Protokoll der Sitzung vom 08.03.2001

… die durch die BSE-Krise zu erwartenden zusätzlichen Kosten hinsichtlich der Tierkörperbeseitigung zu übernehmen, damit die Landkreise angesichts ihrer finanziellen Situation von den Kosten der BSE-Krise freizuhalten sind. Und andererseits soll sich das Land auf Bundesund Europaebene dafür einsetzen, dass die dort verursachten Kosten auch dort übernommen werden, wo sie entstanden sind beziehungsweise deren Vorgaben einheitlich umgesetzt werden. Stimmt so?

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, ja.)

Ein glasklares und sauberes Anliegen, so scheint es zumindest auf den ersten Blick. Sieht man ein wenig genauer hin, dann ist da allerdings nix mehr klar, statt Klarheit nur noch der Nebel des Ungewissen. Ehrlich gesagt, beschleicht mich hier der leise Verdacht, dass Ihr Antrag im Kern nur einem dient: Angesichts der bevorstehenden Landratswahlen in den Kreisen wird versucht, Stimmung zu machen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Ach, toll! Toll! Ich werde Ihnen mal erzählen, wie Sie Stimmung machen hier im Land.)

Sie erwecken mit diesem Antrag den Anschein, dass auf Landesebene bisher nichts getan wurde, um den Landwirten in ihrer schwierigen Situation zu helfen, sondern dass alles wieder mal auf die Landkreise abgewälzt werden soll.

(Renate Holznagel, CDU: Das stimmt auch nicht.)

Dem ist aber nicht so. Der Minister hat es ausgeführt.

(Harry Glawe, CDU: Der Minister hat gesagt, dass er keine Lösung hat.)

Trotzdem möchte ich noch kurz darauf eingehen. Bereits im November des letzten Jahres, also noch vor dem Finden des ersten BSE-Falles in der Bundesrepublik, haben der Landtag und der Ausschuss bereits die Übernahme der Kosten bei der Beseitigung des SRM-Materials mit 2 Millionen DM wenigstens in Teilen gesichert. Seit dem Auftreten von BSE sind sowohl das Landwirtschaftsministerium als auch der Ausschuss ständig mit dieser

Thematik konfrontiert. Sie erinnern sich alle noch an die Nachrichten über den Besuch des Landwirtschaftsausschusses auf der Insel Riems am letzten Donnerstag. Am 29. März 2001 werden wir eine Expertenrunde im Rahmen der Ausschusssitzung haben.

Dennoch verdient der Antrag eine nähere Betrachtung, denn er ist dermaßen populistisch, dass man ihn einfach nicht so stehen lassen kann.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

In Ihrem ersten Punkt fordern Sie die Landesregierung auf, die durch die BSE-Krise zu erwartenden zusätzlichen Kosten der Tierkörperbeseitigung zu übernehmen. Nur damit wir wissen, worüber wir reden, einige Worte Klartext:

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, meinen Sie die Kosten für die Entsorgung des noch vorhandenen Mischfutters in Höhe von 2,7 Millionen DM, oder meinen Sie die Entsorgungskosten der Landwirtschaft für Tierkörper in Höhe von 12 Millionen DM oder die Entsorgungskosten für die Schlacht- und Fleischverarbeitungsindustrie mit 17,4 Millionen DM, oder meinen Sie jene 200.000 DM, die der SARIA entgangen sind, weil das Verfütterungsverbot drei Tage vor dem Gesetz ausgesprochen wurde, oder meinen Sie alle zusammen? Und das ist nur ein kleiner Teil der Kosten, die in Mecklenburg-Vorpommern anfallen werden. Noch nicht einmal bedacht sind die Kosten für die Ausweitung der BSE-Tests und die der Einnahmeausfälle und Verteuerungen bei pflanzlichen Futterstoffen.

Und warum kommt Ihr Antrag eigentlich jetzt, wo der Ausschuss sich damit beschäftigt? Das Landwirtschaftsministerium hat sich bereits dafür entschieden, 4,06 Millionen DM als anteilige Übernahme der Kosten der Tierkörperbeseitigung zu tragen.

(Harry Glawe, CDU: Zu wenig.)

Und was meinen Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion?

(Harry Glawe, CDU: Das ist zu wenig. – Wolfgang Riemann, CDU: Ja.)

Es sind zu wenig, genau.

Wo sollen die zusätzlichen Millionen, die Sie hier mit Ihrem Antrag einfordern, denn noch herkommen angesichts der Tatsache, …

(Beifall Ute Schildt, SPD – Eckhardt Rehberg, CDU: ÖBS einstampfen. – Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

Sie verwechseln hier schon wieder etwas.

… dass die Finanzministerin bereits zum jetzigen Zeitpunkt gezwungen war, eine Haushaltssperre für die Sachausgaben auszusprechen.

(Harry Glawe, CDU: Das ist ja unerhört! – Wolfgang Riemann, CDU: Ich denke, das ist keine Haushaltssperre.)

Ich weiß, ich weiß, Sie wissen das alles.

(Wolfgang Riemann, CDU: Sie haben doch ge- sagt, das ist keine Haushaltssperre, sondern Dispo- sitionsreserve. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Sie wissen sowieso alles besser, wie immer. Denn schließlich schreiben Sie selbst in Ihrer Begründung, dass das Land nicht in der Lage ist, die Folgen der BSE-Krise vollständig zu tragen.

Hier sind mir denn doch zu viele Fragezeichen, als dass der Landtag heute ad hoc über Ihren Antrag entscheiden kann. Schon aus diesem Grund wird meine Fraktion dem Antrag heute nicht zustimmen. Wir fordern eine Überweisung in den Landwirtschafts- und Finanzausschuss. Dort in den Fachgremien kann dann dezidiert über diesen ersten Punkt des Antrages gestritten werden.

Meine Damen und Herren, ich bin aber noch nicht fertig,

(Wolfgang Riemann, CDU: Schade.)

denn jetzt wird’s erst richtig interessant. Im zweiten Punkt des Antrages fordern Sie, dass die Landkreise von den Kosten der Tierkörperbeseitigung freizuhalten sind.

(Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Ich gebe zu, ich bin irritiert, und die vergangene Debatte hat auch nicht zur Aufklärung beigetragen. Was haben sich die Einreicher bei dieser Forderung gedacht?

(Wolfgang Riemann, CDU: Das werde ich Ihnen nachher gleich sagen.)

Wie Sie sicher besser wissen als ich, wurde die Aufgabe der Tierkörperbeseitigung landesweit über eine Beleihung auf die SARIA übertragen, und zwar zu einem Zeitpunkt, als das Landwirtschaftsministerium CDU-geführt war.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Und diese Beleihung ist vertraglich so gut abgesichert, dass steigende Gebühren fast automatisch einzukalkulieren sind, und das auch ohne BSE. Die Landkreise sind draußen mit dieser Regelung.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Die Landkreise und kreisfreien Städte sind seitdem also nicht mehr Träger dieser Aufgabe und können folgerichtig nicht mehr verpflichtet werden, für diese Kosten aufzukommen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Aber Herr Backhaus wollte das gerade.)

Freiwillig wollte Herr Backhaus das.

(Wolfgang Riemann, CDU: Nee, nee, nee! – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Bei einer Übertragung würde das Konnexitäts…

(Wolfgang Riemann, CDU: Er hat die Keule schon geschwungen.)

Freiwillig.

Bei einer Übertragung würde das Konnexitätsprinzip greifen. Das haben wir hier beschlossen, das wissen Sie selbst. Und dann ist es egal, ob wir es weiterreichen oder ob wir es gleich bezahlen.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Dann bezahlen Sie das doch gleich.)

Das erklären Sie in der Begründung Ihres Antrages natürlich auch und Sie sagen auch ein paar Worte zur freiwilligen Übernahme der Kosten durch die Landkreise, die

ich hier nicht weiter zitieren möchte. Ihr Antrag stellt letztendlich nur die geltende Rechtslage fest. Letztendlich ist diese Ihre Aufforderung an die Landesregierung so sinnlos wie populistisch, wobei ich aber keine Bedenken habe, wenn Sie sich im Finanzausschuss die Sachlage noch einmal erklären lassen.

(Beifall und Heiterkeit bei Ute Schildt, SPD)

Mit Punkt 3 fordern Sie, dass sich das Land auf Bundesebene dafür einsetzt, dass die durch die bundesrechtlichen Vorgaben entstandenen Kosten übernommen werden, soweit sie weitergehen als die Beschlüsse der EUKommission. Auch dieser Punkt erscheint zunächst mal sonnenklar und durchsichtig, wenn, ja wenn nicht irgendwo dieser Unterton mitspielen würde, dass die Bundesregierung die Kosten ja nicht zu tragen bräuchte, die durch die Beschlüsse auf EU-Ebene entstanden sind, weil diese durch die EU übernommen werden müssten. Das würde der von Ihnen vorgegebenen Logik des Antrages entsprechen. Aber darauf zielt Ihr Antrag gar nicht ab, was, wenn es realisiert werden würde, sehr leicht dazu führen könnte, dass die Bundesregierung von ihrem bisherigen stringenten und im Sinne eines vorbeugenden Verbraucherschutzes zu unterstützenden Kurs abweicht. Sie, die Bundesregierung, würde dann auf den auf EU-Ebene eingeschlagenen weicheren Kurs als Ergebnis des minimalen europäischen Konsenses einschwenken.