Protokoll der Sitzung vom 07.03.2001

Eine zweite Bemerkung: Nennen wir bitte Ross und Reiter beim Namen. Das Feiertagsgesetz, so hob Herr Jelen in der damaligen Debatte hervor, sollte die Feiertage vor unangemessenem Treiben bewahren. Ich glaube, es ist angebracht, dass wir mit derartigen Drohgebärden heute aufhören. Im Dezember ‘94 erfolgte per Landesgesetz die Umwandlung des Buß- und Bettages von einem

gesetzlichen zu einem kirchlichen Feiertag – übrigens, und daran möchte ich Sie gerne erinnern, gegen die Stimmen nicht der CDU, sondern der PDS-Fraktion. Für Herrn Caffier waren damals die Grenzen der Zumutbarkeit erreicht und er warnte davor – zu Recht, wie ich meine –, das Feiertagsrecht zu einer beliebig verfügbaren Masse zu erklären. Und Sie, verehrter Kollege Markhoff – leider ist er jetzt auch nicht anwesend –, kündigten eine schnellstmögliche Überarbeitung des Feiertagsgesetzes an, um den Forderungen der Kirchen Rechnung zu tragen.

Davon, meine Damen und Herren, ist im vorliegenden Gesetzentwurf der CDU kein Wort, ja nicht mal eine Silbe nachlesbar. Dieses Anliegen haben Sie mit Ihrem Änderungsantrag völlig über Bord geworfen. Sie zielen heute vorgeblich auf eine Entlastung der Wirtschaftsbetriebe, auf die Schaffung zusätzlicher Geschäftstage im November. Das mag löblich sein. Ihr Gesetzentwurf verschweigt allerdings, wer eine Verschärfung des Rechtszustandes herbeigeführt hat, und vor allem, warum er dies tat. Die Antwort hierauf, und das ist eben schon zitiert worden, gab der Erlass des damaligen Innenministers Geil. Hiernach waren Ausnahmevorschriften eng auszulegen und Ausnahmen für Tanzveranstaltungen, Volks- und ähnliche Feste – auch wenn sie besonders traditionsreich sind – am Totensonntag und am Volkstrauertag nicht zugelassen. Begründet, und da möchte ich Ihrem Erinnerungsvermögen gleichfalls auf die Sprünge helfen, wurde diese Verschärfung folgendermaßen: Der von Arbeit ausgehende Konkurrenzdruck sollte weitgehend ausgeschlossen werden, die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen aus reinen Rentabilitätsgründen war nicht zulässig und der äußere Schutz der Sonn- und Feiertage würde Vorrang vor materiellen Interessen haben. Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, vergleicht man Ihren jetzt vorliegenden Gesetzentwurf zur Lockerung mit Ihren Begründungen zur Verschärfung, dann kann einem schon der Atem stocken. Angesichts einer derartigen Prinzipienbeliebigkeit wären Ihrem heutigen Entwurf bei Abstimmung die eigenen Stimmen, denke ich, damit alles andere als sicher.

Eine dritte und letzte Anmerkung: Meine Fraktion befürwortet die Öffnung beziehungsweise die Liberalisierung der feiertagsrechtlichen Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern, aber nicht primär oder gar vordergründig aus wirtschaftlichen und materiellen Interessen. Die PDS betrachtet diese Gesetzesausgestaltung einschließlich dafür nötiger Regelungen von Fest- und Feiertagen als Kulturpolitik par excellence, denn Feste und Feiertage zu veranstalten macht es nicht nur möglich, Identität zu stiften und darzustellen, sondern erlaubt es auch, Demokratie zu befördern, ohne hierbei freiwillig einen Automatismus zu konstruieren. Und auch das bleibt festzustellen: Wer Feiertage veranstaltet, der feiert ja selbst, der delegiert seine Mitwirkung nicht an Zwischeninstanzen, sondern macht persönlich mit und kann auf die Inhalte, Abläufe und Ziele direkt Einfluss nehmen. Und hier sollten künftige Regelungen dem Bürger mit weitaus mehr Vertrauen begegnen.

Wer Feiertagsgestaltung als Bestandteil übergeordneter Kulturpolitik begreift, der muss sich nicht winden zwischen wirtschaftlichen Belangen einerseits und religiösen Bedürfnissen andererseits, der wird sich auch nicht vorschnell festlegen beziehungsweise festlegen lassen und mit vorgefassten Positionen und vorbestimmten Uhrzei

ten in die beginnende Diskussion eintreten. Die PDS wird sich also in ihren Überlegungen zur Änderung des Feiertagsgesetzes nicht auf zwei Tage und dann jeweils vier Stunden und null Minuten einengen lassen, wie im CDUEntwurf vorgesehen. Wir werden die sich dem Parlament bietende Chance nutzen, um neben rein formellen auch inhaltliche Ergänzungen in das Gesetz einzubringen und beispielsweise die abgebrochene Diskussion um die Einrichtung eines Landesgedenktages am 8. Mai ergebnisorientiert fortzuführen.

(Beifall Peter Ritter, PDS)

Und die Aussagen von Herrn Friese in seinem Beitrag haben mich eigentlich darin nur bekräftigt. Hier darf es kein Tabu geben. Statt Aktionismus steht für uns die gründliche Beratung mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen, Kirchen und interessierten Verbänden im Vordergrund. Wir brauchen ein handhabbares Ergebnis, das mit den praxisfernen und bürgerunfreundlichen Regelungen von gestern Schluss macht. Und lassen Sie mich zum Schluss mit einem Wort von Konfuzius enden: Einen Fehler machen und ihn nicht korrigieren, das erst heißt wirklich einen Fehler machen.

(Präsident Hinrich Kuessner übernimmt den Vorsitz.)

Und davor wollen wir Sie bewahren, ich denke, das müssen wir auch, meine Damen und Herren von der Opposition. Deshalb schlage ich auch namens meiner Fraktion die Überweisung in die Ausschüsse vor. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat jetzt der Innenminister Herr Timm. Bitte sehr, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Feiertagsgesetz MecklenburgVorpommern gehört zu den Gesetzen, an denen sich die Geister scheiden. So möchte die Seite der Wirtschaft am liebsten sämtliche Beschränkungen aufheben lassen, während die Vertreter der Kirchen auf einem vollständigen Schutz der Sonn- und Feiertage beharren. Dabei ist zu beachten, dass der besondere Schutz der Sonn- und Feiertage in den christlichen Werten unserer Gesellschaft wurzelt und eine jahrhundertealte Tradition besitzt.

Auch als Innenminister darf ich darauf hinweisen, dass die öffentliche Ordnung unseres Landes auf der Tradition des christlichen Abendlandes beruht. Und das ist gut so und das sollte auch so bleiben. Sowohl das Grundgesetz als auch die Landesverfassung haben in ihren Bestimmungen Folgendes ausgeführt: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“ Ich möchte nicht im Einzelnen hier die Schutzgründe ausführlich darlegen. Ich denke, diese sind Ihnen alle hinreichend bekannt.

Vielmehr möchte ich auf den Antrag der CDU eingehen, bei dem die Vorschrift des Paragraphen 6 des Feiertagsgesetzes gelockert werden soll. Danach soll es möglich werden, Veranstaltungen, die am Vorabend der beiden stillen Novemberfeiertage beginnen, bis 4 Uhr früh fortzuführen. Bislang müssen sie um Mitternacht beendet werden.

Zuerst einmal möchte ich der Partei mit dem C im Namen selbst herzlich danken, dass sie diesen Ände

rungsvorschlag vorgelegt hat. Damit hat sie – das ist hier schon deutlich geworden – einen Fehler aus der Anfangszeit des vergangenen Jahrzehnts selbst korrigiert. Ich habe mit Vertretern der Kirchen und des Hotel- und Gaststättengewerbes an einem Tisch gesessen und wir haben in einem sehr mühsamen, aber konstruktiven Gespräch an dieser Frage gearbeitet und einen Konsens erzielt. Die Seite der Wirtschaft wollte noch erheblich weiter gehen und letztlich jedwede Feiertagsregelung kippen, insbesondere den Karfreitag. Ich konnte mit den Kirchen erreichen, dass es zu einem Kompromiss kommen kann, der die Regelung in Mecklenburg-Vorpommern an die Regelung unserer Nachbarbundesländer angleicht. Dafür möchte ich allen Seiten herzlich danken, besonders den Vertretern der Kirchen. Ich halte eine Feiertagskultur in unserem Land für wichtig, aber ich halte eine Kompromisslösung für diesen konkreten Vorgang, der mit dem CDUGesetzesantrag vorgelegt worden ist, für möglich. Für den Landesverband des Volksbundes der Kriegsgräberfürsorge darf ich hier allerdings sagen, dass der CDU-Gesetzesantrag abgelehnt wird.

Meine Damen und Herren! Unter diesem Gesichtspunkt kann der Antrag der CDU-Fraktion, den Feiertagsschutz am Volkstrauertag und am Totensonntag auf 4 Uhr morgens hinauszuschieben, grundsätzlich wohl befürwortet werden.

Allerdings gestaltet sich diese Bewertung anders beim zweiten Teil des Oppositionsantrages. Gründe, auch die öffentlichen Sportveranstaltungen des Absatzes 1 in das Änderungsvorhaben einzubeziehen, kann ich nicht erkennen, sind auch in dem Antrag nicht dargelegt. Alle Erfahrungen zeigen, dass ein Bedarf für Sportveranstaltungen von Mitternacht bis 4 Uhr an diesen beiden Novembertagen weder für den Volkstrauertag noch für den Totensonntag besteht. Soweit ich sehe, Herr Abgeordneter Rehberg, besteht dieser auch beim FC Hansa nicht oder Sie müssen mich eines anderen belehren.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Ich kann Ihnen dazu noch ein paar Geschichten erzählen.)

Ich meine, Sie sollten noch einmal darüber nachdenken, ob Sie darauf bestehen wollen, nachts diese Sportveranstaltungen zu ermöglichen.

(Heiterkeit bei Lutz Brauer, CDU: Bis morgens um vier.)

Im Übrigen empfehle ich Ihnen, die Arbeit in den Ausschüssen zügig abzuschließen

(Lutz Brauer, CDU: Er kommt dann als Stürmer.)

und dort alles gründlich zu beraten. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Das Wort hat der Vorsitzende der CDU-Fraktion Herr Rehberg. Bitte sehr, Herr Rehberg.

Es war, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Präsident, 1992 kein Fehler, das Feiertagsgesetz so zu machen, wie es 1992 verabschiedet worden ist. Ich glaube, 1992 konnte noch niemand wissen, wie sich bestimmte Entwicklungen vollziehen würden,

(Zuruf von Sylvia Bretschneider, SPD)

dass zum Beispiel Diskotheken, Tanzveranstaltungen nicht um 20 Uhr beginnen, sondern eben um 23 Uhr oder um Mitternacht. Das heißt, dass wir eine ganz andere Veranstaltungskultur heute haben, als wir sie gewohnt waren.

(Sylvia Bretschneider, SPD: Das ist mir aber neu.)

Ich denke, es war auch richtig – und, Herr Innenminister Timm, ich glaube, Sie haben in einem Brief an die Kirchen dort ausdrücklich darauf hingewiesen –, auch mit Blick auf das Verhältnis des DDR-Staates und der SED zu Feiertagen, dass hier eine gewisse Restriktion durchaus angemessen war.

Aber wie stellt sich die Situation heute dar, meine sehr verehrten Damen und Herren?

Einmal, Herr Minister Timm, Ihre Ausnahmeregelung hat dazu geführt, dass eine ungleiche Situation – ich will es mal so formulieren – in Mecklenburg-Vorpommern zustande gekommen ist, die keiner mehr vor Ort versteht. Während Sie am 11. November den Landespresseball genehmigen, verbietet die Ordnungsbehörde der Stadt Rostock am gleichen Tag sämtliche Tanzveranstaltungen. Teilweise haben Sie Situationen, dass in einer Entfernung von 20/30 Kilometern die eine Ordnungsbehörde ja sagt und die andere sagt nein.

(Sylvia Bretschneider, SPD: Das ist kommunale Selbstverwaltung. Das müssten Sie doch wissen, Herr Rehberg.)

Frau Bretschneider, das ist nicht Ausdruck von Selbstverwaltung, sondern das ist Ausdruck von Chaos vor Ort, von Wettbewerbsverzerrung. Und deswegen müssen, wenn dieses so geändert wird auf 4 Uhr, die Ausnahmeregelungen verschwinden. Herr Friese, da gebe ich Ihnen ausdrücklich Recht. Und das hat nichts, entschuldigen Sie, Frau Bretschneider, mit Selbstverwaltung zu tun. Hier muss einheitliches Handeln in ganz Mecklenburg-Vorpommern im Vordergrund stehen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und das ist kein Gaststättenantrag, ganz im Gegenteil. Die DEHOGA, der Gaststättenverband, der möchte noch viel mehr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am Karfreitag ist mit der CDU in keinster Art und Weise zu drehen, nicht mal ansatzweise.

(Siegfried Friese, SPD: Mit uns auch nicht.)

Darüber diskutieren wir auch nicht. Herr Friese, mich freut, dass Sie das genauso sehen. Aber ich denke – und da muss man auch ein Stück Pragmatiker sein –, es schadet weder dem Volkstrauertag noch dem Totensonntag, weder dem Ablauf dieses Tages noch dem Inhalt, wenn man auf 4 Uhr geht. Wir haben auch aus rechtssystematischen Gründen 4 Uhr genommen und deswegen nicht die Zeit 3 Uhr.

Ich will auch noch eines deutlich machen. Wer sich ein bisschen in der Szene auskennt, wenn wir so weit sind, dass große Diskotheken in diesem Land in einer Stadt, wo es keine Ausnahmeregelung gibt, einfach Veranstaltungen durchführen und Ordnungsstrafen in fünfstelliger Höhe bezahlen, dann muss man sich wirklich fragen, was haben wir gekonnt mit solch einer Regelung und nicht mit einer klaren Regelung. All dieses, meine Damen und Herren, ist in der Vergangenheit vorgekommen. Ich denke

aber, und das sage ich ganz klar in Richtung PDS, man sollte grundsätzlich immer nur so weit herangehen – und Feiertage sind mehr als Kulturgüter –, dass man es auch noch verantworten kann. Ich denke, die Erweiterung auf 4 Uhr ist verantwortbar, wenn man gleichzeitig die Ausnahmeregelung streicht.

Herr Minister Timm, lassen Sie mich noch einen Punkt sagen zu dem, was Sie angesprochen haben. In dem einen Fall ist der FC Hansa Rostock dem Feiertagsgesetz dankbar, sonst hätten wir nämlich gegen den HSV einen Tag später spielen müssen. Im anderen Fall wäre es aber bald dazu gekommen, dass wir ein Bundesligaspiel gar nicht hätten austragen können aufgrund dieses Gesetzes. Also hier sollte man mit Ruhe und Bedacht seine Worte wählen und sich vorher in der Sache kundig machen, denn auch für uns ist diese Regelung nicht ganz unproblematisch. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1926 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Wirtschaftsausschuss sowie an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist damit einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion der CDU – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über Wasser- und Bodenverbände (Wasserverbandsgesetz), auf Drucksache 3/1927.

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über Wasser- und Bodenverbände (Wasserverbandsgesetz) – AGWVG M-V – – 2. ÄndG AGWVG M-V – (Erste Lesung) – Drucksache 3/1927 –

Das Wort zur Einbringung hat der Abgeordnete Herr Thomas von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Thomas.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit unserem Gesetzentwurf …