zumal im Übrigen dieser Verkehrsstau, von dem Sie berichtet haben, gar nicht auftreten konnte, denn die Läden durften ja erst ab 11.00 Uhr öffnen.
Und nun noch etwas zu diesen Zeiten, Herr Prachtl. Ich wundere mich, ich wundere mich wirklich, wie Sie diesen Spagat hier hinbekommen. Wir haben diese Bäderregelung – Bäder- und Fremdenverkehrsregelung, wie sie genau heißt, eine Verwaltungsanordnung im Übrigen –, die im Juli 1998 getroffen worden ist. Im Juli 1998! Und nun sprechen Sie von Dialog. Hat es denn damals diesen Dialog der bestehenden Landesregierung mit den Kirchen nicht gegeben? Hat es dort keine Konsensverhandlungen gegeben? Haben Sie damals mahnend den Finger gehoben und gesagt: „Landesregierung von 1998, was macht ihr hier eigentlich? Wie gefährdet ihr den Sonntag?“?
Diese Regelung, wie gesagt, besteht seit Juli 1998. Und nun frage ich Sie, was die Kirchen – ich stelle nur die Frage –, aber auch die Gewerkschaften bewogen hat, nicht gleich zu reagieren – denn diese Regelung besteht seit Juli 1998 und im Vorfeld in modifizierter Form seit 1992 und eine ähnliche Regelung besteht in SchleswigHolstein seit 1962 –, warum diese Fragen nicht vorher aufgeworfen worden sind und warum Sie nicht vorher dieses mahnende Wort erhoben haben, Herr Prachtl. Diese Frage stellt sich mir, wenn Sie hier so ein Plädoyer halten. Die stellt sich mir.
Und nun will ich Ihnen eins sagen: Reden Sie doch mal mit Herrn Born! Der ist doch Rechtsanwalt, nicht?! Gerade bei Verwaltungshandeln besteht eben auch ein Anspruch derjenigen, die von diesem Verwaltungshandeln betroffen sind, wenn das Verwaltungshandeln unrechtmäßig war. Noch haben wir ja keine rechtskräftige Entscheidung, aber wenn das dann festgestellt wird, gibt es auch dort einen Vertrauensanspruch der vielen Händler und der vielen Geschäfte hier in diesem Lande, die in Fremdenverkehrsorten ihre Waren am Sonntag verkaufen, meine Damen und Herren. Und diese Rechtssicherheit oder diese Sicherheit haben sie seit 1992.
Und die wollen Sie plötzlich wieder aufheben und schlagartig beenden? Das ist aber von uns gefordert worden zum Beispiel von einem Abgeordneten der CDUFraktion, meine Damen und Herren. Und deswegen sollten Sie sich in dieser Frage vielleicht erst mal selber einig werden!
Und noch etwas: Sie haben hier dargestellt, durch das Handeln des Schlosspark-Centers sind nun Interessen Hamburger Geschäftsleute, Schleswig-Holsteiner Geschäftsleute betroffen gewesen. Das ist eben auch durch die Werbung und so weiter zustande gekommen. Ja, welche Interessen verfolgen wir denn hier eigentlich? Welche Interessen verfolgen wir denn hier in diesem Landtag? Verfolgen wir nicht die Interessen der Menschen hier in Mecklenburg-Vorpommern, der Geschäftsleute, die hier sind?
(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig, Herr Eggert. Deswegen muss man ja auch mit den Leuten reden. – Zuruf von Gerd Böttger, PDS)
Meine Damen und Herren, wenn es um politischen Gestaltungswillen geht, dann, meine ich, haben wir uns ernsthaft bemüht auch im Interesse der kreisfreien Städte. Und wenn Sie eine andere Information haben, dann müssen Sie nicht nur dieser glauben, die Sie von der Kirche bekommen, sondern dann müssen Sie auch einfach zur Kenntnis nehmen,
was ich Ihnen hier heute sage, dass wir uns ernsthaft bemüht haben, mit den Kirchen einen Kompromiss zu erzielen, und dass wir unsere ganzen Bemühungen darauf ausgerichtet haben, dieses Klageverfahren möglichst von diesem Lande fern zu halten. Das waren unsere Bemühungen und – das können Sie mir wirklich glauben – dazu hat es mehrere Gespräche gegeben.
Nur eins stelle ich an dieser Stelle auch fest, Konsens kann es auch nur geben, wenn beide wirklich diesen Konsenswillen haben. Das ist eine Voraussetzung, um zu einem Konsens zu kommen, meine Damen und Herren. Und wir werden auch weiter das Gespräch nicht ablehnen. Wir werden weiter reden und weiter sprechen.
Aber eins will ich Ihnen auch sagen: Rechtssicherheit, auch das kann Ihnen Herr Born ganz gut erklären, kann
man durch zweierlei herstellen. Man kann es einmal dadurch herstellen, indem man alles zurücknimmt, was seit 1992 bestanden hat, und alles in Frage stellt, selbst das Handeln in eigener politischer Verantwortung. Das kann man alles in Frage stellen. Oder man versucht, die gesetzlichen Grundlagen der Bundesrepublik so zu verändern, dass wir wieder zu einer Rechtssicherheit kommen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Das ist unser Antrag.)
Ihr Antrag auf Drucksache 3/1138 geht deshalb ins Leere, denn die Landesregierung nutzt bereits alle Möglichkeiten, ein modernes und den Anforderungen unseres Landes entsprechendes Ladenschlussgesetz zu erreichen.
Und trotz insgesamt elf Änderungen des Ladenschlussgesetzes seit seinem In-Kraft-Treten im November 1956 sind seine Regelungen nach wie vor, meine ich, bürokratisch und anachronistisch. Auch deshalb hat der Deutsche Bundestag im November 1996 beschlossen, dass drei Jahre nach In-Kraft-Treten der seinerzeit beschlossenen Änderung dem Deutschen Bundestag ein Erfahrungsbericht vorzulegen ist. Dieser Erfahrungsbericht wurde gemeinsam vom Bundesarbeitsministerium und Bundeswirtschaftsministerium dem Bundeskabinett vorgelegt und am 15. Dezember 1999 beschlossen.
Bereits mit der Kabinettssitzung am 7. September 1999 hat sich die Landesregierung darauf verständigt, auf eine Novellierung des Ladenschlussgesetzes hinzuwirken. Unser Ziel ist es, Sonntagsöffnungszeiten, wie sie die Bäderregelung ermöglicht, sollen gesetzlich verankert werden. Zusätzlich hat die Landesregierung im Rahmen ihrer Stellungnahme zu dem Erfahrungsbericht der Bundesregierung bereits eine Änderung des Ladenschlussgesetzes angeregt.
Aus meiner Sicht ist vorrangig beim Paragraphen 10 des Gesetzes, der die Sonntagsöffnungszeiten in touristisch frequentierten Orten regelt, dringend Handlungsbedarf gegeben, insbesondere in Bezug auf das verkaufsfähige Warensortiment. Dieses Ziel verfolgt die Landesregierung aktiv weiter. Derzeit liegt dem Wirtschaftsausschuss des Bundesrates ein Antrag des Landes Berlin zur Änderung des Ladenschlussgesetzes vor, der sich jedoch lediglich auf die Ladenschlusszeiten an Werktagen bezieht. Er geht – wie ich finde – für die Bedürfnisse unseres Landes nicht weit genug. Wir werden daher einen weitergehenden Antrag in die Beratung einbringen, der unseren Zielen gerecht wird und unsere Ziele verwirklicht.
Das heißt, es soll inhaltlich eine Ermächtigungsgrundlage für landesspezifische Regelungen von Sonntagsöffnungszeiten mit einem breiten Warensortiment in touristisch besonders frequentierten Orten geschaffen werden. Ich denke, das ist der richtige Weg. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem ich nach seiner ungewohnt liebevollen Aufforderung sehr demütig Herrn Prachtl bei seinem Vortrag gefolgt bin, hat sich bei mir ein riesiger Widerspruch aufgetan. Was sagen wir denn all den Menschen, die in der Dienstleistungsbranche tätig sind, gerade im viel gepriesenen Tourismus, in den neu errichteten Call-Centern, die immer dann arbeiten müssen, wenn andere Feiertage oder auch die Sonntage genießen können? Was sagen wir ihnen denn im Verhältnis zu dem, was Sie eben gesagt haben? Da tut sich wirklich ein Widerspruch auf, der nicht mehr zeitgemäß ist, Herr Prachtl.
Wir haben es hier mit einem Thema zu tun, das wirklich viele Gemüter bewegt, und zu Recht. Es prallen unterschiedliche Meinungen aufeinander, die verschiedensten Gruppen haben verschiedene Interessen. Fest steht aber, dass die Bäderregelung das Interesse des Landes an optimalen Rahmenbedingungen für den Tourismus maximal ausgelegt hat,
denn mit 146 Orten – nicht 119, Herr Prachtl – sind wirklich fast alle benannt, die sich vom Fremdenverkehr auch nur irgendwie wirtschaftlich Belebung versprechen. Die Auseinandersetzung zeigt aber auch, dass es um grundsätzliche Werte der Gesellschaft geht, zum Beispiel eben die Sonntagsarbeit im Handel, aber auch im Allgemeinen, das Einkaufen als Erlebnis und natürlich auch das Verhältnis von Arbeitszeit und Freizeit. Mit der Sonntagsarbeit und deren Auswirkungen wird sich meine Kollegin Frau Borchardt beschäftigen. Das kann ich mir hier an dieser Stelle sparen.
Der Einzelhandel jedoch bemüht sich schon seit Jahren, dem Einkaufen einen anderen Stellenwert zuzumessen. Dabei soll es nicht nur um den reinen Tauschakt, also Ware gegen Geld, gehen, sondern vielmehr soll sich das Ganze im Bereich der Gefühle abspielen.
Einkaufen soll ein Erlebnis werden, das alle Sinne anspricht. Dazu realisieren Kaufhäuser und auch einzelne Geschäfte gewaltige Investitionen. Viele Einrichtungen wurden umgebaut und diese in diese Richtung modernisiert und die Kunden haben dies auch angenommen. Überprüfen wir uns alle mal selbst. Viele machen das Einkaufen zum Freizeiterlebnis – einmal, um sich in Ruhe umzusehen, Preise und Qualitäten zu vergleichen und dann in Ruhe ihre Kaufentscheidung zu treffen, zum anderen aber auch, weil sich jedermann ein Fest, ein sogenanntes Event, dabei erwartet. Die Besucherzahlen in den Einkaufszentren der großen Städte unseres Landes sprechen eine deutliche Sprache.
Fest steht aber, dass all die Verführungskünste die Käufer scheinbar nicht dahin geführt haben, dass sie insgesamt mehr Geld ausgeben. Die Zuwächse im Jahr 1999 haben nicht eine solche Größe erreicht, dass der Einzelhandel zufrieden gestellt werden konnte. 27 Prozent aller Einzelhändler in Westmecklenburg schätzten im IV. Quartal des Vorjahres ihre Geschäftslage als schlecht ein. Die Erwartungen für das Jahr 2000 sind noch negativer, wenn ich die entsprechenden Veröffentlichungen richtig deute. Das schlägt sich natürlich auch auf die Personalpläne und die Investitionsausgaben nieder, denn 30 Prozent der
Unternehmen wollen Personal abbauen und 65 Prozent müssen oder wollen die Investitionen kürzen. Also könnte man leichtfertig zu der Einschätzung kommen, die Bäderregelung hat insgesamt keine positiven Auswirkungen gebracht, aber dem ist nicht so. Wir haben sehr viele Zuschriften bekommen – und die werden Sie auch erhalten haben –, wo sich viele Einzelhändler aus den touristischen Regionen ganz dezidiert äußern, dass sie ohne die Bäderregelung überhaupt nicht überleben könnten. Ich denke, das ist für uns Anlass zu handeln.
Die Begründung des Verwaltungsgerichtes Schwerin bestätigt die Auffassung, dass es so ist, dass die Bäderregelung auf sehr unsicheren Füßen gestanden hat. Die Regelungen sind auf den Paragraphen 10 zurückzuführen. Die jetzige Formulierung dieses Paragraphen jedoch entspricht in keiner Weise mehr den derzeitigen Gegebenheiten im Jahre 2000. Deshalb sind wir der Meinung, dass es dringend einer Anpassung dieses Gesetzestextes an die realen Bedingungen in diesem Jahr 2000 bedarf.
Dies haben wir bereits am Anfang des vergangenen Jahres in einer Beratung mit der Sozialministerin zum Ausdruck gebracht. Es waren sehr viele Vertreter, auch hier aus diesem Gremium, mit dabei. Wir sahen da wirklich die Notwendigkeit, dass die Bäderregelung auf sichere Füße gestellt werden muss.
Die PDS trat und tritt dafür ein, dass die wochentägliche Schließzeit erhaltenswert ist und eine weitere Öffnung bis 22.00 Uhr eigentlich nicht notwendig erscheint. Bis 20.00 Uhr – diese Ladenöffnungszeit ist ja bereits möglich – sind im Wesentlichen die Einkaufswünsche der Bürger gestillt. Wie Sie alle wissen, haben die Mehrzahl der Geschäfte nicht einmal diese Möglichkeit ausgeschöpft. Gucken Sie sich doch um in den Orten, in denen Sie zu Hause sind!
Es sind nur die Wenigsten, die das in Anwendung bringen. Geregelt werden muss die Öffnung an den Wochenenden, um insbesondere dem Tourismus, vor allem auch dem Tagestourismus, Rechnung zu tragen. Und Sie wissen ganz genau, gerade an den Wochenenden reisen sehr viele Gäste an, und dann stellt man fest, man hat die Zahnbürste, den Bademantel oder was weiß ich vergessen.