Protokoll der Sitzung vom 13.07.2000

(Wolfgang Riemann, CDU: Er hat aber noch mehr erklärt.)

Jaja, ich komme dazu, Herr Riemann, keine Bange!

(Wolfgang Riemann, CDU: Jaja.)

Weiter fordert Gysi, deshalb die Ökosteuer auszusetzen oder – besser noch – aufzuheben, bis sozialverträgliche Alternativen geschaffen wurden. Und genau das, Herr Riemann, das Schaffen von sozialverträglichen Alternativen, ist der gravierende Unterschied zu Ihrem Ansatz. Sie fordern schlicht, die im Rahmen des Gesetzes zur Fortführung der ökologischen Steuerreform bis zum Jahr 2003 bereits beschlossenen Erhöhungsstufen auszusetzen. Ende der Durchsage.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Etwas für einen bestimmten Zeitraum auszusetzen bedeutet aber, es wieder zu einer bestimmten Zeit einzusetzen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das bedeutet das nicht.)

Und wenn Sie wie auch die Bundesratsinitiative des Landes Baden-Württemberg keine qualitativen Kriterien erheben, heißt das, dass der jetzige Ökosteuerunsinn zu gegebener Zeit wieder durchgeführt wird.

(Beifall Caterina Muth, PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Ach was! – Wolfgang Riemann, CDU: Das kann nur unter Rot-Grün passieren.)

Und das kann doch keiner ernsthaft wollen und daher können Sie auch von uns keine Unterstützung für Ihren Antrag erwarten, weil er einfach viel zu kurz greift.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das war sehr spitzfindig.)

Gefragt sind also Initiativen, Herr Born, die dazu führen, dass die Ökosteuer auch den Namen Ökosteuer rechtfertigt. Und da glaube ich schon, dass Sie ein paar Probleme damit haben.

(Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Deshalb auch unser Antrag, unsere Aufforderung an die Landesregierung, sich für eine Novellierung der gesetzlichen Grundlagen der Ökosteuer einzusetzen.

Und nun können Sie sich natürlich, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU-Fraktion, genüsslich daran ergötzen, dass diese Initiative nicht von der Koalition kommt, sondern von nur zwei Abgeordneten. Sollen Sie Ihre Freude haben, für mich ist das allerdings an dieser Stelle völlig unerheblich.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist keine Freude. Das ist traurig, dass das nur wenige sind. – Harry Glawe, CDU: Die PDS beim Paarlaufen.)

Ich halte es da eher mit einem bekannten Politiker Ihrer Partei, der da meinte, dass wichtig ist, was hinten dabei rauskommt.

(Harry Glawe, CDU: Die PDS beim Paarlaufen.)

Und rauskommen soll und muss nicht die Abschaffung oder Aussetzung der Ökosteuer, sondern ein Programm, das die vorrangige Verwendung der Einnahmen der Ökosteuer zugunsten des ökologischen Umbaus gewährleistet. Bestandteile dieses Programms könnten unter anderem die Besteuerung fossiler Primärenergieträger, die Besteuerung der Erzeugung von Strom in Kernkraftwerken – das wird besonders bei Ihnen große Freude hervorrufen –, die Förderung regenerativer Energien, die Befreiung des ÖPNV von der Ökosteuer, die Abschaffung von Sonderkonditionen für energieintensive Großverbraucher sein.

(Wolfgang Riemann, CDU: Und was machen wir mit den Rentnern?)

Am wichtigsten jedoch, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Ökosteuer darf nicht zu erneuten sozialen Umverteilungen führen. Wer den ökologischen Umbau will, braucht eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung. Deshalb ist jede ökologische Steuerreform, die die sozialen Ungerechtigkeiten vertieft, von vornherein falsch angelegt.

(Beifall Caterina Muth, PDS)

Darum besteht aus unserer Sicht dringender Handlungsbedarf und daher bitte ich Sie um Abstimmung und Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Das Wort zur Begründung des Antrages auf Drucksache 3/1392 hat der Abgeordnete Herr Riemann von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Riemann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicherlich ist es wichtig, wenn wir uns im Parlament dem Thema Ökosteuer näher zuwenden. Aber, meine Damen und Herren, warum kneift die Landesregierung bei diesem Thema? Warum gibt es keinen Redebeitrag der Landesregierung zu diesem Thema? Welche Stellung bezieht die Landesregierung zu diesem für die Bürger von Mecklenburg-Vorpommern wichtigen Thema?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Reinhard Dankert, SPD: Das werden Sie Freitag sehen. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Herr Ritter, auf Ihren Antrag wird der Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion Herr Rehberg noch näher eingehen.

(Birgit Schwebs, PDS: Oh, sehr interessant.)

Ich werde unseren Antrag begründen.

Meine Damen und Herren, wenn die Landesregierung es ernst meint mit der Vertretung der Interessen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, dann muss sie sich bewegen, nicht nur bei der Steuerreform, sondern auch bei der Ökosteuer. Aber nach Transrapid und Airbus, nach dem vorauseilenden Gehorsam des Ministerpräsidenten Ringstorff gegenüber der ungerechten, das Land und den Mittelstand belastenden Steuerreform habe ich Zweifel an einer kraftvollen Interessenvertretung für unser Land und seiner Menschen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Und die PDS stimmt auch noch zu. – Barbara Borchardt, PDS: Na, na, na! – Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Heute, meine Damen und Herren, kam die Meldung zur Inflationsrate: 1,9 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr. Kraftstoff verteuerte sich um 23,9 Prozent, Heizöl um 51,5 Prozent.

(Harry Glawe, CDU: Hört, hört!)

Ja, Herr Ritter, weil du arm bist, musst du frieren. Und das wird auch bei Ihrem Modell der Ökosteuer passieren und das nenne ich unsozial.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Unruhe bei Abgeordneten der PDS – Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig. – Zurufe von Caterina Muth, PDS, und Birgit Schwebs, PDS)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ökosteuer ist weder ökologisch noch ist sie sozial, noch schafft sie, wie versprochen, neue Arbeitsplätze. 600.000 Arbeitsplätze sind seit dem Regierungsantritt von Schröder und Fischer vernichtet worden. 18.100 Arbeitsplätze haben wir dank der Politik der Herren Ringstorff und Holter in Mecklenburg-Vorpommern weniger. Wo sind sie also, die mit der Ökosteuer von SPD und Grünen versprochenen 400.000 Arbeitsplätze?

Seit September 1998 hat sich der Benzinpreis um 48 Pfennig je Liter Eurosuper erhöht. Daran hat mit 14 Pfennigen je Liter die Ökosteuer einen gewichtigen Anteil. Nicht weniger Anteil hat das mangelnde Vertrauen der Finanzwelt in den Euro. Und auch hier trifft die Bundesregierung mit ihrer verfehlten Politik einen maßgeblichen Teil der Schuld an der Euroschwäche.

Rot-Grün kassiert mit der Ökosteuer besonders bei den sozial Schwachen. Die Ökosteuer, meine Damen und Her

ren, von Rot-Grün ist eine reine Abkassiersteuer. Bereits heute wird der Energieverbrauch mit mehr als 100 Milliarden DM belastet, mehr als 85 Milliarden DM fallen auf die Mineralöl- und Kfz-Steuer. Im Jahr 2003 werden aber nur 20 Milliarden DM für die Stabilisierung des Rentenbeitragssatzes ausgegeben. An diesen wenigen Zahlen wird deutlich, dass unter dem Deckmantel der Ökologie der Bundeshaushalt saniert werden soll.

Für einen durchschnittlich Versicherten und seinen Arbeitgeber bedeutet die Absenkung der Rentenversicherung eine Entlastung von 300 DM im Jahr oder 25 DM im Monat. Also, der Arbeitnehmer hat 12,50 DM im Monat mehr in der Tasche. Fährt er durchschnittlich jährlich 15.000 Kilometer, zahlt er durch Ökosteuer und E u r oschwäche monatlich 54 DM mehr. Der Anteil der Ökosteuer daran beträgt nach der zweiten Stufe rund 15 DM im Monat.

(Caterina Muth, PDS: Und der Rest?)

Und der Rest?

(Caterina Muth, PDS: Na?)

Er spart 12 DM,

(Caterina Muth, PDS: Und wo kommt der Rest der Steigerung her?)

und 15 DM muss er im Monat durch die Ökosteuer mehr bezahlen. Also das zeigt doch deutlich, dass hier abkassiert wird.

(Beifall Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig, abkas- siert wird! – Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Kerstin Kassner, PDS)

Pendler, Rentner, Studenten und sozial Schwache, die nicht von der Stabilisierung der Rentenbeiträge profitieren, sind besonders betroffen. Hier erwarten die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes vom Ministerpräsidenten zu Recht ein kraftvolles Wort.

(Harry Glawe, CDU: Ja.)

Herr Ringstorff, stoppen Sie das Abkassiermodell Ökosteuer!