Protokoll der Sitzung vom 15.03.2000

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Herr Scheringer von der PDS-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie stimmen mit mir wahrscheinlich darin überein, dass das Jagdgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern nicht das bedeutendste Gesetzeswerk ist, über das dieser Landtag zu beschließen hat. Es gibt sicher Größeres, aber das Jagdgesetz ist auch nicht unwichtig. Und besonders in der neuen Fassung widerspiegelt es jene neuen Ansprüche an Politik, die auch in der oft zitierten, aber ebenso oft leblosen Agenda 21 formuliert sind. Wir meinen auch, dass es uns mit dem vorliegenden Ablösegesetz – lieber Martin, es ist eben keine Novellierung, sondern es ist ein Ablösegesetz – gelungen ist, die Hege, die Jagd in unserem Land im Sinne der Nachhaltigkeit auf die Bewahrung auszurichten.

Ich möchte auch von dieser Stelle noch einmal die ausgesprochen angenehme und produktive Zusammenarbeit mit den beteiligten Verbänden oder auch den Trägern der öffentlichen Belange bei der Erarbeitung dieses Gesetzes erwähnen. Die umfängliche Beteiligung des Landesjagdverbandes habe ich ja schon in der Einbringungsrede als Ausschussvorsitzender gewürdigt, aber auch die Umweltverbände oder der Bauernverband waren uns bei der Erarbeitung dieses Gesetzes angenehme Partner.

Zu einem konstruktiven Meinungsaustausch müssen Argumente gegeneinander abgewogen werden, aber es

ist auch ganz klar, dass sich nicht alles in einen Gesetzestext hineinpacken lässt, was der eine oder andere meint. So hat beispielsweise der BUND in seiner Stellungnahme empfohlen, selbst in Notzeiten in den Nationalparken das Füttern von Tieren zu verbieten. Notzeit heißt Ausnahmezustand. Deshalb sind wir diesem Vorschlag nicht gefolgt.

Trotzdem war das Ergebnis der Beratungen doch so, dass wir mit dem neuen Gesetzentwurf erhebliche Neuerungen haben, die auch weit über den Vorschlag, über den Gesetzentwurf aus dem Landwirtschaftsministerium hinausgehen. Es ist auch nicht so, wie Martin Brick gesagt hat, dass die Koalitionsfraktionen ausschließlich dem Ministerium gefolgt wären. Dann wäre das ja nicht möglich gewesen, über den Gesetzentwurf des Ministeriums hinauszugehen.

Ich finde wirklich, dass dies insbesondere auch die Beschreibung der Wirkungsräume einer Hegegemeinschaft sehr deutlich zeigt, denn der alte Gesetzestext führte in Anlehnung an das Bundesjagdgesetz lediglich aus, dass die Jagdausübungsberechtigten für mehrere zusammenhängende Jagdbezirke eine Hegegemeinschaft bilden können. Wir finden aber jetzt in dem Gesetzestext neben der organisationstechnischen Komponente beim Zusammenwirken von Jagdbezirken einen sehr bedeutsamen lebendigen Ansatz. Nach unseren Vorstellungen sollen die Grenzen des räumlichen Wirkungsbereiches einer Hegegemeinschaft durch den Lebensraum der zu hegenden Population von Rot-, Dam- oder Schwarzwild bestimmt werden. Der Lebensraum der Tiere ist damit die maßgebliche Grundlage für eine erfolgreiche Hege. Und wenn mein Kollege Brick sagt, es ist nur von Hege die Rede und nicht von Jagd, so muss ich ihn aber daran erinnern, dass gerade der Begriff „Hege“ die Jagd selbstverständlich beinhaltet.

(Martin Brick, CDU: Das hast du missverstanden, Hans.)

(Martin Brick, CDU: Das hast du missverstanden.)

Aha, na gut.

(Zuruf von Volker Schlotmann, SPD – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Meine Damen und Herren! Es gäbe noch eine ganze Reihe neuer Aspekte aus diesem Gesetzentwurf zu benennen, zum Beispiel die Wildfolge, also die unverzügliche Nachsuche von angeschossenem Wild, oder die neue Meldepflicht von Wildunfällen im Straßenverkehr. Eine Neuerung liegt mir aber besonders am Herzen, deshalb möchte ich sie noch mal erwähnen, denn sie wird auch in der praktischen Umsetzung nicht unproblematisch sein. Ich meine hier den Paragraphen 27 – die Wildschadensausgleichskasse. Sie wird nun in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Aufgabe errichtet, Wildschäden zu verhindern und von Rot-, Dam- oder Schwarzwild verursachte Wildschäden auszugleichen.

Herr Brick hat noch mal kritisiert, warum diese Begrenzung auf 75 Hektar. Hier gibt es ja die Anlehnung – zumindest die gedankliche Anlehnung – an die Bildung von Eigenjagdbezirken auf der einen Seite und natürlich in der Wirklichkeit, dass alle anderen Landwirte und Grund

stücksbesitzer über die Jagdgenossenschaften in der Wildschadensausgleichskasse vertreten sind und zusätzlich noch freiwillig der Wildschadensausgleichskasse beitreten können. Ich erwarte das insbesondere von Landwirten, die in ausgesprochen wildschadensgefährdeten Gebieten leben. Ich bin mir sicher, dass wir bei freiwilligem Beitritt zur Wildschadensausgleichskasse die aktiven Landwirte in der Wildschadensausgleichskasse haben, die auch bereit sind, bestimmte Aufgaben zu übernehmen.

Ein wichtiger Punkt ist, meine Damen und Herren, der Absatz 5 im Paragraph 27, wo der Einsatz eines Geschäftsführers geregelt wird. Genau diese Stelle wird meiner Auffassung nach in der Praxis spannend, denn ein Geschäftsführer kostet Geld. Die Wildschadensausgleichskasse steht zwar unter der Fachaufsicht der Jagdbehörde, die Kosten für die Geschäftsführung gehen aber voll zu Lasten der Kasse, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben Beiträge von ihren Mitgliedern erhebt, und diese Kosten werden in der Praxis ganz einfach an die Jäger weitergereicht. Die große Aufgabe wird es also sein, die Kosten für die Geschäftsführung bei Wahrung einer qualitativ hochwertigen Leitung der Kasse so niedrig wie möglich zu halten, denn sonst könnte es ja passieren, dass bei kleineren Kassen die Unterhaltung eines Geschäftsführers das größte zu regulierende Schadensereignis ist. Dem vorzubeugen hält unser Gesetz allerdings Möglichkeiten bereit. Es können mehrere Kassen vertraglich so zusammenarbeiten, dass eine Kasse die Aufgabe der anderen übernimmt. Das zu tun macht auch Sinn, muss aber praktisch erst einmal organisiert werden. Ich bin mir jedoch sicher, dass das zu leisten ist und dass hierbei von der obersten Fachbehörde entsprechende Unterstützung erfolgt.

Meine Damen und Herren! In der Ersten Lesung zum Jagdgesetz hat auch die Jagdsteuer noch einmal eine Rolle gespielt. Ich lese in der „Ostsee-Zeitung“ heute, also am 15.03., einen Artikel, der ist überschrieben: „Die Demminer Jäger verurteilen Jagdsteuer“. Zum Hintergrund muss man wissen, dass die Steuereinnahme des Kreises Demmin, die durch die Stimmen der CDU nun Gesetzeskraft erhält in diesem Kreis, insgesamt eine Jahresmenge von 40.000 DM bedeutet für den Kreis Demmin. Auf der anderen Seite ist ebenfalls von der CDU beantragt und beschlossen worden, dass für die Ausübung der Jagd 30.000 DM vom Kreis zur Verfügung gestellt werden. Das heißt eigentlich, dass 10.000 DM auf Verwaltungswegen vermutlich irgendwo hängen bleiben

(Peter Ritter, PDS: Genau, so ist es. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

und plus/minus Null durch die Jagdsteuer nichts, aber auch gar nichts erreicht wird

(Beifall Peter Ritter, PDS)

und sich wirklich überlegt werden muss, was denn eine Jagdsteuer in den Kreisen unseres Landes soll.

(Peter Ritter, PDS: In Demmin ist alles möglich.)

Es gibt übrigens nach meinem Kenntnisstand nur noch einen weiteren Kreis, wo es die Jagdsteuer gibt.

(Wolfgang Riemann, CDU: Und welcher ist das?)

Zu den Änderungsanträgen...

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, dann sagen Sie den anderen Kreis auch noch! – Zuruf von Martin Brick, CDU)

Der andere Kreis ist auch einer, wo die CDU-Mehrheit diese Jagdsteuer durchgesetzt hat, Herr Kollege Riemann, falls Sie das beruhigt, und dabei belasse ich das erst mal.

(Wolfgang Riemann, CDU: Was?)

Zu den Änderungsanträgen der CDU: Ich möchte hier sagen, dass das alles keine neuen Anträge sind. Diese Anträge sind von der CDU im Landwirtschaftsausschuss alle gestellt worden. Sie wurden intensiv diskutiert und haben alle im Landwirtschaftsausschuss keine Mehrheit gefunden, so dass ich heute hier für die PDS-Fraktion erkläre, dass diese Änderungsanträge die Zustimmung der PDS-Fraktion nicht bekommen werden.

Ich möchte besonders noch einmal eingehen auf den Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1169. Hier will die CDU-Fraktion den Inhalt des Paragraphen 1 in die Präambel hochholen, was bedeuten würde, dass diese im Paragraph 1 vorgeschlagenen Regelungen bei diesem Gesetz damit keine rechtliche Bindung haben. Das halte ich doch für einen etwas komischen Umgang mit den Vorschlägen, die hier vorgelegt worden sind, und wie gesagt, die PDS-Fraktion wird den Änderungsanträgen der CDU-Fraktion die Zustimmung nicht geben können.

Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion wird der Beschlussempfehlung des Landwirtschaftsausschusses ihre Zustimmung geben. Ich selbst freue mich ganz persönlich, dass es gelungen ist, unsere Vorstellungen in Bezug auf die Terminleiste hier so akribisch abschließen zu können, damit ab 1. April ein gutes Jagdgesetz in Mecklenburg-Vorpommern gilt, und möchte von dieser Stelle allen Jägern in Mecklenburg-Vorpommern ein kräftiges „Weidmannsheil!“ entbieten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Scheringer.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Monegel von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Gestatten Sie mir, ein paar Worte voranzustellen. Es hat mich doch schon sehr verwundert, welche Ausführungen der Kollege Brick hier gemacht hat.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Die waren doch gut. – Martin Brick, CDU: Das glaube ich Ihnen aufs Wort.)

Ich frage mich, Herr Kollege Brick, wie Sie zu der Aussage gekommen sind, dass der Entwurf der Landesregierung mit der Beschlussempfehlung des Ausschusses übereinstimmt.

(Martin Brick, CDU: Da müssen Sie nicht gut zugehört haben.)

Da frage ich mich: Haben Sie den Entwurf der Landesregierung nicht gelesen? Haben Sie die Beschlussempfehlung nicht gelesen? Waren Sie nicht anwesend im Landwirtschaftsausschuss?

(Martin Brick, CDU: Ich glaube, Sie haben mir nicht zugehört.)

Laut Anwesenheitsliste waren Sie es.

(Heinz Müller, SPD: Körperlich. – Zuruf von Martin Brick, CDU)

Körperlich vielleicht, ja.

(Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Also es gibt da sehr viele Fragen. Dass wir innerhalb der Koalitionsfraktionen Abstimmungen vornehmen und es auch diskutieren, halte ich für selbstverständlich. Dass wir die Opposition natürlich da nicht einbeziehen, in diese Abstimmungsphase in erster Linie,

(Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU: Was?)

ich weiß nicht, welches Verständnis Sie von Opposition haben.

(Martin Brick, CDU: Also das habe ich gar nicht gesagt.)

Also einige Fragen habe ich schon, Kollege Brick.

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Aber lassen Sie uns zurückkommen zu unserer Tagesordnung.