Protokoll der Sitzung vom 02.02.2000

Nach der Prognose der Fachhochschule Neubrandenburg, das ist ja hier schon genannt worden, wird im Jahr 2003 mit einem Bedarf von rund 60 Führungskräften je Jahr gerechnet. In den Jahren 2004 bis 2008 werden voraussichtlich sogar jährlich über 160 Führungskräfte in den landwirtschaftlichen Unternehmen des Landes Mecklenburg-Vorpommern benötigt. Der Bedarf an Facharbeitern wird bis zum Jahr 2005 insgesamt auf jährlich gut 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschätzt. 1999 begann jedoch leider für nur 299 Jugendliche eine Ausbildung in den landwirtschaftlichen Kernberufen Land- oder Tierwirt.

Im Durchschnitt stieg, und dies ist erfreulich, meine sehr geehrten Damen und Herren, zwar die Zahl der Auszubildenden in den Agrarberufen seit 1996 um jährlich immerhin 100 Auszubildende oder Ausbildungsverhältnisse, vom Ausbildungsjahr 1998/99 zu 1999/2000 sogar um 150. Aber dieser leichte Aufwärtstrend entspricht noch lange nicht dem ermittelten Bedarf. Sie erkennen, in den nächsten Jahren wird hier eine Lücke klaffen und schon jetzt – das ist ja bereits deutlich geworden – sind etwa fünf

Prozent der von den landwirtschaftlichen Unternehmen angebotenen Lehrstellen nicht besetzt worden.

Ein Problem ist aber nicht nur – vielleicht ist das ja auch ganz interessant, auch wenn es zu später Stunde ist – die quantitative Frage, sondern insbesondere auch das Leistungsniveau der Auszubildenden. In den eben genannten Berufen Land- oder Tierwirt – und das ist vielleicht ganz interessant für alle – haben im letzten Jahr 25 Prozent, ich betone, 25 Prozent der Prüfungsteilnehmer nach dem dritten Lehrjahr die Facharbeiterprüfung nicht bestanden. 25 Prozent der Auszubildenden haben die Facharbeiterprüfung nicht bestanden! Dieser Anteil ist deutlich zu hoch und bringt zum Ausdruck, dass den Jugendlichen vielfach nicht bewusst und klar ist, dass die Anforderungen gerade auch im Agrarbereich und insbesondere in diesen Berufen gestiegen sind, dass das Berufsbild sich grundlegend gewandelt hat.

So, wie sich die Landwirtschaft in einem kontinuierlichen Strukturwandel befindet, so ändern sich natürlich auch die Anforderungen an das Personal. 1950 versorgte ein deutscher Landwirt im Durchschnitt zehn Menschen mit Lebensmitteln. Heute versorgt ein Landwirt 108 Einwohner des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Früher reichten einfachste Kenntnisse für die Beschäftigung in der Landwirtschaft. Heute sind in den landwirtschaftlichen Berufen die Betriebsleiter gut ausgebildete Manager und die Mitarbeiter hochqualifizierte Facharbeiter. Voraussetzung für den Erfolg ist, dass das gesamte Spektrum, von der Produktion bis hin zur Vermarktung, auch tatsächlich beherrscht wird.

Aber nicht nur bei den Landwirten ist Vielseitigkeit gefragt, sondern auch in den anderen Berufsbildern, wie beispielsweise bei den Forstwirten oder bei den Fischereiberufen. Auch hier haben wir einen Nachholbedarf. Forstwirte übernehmen mittlerweile Aufgaben des Naturschutzes, führen fachkundige Besuchergruppen durch den Wald oder betreuen die Gäste in den Informationsstellen. Auch das ist sehr erfreulich, was hier in den letzten Jahren passiert ist.

Wichtig ist, dass in der Öffentlichkeit ein realistisches Bild über die Situation der Agrarwirtschaft, der Forst und Fischerei entsteht. Eine Befragung von Lehrern und Schülern an Gymnasien des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat ergeben, dass diese sich überwiegend aus den Medien über die Agrarwirtschaft informieren. Wir wissen, die Berichterstattung über die Landwirtschaft und die Ernährungswirtschaft, die Forst und die Fischerei ist leider häufig negativ besetzt. Um dieses zu ändern, sehe ich vor allen Dingen den Berufsstand in einer ganz starken Verantwortung und jedes Unternehmen natürlich auch.

Gerne ist die Landesregierung bereit, den Berufsstand bei der Lösung dieser nicht leichten Aufgabe weiterhin zu unterstützen. Deutlich neue Akzente wurden mittlerweile gesetzt. Mit der gelungenen Präsentation des Landes – und da bin ich den Unternehmen, den Landkreisen und allen, die daran beteiligt waren, sehr, sehr dankbar – auf der diesjährigen Grünen Woche in Berlin haben wir das Image des Landes und damit der Land- und Ernährungswirtschaft und des Tourismus wirksam aufgewertet. Verständliche und informative Veröffentlichungen des Landwirtschaftsministeriums schließen sich dieser Zielrichtung deutlich an. Dazu gehören beispielweise das Agrarkonzept, von dem ich gesprochen habe, der Leitfaden zur ordnungsgemäßen Landbewirtschaftung oder auch der

Leitfaden zur Schweineproduktion in Mecklenburg-Vorpommern.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Diese Maßnahmen zur Imageverbesserung sind ein erster Schritt, um generell die öffentliche und die veröffentlichte Meinung zur Landwirtschaft zu verbessern und damit auf einer möglichst breiten Basis das Interesse der Jugend für agrarwirtschaftliche Berufe zu wecken, insgesamt die grünen Berufe also aufzuwerten. Erst dann gelingt es, dass sich eine ausreichend hohe Anzahl vor allen Dingen leistungsbereiter und leistungsfähiger Jugendlicher auch für eine agrarwirtschaftlich orientierte Ausbildung entscheidet.

Ein zweiter Schritt besteht in einem Maßnahmepaket zur Qualifikationsverbesserung der Nachwuchskräfte und der Beschäftigten in der Landwirtschaft, Forst und Fischerei. Ich nenne hier nur das Stichwort Facharbeiterausbildung mit Abitur. Vor der Wende haben wir mit dieser Form der Qualifizierung sehr gute Erfahrungen gemacht und auch die Amerikaner und andere Nationen halten sehr viel von dem Konzept „Learning by doing“. Wir wissen alle, dass Ausbildung praxisorientierter werden muss. Deswegen bin ich dem Bildungsminister sehr, sehr dankbar, der auf meinen Vorschlag hin der Facharbeiterausbildung bei gleichzeitigem Erwerb der Fachhochschulreife – ich betone, der Fachhochschulreife – zugestimmt hat. Dafür meinen herzlichen Dank! In drei Jahren können sich damit leistungsfähige Jugendliche – ich betone das an dieser Stelle ausdrücklich – neben der Facharbeiterausbildung auf ein Hochschulstudium, nämlich das Fachhochschulstudium, vorbereiten. Damit kommen wir dem Ziel sehr viel näher, qualifiziertes Führungspersonal künftig in den Betrieben zu engagieren. Auch hier hoffe ich natürlich, dass wir gemeinsam darum werben, dass diese Maßnahme in diesem Jahr erfolgreich anlaufen kann.

Ergänzend wurde mittlerweile eine Reihe von weiteren Maßnahmen durch unser Haus beziehungsweise gemeinsam über die Hausgrenzen entwickelt:

Erstens. Im Jahre 1999 wurden die Berufe Landwirt, Tierwirt und Gärtner besonders gefördert. Für jeden neu abgeschlossenen Ausbildungsvertrag erhielt der Ausbildungsbetrieb 6.000 DM. Im übrigen wird angestrebt, auch im Jahr 2000 diese Regelungen weiter anzuwenden.

Zweitens. Die Ausbildungsbetriebe erhalten einen Zuschuss zu den Kosten der überbetrieblichen Ausbildung in Höhe von immerhin 270.000 DM aus dem Haushalt des Landwirtschaftsministeriums. Auch diese Förderung wird in diesem Jahr weiter ausgeführt.

Drittens. Für berufliche Wettbewerbe werden wir jährlich 30.000 DM bereitstellen.

Viertens. In diesem Jahr werden – so die Europäische Union unsere Richtlinien bestätigt – 1,5 Millionen DM für die Weiterbildung von Führungskräften und insbesondere auch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Agrarbereich eingesetzt. Es wird damit sichergestellt, dass es, wenn es zu einem Wegfall des Qualifizierungsfonds für Land- und Forstwirtschaftszuschüsse betreffs der Weiterbildung in Mecklenburg-Vorpommern kommt, weitergehen wird. Ich glaube, dass das eine sehr interessante Maßnahme sein kann. Im übrigen unterstützen wir ja auch den Jungmanagerlehrgang des Deutschen Genossenschaftsverbandes.

Fünftens. Die bisher von den landwirtschaftlichen Fachschulen durchgeführten Weiterbildungsmaßnahmen werden auch künftig angeboten. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei unter anderem neben dieser breiten Palette auch die Ausbildung der Meister. Ich will das noch mal unterstreichen, was Herr Brick gesagt hat. Wir bieten hier eine breite Palette in den Fachschulen an. Leider wird das von den landwirtschaftlichen Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern nicht in der Form angenommen. Im übrigen ist es mittlerweile so, dass in diese Weiterbildungsmaßnahmen niedersächsische oder sachsen-anhaltinische oder sogar holländische Landwirte nach Mecklenburg-Vorpommern kommen, um diese Angebote wahrzunehmen.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Bildungstourismus! Das ist doch gut.)

Ja, das wollen wir auch unterstützen. Ich würde mich aber natürlich viel mehr freuen, wenn unsere eigenen Landwirte erst mal davon Gebrauch machen würden.

(Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Das ist vielleicht auch noch mal einen Hinweis wert, darum zu werben.

Sechstens. Anfang Dezember habe ich den ersten zehn erfolgreichen Teilnehmern des Lehrganges zum Geprüften Natur- und Landschaftspfleger die Abschlusszeugnisse überreicht. Mecklenburg-Vorpommern ist eines der ersten Bundesländer, welches diese Fortbildung durchgeführt hat. Diese Fortbildung ermöglicht aufgeschlossenen und insbesondere befähigten Forstwirten den Zugang zu einem völlig neuen Berufsbild mit interessanten Perspektiven, die wir auch weiterhin gerade in den Naturschutzgebieten und Nationalparken dann auch unterstützen werden.

Dieses Maßnahmebündel wird die Wettbewerbsfähigkeit der agrarwirtschaftlichen Unternehmen stärken und die beruflichen Perspektiven der Beschäftigten erweitern. Die Jugendlichen werden sachgerecht informiert und erhalten tatsächlich auch eine realistische Chance für den beruflichen Einstieg.

Aber mit diesen Maßnahmen ist das Ende der Fahnenstange aus meiner Sicht tatsächlich noch nicht erreicht. Eigenverantwortlich sollten sich die landwirtschaftlichen Unternehmen öffnen. Öffentlichkeitsarbeit ist nicht eine Aufgabe des Landwirtschaftsministeriums allein und des Berufsstandes, sondern ureigenster Bestandteil eines Marketingkonzeptes von jedem einzelnen Unternehmer oder innerhalb der Unternehmen.

Öffentlichkeitsarbeit fängt vor der eigenen Haustür an. Durch praktische Anschauungen müssen den Jugendlichen, ihren Eltern, aber auch insbesondere den Ausbildern und den Lehrern die Bedingungen in der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und der Fischerei demonstriert werden. Der Tag des offenen Hofes, Projekttage oder Schnupperpraktika, Ausstellungsbesuche – das sind nur einige Instrumente, die für uns außerordentlich wichtig sind.

Darüber hinaus verstärkt das Landwirtschaftsministerium die Zusammenarbeit mit den schulischen Lehrkräften. Mit dem Landesinstitut für Schule und Ausbildung werden diesbezüglich konkrete Maßnahmen konzipiert. Ein Beispiel ist auch das unter anderem gemeinsam mit dem Kultusministerium oder Bildungsministerium entwickelte Pro

jekt „Tierschutz an Schulen“. Ich halte es für außerordentlich wichtig, dieses hier auch darzustellen.

Auf die Initiative unseres Hauses hin hat der Bundesarbeitsminister zugesagt, über die örtlichen Arbeitsämter das Projekt EXAM in der Landwirtschaft in MecklenburgVorpommern umzusetzen. Mittlerweile gibt es die Zusage und die Arbeitsämter werden dieses auch umsetzen. Externe Ausbildungsplatzvermittler sollen in Trägerschaft der Kreisbauernverbände direkt mit Jugendlichen in den Schulen, gemeinsam mit den Eltern und den Ausbildungsbetrieben zusammenarbeiten, um geeignete Jugendliche zu gewinnen, einen Ausbildungsplatz in den grünen Berufen anzunehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Strukturwandel in der Agrarwirtschaft ist ein ständiger Prozess. Die Nachwuchssituation des Landes im Bereich der Agrarwirtschaft wird den damit verbundenen Herausforderungen derzeit nicht gerecht. Die Landesregierung nimmt diese Herausforderung an. Ich weise auch noch mal ausdrücklich darauf hin, dass die Agrarpolitik keine Sicherheit für ökonomische Existenzen leisten kann, sondern wir können nur Rahmenbedingungen schaffen. Neue Herausforderungen erfordern neues Denken. Wer heute bestehen will, für den endet Bildung nicht mit dem Schulund dem Berufsabschluss. Gefragt sind Eigeninitiative und der Wille zu mehr und zu weiteren Initiativen.

Wer diese Voraussetzungen mitbringt, für den stehen aus meiner Sicht ausreichende und geeignete Instrumente für die grünen Berufe zur Verfügung. Mit gutem Gewissen kann ich Jugendlichen, die Interesse haben, in einem der grünen Berufe in der Agrarwirtschaft aktiv zu werden, das wirklich empfehlen. Voraussetzung ist ausdrücklich Leistungsbereitschaft und auch Leistungswille. Für günstige Rahmenbedingungen haben wir aus meiner Sicht eindeutig gesorgt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schwebs von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als die frisch getrauten Eltern eines Bekannten 1928 eine Büdnerkate kauften und ein gemeinsames Leben als Landwirte begannen, fanden sie in ihrer Kate noch die Möbel und Einrichtungsgegenstände ihrer Vorgänger vor. Darunter befand sich offensichtlich damals schon ein alter versilberter Rahmen, geschmückt mit einem Sinnspruch, sorgfältig in altdeutschen Lettern gemalt. Wenn Sie erlauben, würden ich Ihnen den Spruch hier gern zitieren, kündet er doch von der Bedeutung der Bauern in vergangener Zeit:

„Der Landmann steht in hohen Ehren Er ist im Staat der erste Mann Doch kann das Volk er nur ernähren Wenn Gottes Segen er gewann.“

Soweit zur Akzeptanz der Tätigkeit der Bauern damals.

Wie aber sieht es heute aus? Welchen Ruf haben die Landwirte in der heutigen Zeit? Die Umweltschützer sagen, die Bauern sind die größten Umweltfrevler. Die militanten Tierschützer meinen, produktive Tierhaltung wäre wider die Natur der Tiere. Großstädter, die im neuen

Wohnpark neben dem alten Dorf wohnen, behaupten, Landwirtschaft stinkt, sie mindert die Wohnqualität ihrer neuen Häuser und den Wert ihrer Grundstücke. Und die Steuerzahler? Sie murren. Die Landwirte würden doch nur von Subventionen leben, es wäre an der Zeit, ihre Privilegien zu kürzen. Und die Landwirte selbst, wie sehen sie sich? Sie meinen, sie werden stiefmütterlich behandelt in diesem Land und in Europa. Sie könnten tun, was sie wollten, flexibel auf neue Ansprüche reagieren oder weitermachen wie bisher, ihnen würden durch die Politik nur Einkommensverluste beschert und diese müssten folglich durch die Politik auch wieder ausgeglichen werden. Soweit zu den Klischees.

Warum, meine Damen und Herren, warum sollte irgendein Jugendlicher – sei es Mädchen oder Junge – in dieser Zeit unter diesen Vorzeichen in die Landwirtschaft gehen? Was kann die Landwirtschaft den Jugendlichen bieten? Die Frage lässt sich auch anders stellen: Welche Perspektiven hat die Landwirtschaft in Deutschland und in Europa überhaupt nach der Agenda 2000 und den WTOVerhandlungen im Rahmen der GAP?

Ich möchte Ihnen kurz einige Probleme in Erinnerung rufen, die zeigen, warum die Landwirtschaft in der Öffentlichkeit ein so schlechtes Image hat.

Der Prozess des Wachsens und Weichens der bäuerlichen Betriebe setzt sich fort, ablesbar an der sinkenden Zahl der Betriebe, egal ob sie Landwirtschaft im Hauptoder im Nebenerwerb betreiben. Logischerweise sinkt damit auch die Anzahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten. Nur geht das Bauernsterben im Gegensatz zu Holzmann lautlos über die Bühne. Es ist längst kein spektakuläres Medienereignis mehr. 1960 waren 13,6 Prozent der Beschäftigten der alten Bundesrepublik und der DDR in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft tätig. 1997 waren es nur noch 2,7 Prozent. Rund zwei Drittel der Beschäftigten in der Landwirtschaft sind männlich, Frauen arbeiten meistens Teilzeit. 60 Prozent der Betriebsinhaber haben eine abgeschlossene berufliche Ausbildung. Aber nur jeder elfte landwirtschaftliche Betrieb wird von einer Frau geleitet.

(Martin Brick, CDU: In Deutschland.)

In Deutschland.

Die landwirtschaftlich genutzte Fläche in Deutschland betrug 1989 rund 18 Millionen Hektar. Zehn Jahre später sind es nur noch 17 Millionen Hektar. Der Verlust der Flächen geht hauptsächlich zu Lasten der Nutzfläche in den neuen Ländern. Hier beträgt der Flächenrückgang in den letzten zehn Jahren fast 600.000 Hektar.

Auch der Tierbestand ist betrachtet auf die letzten zehn Jahre im gesamten Bundesgebiet rückläufig, besonders bei Schweinen, Rindern, Schafen, aber auch bei Hühnern und Gänsen. Gestiegen ist nur der Bestand an Puten, und das in Ost und West, und die Anzahl der Pferde, was aber wohl kaum mit der originären Landwirtschaft zu tun haben wird.

Und wie sieht es mit dem Einkommen der Landwirte aus? Durchschnittlich 57.000 DM betrug der Gewinn aus landwirtschaftlicher Tätigkeit im Haupterwerb im Wirtschaftsjahr 1997/98 – für eine Familie wohlgemerkt – und liegt damit erheblich unter den Einkommen anderer Gesellschafts- und Wirtschaftsgruppen. Dafür liegt die wöchentliche Arbeitszeit der in der Landwirtschaft tätigen Menschen über der Arbeitszeit in vergleichbaren Unter

nehmen. Generell ist es doch so, meine Damen und Herren, dass die Arbeit der Bauern in der Gesellschaft heute viel zu niedrig bewertet wird. Sichtbarer Ausdruck für die Verbraucher: Ein Liter Cola ist billiger als ein Liter Milch. Der Erlös ist niedriger als der Produktionspreis, sei es bei Schweinefleisch oder bei Äpfeln. Warum also sollten – und ich wiederhole meine Frage ganz bewusst –, warum also sollten Jugendliche unter diesen Bedingungen in die Landwirtschaft gehen? Was hilft es, wenn es im Lande eine hervorragende Ausbildung in landwirtschaftlichen Berufen gibt, wenn die Landwirtschaft selbst als perspektivlos erscheint?

Der Bundeslandwirtschaftsminister Funke meint zu erkennen, dass mehr Marktwirtschaft und mehr Wettbewerb die eindeutige Botschaft angesichts der gegenwärtigen agrarpolitischen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft sei. Natürlich geht der Strukturwandel in der Landwirtschaft weiter, aber, so Funke, generell teile er den Pessimismus in der Landwirtschaft nicht. Und wortwörtlich Ende letzten Jahres: „Wer die Zeichen der Zeit erkennt und seine betriebliche Strategie darauf ausrichtet, hat durchaus Chancen.“

(Martin Brick, CDU: Da hat er Recht.)

Ja, hat er Recht.