Protokoll der Sitzung vom 08.05.2019

Vielen Dank, Herr Ovens. – Als Nächster erhält das Wort Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Fast hätte man nicht mehr damit gerechnet, dass aus der Koalition noch etwas zu Tierversuchen kommt. Aber selbst das schlechte Gewissen und die anstehenden Wahlen haben zu einem sehr defensiven Antrag geführt. Einen weiteren Schritt würde ich das jetzt gar nicht nennen, lieber Kollege Kekstadt.

Hamburg, das stand heute im "Hamburger Abendblatt", steht im Hochschulranking sehr weit vorn. Ja, Hamburg steht auch im Ethikranking der Tierversuche für Hochschulen sehr weit vorn. Da steht die Ampel nämlich bei Biologie, bei Ökotrophologie, bei Molecular Life Science und bei Biologie für Geowissenschaftler auf Rot. Lediglich die Humanmediziner kommen ohne Tierversuche über die Runden. Wenn man in die anderen Hochschulen der Bundesrepublik guckt, dann gibt es für alle diese Studiengänge auch tierversuchsfreie Möglichkeiten. Nicht so in Hamburg.

Hamburg hat 32 Millionen Euro für den Ausbau der Tierversuchsunterbringung am UKE gegen unsere Stimmen bewilligt, und zwar bei gleichbleibendem Einsatz von Tieren. Das wurde explizit so genannt. Es ging nicht um die Erhöhung, sondern um gleichbleibende Zahlen, während Berlin 34 Millionen Euro für ein Zentrum für tierversuchsfreie Forschung investiert und jährlich 1,9 Millionen Euro zur Verfügung stellen will. Und in Hamburg jubelt man über einen 50 000-Euro-Preis – sorry.

Im Berliner Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün steht, Berlin solle Hauptstadt der Forschung von Alternativen zu Tierversuchen werden. Hamburg zielt auf die Verringerung der Zahl der Tierversu

che durch konsequente Anwendung von Alternativmethoden, wo dies möglich ist. Dieses Versprechen wird sogar im eigenen Haus, im UKE, gebrochen. Deswegen muss der Druck erhöht werden. Und deswegen sollte dieser Betrag nicht freigegeben werden, bis die Tierversuche reduziert sind und man weiß, für wie viele man wirklich eine Unterbringung braucht, denn ansonsten lässt es nicht viel erwarten, was die Koalition sich vom Erfolg ihres eigenen Antrags verspricht.

Lassen Sie uns mit Berlin in den Wettbewerb um diesen Hauptstadttitel gehen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Jersch. – Als Nächster erhält das Wort Herr Oetzel von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass wirklich niemand gern Forschung mit Tierversuchen durchführt. Immer, wenn es geht, sollte man die Forschung so optimieren und durchführen, dass möglichst kein Tier zu Schaden oder zu Tode kommt. Ich glaube, darüber herrscht hier Einigkeit. Wir hatten allerdings schon vor einigen Monaten im Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung eine sehr weitgehende und tiefere Debatte zum Thema Tierversuche und darüber, an welchen Stellen es heute doch noch erforderlich ist, Tierversuche durchzuführen. Meines Erachtens muss man etwas aufpassen, in welche Richtung man hier argumentiert. Denn wenn man der Ansicht ist, dass man nur noch dann Tiere in der Forschung einsetzen darf, wenn man den genauen, expliziten Forschungszweck kennt, also wenn man schon das Ziel kennt, warum man das jetzt gerade tut, dann, muss man sagen, kann das eine große Erschwernis für die Grundlagenforschung sein. Das ist vielleicht nicht schön, aber das ist dennoch der Fall. Es ist nicht absehbar, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird, und deshalb werden wir auch weiterhin Tierversuche in der Forschung brauchen, auch wenn es natürlich schön wäre, wenn es anders wäre.

Vor dem Hintergrund, dass Sie aber Ihren Antrag in einem anderen Duktus verfasst haben – schauen Sie gern noch einmal auf den Titel Ihres Antrags, in dem Sie sagen, Sie wollten Hamburg gern tierversuchsfrei gestalten –, kann ich Ihnen nur sagen, dass das kein realistisches Ziel ist, nicht in fünf Jahren, nicht in zehn Jahren und, wenn ich einmal einen Ausblick noch weiter in die Zukunft wage, vermutlich auch nicht in 30 oder in 40 Jahren. Auch wenn ich dem Kollegen Ovens zustimme, dass, wenn wir so weit kommen und künstliche, aber dennoch lebende Herzen oder vielleicht auch … Also das ist noch einmal ein ganz anderes Thema, dafür reicht die Kurzdebatte jetzt

(Carsten Ovens)

nicht aus. Aber das kann vielleicht in absehbarer Zeit ein bisschen Erleichterung verschaffen.

Wir werden uns heute bei dem Antrag enthalten, weil er in der Überschrift etwas suggeriert, was unseres Erachtens nicht realistisch ist.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Oetzel. – Als Nächste erhält das Wort Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Vor eineinhalb Jahren haben wir mehrheitlich hier im Hause dem Neubau und der Erweiterung der Forschungstierhaltung der medizinischen Fakultät des UKE zugestimmt. Wir alle haben das nicht leichtfertig getan. Uns ist bewusst, dass Tierversuche manchmal unvermeidbar sind. Ich bin sicher, dass keiner hier im Raum Tierversuche mag. Denken Sie im Ernst, dass es an der Universität irgendjemand gut findet, neue Heilmittel oder Methoden an lebenden Tieren zu testen? Glauben Sie wirklich, dass die Hochschule sagt, oh klasse, endlich mal wieder Tierversuche? Was halten Sie eigentlich von unseren Studenten und Professoren? Ich kenne niemanden am UKE, der sich auf Tierversuche freut. Ärzte, Professoren und Studenten tun bereits das, was Sie in Ihrem Antrag fordern. Sie problematisieren und sind bestrebt, ohne Tierversuche auszukommen. Insofern ist dieser Antrag überflüssig. Sie erhoffen sich Applaus auf Kosten der Universität. Und das finde ich billig, nein, das finde ich unredlich. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Oelschläger. – Es hat sich dann noch zu Wort gemeldet die Frau Senatorin Fegebank.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns alle darin einig, dass überall dort, wo es möglich ist, auf Tierversuche in Forschung und Wissenschaft, aber auch in den anderen Bereichen verzichtet werden sollte und verzichtet werden muss. Ich lese den Antrag der Regierungsfraktionen im Titel auch eher als eine sehr langfristige Vision. Denn in der Tat ist es im Moment so, dass wir gerade in der Grundlagenforschung noch keinen adäquaten Ersatz haben. Das bestätigen uns nicht nur die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, das haben uns in Fachgesprächen auch die größten Tierschützerinnen und Tierschützer und Tierrechtlerinnen und Tierrechtler erläutert und zugestanden. Ja, wir sind noch nicht so weit, dass wir vollständig auf Tierversuche verzichten können. Deshalb ist der Weg, den wir jetzt mit dem

neuen Forschungstierhaus für das UKE gewählt haben, der richtige: Wenn Tierversuche, dann sollen die besten Bedingungen für die Tiere, aber auch für die Mitarbeitenden greifen.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir wollen dafür die besten Bedingungen schaffen und uns gleichzeitig ehrgeizig darüber Gedanken machen, welche Alternativen es zu den gängigen Forschungsmethoden gibt. Denn ich sagte bereits, dass wir noch nicht so weit sind, um auf Tierversuche verzichten zu können, wenn es um die Erforschung von Krankheitsbildern oder auch um die Entwicklung neuer Therapien zur Linderung oder Heilung von Krankheiten geht. Vorhin sind Israel und andere Länder angesprochen worden. In Holland ist man sehr weit bei alternativen Forschungsmethoden – Computersimulation, Multiorganchips oder permanenten Zellkulturen –, mit denen auch schon mit gutem Erfolg Versuche durchgeführt werden. Das ist ein Weg, den wir in Hamburg gehen wollen.

Das UKE fördert seit diesem Jahr drei Projekte für Alternativen zu Tierversuchen mit einem Volumen von 500 000 Euro. Da sind wir noch von dem entfernt, was Berlin auf den Weg gebracht hat, aber auch wir wollen in den Bereichen wachsen.

Zur Lehre kann ich sagen, dass wir im Bereich der Humanmedizin schon jetzt ohne Tierversuche auskommen und dass für uns die logische Konsequenz eine Freistellungsklausel im Hochschulgesetz ist, die es Studierenden der Universität Hamburg auch in anderen Bereichen ermöglicht, das Studium ohne Tierversuche zu machen. Das ist für uns die logische Konsequenz. In diesem Sinne werden wir als Senat weiterarbeiten. – Vielen Dank.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Senatorin Fegebank. – Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt? Gibt es nicht.

Dann kommen wir zur Abstimmung und beginnen mit dem gemeinsamen Antrag von GRÜNEN und SPD aus Drucksache 21/16982.

Wer möchte diese Drucksache an den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung überweisen? – Wer möchte das nicht? – Enthaltungen? – Dann ist diese Überweisung abgelehnt worden.

Dann stimmen wir in der Sache ab über den gemeinsamen Antrag der GRÜNEN und der SPD aus Drucksache 21/16982.

Wer also diesen so beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Wer stimmt dage

(Daniel Oetzel)

gen? – Wer enthält sich? – Dann ist dieser Antrag angenommen.

Die Fraktion DIE LINKE möchte diesen Antrag nun nachträglich an den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung überweisen.

Wer folgt diesem Wunsch? – Wer nicht? – Enthaltungen? – Dann ist dieses Überweisungsbegehren abgelehnt.

Wir haben dann schließlich noch über den Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 21/17094 abzustimmen.

Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Wer nicht? – Wer enthält sich? – Dann ist dies mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Wir sind beim Tagesordnungspunkt 32. Das ist die Drucksache 21/16981, Antrag der GRÜNEN, SPD, CDU und LINKEN: Digitale Unterstützung einer Volkspetition ermöglichen.

[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN, SPD, CDU und LINKEN: Digitale Unterstützung einer Volkspetition ermöglichen – Drs 21/16981 –]

[Antrag der FDP-Fraktion: Onlinepetition: Erforderliche Quoren zu Volkspetitionen überdenken – Drs 21/17097 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/17097 ein Antrag der FDP-Fraktion vor. Diesen möchte die FDP an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen.

Auch dieser Tagesordnungspunkt ist von den GRÜNEN als Kurzdebatte angemeldet worden, sodass wiederum jeder Rednerin und jedem Redner lediglich zwei Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.

Wer wünscht diese zwei Minuten? – Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die jüngste Onlinepetition, die wir in dieser Stadt hatten, ist die der vielen Schülerinnen und Schüler zum Thema Mathe-Klausuren – Sie haben es vielleicht mitbekommen. Inzwischen nutzen auch in Hamburg schon seit Jahren viele Menschen das Instrument einer Onlinepetition, allerdings auf privaten Plattformen mit sehr zweifelhaften Datenschutzstandards.

Wir wollen in Hamburg mit diesem Antrag jetzt einen Vorschlag machen, wie auch von der Bürgerschaft aus die vorhandene Volkspetition, die in

dieser Stadt bisher besteht und genutzt wird, mit einer digitalen Unterstützung ermöglicht werden kann. Diese Frage beschäftigt die Bürgerschaft schon etwas länger. Vor fünf Jahren gab es in der Hamburger Bürgerschaft schon einmal einen grünen Antrag dazu, der damals abgelehnt wurde. Das Ganze kam dann in das gemeinsame Regierungsprogramm von GRÜNEN und SPD. Heute erblickt es wieder die Bürgerschaft, diesmal mit einem Vorschlag, der ein bisschen konkreter ist.

Ich glaube aber, dass die Jahre inzwischen gezeigt haben, dass die politische Kommunikation im Internet immer mehr zugenommen hat, dass dies als selbstverständlich gilt. Wir wollen im Verfassungsausschuss zusammen mit den anderen Fraktionen jetzt ausloten, was wir gesetzlich auf den Weg bringen müssen, um das Gesetz für die Hamburger Volkspetition dementsprechend zu verändern, damit eine digitale Unterstützung ermöglicht werden kann. Was müssen wir technisch noch auf den Weg bringen, damit diese digitale Unterstützung auch sicher ist? Auch das ist eine Frage. Auch da gibt es seitens der Kanzlei schon erste Überlegungen, dass man das mit dem Serviceportal verbinden könnte, um es dann auch sicher zu machen.

Wir haben uns jetzt schon viele Vorgedanken gemacht. Ich würde mich sehr freuen, wenn die anderen Fraktionen diesem Anliegen zustimmen würden, sodass wir uns gemeinsam im Verfassungsund Bezirksausschuss auf den Weg machen können, Hamburg in dieser Frage ins digitale Zeitalter zu führen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Müller. – Als Nächster erhält das Wort Herr Steinbiß von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann mich da meinem Vorredner nur anschließen. Das ist ein Thema, das wir schon lange im Verfassungsausschuss diskutiert haben. So wie es bei uns immer wieder gute Tradition ist, finden wir uns dann auch zusammen. An diesem interfraktionellen Antrag freut mich sehr, dass viele dabei sind. Dass nun gerade die selbsternannte digitale Partei FDP nicht dabei ist, finde ich ein bisschen schade. Dazu einen Zusatzantrag zu stellen, der sich gleich mit Quoren und Derartigem beschäftigt – Erhöhung von Quoren ist wohl gemeint –, halte ich an dieser Stelle für etwas unnötig und für ein völlig falsches Signal. Aber wir werden uns im Ausschuss ausführlich mit dem Thema beschäftigen – mal sehen, was am Ende herauskommt. Aber ich denke, es ist für viele Bürgerinnen und Bürger in der Stadt ein großer Schritt, den wir heute hier auf den Weg bringen. – Vielen Dank.