unter dem Aspekt, dass ein strenges Kriterium wirklich hoheitlicher Aufgaben, wie zum Beispiel in der Polizei oder im Justizvollzug, vorzusehen ist.
Unter diesem Aspekt sehen wir eine Verbeamtung der Lehrerinnen und Lehrer in diesem Land nicht als nötig an, im Übrigen, Frau Schnoor, wie Ihre Kollegen in Sachsen ja auch nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Angelika Gramkow, PDS: Richtig.)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Ersten, möchte ich sagen, freue ich mich über das hohe Problembewusstsein in diesem Haus, was die Schule und die Lehrer betrifft. Zum Zweiten möchte ich dazu sagen, dass ich mich auch freue, dass die Debatte doch recht sachlich geführt wird. Ideologien habe ich hier nirgendwo verspürt, wenn auch unterschiedliche Standpunkte.
Ich habe die Hoffnung, wenn die Debatte auch in Zukunft so sachlich geführt wird, dass alle Seiten etwas daraus gewinnen können, auch der Bildungsminister.
Ich möchte mich zum Lehrerpersonalkonzept nicht noch einmal äußern, dazu habe ich bei der Einbringung des Antrages der CDU grundsätzlich und ausführlich Stellung genommen. Ich möchte nur noch mal unterstreichen, was Herr Bluhm sagte. Das Lehrerpersonalkonzept ist sicher ein Kompromiss, es ist nicht nur ein Vertrag, es ist auch ein Kompromiss, und es hat unter anderem den Vorteil, dass zu Personalfragen die Parteien, die wirklich was dazu zu sagen haben, ständig am Tisch sind und dieses Konzept begleiten. Und es wird ständig angepasst und weiterentwickelt, soweit das Konzept das hergibt. Wir haben nichts Besseres. Das ist das Erste, was ich sagen wollte.
Zum Zweiten – das betrifft die Zugänge und Abgänge im gesamten Personalbestand – möchte ich zu Ihnen Folgendes sagen, Frau Schnoor: Sie hatten die Formulierung „das Bildungsministerium musste eingestehen“ benutzt. Ich möchte Ihnen hier sagen, das Bildungsministerium macht eine ganz transparente Politik
und muss nicht eingestehen, sondern teilt Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, mit, was Sie zu Ihrer Arbeit brauchen, und da wird nichts unter den Teppich gekehrt und nichts unter der Decke gehalten.
Aber ich muss das noch präzisieren. Es sind im Bereich durch entsprechende Meldungen der Schulämter vom 01.01.2000 bis 30.09.2000 durch eigene Kündigung 6 7 Lehrkräfte ausgeschieden. Aber man muss das jetzt noch präzisieren: 40 in Fächern, in denen ohnehin kein Mangel besteht – da sind wir also relativ gut dran – und 27 in Fächern, wo Mangel besteht. Das ist sehr ungünstig. Ich möchte das noch weiter untersetzen. Die Mehrzahl der Betreffenden ist im Alter von bis zu 37 Jahren und das ist natürlich für uns besonders schmerzlich. Es muss an dieser Stelle auch gesagt werden, dass wir bis zum 17.10.2000 im Rahmen des Einstellungskorridors 70 Lehrer eingestellt haben. Das ist natürlich nicht sehr tröstlich. Immerhin ist der Abgang ausgeglichen, entspricht aber nicht dem, was wir wollen.
Ich selber habe auch mit einer Reihe von jungen Lehrern und Referendaren gesprochen und möchte doch noch darauf abheben, dass natürlich die Vergütung eine erhebliche Rolle spielt. Es haben mir die jungen Leute nicht gesagt, dass es ihnen hier nicht gefällt. Das sagten sie nicht, sondern sie sagten, wie sieht es nun aus, wann können wir denn mal damit rechnen, dass in Mecklenburg-Vorpommern hinsichtlich der Vergütung Wettbewerbsbedingungen sind wie in den anderen Bundesländern. Dieses Problembewusstsein müssen wir auch haben. Bei der Nachfrage auf dem Stellenmarkt bei Lehrern sind wir in einer hoffnungslosen Wettbewerbssituation, wenn wir nicht die gleichen Bedingungen bieten können in der absoluten Höhe der Vergütung. Das ist so. Damit müssen wir leben, solange das so ist.
Im Bereich der Grundschulen, das möchte ich Ihnen noch sagen, haben wir keinen Personalmangel. Das wissen Sie ja. Aber was die Perspektive anbelangt für die Lehrer, so werden wir im Schuljahr 2001/2002 77 Prozent Beschäftigung im Grundschullehrerbereich haben. Das
steigt dann kontinuierlich an und im Jahr 2007/2008 werden wir nach den Modellrechnungen, die wir haben, 9 9 Prozent Vollbeschäftigung für die jeweiligen Lehrer haben. Ein Lehrermangel wird im Jahre 2008/2009 im Grundschulbereich eintreten.
Im Bereich ab Sekundarstufe I sind die Relationen sehr unterschiedlich. Wir haben Überhänge in einigen Fächern, zum Beispiel in Chemie, in Biologie und auch in Geschichte, und einen Mangel in einigen Fächern. Da wird es darauf ankommen, so weit wir irgend können und so weit das möglich ist, attraktive Weiterbildungsangebote zu machen. Wir werden aber auch in anderen Fächern Mangel haben.
Ein weiterer Gesichtspunkt, auf den ich hinweisen möchte, ist die Schulentwicklungsplanung. Dazu darf ich ein paar Zahlen aus dem Jahre 1999/2000 über die Klassengrößen nennen: In der Grundschule liegt die mittlere Klassengröße bei 19,3 Schülern im Land. Im Hauptschulbereich liegt die mittlere Klassengröße bei 16,1 Schülern. Bei Schularten mit mehreren Bildungsgängen bei 21,3 Schülern, in der Realschule 21,6 und im Gymnasium bei 24,6. Das ist die Situation.
Wir wissen alle, dass wir im Bundesdurchschnitt nicht so große Klassen haben, sondern wir haben kleine Klassen. Ich bin mir sehr sicher, dass wir bei Umsetzung der Schulentwicklungsplanung an den mehrzügigen Schulen auch kleinere Klassen haben werden und dass wir unsere Personalprobleme noch mehr verschärfen, insbesondere bei der Absicherung des Fachunterrichtes, wenn wir viele einzügige Schulen bekommen. Wir haben auf eine Klassengröße von 22 orientiert im Bereich von einzügigen Schulen auf dem Lande, damit wir noch eine Fach-Leistungs-Differenzierung durchführen können, und dann haben wir recht kleine Lerngruppen. Ich glaube nicht, dass im Ergebnis der Schulentwicklungsplanung tatsächlich so große Klassen entstehen, wie das Frau Schnoor befürchtet. Aber warten wir mal ab, wir werden ja sehen, was bei der Planung herauskommt.
Ich möchte aber auch deutlich sagen – ich hoffe das auch durch diese Zahlen unterstrichen zu haben –, dass wir hier genau den Finger am Puls haben und dass wir mit einer Reihe von objektiven Problemen zu tun haben, die wir eben unter bestimmten Bedingungen kaum lösen können und bei denen wir improvisieren müssen. – Danke schön.
Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 3/1532, den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1296 abzulehnen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf Drucksache 3/1532 mit den Stimmen der SPD und PDS, bei einer Stimmenthaltung bei der PDS und einer Zustimmung bei der CDU, ansonsten Gegenstimmen der CDU angenommen.
Tut mir leid, es wird nicht nach Block abgestimmt, sondern immer nach Fraktionsmitgliedschaft, und es ist so gewesen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Stärkung der Frühförderung in Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 3/1526. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1551 vor.
Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Stärkung der Frühförderung in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/1526 –
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Rißmann von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Rißmann.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt in Mecklenburg-Vorpommern zwei Sozialpädiatrische Zentren, das Zentrum in Greifswald und das Kinderzentrum in Schwerin. In diesen Zentren erfolgen die Diagnosestellung, die Aufstellung eines Behandlungsplanes sowie in Sonderfällen auch die Behandlung selbst. Die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie definiert den Bedarf mit etwa einem Zentrum pro einer Million Einwohner. Diese Empfehlung erfüllt unser Land mit den vorhandenen zwei Zentren.
Die Frage ist, warum sich in unserem Antrag die Forderung nach einem weiteren Zentrum findet. Wir haben es aufgrund der Fläche in Mecklenburg-Vorpommern nicht als ausreichend angesehen, diese beiden Zentren zu haben. Meine Auffassung, unsere Auffassung ist mir auch immer wieder bestätigt worden in Gesprächen mit Ärzten. Die Flächenproblematik unseres Landes macht es schwierig, mit kleinen, mit behinderten, mit problembehafteten Kindern größere Entfernungen zurückzulegen. Aus diesem Grunde haben wir diesen Antrag heute auf der Tagesordnung.
Es ist richtig, dass auch eine Ambulanz an einer UniKinderklinik wie in Rostock, die eigentlich das Klientel eines Sozialpädiatrischen Zentrums betreut, in derselben Richtung wirksam ist, so dass für diese Region nicht ein solch vordringlicher Bedarf zu sehen ist. Aber in der Fläche insgesamt muss das so gesehen werden, dass hier doch ein weiterer Bedarf besteht.
Die Sozialpädiatrischen Zentren dienen gerade auch der interdisziplinären ambulanten Versorgung von Kindern und haben eine wichtige Steuerungsfunktion. Diagnostik und Therapie umfassen neben der kinderärztlichen Leistung auch eine Reihe nichtärztlicher Angebote, insbesondere solche auf den Gebieten der Psychologie, Ergotherapie, Logopädie, Musik-, Spieltherapie, auch Familientherapie.
Voraussetzung jeder Therapie an einem Sozialpädiatrischen Zentrum ist zunächst einmal die umfassende Diagnostik. Am Anfang stehen immer das ausführliche Gespräch mit den Eltern über die Vorgeschichte und die gründliche ärztliche Untersuchung des Kindes. Daran, in
Abhängigkeit vom Vorstellungsgrund und weiteren Untersuchungen, würden sich die angeführten Fachrichtungen anschließen. Die Einbeziehung von Informationen aus anderen Einrichtungen hilft, ein umfassendes, ganzheitliches Bild des Kindes zu erhalten. Nach Abschluss der Diagnostik wird im anschließenden Teamgespräch auf Grundlage der Ergebnisse ein Behandlungsvorschlag erarbeitet, der die Bedürfnisse des Kindes, der Eltern, die sozialen, die lokalen Gegebenheiten berücksichtigt. Es wird versucht, Therapieberatung, pädagogische Hilfen möglichst in Wohnortnähe zu vermitteln. Auf Wunsch können natürlich auch verschiedene Therapiemöglichkeiten im Sozialpädiatrischen Zentrum in Anspruch genommen werden. Das ist in Rostock zum Beispiel in dieser Breite und in dieser Kombination nicht der Fall, aber die Nähe zu den Behandlungsmöglichkeiten in Rostock lässt eine solche Vermittlung zu.
Die ambulante Frühförderung, meine Damen und Herren, für Kinder und Jugendliche ist ein wichtiger Aspekt, um spätere Schäden im Wesentlichen zu begrenzen, zu minimieren oder vielleicht sogar zu verhindern. Aus meiner früheren beruflichen Erfahrung sowie aus Gesprächen mit Kollegen muss neben dem Anliegen einer individualmedizinischen Arbeit ein Denken durchgesetzt werden, das psychosoziale Anliegen von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zu lösen, das auch in einem größeren Zusammenhang zu sehen ist.
Für mich besteht kein Zweifel, dass die Fürsorge um Kinder mit hohem Risiko noch wesentlich aktueller werden wird, als wir uns das bislang vorstellen. Vernachlässigte Kinder, Kinder und Jugendliche nach Misshandlungen, Kinder und Jugendliche auf der Straße ohne ein Dach über dem Kopf – übrigens ein Thema, das wir gestern auch schon angerissen, aber nicht auf Kinder fokussiert haben –, benachteiligte Kinder von Familien anderer nationaler Herkunft, Kinder und Jugendliche ohne Impfschutz, ehemals extrem untergewichtige Frühgeborene, Kinder mit Langzeitpflege und Beatmung, Kinder psychisch kranker Mütter, Kinder nach Schädel-Hirn- oder Wirbelsäulentraumen, Kinder mit schweren bleibenden Schädigungen und schließlich Kinder und Jugendliche mit Depressionen – ich könnte die Aufzählung noch fortsetzen – müssen in der Gesamtheit gesehen werden.
Die so in ihrer Entwicklung gefährdeten Kinder und Jugendlichen warten auf ein vernetztes Konzept von Hilfen, koordiniert durch Kinder- und Jugendärzte. Durch Krankheit oder Behinderung bedrohte Kinder und ebenso gefährdete Jugendliche profitieren umso mehr davon, wenn sie im Mittelpunkt eines zusammenfassenden, eines interdisziplinären Kreises effektiver Hilfen stehen. Das heißt, es muss gelingen, mehr Multiprofessionalität und Interdisziplinarität zu praktizieren. Wer also Krankheiten nicht isoliert und damit nicht nur organbezogen betrachten will, der muss wissen, dass hier ein hoher Einsatz an Fachwissen notwendig ist, um solche komplexen Diagnose-, Therapie- und Rehabilitationsaufträge tatsächlich erfüllen zu können.
Wer zu solchen Kooperationen nicht bereit ist, wird in Zukunft für unsere Kinder und Jugendlichen weder vorbeugend noch heilend gestaltend wirksam werden können.
Ich sage an dieser Stelle bewusst, das Kind ist nicht ein kleiner Erwachsener. Es braucht besondere Konzepte, um Spätfolgen verhindern zu können, die durch eine Behinderung gebahnt werden.