Für die kleinen und mittleren Unternehmen ist es auch in besonderer Weise wichtig, dass noch der bis zum Jahre 1999 bestehende halbe Steuersatz auf Aufgabe und Veräußerungsgewinne wieder eingeführt wird. Die rot-grüne Steuerpolitik gefährdet stattdessen gewachsene mittelständische Strukturen durch die Aufgabe dieses Satzes. Der Eckpfeiler der Alterssicherung vieler Betriebsinhaber ist damit akut gefährdet. Einer Nachfolgeplanung wird die Basis entzogen und eine generationsübergreifende Betriebsübernahme wird durch die Vollbesteuerung der stillen Reserven erheblich beschwert und belastet.
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass schätzungsweise 300.000 Unternehmen innerhalb der nächsten fünf Jahre vor der Frage der Nachfolgeregelung stehen, kann man sich gerade auch die möglichen beschäftigungspolitischen Folgen leicht ausmalen. Und ich denke, das dürfte ein wichtiger Aspekt in der kommenden Debatte sein.
Sinnvoll erscheint die von der CDU vorgeschlagene Regelung, in der die Gewährung des halben Steuersatzes, der aber den Eingangssteuersatz nicht unterschreiten darf, von bestimmten Voraussetzungen abhängen soll, wie zum Beispiel ein bestimmtes Höchstalter des Unternehmens sowie eine Höchstgrenze des Veräußerungsgewinns. Über konkrete Details kann man sicherlich streiten, über das Ob meines Erachtens auf keinen Fall.
Die Benachteiligung von mittelständischen Personengesellschaften zeigt sich auch an der Tatsache, dass für sie eine Steuerbefreiung auf Gewinne, welche durch Veräußerungen von Anteilen an einer anderen Gesellschaft realisiert werden, nicht vorgesehen ist, während Kapitalgesellschaften von dieser Pflicht völlig befreit werden.
Da kommt wieder der Genosse der Bosse durch. Selbstverständlich ist eine Unterstützung des Strukturwandels in unserer Volkswirtschaft zu begrüßen. Warum aber über 80 Prozent der deutschen Unternehmen davon ausgeschlossen sein sollen, ist für mich jedenfalls unergründlich oder unerklärbar.
In der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit ist es natürlich unmöglich, auf alle Aspekte der Steuerreform detailliert einzugehen. Mein Bestreben war es vielmehr, einige wichtige Problemkreise, die für uns bei den Verhandlungen auf Länderebene eine wichtige Rolle spielen müssten, zu beleuchten. Unsere Kritik dient nicht dazu, das Zustandekommen eines notwendigen Gesetzes in toto zu verhindern, sondern möglichst zu optimieren. Daran sollten auch die Regierungsfraktionen in diesem Hause im Interesse unseres Landes ein maßgebliches Interesse haben, und dieses jenseits aller eingefahrenen ideologischen Trampelpfade. In genau diesem Sinne bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag. – Danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor etwa zwei Monaten haben wir schon einmal einen Antrag der CDU-Fraktion gehabt. Der war damals noch sehr unkonkret und es konnte eigentlich nicht richtig diskutiert werden. Aber ich stelle fest, Herr Nolte, Ihr heutiger Antrag hat nicht wesentlich mehr Substanz.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Rudolf Borchert, SPD: Der ist kein bisschen besser.)
Ich komme in den einzelnen Punkten darauf gern zurück. Aber nur noch eins gleich zum Anfang: Die Steuerreform wird in diesem Monat im Bundesrat nicht irgendwie abschließend beraten. Das ist schon mal der erste formale Fehler, aber den können wir ja noch verzeihen.
Wir sind eigentlich heute in der Lage, eine fundiertere Debatte zu führen. Der Kabinettsentwurf der Bundesregierung liegt ebenso vor wie ein Gesetzesantrag der Opposition. Und jetzt komme ich schon in die ersten Widersprüche zu dem, was Sie eben gesagt haben. Ich habe fast das Gefühl, Sie kennen Ihren Antrag nicht so richtig.
Zudem liegen noch weitere Formulierungshilfen und Länderanträge vor, über die im Bundestag und im Bundesrat zu entscheiden ist, bevor die Steuerreform in ihrer endgültigen Fassung beschlossen und in Kraft treten wird. Ich gehe davon aus, dass wir im Sommer soweit sein werden.
Nachdem das Steuerentlastungsgesetz und das Familienförderungsgesetz bereits zu einer spürbaren Entlastung der Steuerpflichtigen, insbesondere der Familien, geführt hat,
(Wolfgang Riemann, CDU: Was ihnen mit der Ökosteuer wieder aus der Tasche gezogen wird. Ja, ja, ja.)
Ach, Herr Riemann, wissen Sie, warten Sie doch mal ab, wie das Ganze ausgeht. Wenn Sie sich alleine jetzt die Ergebnisse bei der 630-Mark-Job-Änderung ansehen, dann sind die sehr positiv. Also warten wir mal mit der Ökosteuer ab.
Und in dieser dritten Stufe sieht der Entwurf der Bundesregierung eine weitere steuerliche Entlastung der Bürger und der Unternehmen in einer Größenordnung von fast 43 Milliarden DM vor. Für alle Bürger und damit auch für die Eigner von Personenunternehmen wird der Grundfreibetrag erhöht, der Eingangssteuersatz und der Spitzensteuersatz gesenkt.
Und, Herr Nolte, was verstehen Sie da unter Haushaltsneutralität? 43 Milliarden DM haushaltsneutral irgendwie wegzudrücken, das ist schon die Nettosumme. Also, ich
weiß gar nicht, was Sie für Vorstellungen haben, was hier los ist. Gewerbesteuerpflichtige Personenunternehmen bekommen die Gewerbesteuer über die Einkommenssteuer erstattet und Kapitalgesellschaften zahlen nur noch 25 Prozent Körperschaftssteuer.
Es gibt also eine breite und spürbare Entlastung. Wo aber alle Arbeitnehmer, Familien und Unternehmen entlastet werden sollen, muss zwangsläufig einer belastet werden. In diesem Falle sind es die öffentlichen Hände und die durch die Bundesregierung geplante und zum Teil schon umgesetzte Nettoentlastung der Bürgerunternehmen von insgesamt 73 Milliarden DM. Also wir haben etwa 30 Milliarden DM in der ersten Stufe, 43 Milliarden DM in der zweiten und dritten Stufe. Das strapaziert die öffentlichen Haushalte stark. Der Staat geht mit dieser Steuerreform bis an die Grenze seiner Belastbarkeit. Auch uns werden in den kommenden Jahren die fehlenden Steuereinnahmen zu schaffen machen.
Dennoch sind diese Maßnahmen dringend geboten. Die Steuerpolitik der Vorgängerregierung hat sich auf regelmäßige Steuererhöhungen beschränkt. Bei gleichzeitiger Verengung der Bemessungsgrundlage hat uns das in eine Sackgasse geführt, aus der wir nur unter erheblichen Anstrengungen wieder herausfinden. Das Wirtschaftswachstum in Deutschland ist deutlich hinter das anderer Industrieländer zurückgefallen. Stagnationen drohte, Unternehmen hatten schwer an der Steuerlast zu tragen, Investitionen blieben aus. Die Binnennachfrage konnte aufgrund der hohen Steuerlast keine Wachstumsimpulse setzen. Der unbewältigte Reformstau wirkte sich lähmend aus in einer Zeit, in der sich die übrigen Industrienationen im Aufbruch befanden. Globalisierung, Internet und Biotechnologien seien hier exemplarisch genannt.
Also, meine Damen und Herren, es gibt keine Alternative. Wer international konkurrenzfähig bleiben, Wachstum fördern und Arbeitsplätze schaffen will, muss die Steuerschraube lockern. Und wie wirkt es nun in MecklenburgVorpommern? Jede Analyse der Gewinnsituation von Personenunternehmen in unserem Lande zeigt, dass Ertragskraft und Eigenkapitalbasis unterdurchschnittlich sind. Über die Hälfte aller Unternehmen im Lande erzielen Gewinne, die pro Jahr unter 50.000 DM liegen.
Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, einmal die Entwürfe der Bundesregierung und der Opposition zu vergleichen. Auffällig ist zunächst, dass der Antrag der Opposition im Bundestag auf dem Entwurf der Bundesregierung aufbaut. Die wesentlichen Teile der Steuerreform trägt also die Opposition mit, ein gutes Zeichen, denke ich. Richtig interessant wird der Vergleich aber erst, wenn man die Unterschiede dann betrachtet. Den Spitzensteuersatz von 53 Prozent will die Opposition nicht etwa um 8 Prozent senken wie die Bundesregierung, sondern gleich um 18 Prozent.
Ein Ehepaar soll also seine Einkünfte nur noch mit 35 Prozent versteuern müssen, wenn diese über 220.000
DM liegen. Bezahlen sollen diese Wohltat all diejenigen, die wirtschaftlich weniger gut dastehen, denn die CDU will den Grundfreibetrag für Verheiratete um 840 DM reduzieren. Damit müsste eben jedes Ehepaar, das über 30.000 DM liegt, mehr versteuern.
Die Höhe des Spitzensteuersatzes ist aber nicht das Problem der Bürger und der Unternehmen in unserem Land.
Ein Familieneinkommen von über 220.000 DM trifft man hier leider eher selten an, und bei den Unternehmen – das habe ich schon gesagt – liegen mehr als 50 Prozent unter 50.000 DM. Eine weitere Besserstellung dieser Klientel über den Vorschlag der Bundesregierung hinaus ist darum mit uns nicht zu machen.
Zur weiteren Gegenfinanzierung schlägt die Opposition vor, die Kilometerpauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 70 Pfennig auf 50 Pfennig pro Kilometer zu senken. Entfernungen von unter 15 Kilometer sollen dabei überhaupt nicht mehr berücksichtigt werden. Ich frage die Opposition: Liegt das etwa im Interesse der Bürger in unserem Land? Haben Sie eigentlich schon alles vergessen, Herr Rehberg, was Sie hier zum Thema Ökosteuer gesagt haben? Damals lagen Ihnen doch die Pendler in unserem Flächenland noch ganz besonders am Herzen. Wollen Sie nun dieselben Pendler für ihre Mobilität bestrafen, nur um den Steuersatz für Spitzenverdiener senken zu können?
Weiter soll nach dem Willen der Opposition der Werbungskostenpauschalbetrag für alle Arbeitnehmer von 2.000 DM auf 1.500 DM gekürzt werden. Ist das etwa der Beitrag zur Steuervereinfachung? Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wie verträgt sich das mit der Ziffer 1 Ihres Antrages, in der Sie verstärkte Pauschalierungen fordern? Schauen Sie sich doch Ihren Antrag einmal an! Von Steuervereinfachung kann da keine Rede sein.
Durch die Schaffung neuer Rücklagenmodelle etwa erreichen Sie nämlich genau das Gegenteil. Insgesamt zeigen diese Beispiele, wie sich die Opposition eine Umverteilung der Steuerlast vorstellt. Zur Senkung des Spitzensteuersatzes, den nur wenige Unternehmen und Bürger in unserem Land erreichen, sollen alle Übrigen zur Kasse gebeten werden.
Ich unterstütze dagegen nachdrücklich den Entwurf der Bundesregierung zur Steuerreform, auch wenn er für die öffentlichen Hände zu erheblichen Einbußen führt. Wir haben das immer gewollt, eine Steuerreform, die die Konjunktur in Schwung bringt, die uns wettbewerbsfähig macht im EU-Raum und darüber hinaus, und die uns längerfristig auch wieder mehr Steuern in die öffentlichen Kassen bringt.
Eine gleichzeitige Vereinfachung unseres Steuersystems, die ich mir natürlich wünschen würde, bekommt auch die CDU nicht hin. Ich sagte es bereits. Das hat eben auch nicht zuletzt Ihr heutiger Antrag gezeigt. Verwunderlich ist das nicht, denn eine Besteuerung nach Leistungsfähigkeit und Einzelfallgerechtigkeit verhindert immer wieder ein einfaches Steuersystem.