Protokoll der Sitzung vom 15.03.2000

Zum anderen steht mit der Veränderung der Waldfläche auch eine Veränderung der Personalstruktur ins Haus. Zum Vergleich einige Zahlen: In Deutschland sind im Durchschnitt 2,5 bis 6,5 Forstarbeiter je 1.000 Hektar beschäftigt. In Mecklenburg-Vorpommern sind, der Treuhandwald eingerechnet, 4,5 Forstarbeiter je 1.000 Hektar – ohne Treuhandwald 7,0 Forstarbeiter je 1.000 Hektar – beschäftigt. Das Forstgutachten hat nachgewiesen, dass ohne Änderung dieser Strukturen der Zuschussbedarf des Landes bis zum Jahre 2006 auf circa 160 Millionen DM ansteigen wird. Ich denke, jeder, der in diesem Land in Verantwortung steht, kann diese Entwicklung nicht ignorieren.

(Beifall Ministerin Sigrid Keler)

Veränderungen unter Berücksichtigung der Finanzierbarkeit müssen zwangsläufig erfolgen, jedoch sind Prämissen und Prioritäten zu setzen, die im Kontext mit dem Landeswaldgesetz zu verstehen sind: „Der Wald prägt in Mecklenburg-Vorpommern die Landschaft und gehört zu den Naturreichtümern des Landes. Er ist unverzichtbare natürliche Lebensgrundlage der Menschen und Lebensraum für Pflanzen und Tiere.“ Seine „Nutz-,... Schutz- und Erholungsfunktion“ ist „zu erhalten und zu mehren“. Es ist die „Verpflichtung aller, den Wald zu schützen“, insbesondere aber derjenigen mit Eigentumsrechten. Das betrifft den privaten Waldbesitzer wie den Staat, der die Rahmenbedingungen für eine „ordnungsgemäße Forstwirtschaft“ sicherzustellen hat.

Die forstpolitischen Ziele der SPD, die mit der Verwirklichung des Forstkonzeptes einhergehen müssen, waren und sind darauf gerichtet,

den Landeswald in seinem Bestand und seiner Flächenausdehnung zu erhalten,

die Effizienz in den Forstämtern zu verbessern, mehr Eigenverantwortung der Forstämter zu erreichen,

den nicht staatlichen Waldbesitz für den Holzmarkt und zur Erschließung von Beschäftigungspotentialen zu mobilisieren und zu unterstützen,

die Landesforstverwaltung als Dienstleister für Waldbesitzer und holzverarbeitende Unternehmen zu stärken.

Ich möchte noch einmal betonen: Die Grundsätze für die Bewirtschaftung des Waldes sind und bleiben Nachhaltigkeit, Naturnähe, Wirtschaftlichkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie unter diesen Eckwerten die Erarbeitung des Forstkonzeptes vornimmt. Die in dem Gutachten aufgeführten Modelle werden auf ihre Umsetzung zu prüfen sein. Dabei scheiden das Status-quo-Modell und das Nullmodell von vornherein aus.

Nun noch einige Ausführungen zum notwendigen Stellenabbau. Er ist nach unseren Vorgaben zu verhindern. Betriebsbedingte Kündigungen sind möglichst auszuschließen. Sie bergen neben der Erhöhung der Arbeitslosigkeit, die wir nicht wollen, auch Risiken für das Land, wie beispielsweise langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen, strukturpolitische Konsequenzen oder den Verlust an Glaubwürdigkeit der Landesregierung schlechthin. In dem zu erarbeitenden Forstkonzept sollten unter anderem ein Organisations-, Verwaltungs-, Liegenschafts-, Ausstattungs- und Personalkonzept als Eckpunkte enthalten sein. Auch eine Flexibilisierung des Haushaltsrechtes ist zu erreichen.

Meine Damen und Herren! Die Tragfähigkeit eines für viele Jahre gültigen Forstkonzeptes wird jedoch auch davon abhängen, dass alle Betroffenen beziehungsweise diejenigen, die sie vertreten, intensiv an einer entsprechenden Lösung der aufgezeigten Probleme mitarbeiten und ihren Anteil am Lösungsweg erbringen. Wege dazu sind aufgezeichnet und auch benannt worden. Es sind alternative Beschäftigungsmöglichkeiten zu suchen. Auch diese sind in vielen Papieren schon beschrieben und sie sind alle sehr intensiv in die Suche mit einzubeziehen.

Hier kommt auf die Landesregierung viel Arbeit zu und wie wir unterrichtet wurden, ist diese Arbeit schon im

Gange. Ich bin sicher, dass wir ein für die Forsten zukunftsweisendes Konzept verabschieden werden in diesem Landtag. Ich denke, mit dem Landesjagdgesetz ist es uns heute gelungen und auch für die Forst wird das Ergebnis so aussehen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Vielen Dank, Frau Monegel.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schwebs von der PDS-Fraktion.

Warum darf ich heute vor dem Minister?

(Angelika Gramkow, PDS: Du darfst nach dem Minister noch mal, Birgit.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich wird meine Fraktion dem Teilantrag zur Übernahme des Preußenvermögens zustimmen,

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

aber darüber brauchen wir heute nicht mehr zu reden, das ist ja schon lange Konsens.

In den vergangenen Tagen und Wochen wurden die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion oftmals angesprochen und gefragt, wie es denn mit der Forstwirtschaft im Lande weitergehen soll. Uns erreichten Briefe, in denen die Beschäftigten der Forstwirtschaft ihre Fragen, aber auch ihre Ängste und Befürchtungen deutlich artikulieren.

Wenn Sie gestatten, würde ich gern einige Passagen aus einem Brief, der unseren Kollegen Scheringer gestern erst erreichte, zitieren. Hier heißt es: „Sehr geehrter Herr Scheringer, über der Zukunft der Forstwirtschaft sind dunkle Wolken aufgezogen.“

(Wolfgang Riemann, CDU: Sie hatten was ganz anderes versprochen. – Peter Ritter, PDS: Sie zitiert gerade aus dem Brief und Sie hören nicht zu.)

Wenn Sie vielleicht Ihre Aufmerksamkeit auf den Brief richten würden, vielleicht kommen wir ja noch zu dem, was Sie erwarten.

„Es geht dabei nur um die Erwirtschaftung von Geld, um massive Einsparungen auf Kosten der Bediensteten und nicht um die Erhaltung des Landesgutes Wald. Mit großer Besorgnis verfolgen wir Forstleute die derzeitigen Aktivitäten. Die Forst hat in den Jahren von 1991 bis 1997“ – was Sie vielleicht interessieren wird – „so viele Federn lassen müssen, dass ein Schwan fast ohne Federkleid dastehen würde.“ So weit zu dem Brief. In den Jahren 1991 bis 1997, Herr Glawe.

(Harry Glawe, CDU: Ja, ist doch in Ordnung.)

Dieser Brief ist kein Einzelfall. Einerseits fürchten die in der Forst tätigen Menschen um ihren Arbeitsplatz und sind doch andererseits bereit, sich Gedanken darüber zu machen, wie ihr Arbeitsort, der Wald, erhalten bleibt und zukunftsfähig bewirtschaftet werden kann, damit auch künftige Generationen von ihm profitieren können. Das hatte ich Ihnen bereits in den letzten Reden zu diesem Thema übermittelt.

Der Hauptpersonalrat Forst hat diese Befürchtungen und Ängste aufgenommen und Forderungen im Interesse

der Beschäftigten und einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung abgeleitet und daraus Kernforderungen zu einem Forstkonzept 2000 formuliert. Das möchte ich Ihnen gern zur Kenntnis geben, vielleicht interessiert es Sie ja, was der Hauptpersonalrat fordert:

„Erstens, Verwirklichung einer naturnahen, nachhaltigen Forstwirtschaft im Sinne der FSC-Kriterien, also eine Forstwirtschaft, die ökologisch, ökonomisch und sozial ausgerichtet ist,

zweitens, keine Verschlechterung der bestehenden Arbeits- und Dienstrechtsverhältnisse,"

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Dr. Gerhard Bartels, PDS – Harry Glawe, CDU: Das ist eine entschei- dende Frage. Ich warte auf die Antwort.)

„drittens, keine betriebsbedingten Kündigungen,

viertens, Sicherung aller Funktionen des Waldes entsprechend des Waldgesetzes Mecklenburg-Vorpommern,

fünftens, Erhaltung beziehungsweise Mehrung stabiler, artenreicher, ertragreicher und ästhetisch schöner Waldbestände."

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Insofern, muss ich Ihnen sagen, stimmt meine Fraktion auch mit den Forderungen des HPR überein.

Die Waldarbeiter, eine Interessengemeinschaft der Arbeiter in der Forstwirtschaft und im Naturschutz, haben ebenfalls ihre Forderungen aufgemacht. Sie lehnen ein von oben zentralistisch diktiertes Forstkonzept ab und regen einen Runden Tisch an, an dem alle betroffenen Partner gleichberechtigt Platz haben und sich einbringen können. Sie verweisen auf Leistungen, die sie jetzt schon erbringen, die aber weder finanziell noch im öffentlichen gesellschaftlichen Leben honoriert werden.

(Volker Schlotmann, SPD: Sie wissen, wen Sie zitieren?)

(Volker Schlotmann, SPD: Das erstaunt mich.)

Gemeint sind die Leistungen für Naturschutz, Tourismus und für die Pflege des Waldes an der Küste, die von den Forstangestellten und Waldarbeitern tagtäglich erbracht werden. Ich werte das ja auch nicht, aber es melden sich in der jetzigen Situation der Finanzknappheit der öffentlichen Kassen auch zunehmend Befürworter der Privatisierung von Staatsforstbetrieben, die ihre ernst zu nehmenden Absichten der Privatisierung des Waldes mit dem Hinweis auf eben diese leeren Staatskassen auch in Mecklenburg-Vorpommern lautstark und scheinbar juristisch exakt fundiert untersetzt anmelden.

Unter diesen Bedingungen hat sich der Landwirtschaftsausschuss mit Eckpunkten des zu erarbeitenden Forstkonzeptes beschäftigt und seine Schwerpunkte für die Erarbeitung des Konzeptes formuliert. Eindeutig positiv positioniert haben sich die Koalitionsfraktionen zur Einbeziehung der berufsständischen Vertretung in die Erarbeitung des Forstkonzeptes.

(Zuruf von Martin Brick, CDU)

Nur so kann bereits im Vorfeld verhindert werden, dass die wichtigen Entscheidungen am grünen Tisch getroffen

werden und über die Köpfe der Betroffenen hinweg auf dem Verordnungswege durchgesetzt werden.

(Johann Scheringer, PDS: Wie Martin das immer gemacht hat.)

Darauf komme ich noch, wie das gelaufen ist.