Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

Die Redezeit für die Abgeordneten in der Aktuellen Stunde wäre hiermit abgelaufen. Da der Senator signalisiert hat, er würde sich zu Wort melden, frage ich ihn, ob er das jetzt übernehmen würde. Danach können alle Abgeordneten, also nicht alle, sondern von jeder Fraktion einer, noch einmal das Wort ergreifen. Sie wissen genau, wie es gemeint ist.

Herr Senator Dressel, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, was man hier feststellen muss, ist zunächst einmal, dass wir alle im Senat, quer durch die Ressortzuständigkei

ten, in diesem und in allen Themenbereichen, die mit den Kosten für das Wohnen zu tun haben, jeden Tag wirklich alles dafür tun, damit die Wohnkosten in dieser Stadt im Zaum bleiben, damit Wohnen in Hamburg bezahlbar bleibt. Das wirft steuerliche Fragen auf, das wirft Fragen hinsichtlich der Wohnraumförderung auf und, und, und. Dieses Thema muss man in diesem Zusammenhang sehen.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Für uns war deshalb bei diesem Thema immer klar, dass es bezahlbar sein muss. Es ist klar, dass bei einer Reform, die vom Verfassungsgericht erzwungen wird, weil nun einmal die Werte 1964/ 1935 ein verfassungsrechtliches Problem darstellen, am Schluss nicht jeder dasselbe bezahlt, was er vorher bezahlt hat. Das kann nicht sein, denn die bisherige Feststellung war tatsächlich verfassungswidrig; deshalb muss das geändert werden. Aber wir müssen darauf achten, wie sich Belastungsverschiebungen ergeben, und zwar vor allem für die Metropolen. Deswegen war das Thema: Bezahlbarkeit und Machbarkeit. Wir alle wollen kein bürokratisches Monstrum haben. Wir wollen die Machbarkeit sowohl für die Steuerverwaltung als auch für die Steuerpflichtigen im Blick behalten, und zwar sowohl im Bereich Wohnen als auch im Bereich Gewerbe. Machbarkeit und Bezahlbarkeit, das waren die Hamburger Leitplanken.

(Beifall bei der SPD)

In der Tat hat Peter Tschentscher auch schon als Finanzsenator mit Bayern die Diskussion intensiv darüber geführt – weil wir den Blick darauf haben, wie sich Bodenwerte in den Metropolen entwickelt haben –, ob wir einen Weg finden, der den Faktor Wert aus der Betrachtung herauslassen kann. Wir haben dieses Flächenmodell entwickelt und es auch im letzten Jahr weiter konkretisiert, sodass das eine reale Grundlage sein kann. Aber es nützt nichts. Drei plus fünf, also die Stimmen im Bundesrat, sind, wie man es auch dreht und wendet, keine Mehrheit.

(Farid Müller GRÜNE: Nee!)

Wenn ich jetzt von einigen auf dieser Seite des Hauses höre: Ihr müsst doch jetzt mal … Wenn auch alle CDU-Länder in der Finanzministerkonferenz den Rücken so geradegemacht hätten, hätten wir jetzt vielleicht bundesweit eine andere Diskussion. Da war aber an einigen Stellen wirklich Ebbe in der Diskussion und deshalb muss man sich diesen politischen Realitäten stellen. Fände ich dann aber ehrlich, wenn Sie das hier in Hamburg auch machen würden.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE – André Trepoll CDU: Hat Herr Klei- bauer doch gesagt!)

(Norbert Hackbusch)

Ja, aber es nützt nichts, wenn Herr Kleibauer das hier sagt. Entscheidend ist, ob die Leute in Berlin, wenn sie in der Runde mit dem Bundesfinanzminister zusammensitzen,

(André Trepoll CDU: Scholz!)

dann auch an der richtigen Stelle für die richtige …

Ja, Herr Scholz ist ein sehr einflussreicher Mann in Berlin, aber am Schluss reicht es eben nicht, um ein Gesetzgebungsvorhaben durch den Bundestag zu bringen. Dafür sind auch die Stimmen der CDU erforderlich. Und wenn Sie an der Stelle den Rücken nicht gerademachen, dann gibt es dafür keine Mehrheit. So einfach ist das.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deshalb plädiere ich dafür, hier die Scheinheiligkeit ein bisschen beiseite zu lassen. Denn gerade beim Thema Faktor Miete in der Grundsteuerberechnung hatten wir uns zusammen mit anderen Ländern dafür eingesetzt, dass bei dieser Durchschnittsbetrachtung, die in Hamburg auch dazu führt, dass es dort, wo man günstig wohnt – diese Ecken gibt es in Hamburg Gott sei Dank auch –, möglich ist, weiterhin den Nachweis der geringeren Miete zu erlauben. Das haben wir versucht durchzusetzen. Und wer hat am Schluss in Berlin gesagt, das wolle man jetzt einmal aus der Sache herauslassen?

(André Trepoll CDU: Scholz!)

Nein, das waren die CDU-regierten Bundesländer.

(Dirk Kienscherf SPD: Pfui!)

Deshalb, finde ich, gehört das zur Wahrheit mit dazu. Wir wollten, dass dort, wo man seine Miete unter dieser Durchschnittsmiete zahlt, dieser Nachweis der geringeren Miete möglich ist. Darauf haben Sie verzichten wollen und deshalb ist das auch etwas, was man hinsichtlich der Glaubwürdigkeit dieser Frage mit betrachten muss.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Trotzdem sind wir da jetzt auf der Suche nach einem vernünftigen Modell, wo wir gesagt haben, die Wohnungen von kommunalen Wohnungsunternehmen, von Genossenschaften und geförderte Wohnungen mit einer niedrigeren Steuermesszahl … Aber da kommen jetzt viele private Vermieter aus Hamburg zu mir – wo wir nämlich auch viele gute private Vermieter haben –, die sagen, bei ihnen werde weniger als 8,50 Euro Miete genommen, warum es eigentlich in ihrem Fall so sei, dass ihre Grundsteuer jetzt höher sei, obwohl sie genauso gute Vermieter seien wie eine SAGA und wie eine Genossenschaft. Solche Vermieter gibt es nämlich auch.

(Michael Kruse FDP: Weil es eine berechtig- te Lösung ist!)

Das ist eine Frage, die auch Sie als CDU am Schluss bundesweit beantworten müssen, und ich finde, auf diese berechtigten Fragen sollten Sie sich ruhig schon heute einstellen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Kommen wir zum zweiten Faktor, zum Thema Bodenrichtwert. Ich habe Ihnen jetzt einfach einmal die aktuelle Bodenrichtwertkarte …

(Glocke)

(unterbrechend) : Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kruse?

Sehr gern.

Herr Senator, bei Ihrem Redebeitrag bekommt man fast den Eindruck, wir hätten hier en passant eine Oppositionsfragestunde eingeführt, was tatsächlich nicht der Fall ist. Es ist aus meiner Sicht nicht Ihre Aufgabe, der Opposition jetzt umfangreich Fragen zu stellen, sondern es ist Ihre Aufgabe, zu erläutern, was eigentlich Ihr Konzept ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich möchte insbesondere auf ein Faktum hinweisen, nämlich dass Sie in Ihrem rot-grünen Koalitionsvertrag – den haben Sie persönlich als Koalitionsvorsitzender wesentlich mit ausverhandelt – den Hamburgerinnen und Hamburgern versprochen haben, dass es keine Steuererhöhung in dieser Stadt gibt – übrigens unter Bürgermeister Olaf Scholz, der das jetzt maßgeblich vorantreibt. Ich möchte von Ihnen eigentlich nur das eine hören: dass Sie sich dafür einsetzen, dass es für die Hamburgerinnen und Hamburger an dieser Stelle keine Steuererhöhung gibt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank für diese wunderbare Vorlage, die wir eingehalten haben und auch weiterhin einhalten werden, und zwar kann man das wirklich besichtigen. Wir haben gerade das Hebesatzgesetz für dieses Jahr gemacht, wo wir gesagt haben, dass wir Kurs halten. Wir haben es die ganzen Jahre über geschafft. Wir haben auch bei der Grunderwerbsteuer, wo weiß Gott andere Länder auch, glaube ich, mit Beteiligung von anderen Parteien hier im Haus Grunderwerbsteuererhöhungen realisiert haben,

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

in Hamburg die ganzen Jahre über Kurs gehalten als Hamburger Beitrag für das Bündnis für das Wohnen. Das heißt, wir haben dieses Versprechen gegeben und wir haben es eingehalten.

(Senator Dr. Andreas Dressel)

(André Trepoll CDU: Das ist aber nicht das Versprechen, das Sie im Koalitionsvertrag gemacht haben!)

Bei der Grundsteuer ist klar: Die Aufkommensneutralität ist die Grundprämisse dieser gesamten Veranstaltung und deshalb, sage ich mal so, ist das eine berechtigte Frage. Aber ich finde, dass man hier noch einmal sagen muss: Dies ist ein Bundesgesetz. Wir alle wirken jetzt daran aus unterschiedlichen Perspektiven mit. Die FDP nicht so, weil wir nirgendwo einen FDP-Finanzminister haben, der sich da in den Ländern mitbetätigt, aber deswegen muss die CDU sich doch hier auch Fragen gefallen lassen. Das ist ein gemeinsames Gesetz, das auf Bundesebene nur gemeinsam auf den Weg gebracht wird, und deshalb muss das hier offen diskutiert werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich wollte Ihnen eben die Bodenrichtwertkarte zeigen. Im Moment ist das eigentliche Problem in der Diskussion, dass wir in Hamburg aufgrund der Immobilienpreisentwicklung eine Situation haben, in der wir mit deutlich steigenden Bodenrichtwerten zu kämpfen haben.

(André Trepoll CDU: Seit zwölf Monaten, oder was?)

Deshalb überlegen wir, wenn wir es auf Bundesebene nicht schaffen, den Bodenrichtwert aus dem Grundsteuergesetzentwurf herauszuoperieren – auch weil die CDU-regierten Länder sagen, der solle da ruhig drin sein –, wie wir erreichen, dass diese Stellschrauben abgemildert werden.

(Zuruf)

Zu der Öffnungsklausel komme ich gleich noch.

Deswegen habe ich zum Beispiel den Vorschlag gemacht, dass wir nicht die jeweils aktuellsten Bodenrichtwerte nehmen, sondern wir bilden den Median zwischen den Hauptfeststellungszeitpunkten, also für eine siebenjährige Periode, wo man klar sieht, wenn man da den Median bildet, haben wir schon einmal eine Abmilderung. Das ist etwas. Nehmen Sie diesen Vorschlag gern einmal mit zu Ihren anderen CDU-Ministerkollegen in der Finanzministerkonferenz. Wenn wir das einvernehmlich in einem solchen Gesetzentwurf hinkriegen – und jetzt komme ich zu dem Thema Öffnungsklausel –, dann haben wir keinen Flickenteppich, sondern ein bundeseinheitlich vernünftiges Gesetz, das auf die Metropolen Rücksicht nimmt,

(André Trepoll CDU: Versteht Olaf Scholz das?)

und zwar nicht nur in Hamburg, sondern auch in Köln, München, Frankfurt und in vielen anderen Städten. Das wäre einmal ein wichtiger Punkt, wo Sie sich starkmachen könnten.

(Beifall bei der SPD)