Wir haben zu vermerken in unserem Land, in unserer Gesellschaft, in unserer Entwicklung, dass die Gesellschaft älter wird. Dieses Älterwerden bedeutet auch eine Zunahme an Pflege, unbestritten, aber eine Zunahme an Pflege bitte nicht aus dem Grund, weil in der Kindes- und Jugendzeit Sünden begangen worden sind, Unterlassungssünden. Wir wollen auch, dass Kinder mit Beeinträchtigungen so gut, wie es ihnen möglich ist und wie sie es können und vermögen, ein selbständiges Leben führen, solange es nur irgend geht.
Und das ist möglich. Sehr, sehr viele Einrichtungen beweisen es heutzutage, nicht nur die von Herrn Glawe angesagte Einrichtung in Rostock. Wir haben Einrichtungen in Neubrandenburg, Schwerin, Neukloster und, und, und. Setzen wir uns also in der Art und Weise für die Erweiterung der Sozialpädiatrie in unserem Land ein, denn wir brauchen multifunktionale Systeme, die natürlich, wie sie es auch jetzt tun, in ihrer Art und Weise Grundlagen schaffen für alle weiteren Einrichtungen.
Wir müssen uns darüber klar werden, dass Menschen, die Hilfe bedürfen, erstens diese Hilfe auch bekommen müssen und nicht unter irgendwelchen Finanzzwang gelegt werden dürfen, denn nicht zur rechten Zeit angebrachte Hilfe bringt Kosten später.
Zweitens ist es ganz einfach ein Ausdruck der Menschenwürde der Kinder und für die anderen Betroffenen, nämlich der Eltern, dass sie so Partner finden können, wie sie es auch brauchen, und diese Partner auch in der Lage sind, sich zu vernetzen, so wie die, die jetzt schon da sind, es auch tun.
Drittens habe ich schon mal anklingen lassen: Reha kommt vor Pflege, meine Damen und Herren. Und demzufolge müssen wir anfangen mit ordentlicher Sozialpä
Viertens und letztendlich – das habe ich auch schon angesprochen – Pflege immer erst dann bitte, wenn sie wirklich nötig ist. Solange Eigenständigkeit, solange Selbständigkeit vorhanden ist, sollte diese auch unterstützt und gefördert werden von Anfang bis Ende.
Meine Damen und Herren, die bisher existierenden Zentren der Sozialpädiatrie leisten eine hervorragende Arbeit und legen Grundlagen für viele, die im Nachhinein oder die ganze Zeit begleitend Kinder und Jugendliche fördern, beschulen, bilden. Geben wir das Zeichen vom Landtag aus, dass dieses Netz enger gestrickt wird, damit Unwägbarkeiten ausgeschlossen werden können. Und Unwägbarkeiten sind für meine Begriffe immer, wenn in solchen Fällen Hilfe erst nach Wartezeiten angediehen lassen werden kann. Eltern von Kindern mit Einschränkungen, egal welcher Art, sind betroffen wie die Kinder selbst. Sie stehen selbst vor unlösbaren Problemen und brauchen sensible Beratung, sensible Führung und vor allen Dingen das Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten, um die Lebenssituation einem Ziel näher zu bringen, nämlich dem Ziel der Selbständigkeit. Dafür wollen wir hier sein.
Meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie unseren Antrag richtig gelesen hätten, hätten Sie gesehen, dass die Vernetzung da schon sehr wohl drin ist. Und wenn Herr Glawe weiß, wie gut Rostock arbeitet, weiß er auch, dass sie mit dem Sozialpädiatrischen Zentrum sehr wohl zusammenarbeiten. Das ist natürlich Grundlage. Und dieser Einschub „zum Zwecke“ – wozu denn sonst, wenn nicht zum Zwecke! Zwecklose Dinge sollten wir hier eigentlich nicht tun, auch nicht zu dieser frühen Stunde. Ich bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen. – Danke.
Liebe Frau Kollegin Müller, zwar sind wir heute früher dran mit unserem Tagesordnungspunkt, aber bedauerlicherweise hält sich das Interesse unserer Kollegen offensichtlich wieder sehr in Grenzen.
Und ich muss dazu sagen, ich empfinde es zunehmend als eine schlimme Entwicklung, wenn hier jemand zum Thema redet, so wie Herr Glawe, und anschließend den Raum verlässt und sich nicht mal mehr mit anhört, was die anderen Kollegen dazu zu sagen haben.
(Torsten Koplin, PDS: Das zeigt die Haltung zum Thema. – Heike Lorenz, PDS: Das interessiert ihn nicht.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei der Kinder- und Jugendmedizin geht es um die Sicherung der gesellschaftlichen Zukunft. Das Klischee, wer jung ist, strotzt vor Gesundheit, entspricht leider nicht der Realität. Und wer heute morgen die Medien verfolgt hat, der wird sicherlich mitbekommen haben, dass wir gerade im
Moment große Probleme haben mit der Zahngesundheit unserer Kinder, obwohl das in den letzten Jahren offensichtlich schon wieder etwas besser geworden ist. Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden zunehmend unter körperlichen und seelischen Gebrechen. Die neuen Kinderkrankheiten heißen nicht mehr Mumps, Masern oder Windpocken, sondern Depressionen, Übergewicht, Asthma und Rückenschmerzen, also chronische Beschwerden, denen man bisher vorwiegend bei Erwachsenen begegnet ist. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle. Jedes sechste Schulkind ist übergewichtig, jedes zehnte leidet unter Asthma oder anderen allergischen Krankheiten, jeder fünfte Junge hat Probleme mit der Wirbelsäule und jeder zehnte, der gerade volljährig geworden ist, ist schwerhörig.
So straff und effizient die Vorsorge für Kinder vom Babyalter bis kurz vor Schuleintritt auch organisiert sein mag, danach klafft eine Lücke von sieben Jahren. Erst wenn die Kinder 13 und 14 Jahre alt sind, können sie die J 1 in Anspruch nehmen, eine Vorsorgeuntersuchung für Jugendliche. Aber gerade diese sieben Jahre sind wichtig, um Suchtproblemen oder Verhaltensauffälligkeiten entgegenzuwirken, Ernährungs- und Haltungsschäden zu korrigieren. Die Quittung dafür wird oft erst im Erwachsenenalter ausgestellt.
Nach Expertenmeinung müsste man deshalb Präventionsmodelle über 20 oder 30 Jahre hinweg anlegen. Wir müssen langfristig weg von der reinen Früherkennung von Krankheiten hin zu einer kontinuierlichen Aufklärung und Beratung, meine Damen und Herren.
Die Probleme von Kindern und Jugendlichen in den vor uns liegenden Jahren sind offenbar. Wenn in Deutschland bei 10 bis 20 Prozent aller Kinder und Jugendlichen im Alter unter 18 Jahren chronische Erkrankungen und Behinderungen vorhanden sind und 5 bis 6 Prozent dieser Kinder einer ständigen Versorgung, 0,1 Prozent der Betroffenen einer Rund-um-die-Uhr-Versorgung bedürfen, dann wird offenkundig, dass auch Sozialpädiatrische Zentren zur Erfüllung eines so komplexen diagnostischen, therapeutischen und rehabilitativen Auftrages in Deutschland in ausreichender Zahl verfügbar sein müssen.
Mecklenburg-Vorpommern hat, wie Herr Dr. Rißmann schon ausgeführt hat, zwei dieser Zentren. Dies ist aber für ein Flächenland nicht ausreichend. In MecklenburgVorpommern ist es meines Erachtens für Eltern mit kleinen und schwer kranken oder behinderten Kindern aus bestimmten Regionen einfach nicht tragbar, die beiden vorhandenen Sozialpädiatrischen Zentren zu erreichen. Zudem sind die vorhandenen Sozialpädiatrischen Zentren gut ausgelastet. Das beweisen die Wartezeiten zwischen drei Wochen und drei Monaten. Ein weiteres Zentrum ist nach Ansicht von Experten sowie der Koalitionsfraktionen aus den genannten Gründen notwendig.
Meine Damen und Herren, das durch das SGB V beschriebene Aufgabenfeld der Sozialpädiatrischen Zentren erfordert, dass diese als interdisziplinäre Einrichtung eine Vielzahl von Fachkräften mit Spezialkenntnissen vorhalten. Wie in kaum anderen Strukturen des Gesundheitssystems kommen gerade in Sozialpädiatrischen Zentren unterschiedlichste Berufsgruppen zusammen, um die spezifischen Bedürfnisse eines Kindes oder eines Jugendlichen im Hinblick auf Diagnostik, Therapie und
Rehabilitation tatsächlich erfüllen zu können. In den letzten zehn Jahren hat sich dabei ein Wandel im Bewusstsein von Kinderärztinnen und Kinderärzten eingestellt. Man erkennt zunehmend, dass insbesondere bei vorhandener Entwicklungsstörung, chronischer Krankheit oder Behinderung Kinder und Jugendliche nicht segmental und damit sektoriell betrachtet werden dürfen. Bei den besonderen Problemen bedürfen sie eines multiprofessionellen Arbeitskonzepts.
Die bisherige Erfahrung bei der Behandlung von chronisch kranken und behinderten Kindern sowie Jugendlichen und ihren Familien hat deutlich machen können, dass zunächst sehr differenziert das spezifische Störungsbild oder die spezifische Behinderung definiert werden müssen. Daran muss sich ein Konzept anschließen, welches die in jedem einzelnen Kind und Jugendlichen vorhandenen Ressourcen für den Aufbau von neuen Fähigkeiten nutzen muss. Das heißt, nicht ein Konzept für alle Kinder, sondern zugeschnitten auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes.
Meine Damen und Herren, in Sozialpädiatrischen Zentren werden heute interdisziplinäre und multiprofessionelle diagnostische und therapeutische Konzepte realisiert. An vielen Stellen werden in den Sozialpädiatrischen Zentren geglückte Versuche unternommen, im Teamgedanken die tatsächlich vorhandenen Probleme, Entwicklungsprobleme, Probleme durch Behinderung bei Kindern und Jugendlichen und ihren Familien zu lindern und zu lösen. Vor allem wird das Profil der abgelaufenen Entwicklung analysiert, also Stärken und Schwächen. In diesen Zentren wird die Tatsache berücksichtigt, dass Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen durch zusätzliche soziale Probleme, Probleme in der Familie und Ehe ihrer Eltern einen weit schwierigeren Lebensweg vor sich haben als alle anderen Kinder und Jugendlichen ohne diese Probleme.
Sozialpädiatrie als Querschnittsfach in der modernen Kinderheilkunde und Jugendmedizin unserer Zeit prägt unter Einschluss sozialmedizinischer Aspekte zur Lebenswelt dieser Kinder die Arbeit in bürgernah orientierten Sozialpädiatrischen Zentren. Nicht vergessen darf man daher, dass hier auch die Eltern Fragen haben und somit die Hilfestellung sich auch auf die Eltern ausweiten muss. Und nicht vergessen darf man auch die enge Zusammenarbeit mit unseren Schulen. Die Bereitschaft des Bildungsministeriums wurde meines Erachtens hierzu schon häufig genug signalisiert.
Meine Damen und Herren, die sozialpädiatrische Sichtund Vorgehensweise ist auf das Kind als Gesamtpersönlichkeit ausgerichtet und muss deshalb auch sein soziales Umfeld wie die Familie und den Kindergarten oder – wie ich eben schon gesagt habe – die Schule mit einbeziehen. In einigen Bundesländern verfügen die Sozialpädiatrischen Zentren über die Möglichkeit, Kinder zusammen mit ihren Eltern für einige Tage unterzubringen. Dies ist in Mecklenburg-Vorpommern bisher nicht möglich. Meines Erachtens sollte diese Möglichkeit der Verbesserung der sozialpädiatrischen Versorgung zukünftig auch mit in Erwägung gezogen werden.
Meine Damen und Herren, aufgrund der regionalen Verteilung der Sozialpädiatrischen Zentren im Land bietet sich als dritter Standort nach Auffassung der befragten Experten Neubrandenburg an. Die Bereitschaft seitens des hierfür fachlich qualifizierten Chefarztes der Kinderklinik ist gegeben. Natürlich muss die Zulassung eines sol
chen Zentrums gemäß Paragraph 119 Absatz 1 SGB V durch den Zulassungsausschuss nach Paragraph 96 SGB V erfolgen. Unser Antrag zur Stärkung der Frühförderung in Mecklenburg-Vorpommern kann dazu einen positiven Anstoß geben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, Ihr Änderungsantrag bringt substantiell nichts Neues. Herr Dr. Rißmann hatte bereits gesagt, dass der Maßstab folgendermaßen ist: ein Sozialpädiatrisches Zentrum zu einer Million Einwohner. Das heißt, wir würden hier zusätzlich mit unserem Antrag noch etwas einrichten. Offensichtlich verstehen Sie überhaupt nicht, welche Aufgaben die Sozialpädiatrischen Zentren haben. Diese koordinieren und sind dafür verantwortlich, dass der Weg begleitet wird, alle Möglichkeiten für die spezifischen Bedürfnisse der Kinder zu suchen und zu ebnen. Die konkrete Behandlung erfolgt dann selbstverständlich vor Ort. Ich habe den Eindruck, Ihr Änderungsantrag ist ein Versuch, auch zu diesem Thema etwas zu sagen, aber offensichtlich, ohne sich in der Sache kundig getan zu haben.
Und ich denke, allein die wiederholten Äußerungen von Herrn Glawe, statt von Sozialpädiatrischen Zentren von Sozialpädagogischen Zentren zu sprechen, und das nicht einmal als Versprecher, sondern wiederholt, machen deutlich, dass offensichtlich Ihre Fraktion sich mit dem Thema wirklich überhaupt nicht auseinander gesetzt hat.
Ich empfehle deshalb, den Änderungsantrag der CDUFraktion abzulehnen und den Antrag der Koalitionsfraktionen, so, wie er vorliegt, anzunehmen. – Danke.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1551 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1551 mit den Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion gegen die Stimmen der CDU-Fraktion abgelehnt.
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/1526 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/1526 mit den Stimmen der SPD und PDS gegen die Stimmen der CDU bei fünf Stimmenthaltungen bei der CDU angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Maßnahmen gegen die Belastung der Verkehrsinfrastruktur durch Streichung von Interregio- und IC-Strecken in Mecklenburg-Vorpommern und die Folgen der Ökosteuer, Drucksache 3/1513. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1552 vor und ein weiterer Änderungsantrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 3/1553 zum Änderungsantrag der Fraktion der CDU und zum Antrag der Fraktion der CDU auf den genannten Drucksachen.
Antrag der Fraktion der CDU: Maßnahmen gegen die Belastung der Verkehrsinfrastruktur durch Streichung von Interregio- und IC-Strecken in Mecklenburg-Vorpommern und die Folgen der Ökosteuer – Drucksache 3/1513 –