Der Kultusminister hat erklärt, alles sei auf dem guten Weg. Doch Finanzpolitiker prüfen die Zahlen. Vergleichen Sie!
(Andreas Bluhm, PDS: Das ist ja nun nicht Ihre Stärke. Das haben wir ja schon ein paarmal er- lebt. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Na, na!)
Herr Professor Kauffold hat gesagt, die Verstetigung unseres Beitrages wird allseits gewürdigt, keine Mehrforderungen sind mehr erkennbar. Herr Professor Kauffold, Sie haben dem Landtag die Unwahrheit gesagt.
Und ich darf zitieren aus der Versammlung der Delegierten des Landesverbandes Nord der Genossenschaft der Deutschen Bühnen-Angehörigen: „Die Delegierten der Versammlung des Landesverbandes Nord der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger ersuchen die Mitglieder des Landtages Mecklenburg-Vorpommern, die Haushaltsmittel für die Theater des Landes innerhalb eines mittelfristigen Zeitraumes aufzustocken.“ Keine Mehrforderungen, Herr Professor Kauffold? Weiter im Zitat: „Dem Prozess der Regionalisierung der Theaterlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern soll damit eine reale Chance gegeben werden. Ein Zeitraum von zwei, drei Monaten, wie im Positionspapier des Ministers für Wissenschaft, Bildung und Kultur vorgesehen, erscheint uns nicht ausreichend, das mögliche Potential einer Beteiligung der Landkreise und kreisfreien Städte an der Finanzierung der Theater im Landesgebiet auszuschöpfen.“
Herr Friese war heute ein beredtes Beispiel dafür. „Gleiches gilt für die Möglichkeiten, die sich aus einer Öffnung des Investitionsförderungsgesetzes des Bundes für Kulturinvestitionen ergeben können. Wir bitten um eine wohlwollende Bescheidung unseres Anliegens, um eine schleichende ‚Brandenburgisierung‘“
Und wenn Herr Professor Kauffold Vorschläge der Opposition anmahnt, so will ich gleich einen machen zur besseren Finanzierung der Theater. Wir haben in der Sitzung heute oder morgen – da muss ich in die Tagesordnung reinsehen – zu beschließen, ob wir TGL und TGS weiterführen wollen. Das haben wir heute zu beschließen. Diese Gesellschaften waren gut für den Beginn unseres Landes, gut für die Umstrukturierung in den Werften und in der Landwirtschaft. Heute haben sie ihre Berechtigung verloren und wir könnten 18 Millionen DM in den kommenden fünf Jahren mehr für die Theater bereitstellen,
wenn wir rechtzeitig die notwendigen Strukturveränderungen im Land angehen, auch im Bereich der Landesregierung.
Vergleiche, meine Damen und Herren, hinken auf besondere Weise, hat der innenpolitische Experte der SPD-Fraktion Herr Müller oftmals angeführt, aber Vergleiche einwohnerbezogen kann man doch erklären und sie stellen die reale Situation dar.
Herr Professor Kauffold, frei nach Churchill haben Sie heute dargestellt: Ich glaube nur der Statistik, die ich selber aufgestellt habe. Ich mache Ihnen auch einen Vorschlag: Erbitten Sie Amtshilfe von Herrn Timm und stellen Sie Polizisten vor die Theater! Keiner geht mehr rein. Dann haben wir die höchsten Zuschüsse einwohnerbezogen weltweit
(Heike Lorenz, PDS: Sie haben es nicht begrif- fen. Einwohner ist nicht gleich Besucher. – Siegfried Friese, SPD: Das war besucher- bezogen, nicht einwohnerbezogen.)
Ja, besucherbezogen. Genau! Stellen Sie die Polizei vor die Theater und lassen Sie keine Besucher rein! Dann haben wir die höchsten Zuschüsse besucherbezogen weltweit
(Dr. Armin Jäger, CDU: Dann können wir uns auf die Schulter klopfen. – Peter Ritter, PDS: Das ist so was von platt!)
Meine Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern stellt für die Theater und Orchester 37,84 DM je Einwohner bereit. 37,84! Thüringen gibt für den gleichen Aufgabenbereich 44,29 DM je Einwohner aus. 44,29!
(Georg Nolte, CDU: Herr Friese, hier merken Sie den Unterschied. – Unruhe bei Siegfried Friese, SPD)
Sachsen hat im Haushalt sogar 59,13 DM je Einwohner vorgesehen. Und das in den Haushalten bei deutlich höherer Investitionsquote und mit geringerer Verschuldung!
Angeführt sind die 70 Millionen DM im FAG. Angeführt ist auch – und ich möchte es trotzdem noch mal wiederholen –, dass Inflation und Lohnsteigerung diese Landeszuschüsse auf etwa 60 Millionen DM kürzen.
Herr Minister Kauffold rechnet mit der Solidarität der kommunalen Familie. Ein Beispiel aus Ostvorpommern: 1998 hatten Kreis und Gemeinden 109,9 Millionen DM Schlüsselzuweisungen, 1999 111,8 Millionen DM und im Jahr 2000 106,5 Millionen DM.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist nämlich die Misere. Das ist die Misere. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
Minus 5,3 Millionen DM innerhalb eines Jahres! Und dann, Herr Professor Kauffold, mögen Sie die Bereitschaft des Kreises und der Kommunen erklären, die Inflationsrate und fehlende Landeszuschüsse auszugleichen! Wie sollen wir das in Vorpommern bitte machen? Das müssen Sie gemeinsam mit dem Innenminister und der Finanzministerin diesem Landtag erklären!
Das, meine Damen und Herren, sind die Zahlen. Und Zahlen lassen sich nicht ändern, sind feste Größen.
(Georg Nolte, CDU: Herr Friese hat ja bewiesen, dass keine Kohle da ist. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
Investitionen an Musikschulen, Theatern und Museen werden in den Haushalten von Thüringen und Sachsen gesondert ausgewiesen und liegen regelmäßig einwohnerbezogen über den vergleichbaren Zahlen von Mecklenburg-Vorpommern. Nun kann uns der Kultusminister Kauffold mit statistischen Tricks erläutern, bei der Kulturförderung wäre alles gut bei uns, und die Finanzministerin Keler klatscht Beifall.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Herbert Helmrich, CDU: Selbst der Bürgermeister Friese zahlt nicht.)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Finanzen beherrscht seit Jahren die Diskussion um die Frage der Theaterstrukturen und auch Orchesterstrukturen. Dass die finanzielle Lage des Landes und der Kommunen nicht die beste ist, wissen wir. Jedoch birgt eine auf Finanzen verengte Sicht die Gefahr, dass zutiefst inhaltliche Fragen um Ansprüche an Theater und Orchester, wie die Fragen, welche Bedürfnisse befriedigt werden, welche Rolle Theater bei der Wertevermittlung oder im Gemeinwesen spielt oder wie die Vielfalt des künstlerischen Angebotes und die regionale Identität erhalten und gefördert werden, unterbelichtet werden.
Im Rahmen der Neuordnung der Theater- und Orchesterstrukturen sind inhaltliche Fragen nicht darauf zu reduzieren, dass der Versorgungsauftrag in den Regionen des Landes zu sichern ist, denn das würde darauf hinauslaufen, dass als künstlerischer Maßstab für zukünftige Strukturen nur eine Forderung steht: Jede Sparte ist einmal in einer Region des Landes vertreten. Dass Theater nicht gleich Theater ist, wissen wir. Und sowohl die inhaltliche als auch die handwerkliche Ausrichtung von Theater und Orchester ist höchst unterschiedlich und vielfältig. Neue Strukturen dürfen diese Vielfalt und Kreativität jedoch nicht ersticken. Sie sind so zu gestalten, dass Freiräume garantiert werden. Sie müssen die Akteure vor Ort stärken, anstatt sie nur aneinander zu ketten.
Maßstab darf auch nicht sein, dass es nur einen Hauptansprechpartner je Region für das Kultusministerium gibt. Dieser rationell und finanziell vielleicht nachvoll