Protokoll der Sitzung vom 08.03.2001

Dazu passt auch, dass 2001 nur noch ein einziger Landkreis – und, meine Damen und Herren, hören Sie zu: nur noch ein einziger Landkreis – in diesem Land freien Finanzspielraum hat.

(Harry Glawe, CDU: Das ist ein schwarzer Land- kreis. – Zuruf von Sylvia Bretschneider, SPD)

Die Landkreise verabschieden reihenweise unausgeglichene Haushalte und Backhaus fordert je Kreis 200.000 bis 300.000 DM Beteiligung.

(Harry Glawe, CDU: Er heißt Nordvorpommern.)

Aber Frau Keler freut sich, der Ministerpräsident handelt nicht, im Bund werden die Verbraucher verunsichert und das Geld für die Bauern ist zu wenig oder ganz und gar Fehlanzeige. So, meine Damen und Herren, wird ein ganzer Berufsstand abgestraft, weil er nicht richtig gewählt hat. Ich kann unserem Bauernminister Backhaus nur empfehlen,

(Zuruf von Annegrit Koburger, PDS)

den Beschluss der Landrätekonferenz vom 14.02.2001 und die dazugehörige Begründung zu lesen und dann schnell und konsequent zu handeln wie in Sachsen und anderswo in Deutschland. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ums Wort hat noch einmal der Landwirtschaftsminister gebeten.

(Harry Glawe, CDU: Jetzt will er noch mal reden.)

Frau Präsidentin!

Herr Riemann, scheinbar haben Sie in den letzten Sitzungen wirklich nicht zugehört.

(Reinhard Dankert, SPD: Ja, das wird es sein.)

Wir haben mittlerweile ein Aktionsprogramm. Und ich zähle Ihnen die Maßnahmen jetzt nur noch mal im Telegrammstil auf: 25 Millionen …

(Lutz Brauer, CDU: Weil das Geld fehlt.)

Nicht das Geld fehlt.

25 Millionen DM werden zielgerichtet für in Not geratene Betriebe bereitgestellt, ich betone, 25 Millionen. Wir haben 4,06 Millionen DM bereitgestellt für die Tierkörperbeseitigung. Das ist die Drittellösung. Wir haben jetzt die Entscheidung getroffen – da hinken die Sachsen oder was weiß ich, wer noch alles, hinterher –, dass das Tierfutter, das mit Tiermehl behaftet ist, aus den Höfen sofort herausgenommen wird. Das sind zweieinhalb Millionen.

Herr Riemann, hören Sie gut zu!

Und wir haben 30 zusätzliche Stellen für diesen Bereich bereitgestellt, um insbesondere der Wirtschaft zu helfen, nämlich den Absatz wieder anzukurbeln.

(Wolfgang Riemann, CDU: Sie haben aber gerade was anderes behauptet.)

Ich sage Ihnen noch mal die Zahlen: 20.000 BSE-Tests im Vergleich zu anderen Ländern. Fragen Sie mal in Sachsen bei Ihren Kollegen nach! Sie haben ja heiße Drähte zu Herrn de Maizière. Das sieht man auch an den Anfragen, das Thema kommt ja vielleicht auch noch irgendwann. Fragen Sie doch mal bei Herrn de Maizière nach, wie viel Tests die in der Vergangenheit gemacht haben. Da kann ich nur sagen: Der beste Beweis, den wir liefern, ist, den Absatz von Rindfleisch wieder anzukurbeln und für das Rindfleisch einen vernünftigen Preis zu erzielen. Im Übrigen, wenn Sie meinen, ähnlich wie es Herr Stoiber versucht, in Bayern die Landwirte parteipolitisch instrumentalisieren zu müssen, dann werden Sie damit wieder Schiffbruch erleiden.

(Beifall und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Insofern sage ich Ihnen nochmals: Wir haben dieses Aktionsprogramm aufgelegt. Und ich betone ausdrücklich, wenn Sie sich das Konsolidierungsdarlehen ansehen, die Sachsen müssen das erst mal notifizieren lassen, das wissen Sie auch ganz genau. Das heißt, sie können überhaupt keine Mittel bereitstellen, weil keine Notifizierung erfolgt ist bis dato. Das heißt in der Konsequenz, es können keinerlei Mittel ausgereicht werden. Wir haben eine bestätigte Richtlinie aus der Konsolidierungshilfe beziehungsweise Umstrukturierungshilfe und können bis zu 800.000 DM je Betrieb bereitstellen. Solche gute Förderung gibt es in keinem einzigen Bundesland. So viel nur dazu, dass wir angeblich nichts machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schildt von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Riemann,

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, hier!)

es ist schon erstaunlich, wie schnell Sie Ihre eigenen Worte vergessen.

(Reinhard Dankert, SPD: Das ist überhaupt nicht erstaunlich. – Wolfgang Riemann, CDU: Nee.)

In der Landtagssitzung vom 13. Dezember 2000 – und ich lese es wörtlich vor – steht aus Ihrem Mund: „Keine Landesmittel, keine Kommunalmittel für die BSE-Hysterie!“ Und jetzt fordern Sie Programme,

(Wolfgang Riemann, CDU: Und EU und Land, genau!)

die zum Teil schon konstruktiv existieren. Es ist erstaunlich!

Um es mit einem Wort gleich vorwegzunehmen: Der Antrag der CDU ist zumindest in den ersten beiden Abschnitten unseriös.

(Wolfgang Riemann, CDU: Was?)

Sie glauben, meine Damen und Herren Antragsteller, den Nagel auf den Kopf zu treffen, aber Sie treffen nur den eigenen Daumen.

(Heiterkeit bei Beate Mahr, SPD)

Sagen Sie doch bitte, woher die Deckung aus der Sicht der Opposition für weitere zusätzliche Kosten – ich zitiere aus Ihrem Antrag –, „zu erwartende zusätzliche Kosten hinsichtlich der Tierkörperbeseitigung“ kommen könnte?

(Dieter Markhoff, CDU: Wie sollen wir als Kommunen das aufbringen? Woher sollen die Kommunen das aufbringen?)

Sie dürften es doch wohl noch nicht vergessen haben, dass auch Sie im Agrarausschuss für die Aufstockung der Mittel für die Tierkörperbeseitigung aus der Rückerstattung aus dem EAGFL gestimmt haben. Das Land hat in der Verantwortung für die Landwirte, die unverschuldet in den finanziellen Sog der BSE-Krise geraten sind, reagiert und sich solidarisch an ihre Seite gestellt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Jaja, das sehen wir.)

Und das haben wir, zumindest im Fachausschuss, fraktionsübergreifend beschlossen.

Übrigens stehen die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern bei der Tierkörperbeseitigung am schlechtesten von allen Landwirten der deutschen Bundesländer da. Bekannterweise müssen sie per Gesetz zu 100 Prozent für die Kosten der Tierkörperbeseitigung aufkommen. Die CDU hat dieses in der Zeit ihrer Regierungsverantwortung bewusst so geregelt. In den meisten Bundesländern gibt es eine Drittellösung beziehungsweise die vollständige Kostenübernahme durch die Tierseuchenkasse. Man sieht sich in den anderen Bundesländern überhaupt nicht veranlasst, nicht mal durch BSE veranlasst, von der eigenen durch die Solidargemeinschaft bewährten Regelung Abstand zu nehmen. In unserem Bundesland gibt es diese Solidargemeinschaft nicht. Die Landkreise könnten jetzt beweisen, was ihnen die Landwirte in ihrem Verantwortungsbereich wert sind.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wenn man ihnen nicht das Geld weggenommen hätte.)

Ihr Antrag, meine Damen und Herren der CDU, orientiert genau auf das Gegenteil und paralysiert die Meinung aller derjenigen Verantwortungsträger in den Landkreisen, die sich mit den Landwirten solidarisch fühlen. Es ist zu erwarten, dass die jetzige Kostenexplosion bei der Tierkörperbeseitigung kein Dauerzustand ist. Aber über kurz oder lang werden die Tierkörperbeseitigungsanlagen Erlöse aus dem Tiermehl erzielen und die Entsorgungskosten wieder sinken. Tiermehl beziehungsweise Tierfette aus Kadavern sind ein wertvoller Grundstoff, der nur zeitweise zwangsläufig durch den Schornstein gejagt werden muss. Am technologischen Verlauf wird gearbeitet.

Die Wochenzeitschrift „Die Zeit“ berichtet zum Beispiel in ihrer Ausgabe vom 1. März 2001 unter der Überschrift „Ölung vom Abdecker“ von den erfolgreichen Versuchen eines Braunschweiger Instituts für Werkzeugmaschinen und Fertigungskunde. Erfolgreich werden hier aus Tierfetten Kühlschmiermittel für Werkzeugmaschinen getestet.

Beim vierten Punkt Ihres Antrages besteht die Frage, welche Zielrichtung Sie damit eigentlich ansteuern. Das Land soll bei der Bundesregierung darauf hinweisen, dass sie sich bei der Europäischen Union dafür einsetzt, dass Beschlüsse infolge der BSE-Krise EU-einheitlich umgesetzt werden. Das fordern Sie.

Verehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung hat ein unbegrenztes Verbot für den Tiermehleinsatz für Fütterungszwecke ausgesprochen. Das unterstützen wir voll inhaltlich. Solange ein Risiko besteht, dass das krankheitserregende Prioneneiweiß im Tiermehl über die Tröge zu Schweinen und Geflügel gelangen kann, solange die Überwachungswege in Europa nicht einheitlich geregelt sind, ist dieses Verbot aufrechtzuerhalten. Wenn Sie meinen, dass dieser Beschluss für europäische Länder rechtlich vereinheitlicht werden soll, haben Sie unter Punkt 4 ausnahmsweise sogar Recht. Das reicht jedoch nicht aus, um Ihrem Antrag in Gänze stattzugeben. Die Fraktion der SPD plädiert für die Überweisung in den federführenden Agrarausschuss und zur Mitberatung in den Finanzausschuss. – Besten Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, Peter Ritter, PDS, und Johann Scheringer, PDS)

Vielen Dank, Frau Schildt.