmarktpolitik brauchen, auch dafür verwendet wird.
Das ist für mich eine Scheibchenpolitik, die ich nicht nachvollziehen kann. Es wird immer wieder betont, dass die Beschäftigungsträger so wichtig sind – das kann ich bestätigen –, aber in der Umsetzung werden sie nicht gut behandelt. Es hat lange, lange, über Monate hinweg zähe Verhandlungen gebraucht, bis sie überhaupt einmal eine vorläufige Finanzierung bekommen haben. Jetzt ist die Rede von einer Förderrichtlinie. Eine Förderrichtlinie bedeutet aber noch lange nicht, dass gesichert ist, woher das Geld kommt. Es wird nicht gesagt, woher letzthin das Geld für die Förderung kommen soll. Für mich sind das also zunächst einmal nur Lippenbekenntnisse, die in die Tat umgesetzt werden müssen.
Ich finde es sinnvoll und richtig, dass wir uns auch noch einmal im Sozialausschuss damit befassen. Dort können dann im Übrigen auch die Fragen der CDU-Fraktion beantwortet werden. Denn für mich ist das kein Zusatzantrag, sondern eher eine Fragestellung. Diese Fragen sind im Sozialausschuss gut aufgehoben; dort können wir uns damit befassen.
Was mir besonders wichtig ist und was auch der Antrag beinhaltet, ist die Verbindung von Arbeitsmarktpolitik und sozialer Quartiersarbeit; die muss wirklich noch vertieft werden. Ich habe das Jobcenter-Team besucht, das sich im Moment mit den geförderten Beschäftigungen befasst. Die denken aber nur im Jobcenter-System und da liegt das große Problem. Wir brauchen ein übergreifendes Denken über diesen Bereich hinaus. Wir brauchen ein Denken in Sozialpolitik und in Arbeitsmarktpolitik und eine echte Förderung der Beschäftigungsträger, die eine wichtige Säule geförderter Beschäftigung sind. Wir stimmen dem Antrag zu, aber er geht beileibe nicht weit genug. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Fast 2 000 Straftaten gegen Geflüchtete gab es 2018, fast 2 000 Mal
rassistische Übergriffe. 315 Menschen wurden verletzt. Fast jeden Tag also werden Geflüchtete durch rechte Gewalt verletzt. Rechte Gewalttaten, Bedrohungen mit Waffen und Sprengstoff in Deutschland machen den Menschen Angst, gefährden unserer Demokratie.
Nun, was hat das mit den Kosten für Geflüchtete zu tun? Ganz einfach. Ihnen von der AfD geht es doch gar nicht ums Geld. Es geht darum, mit immer wieder derselben falschen Geschichte Ressentiments und Rassismus zu schüren.
Rassismus ebnet den Weg für rechte Gewalt. Das, meine Damen und Herren von der AfD, haben Sie mit zu verantworten.
Schauen wir auf Ihren Antrag. Was genau sind die ausgrenzenden Ressentiments? Da ist von Masseneinwanderung die Rede, also wird unterschieden zwischen "die" und "wir". Es wird nicht berücksichtigt, dass die Menschen Fluchtgründe haben.
Für Herrn Wolf sind das sowieso alles nur sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge. Es wird Angst geschürt vor einer angeblichen Masse. Es wird Angst davor gemacht, dass es keine Kontrolle gäbe.
Es wird gesagt, dass Geflüchtete gegen den Rat deutscher Spitzenbeamter aufgenommen wurden. Aber sind denn da geheime Kräfte an der Macht oder was? Wer sind denn diese Leute, die die AfD wahrscheinlich meint? Es gibt leider viel zu viele Rechte im Verwaltungs- und Justizapparat.
Siehe Herrn Maaßen, der zum Glück seinen Posten nicht mehr hat.
Siehe den AfD-Spenderstaatsanwalt, der das Zentrum für politische Schönheit ohne Grund verfolgt hat und jetzt zum Glück auch versetzt wird.
Das Asylrecht der 2015 Gekommenen wird infrage gestellt, Herr Wolf hat das noch einmal gesagt, von wegen Grenzöffnung und so. Immer wieder dieselbe Mär. Dabei verbietet Dublin Deutschland nicht die Aufnahme von Geflüchteten, das hat der Europäische Gerichtshof längst entschieden.
Und schließlich die Milliardenkosten. Was wird da für ein Bild gezeichnet? Herr Wolf hat es noch einmal bestätigt. Von Steuererhöhungen ist die Rede, von Verteilungskämpfen, Geflüchtete, die uns alles wegnehmen, die uns arm machen. Geflüchtete verursachen Kosten, richtig. Für 2018 waren da im Bundeshaushalt 21,4 Milliarden Euro bereitgestellt, einschließlich Bekämpfung der Fluchtursachen. Aber es ist unsere verdammte humanitäre Pflicht, diese Kosten zu übernehmen.
Eine Kosten-Nutzen-Rechnung verbietet sich da. Und im Übrigen, meine Damen und Herren: Jährlich entgehen dem Bund etwa 100 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung.
Das ist eine Form von Flucht, die Schaden anrichtet. Dazu schweigt die AfD. Nicht ohne Grund. Denn AfD-Mandatsträgerinnen und Mandatsträger sind fleißig daran beteiligt, siehe die Ermittlungen gegen Gauland, siehe das Verbot der Mandatsausübung gegen den AfD-Landtagsabgeordneten Weiß in Brandenburg, siehe den Verdacht gegen die AfD-Landtagsabgeordnete Bublies-Leifert in Rheinland-Pfalz und das Verfahren gegen Ex-AfDChefin Frauke Petry. Wenn wir hier also über Flüchtlingskosten reden, dann sollten wir über die Kosten der AfD-Steuerflüchtlinge reden; wer weiß, was in Hamburg da noch schlummert.
Den Antrag lehnen wir selbstredend ab. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich kann Ihnen das heute nicht ersparen,
denn das einfach nicht an den Sozialausschuss zu überweisen und zu diskutieren, ist doch schon ein sehr schlechter Umgang.
Ich weiß, Rot-Grün hat einiges von dem, was im Antrag gefordert ist, angekündigt, aber ich habe eigentlich nur Lippenbekenntnisse gehört. Ich möchte da einige Beispiele aus dem Sozialausschuss liefern.
Märchenstunde, erster Teil: Die Senatorin kündigt an, das Geld, das durch die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen eingespart wird, soll genutzt werden. Was wird aber wirklich passieren? Es versandet im Jobcenter-Haushalt und wird am Ende des Jahres nach Berlin zurücküberwiesen, wie in den letzten Jahren. – Es wäre schön, wenn es etwas ruhiger sein könnte.
2018 sind in Hamburg über 27 Millionen Euro nicht für Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger ausgegeben worden. Wahrscheinlich wird man damit Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, aber Sozialstaat 2025: Fehlanzeige.
In wolkigem Behördensprech sagt die Senatorin: Die Überführung aus dem alten Beschäftigungsprogramm ist zu organisieren. Warum aber ist sie dann noch nicht organisiert? Es ist der 13. Februar, für manche Träger sozialer Projekte gibt es gar keine, für andere Übergangslösungen. Das ist eine Politik, meine Damen und Herren, die in Stadtteilen wie Dulsberg oder Steilshoop Frust und Wut verursacht.
Aber es wird ja nicht an den Ausschuss überwiesen.
Die Senatorin sagt weiter …
Ja. Es gibt aber keine zufriedenstellenden Antworten, verstehen Sie das doch endlich einmal. Es werden nur Märchen erzählt im Ausschuss.
178 … Sie wollten …
Sie wollten eigentlich …
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Augenblick, Augenblick. Frau Dr. Ensslen!
Herr Kienscherf erzählt im Dezember …
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Frau Dr. Ensslen, Augenblick. Ich möchte dafür sorgen, dass es im Raum so ruhig ist, dass Sie ungehindert zu Wort kommen.
Bitte fahren Sie fort.
Ich weise darauf hin, dass das Wort Frau Ensslen hat, und zwar nur Frau Ensslen.
Ich möchte jetzt zunächst, dass Ruhe ist. Und, Herr Schmidt, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.
Weil ich Frau Ensslen das Wort erteilt habe und Sie mir widersprochen haben.
Ich erwarte, dass jetzt Ruhe einkehrt, damit Frau Dr. Ensslen ihren Beitrag zu Ende vortragen kann.
Frau Dr. Ensslen, Sie haben das Wort.
Das sind alles Sachen, die eigentlich im Sozialausschuss einmal wirklich besprochen hätten werden müssen. Dass da die Hoffnungen geweckt werden, Versprechungen gemacht werden, dass alle Leute aus dem Programm "Soziale Teilhabe" übernommen werden. Und was ist in Wirklichkeit? Den Trägern der Stadtteilprojekte wird der Schwarze Peter zugeschoben, die Stellen sind nicht gesichert und die Menschen werden in Arbeitslosigkeit geschickt. Fangen Sie doch einmal an beim Sozialstaat 2019.
Und haben Sie den Mut, meine Damen und Herren, das im Sozialausschuss zu diskutieren und
ernsthaft über soziale Lösungen zu reden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Frau Senatorin! Gebührenordnung für öffentlich veranlasste Unterbringung, das klingt nach einer bürokratischen Petitesse, ist es aber nicht. Wir müssen heute ernsthaft
darüber reden, wie der Senat mit Menschen umgeht, die unseren besonderen Schutz brauchen, Geflüchtete und Wohnungslose. Da ist unsere Gesellschaft, unser Rechtsstaat doch besonders gefragt, Schutz zu bieten.
Und da erwarte ich, dass Menschen, die keine eigene Wohnung haben, vom Senat nicht über Gebühr zur Kasse gebeten werden. Da erwarte ich auch, dass der Senat seine Fehler korrigiert. Spätestens nach der mehr als deutlichen Gerichtsentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs war klar: Die Wuchergebühren auch in Hamburg sind rechtswidrig.
Aber was geschieht? Der Senat vertuscht seine Fehler und rückt sich alles so zurecht, dass am Ende noch höhere Gebühren herauskommen – ein echtes Armutszeugnis.
Geflüchtete und Wohnungslose werden zum Spielball finanzieller Interessen. Bevor ich zur Gebührenordnung selbst komme, möchte ich einen Blick darauf werfen, wofür Geflüchtete und Wohnungslose mit fast 600 Euro pro Monat in die Pflicht genommen werden. Wir haben es überwiegend mit prekären Unterkünften zu tun, einander fremde Menschen müssen sich ein Zimmer teilen. Das ist ein tiefer Einschnitt in die Privatsphäre, das verursacht Stress, das beeinträchtigt die Erholung nach der Arbeit, das Lernen für Schule und Ausbildung.
Hinzu kommt, dass fördern und wohnen Probleme mit Ungeziefer und Schimmel nicht in den Griff bekommt. Probleme gibt es auch bei den Begehungen der Zimmer. Menschenwürdige Mindeststandards werden in keiner Hinsicht eingehalten.
Der Senat muss endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass Grund- und Menschenrechte auch hinter der Eingangstür von fördern und wohnen gelten.
Hat sich in den Regierungsfraktionen oder im Senat eigentlich einmal jemand vorgestellt, wie es ist, über Jahre hinweg so zu leben? Würden Sie dafür fast 600 Euro zahlen wollen? Fänden Sie es gerecht, dass das Jobcenter für eine so prekäre Unterkunft so viel Geld bezahlt, dieses Geld für eine normale Wohnung aber nicht aufbringen will? Wohl eher nicht.
Das von uns in Auftrag gegebene Rechtsgutachten bestätigt diesen Unmut, der sich daraus ergibt, es bestätigt die Rechtswidrigkeit der Gebührenordnung und begründet das klar und ausführlich.
Es ist so: Die wesentlichen Kritikpunkte der bayerischen Entscheidung gelten auch für Hamburg, die
Gebührenordnung verstößt in eklatanter Weise gegen das Sozialstaatsgebot. Das ist ein Skandal. Hören Sie endlich auf, das zu ignorieren.
Der Senat betrachtet die Unterbringung zu Unrecht als eine polizeirechtliche Aufgabe, als Gefahrenabwehr. Das gilt aber nur für die Zuweisung der Unterkunft. In der Folgeunterkunft ist die Obdachlosigkeit beseitigt. Obdachlosigkeit ist in erster Linie ein soziales Problem. Es besteht also ein sozialrechtlicher Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben.
Und es wird Zeit, dass der Senat Geflüchtete und Wohnungslose nicht nur als Almosenempfängerinnen und -empfänger von seinen Gnaden behandelt, sondern als Menschen mit Rechten.
Dazu gehört das Recht insbesondere von Selbstzahlerinnen und Selbstzahlern, nicht mit einer unangemessen hohen, zum Teil existenzgefährdenden Gebühr belastet zu werden.
Einen Maßstab, was angemessen ist, liefert das Ledigenheim in der Rehhoffstraße. Zwischen 150 und 250 Euro für ein möbliertes Einzelzimmer, da wird schnell klar, dass selbst die ermäßigte Gebühr von 210 Euro für einen halben Container zu hoch ist. Wer Geld verdient, dem müssen von vornherein zum Einkommen passende Gebühren berechnet werden. Ein unnötiger Sozialleistungsbezug ist zu vermeiden, denn das kann sich auch ausländerrechtlich negativ auswirken. Das haben die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Ratsfraktion in Stuttgart verstanden und sich für eine Änderung der Gebührenordnung eingesetzt. Frau Senatorin, nehmen Sie sich daran ein Beispiel, sorgen Sie für gerechte Gebühren. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Giffei, was bringt denn eine Überweisung an den Ausschuss? Der Senat muss doch handeln, er muss eine rechtmäßige Gebührenordnung erlassen. Da nützt eine wiederholte Diskussion im Ausschuss nicht, wo das alles, was hier an Falschem gesagt worden ist, noch einmal wiederholt wird.
Es geht nicht allein um die Kostendeckung. Die Kostendeckung ist ein Aspekt. Ich höre hier immer dasselbe. Man muss nicht kostendeckende Ge
bühren erheben, man darf es sogar nicht aus Gründen des Sozialstaatsgebots.
Sie verweisen hier immer auf Härtefallregelungen. Das Gutachten hat klar festgestellt: Die sind unzureichend. Es ist in den Goodwill der Behörde gestellt, wie da gerade entschieden wird oder nicht. Das ist völlig unklar. Und die Ermäßigungstatbestände sind ebenso unzureichend. Seit wann gilt denn im Übrigen das Recht der Mehrheit? Es muss Recht für alle Personen gelten und da ist es egal, wie viele es trifft, wenn etwas falsch gemacht wird.
Ich will jetzt noch einmal an einem Beispiel verdeutlichen, welchen Geist die Gebührenordnung atmet und welche Auswirkungen das hat. Stellen Sie sich vor – und das ist keine erfundene Geschichte –, Sie seien krank und warteten gerade darauf, dass Ihnen Krankengeld bewilligt wird. Das dauert und Sie haben kaum noch etwas zu essen. In dem Moment kommt f & w fördern und wohnen und verlangt von Ihnen die volle Unterkunftsgebühr. Sie legen den Nachweis über das Krankengeld vor, sagen wir, 900 Euro im Monat, es können aber auch 700 Euro sein. Und trotzdem sollen Sie zum Grundsicherungsamt gehen. Begründung: Damit wir die volle Gebühr bekommen. Wer rechnet, wird merken: Mit der ermäßigten Gebühr würde das reichen, wenn man 210 Euro zahlen muss, sogar bei 700 Euro. Aber wenn man 590 Euro zahlen muss, dann bleibt eben zu wenig zum Leben und dann muss aufgestockt werden. Das will nun aber nicht jeder und das muss auch nicht jeder. Aber f & w fördern und wohnen bleibt dabei, es will die volle Gebühr haben und fragt täglich nach, wo denn das Geld bleibe. Irgendwann sind Sie so entnervt, wollen nur raus bei f & w fördern und wohnen, auch wenn Obdachlosigkeit droht. Und was passiert dann? Man lässt Sie nicht einfach gehen. Sie müssen vorher noch ein Schuldanerkenntnis über die volle Gebührenhöhe unterschreiben. Und das ist nicht erfunden, meine Damen und Herren.
Das ist eine Praxis, Frau Leonhard, die Sie unterbinden sollten.
Das Beispiel zeigt: Die Gebührenordnung zielt darauf ab, dass f & w fördern und wohnen die Leute zum Amt schickt, weil es die vollen Gebühren kassieren will. Es gibt aber keinen Zwang zum Sozialleistungsbezug. Dem müssen Sie ein Ende setzen, Frau Senatorin.
Wir sehen an dem Beispiel: Es gibt die Gebührengerechtigkeit, von der Sie hier die ganze Zeit geredet haben, eben nicht. Die ist nicht gewährleistet. Die ist noch nicht einmal durch das Verfahren ge
währleistet, weil nämlich gar nicht von vornherein geprüft wird, ob jemand ermäßigte Gebühren zahlen muss oder nicht. Und es gibt auch keine Rechtssicherheit durch die Härtefallklausel bei der Überprüfung der Gebühren. Für Gebührenermäßigung muss es eine gerechte Lösung für Selbstzahlerinnen und Selbstzahler geben.
Im Übrigen: Ich bekomme Zuschriften aus ganz Deutschland. Die Leute sind uns dankbar für diese Initiative, die wir ergriffen haben, weil es anderswo sehr oft auch so ist.
Ich nenne trotzdem noch einmal das Beispiel Stuttgart. Das, was Sie da erzählt habe, stimmt nämlich auch nicht. Sie zeigen damit sogar, dass es gar nicht nötig ist, kostendeckend zu sein.
Aber dort ging es insbesondere darum, den Zwang zum Sozialleistungsbezug für die Selbstzahlerinnen und Selbstzahler abzuschaffen, und das ist unter Mitwirkung der SPD-Ratsfraktion passiert.
Also noch einmal, Frau Senatorin: Machen Sie endlich den Schritt hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir finden im Prinzip die Zielrichtung des Antrags richtig, kommen in diesem Fall tatsächlich auch zu dem Schluss, dem durchaus zuzustimmen. Es ist richtig, dass gesagt wurde, es gebe schon etliche dieser Maßnahmen. Aber es ist nicht verkehrt – wie im Prinzip auch Frau Möller gesagt hat –, so etwas auch noch einmal wieder auf den Prüfstand zu stellen und zu schauen, was wir wirklich verbessern können. Leider sind Papier und Konzepte nicht die Realität. In der Realität sehe ich junge Menschen, die mit viel, viel Hoffnung hierhergekommen sind und auf der Strecke bleiben. Sie sind schlecht bezahlte Dienstleisterinnen und Dienstleister unserer Überflussgesellschaft und arbeiten als Pizzabote oder im Lager von Amazon. Dabei bleibt so viel Potenzial auf der Strecke. Das ist eine Schande und da müssen wir etwas tun.
Mein Vorschlag, Herr Abaci, und ich wäre noch deutlich offensiver als meine Kollegin Frau Nicolaysen, ist: Es müssten Beraterinnen und Berater und Vermittlerinnen und Vermittler in die Unterkünfte gehen, dort eine Potenzialanalyse bei den Leuten machen und schauen, was an Qualifizierungsmaßnahmen möglich und nötig ist. Ich glaube, damit würde man noch mehr Menschen erreichen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich habe ich recht gute Laune, Herr Schwieger, aber es reicht nicht, Arbeitsmarktpolitik allein auf den Bund abzu
wälzen. Wir reden hier über den Hamburger Haushalt.
Aber erst einmal zur CDU. Man kann arbeitsmarktpolitische Akzente setzen, indem man einen halbjährlichen Bericht über die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten fordert, kann man machen, das war es aber dann auch.
Bei der FDP sieht es so aus, dass ein wenig an den Kennzahlen geschraubt werden soll. Mehr Vermittlungserfolge sollen her. Auch nicht verkehrt, aber kosten soll das Ganze dann wieder auch nichts. Da wirkt Rot-Grün wahrlich großzügig. Zweimal eine halbe Million Euro, vielleicht 1 Million Euro für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen in Hamburg. Das Ganze hat nur einen Haken. Hamburg hat ein gutes niederschwelliges Arbeitsmarktprogramm, "Tagwerk", es wurde schon erwähnt, für Menschen, die nur sehr schwer am Arbeitsmarkt Fuß fassen. Das Programm hatte einmal ein Volumen von 1,5 Millionen Euro, ungefähr 300 "Tagwerk"-Stellen. Im Frühjahr wurde es um 1 Million Euro auf rund 100 Stellen gekürzt. Die Begründung: Es gebe doch jetzt das Bundesprogramm "Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt", da bräuchten wir nicht mehr so viele "Tagwerk"-Stellen. Dass das Programm völlig andere Voraussetzungen für die Teilnehmenden hat – geschenkt. Aber wer aufmerksam mitrechnet, wird feststellen, bestenfalls ist jetzt die vorgenommene Kürzung zurückgenommen worden, und das eben auch nur durch Verlagerung aus den zentralen Ansätzen, also nicht einmal zusätzlich. Dass Rot-Grün das nun als arbeitsmarktpolitisches Highlight feiert, ist gelinde gesagt Augenwischerei.
Aber das ist nicht alles. Nun läuft eben, wie auch schon erwähnt, zum Jahresende das Programm "Soziale Teilhabe" aus. Für 280 ehemals Langzeitarbeitslose ist eben nach wie vor noch ungewiss, wie es im Januar weitergeht. Die Sozialbehörde hat bislang pro Stelle und Monat 400 Euro dazugegeben. Auch das sind insgesamt noch einmal 1,5 Millionen Euro, die gestrichen werden. Dabei wurde eben doppelt Gutes bewirkt, einmal Beschäftigung und zum anderen soziale Projekte in den benachteiligten Stadtteilen. Und das befürwortet Rot-Grün eigentlich auch, das wurde hier erwähnt, es hat eben nur nicht die nötigen finanziellen Konsequenzen. Wer nach den neuen Regeln Langzeitarbeitslose einstellen will, muss spätestens nach zwei Jahren die abschmelzenden Lohnkostenzuschüsse ausgleichen. Das ist aber bei sozialen Projekten kaum möglich. Da hilft im Übrigen auch nicht der Coaching-Gutschein, der von Frau Demirel erwähnt wurde.
Wir fordern, dass die Suppenküche in Dulsberg, die Senioren- und Seniorinnenbegleitung in Billstedt, der Stadtteiltreff in Kirchdorf, das Tierhaus in
Steilshoop und die anderen Projekte erhalten bleiben.
Rot-Grün zieht sich aber darauf zurück, dass eine Kofinanzierung nicht vorgesehen ist. Jetzt wird geprüft, höre ich. Nun gut. Aber eine Kofinanzierung ist nicht verboten. Bremen und Berlin zeigen, dass es geht. Sie stocken die Lohnkostenzuschüsse auf. Bei Rot-Grün in Hamburg haben arme Menschen keine Lobby. Das ist ein echtes Armutszeugnis.
Mit den von uns beantragten Mitteln wäre alles finanzierbar, aber auch das genügt nicht, um Langzeitarbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen.
Werfen wir zunächst einmal einen Blick auf die rund 900 Arbeitsverhältnisse. Die gibt es tatsächlich, 280 bei der "Sozialen Teilhabe", 360 geförderte Arbeitsverhältnisse, 300 im Programm "Staffel". So weit, so richtig. Die fallen aber dieses oder nächstes Jahr weg, zuletzt "Staffel" zum Jahresende 2019. Im nächsten Jahr ersetzt also das neue Bundesprogramm bestenfalls die wegfallenden Stellen. Neue Stellen werden frühestens ab 2020 aufgebaut. Es tut sich also erst einmal nichts im nächsten Jahr.
Die Langzeitarbeitslosigkeit in Hamburg ist aber sehr hoch. Das Bundesprogramm ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir fordern daher aus Landesmitteln bezahlte Qualifizierung und Beschäftigung für Langzeitarbeitslose, wie es im Übrigen auch der Hamburger Ratschlag für Nachhaltigkeit fordert.
Es gibt rund 25 000 arbeitslose ALG-Beziehende, die zwei Jahre und länger im Leistungsbezug sind, und davon sind noch einmal 14 000 sechs Jahre und länger im Leistungsbezug. Die Zahl ist zwar gesunken, wie schon erwähnt, es ist aber keineswegs so, Frau Demirel, dass die Leute in Arbeit kommen, wie behauptet, es gibt vielmehr andere Effekte. Kurzzeitarbeitslose kommen schneller wieder in Jobs, bevor sie langzeitarbeitslos werden, und am anderen Ende wandern Langzeitarbeitslose in Rente oder ab 58 aus der Statistik raus. Echte Jobperspektiven gibt es nicht.
Hamburg muss deshalb viel mehr Geld bei der Beschäftigungspolitik in die Hand nehmen. Bei der Stadtreinigung, bei der SAGA zum Beispiel gibt es gute Erfahrungen, Quartiersentwicklungsprojekte, wie erwähnt, sind enorm wichtig. Und schließlich bedeutet Beschäftigung für die Betroffenen und ihre Familien einen großen Gewinn an Selbstwert
und Lebensqualität. Mut gegen Armut ist deshalb unser Leitmotiv.
Und Hamburg muss in qualifizierter Weise in Bildung investieren. Wir haben eine Zweiklassenarbeitsförderung. ALG-II-Beziehende werden deutlich seltener und nur mit kurzen Maßnahmen gefördert, berufliche Weiterbildung ist sehr selten. Berufliche Weiterbildung mit Abschluss wird so gut wie gar nicht gefördert. Warum wird für ALG-IEmpfängerinnen –Empfängern mehr als das Zweieinhalbfache pro Person ausgegeben? Gerade die, die besondere Unterstützung brauchen, werden dagegen von sozialer Teilhabe ausgegrenzt. Wir halten das für eine völlig verfehlte Förderpraxis.
Von Weiterbildung profitieren nämlich nicht nur die Leistungsbeziehenden selbst, sondern auch ihre Kinder. Eine aktuelle Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung hat ergeben, dass Kinder dann später öfter selbst eine Ausbildung machen und eher in Sozialversicherungsbeschäftigung kommen. Auch der nächsten Generation wird so eine Perspektive gegeben. Was für ein schöner Doppeleffekt für die Zukunft. Das sollte uns jeden Cent des vielen Geldes wert sein. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erst einmal zur Gegenfi
nanzierung: Ich würde mir von Rot-Grün wünschen, dass Sie etwas mehr Fantasie entwickeln,
wie man Einnahmen erzielen könnte, um Armut zu bekämpfen.
Zum Zweiten, was die Angemessenheit der Unterkunft betrifft: Ich erlebe es, dass es bei f & w fördern und wohnen eine ganze Menge von Bevormundungen und Schikanen gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern gibt, die so nicht hinzunehmen sind. Wenn, wie gerade geschehen, f & w fördern und wohnen einen jungen Geflüchteten in Obdachlosigkeit schickt, weil er die Gebühren nicht zahlen kann, dann ist das eine Schande.
Nun aber zu den Migrantinnen- und Migrantenorganisationen. Ich wäre schon froh über eine Dreiviertelmillion oder eine Million Euro; die sind so wichtig für Integration, damit kann man so viel bewirken. Sie führen Menschen zusammen, und menschliche Begegnung ist die Grundvoraussetzung für Integration. Wir verstehen das nämlich nicht als Einbahnstraße, sondern als einen wechselseitigen Prozess des Aufeinanderzugehens.
Sie helfen auch neu Angekommenen und bringen sie zusammen mit länger hier Lebenden, sie helfen, kulturelle und sprachliche Barrieren zu überwinden. Aber das wird nur unzureichend gewürdigt. Die Ehrenamtlichen sind am Limit. Finanzielle Unterstützung gibt es kaum, Öffentlichkeitsarbeit, Netzwerkarbeit, Förderanträge können so kaum bewältigt werden. Deswegen gehen auch die Angebote wie das Forum Flüchtlingshilfe am Bedarf vieler Migrantinnen- und Migrantenorganisationen vorbei. Zum Teil wird dann noch eine Kooperation mit deutschen Organisationen verlangt, um Förderung zu bekommen. Migrantinnen und Migranten fühlen sich so zweitklassig. So funktioniert Integration nicht. Kooperation ja, aber doch bitte auf Augenhöhe.
Förderungen, die finanzielle Vorleistung erfordern, gehen an der Realität vorbei. Es darf solch hohe Hürden nicht geben. Geben wir den Organisationen doch einmal einen Vertrauensvorschuss.
Und schließlich wollen wir eine Verstetigung der Förderung, denn das Hangeln von Projekt zu Projekt zermürbt das Engagement. Deshalb müssen wir weg von der Projektförderung und hin zu institutioneller Förderung – ein kleiner finanzieller Schritt für die Sozialbehörde, ein großer Schritt für die Integration.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Nicolaysen, ich glaube, wir sind uns alle einig, dass natürlich Ausbildungsabbrüche vermieden werden müssen, dass unbedingt drauf geachtet und etwas getan werden muss. Allerdings, und das wurde von den Vorrednern schon gesagt, ist Ihr Blickwinkel auf den Fachkräftemangel zumindest sehr verengt und zum Teil auch falsch, denn schließlich geht es um das individuelle Schicksal von jungen Menschen und um ihre Zukunft, und darum sollten wir uns sorgen.
Außerdem, Herr Schwieger hat es schon erwähnt, müssen wir eben auch auf die Arbeitsbedingungen der jungen Menschen schauen und da wird tatsächlich verstärkt bemängelt, dass es großen Arbeitsdruck gibt und eine viel zu schlechte Bezahlung. Arbeitgeber, die Fachkräfte für sich gewinnen wollen, müssen doch erst einmal schauen, dass sie für junge Leute auch anständige Arbeitsbedingungen schaffen.
Und wenn wir jetzt auf das individuelle Schicksal oder die individuellen Probleme von jungen Leuten schauen, dann finde ich den Blickwinkel allein auf PraeLab zu eng. Es gibt andere Dinge, mit denen jungen Leuten geholfen werden kann, wie ausbildungsbegleitende Hilfen, assistierte Ausbildung, Schulsozialarbeit. Also wenn man dieses Thema angehen wollte, dann sollte man das doch bitte umfassend tun und nicht so isoliert auf PraeLab bezogen. Das ist ein Grund, weswegen wir eine Überweisung an einen Ausschuss unter diesem engen Blickwinkel ablehnen.
Aber ganz abgesehen davon ist dieser Antrag einfach schlecht recherchiert. Sie haben den Senat adressiert. Ich sehe überhaupt nicht, was der Senat hier tun sollte. Handelnd in diesem Fall ist die Arbeitsagentur, die dieses ganze Verfahren in den Händen hat. Es gibt zwei Weisungen dazu, eine in der Vorbereitung der Einführung und jetzt die aktuelle Weisung zur Einführungsphase. Also was soll bitte schön denn der Senat dabei tun?
Der Antrag ist auch deshalb schlecht recherchiert, weil die Arbeitsagentur – ich habe einfach einmal nachgefragt – sagt, sie gehöre bereits zu den 43 Arbeitsagenturen, die sich zur Teilnahme angemeldet hätten, und es gebe bereits vier Schulen,
die ihre Teilnahme zugesagt hätten. Was wollen wir denn hier daran noch beschließen? Dieser Antrag ist schlicht und einfach ein überflüssiger Schaufensterantrag. Es ist unnötig, sich hier unter diesem Aspekt damit zu befassen, und deswegen lehnen wir ihn ab.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um es gleich vorwegzunehmen: Auch wir stimmen diesem Antrag zu. Ich bin auch ein großer Fan, eine große Fanin der EU-Freizügigkeit. Für mich ist das ein Stück weit die Verwirklichung des Rechts, dort leben und arbeiten zu können, wo man will. Das finde ich gut und wichtig. Aber es gibt eben auch die Schattenseiten der Freizügigkeit. Der Kollege Schwieger hat es ausführlich geschildert; ich muss es nicht wiederholen.
Auch wir hätten uns ein wenig mehr Verve in der Ziffer 1 des Antrags gewünscht. Ich hätte mir auch gewünscht, dass der Antrag so klar formuliert worden wäre wie die Pressemeldung, dass es nämlich um eine Zusammenarbeit des Runden Tisches mit den Kammern und dem Unternehmensverband geht. Mir hatten in dem Kreis auf Anhieb die Gewerkschaften gefehlt. Diese sind aber dann natürlich einbezogen und insoweit ist das in Ordnung.
Ich finde, auch wenn die Verve etwas größer hätte sein können, als es zu besprechen, müssen wir es jetzt nicht im Ausschuss behandeln. Wenn der Bericht zum Ende des Jahres da ist, macht es viel mehr Sinn, über die Ergebnisse zu diskutieren. Da freue ich mich dann auf die Beratungen im Sozialausschuss. Jetzt wollen wir erst einmal zustimmen und den Senat seine Arbeit machen lassen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hätte heute viel lieber eine Diskussion über das Integrationskonzept geführt anstatt diese unnötige und überflüssige Debatte über die AfD-Anfrage, und Herr Heißner von der CDU macht da auch noch mit.
Viel aufschlussreicher als die Antworten finde ich daher die Fragen der AfD. Herr Dr. Wolf hat das im Übrigen in seinem Redebeitrag bestätigt. In den Fragen 3 bis 5 beschäftigt sich die AfD mit der Frage, wie viele Wohnungen Geflüchteten in den Unterkünften Perspektive Wohnen zur Verfügung stehen. Wir haben gesehen, was daraus gemacht wird. Es werden Menschen erster, zweiter, dritter Klasse daraus gemacht, nämlich erster Klasse Deutsche, zweiter Klasse anerkannte Geflüchtete und dritter Klasse nicht anerkannte Geflüchtete. Das geht gar nicht, das spielt die Menschen gegeneinander aus und verstößt gegen unser Sozialstaatsprinzip.
Es geht also letztlich nur darum, wie viele Wohnungen den Hamburgern durch Geflüchtete weggenommen werden. Es werden Neid, Missgunst, Vorurteile geschürt.
Weiter fragt die AfD nach den Renovierungskosten – auch das wurde schon erwähnt –, ob f & w fördern und wohnen das übernimmt und wie viel das kostet. Meine Interpretation: Da steckt das Vorurteil dahinter, Asylberechtigte seien regelmäßig die, die ihre Wohnungen in demoliertem Zustand hinterlassen. Das geht gar nicht. Eine hohe Belegung bedeutet auch eine hohe Beanspruchung; das kann man mit normalen Wohnungen gar nicht vergleichen.
Die AfD fragt außerdem, ob WLAN kostenlos zur Verfügung stehe. Dahinter steckt für mich die Übersetzung: Bekommen Geflüchtete etwas, das Deutsche nicht bekommen? Es wird also das Vorurteil geschürt, Geflüchtete daddelten die ganze Zeit im Internet herum und machten nichts Vernünftiges. Genauso ist es mit der Frage nach dem Kabelfernsehen. Auch da geht es darum, was Geflüchtete wieder mehr als andere bekommen. Für mich steckt dahinter das Vorurteil, Geflüchtete seien die, die das Geld haben, um sich erst einmal einen großen Flatscreen-Fernseher zu kaufen, und hockten dann die ganze Zeit vor der Glotze.
Schließlich darf die Frage nach den Straftätern nicht fehlen. Auch hier werden wieder Neid, Missgunst, Vorurteil, Ressentiments geschürt, statt sie abzubauen.
Meine Antwort darauf ist Artikel 3: Niemand darf wegen seiner Herkunft benachteiligt werden. Und meine Antwort ist das Sozialstaatsprinzip, das für alle Menschen gleichermaßen gilt. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sprechen bei der Feiertagsdebatte auch über Zukunft und Vergangenheit. Es gibt Vergangenheit, die es zu bewahren gilt; dazu gehört der 8. Mai. Frau Schneider hat das für mich sehr ergreifend ausgeführt. Es gibt aber auch Vergangenheit, die einmal Zukunft war, es aber jetzt schon lange nicht mehr ist; das ist beim 31. Oktober der Fall. Die Antragstellerinnen haben dargelegt, dass es ein religionsgeschichtlicher Tag ist und dass es bei aller Kritik an der Person Luther auch Lobenswertes an ihm gibt, hatte er doch zu Recht die korrupte katholische Kirche mit ihrem Ablasshandel bekämpft. Die Reformation hat die Zeitenwende eingeläutet, die Aufklärung vorbereitet. Es ist auch schon von Bildung die Rede gewesen; allerdings beginnt hier meine Kritik. Dahinter steckte ein zweifelhafter Missionierungsdrang: Alle sollten die Bibel lesen können.
Meine eigentliche Kritik geht aber viel weiter. Wir verdanken Max Weber einen völlig anderen Blick auf die Reformation. Er schrieb über die protestantische Ethik und den Geist des Kapitalismus. Damit versuchte er, die Entstehung des Kapitalismus zu erklären. Das ging ungefähr so, dass überhöhtes Arbeitsethos und asketische Sparsamkeit das Wirtschaftswachstum und die Investitionen fördern. Natürlich gibt es an dieser simplen Kausalität heftige Kritik. Es fehlt zum Beispiel auch der für den Kapitalismus ebenso wichtige Faktor Konsum, den offenkundig auch die Antragstellerinnen und Antragsteller vergessen haben. Es war nicht sehr schlau, einen Feiertag im Nordverbund zu wählen. Damit wird der kleine Grenzverkehr zwischen den Bundesländern verhindert. Als gebürtige Südhes
sin erinnere ich mich noch an die besonders vollen Läden an manchen Alltagen: Es war mal wieder Feiertag in Bayern, ein wahres Konsumförderprogramm.
Aber zurück zu Max Weber. Spricht seine unzulängliche These die protestantische Ethik wirklich frei? Nur zum Teil. Das protestantische Leistungsprinzip steckt uns nämlich immer noch tief in den Knochen. Gerhard Schröder hat es sich zunutze gemacht. Eine solche Grundhaltung erleichtert es zu sagen: Wenn du keine Arbeit hast, bist du selbst schuld. Wer keine Arbeit hat, ist nichts wert, und wer schuldig und wertlos ist, muss nicht viel Förderung vom Staat bekommen. In Zeiten der Digitalisierung muss das der Vergangenheit angehören. Ich möchte deshalb, dass diese Auswüchse des Protestantismus nicht gefeiert werden. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Ich habe Verständnis dafür, dass Hamburg seine Kosten für öffentliche Unterbringung senken und mehr Geld vom Bund erhalten möchte. Dabei darf aber die Gerechtigkeit nicht auf der Strecke bleiben. Genau da hakt es. Es geht dem Senat nur darum, Kosten zu decken. Wo aber bleibt das Äquivalenzprinzip, wo das Gleichheitsprinzip? Der Senat sagt auf Nachfrage, die Gebühren seien angemessen,
der Nutzen für die Bewohnerinnen und Bewohner sei, die Obdachlosigkeit zu vermeiden, dafür sei jeder Preis äquivalent. Ich meine, das ist zynisch.
587 Euro für einen halben Raum sind nicht äquivalent, sondern Wucher. Das Gleichheitsprinzip verlangt, dass man zumindest typengerechte Gebühren erhebt und nicht alles über einen Kamm schert. Container und feste Bauten sind aber eben nicht vergleichbar.
Bei der Kostenkalkulation wird der Senat dann völlig undurchsichtig. Man muss sich Informationen aus fünf bis sechs Anfragen verschiedener Fraktionen zusammenklauben, um immer noch vor Rätseln zu stehen. Frau Senatorin, legen Sie eine transparente, den Grundsätzen für Gebührenerhebungen entsprechende Kalkulation vor.
Abgesehen davon herrscht nach wie vor in den Unterkünften Aufregung und Verunsicherung. Das Gefühl, dass Arbeit sich nicht mehr lohnt, breitet sich aus. Ehrenamtliche Patinnen und Paten geraten an die Grenze der Belastbarkeit, weil Härtefallanträge zum Regelfall werden. Mein Appell geht daher an die Sozialsenatorin: Bessern Sie diese Gebührenordnung nach, machen Sie sie rechtmäßig und gerecht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich zu hören, dass nachgebessert werden soll, und bin sehr gespannt darauf, wie das mit der Staffelung aussehen wird. Aber damit ist noch längst nicht alles geregelt. Ich möchte einmal ein aktuelles Beispiel nennen, was da so alles schieflaufen kann. Ein Auszubildender, der kein Arbeitslosengeld II bezieht, ist mit seiner Vergütung vorher klargekommen mit den
141 Euro. Jetzt sagt fördern und wohnen, er verdiene ja weniger als 730 Euro netto und müsse nun 587 Euro zahlen. Das nenne ich einmal eine Logik. Dass das falsch ist, leuchtet wohl jedem ein.