Protokoll der Sitzung vom 08.03.2001

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Harry Glawe, CDU: Wir haben nicht 184.000 Arbeitslose produziert, das waren Sie! – Wolfgang Riemann, CDU: Und 16 Jahre Helmut Kohl.)

Danke schön, Frau Gramkow.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

(Andreas Bluhm, PDS: Sehr ungewöhnliche Reihenfolge. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sehr ungewöhnlich. – Wolfgang Riemann, CDU: War das eine Kritik an der Präsidentin? Ordnungsruf! – Andreas Bluhm, PDS: Da gibt es eine Geschäftsordnung.)

Keine Kritik an die Präsidentin! Ich bedanke mich, dass ich jetzt bereits sprechen darf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Präsidentin! Als Erstes möchte ich die Frage an die CDU richten, vielleicht wird sie nachher Herr Nolte beantworten: Was bezwecken Sie eigentlich mit Ihrem Antrag?

(Heinz Müller, SPD: Krawall!)

Ich persönlich erachte ihn einfach für überflüssig, denn die zehn Fragen in Ihrem Punkt 2 des Antrages wurden ja dem Herrn Riemann bereits im Wesentlichen als Antwort auf seine Kleine Anfrage vom 2. Februar 2001 beantwortet.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Nee, eben nicht, eben nicht!)

Von daher ist Ihr Antrag absolut überflüssig. Nichtsdestotrotz kann ich Ihnen aber versichern – und Sie sind sicher nicht überrascht –, dass wir Ihren Antrag ablehnen werden. Dafür sieht die SPD-Fraktion im Wesentlichen drei Gründe. Das möchte ich Ihnen heute so auch mitteilen:

Erstens. Das Parlament beziehungsweise seine Ausschüsse über den Inhalt eines Bewirtschaftungserlasses zu unterrichten ist nicht erforderlich. Bewirtschaftungserlasse gibt es alljährlich, Herr Riemann, das ist Verwaltungshandeln der Exekutive. Sie selbst haben es ja bestätigt.

Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, bitte nennen Sie dem Parlament die gesetzliche Grundlage, nach der Sie meinen, dass die Landesregierung beziehungsweise die Finanzministerin verpflichtet ist, den Landtag und seine Ausschüsse über einen Bewirtschaftungserlass zu unterrichten. Selbst wenn die Finanzministerin eine haushaltswirtschaftliche Sperre nach Paragraph 41 LHO ausgesprochen hätte, wäre sie nach den Buchstaben des

Gesetzes nicht zur Unterrichtung des Parlaments verpflichtet. Es bliebe eine Entscheidung der Exekutive.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das hat Frau Keler von der ehemaligen Finanzministerin Frau Kleedehn gerade gefordert.)

Meine Damen und Herren CDU-Abgeordnete, Ihnen ist sicherlich nicht entgangen, dass Ihr Berliner Parteifreund und Finanzsenator Peter Kurth in Abstimmung mit dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen eine Haushaltssperre für das Jahr 2001 verhängt hat – siehe dpaMeldung vom 1. Februar diesen Jahres.

(Peter Ritter, PDS: Spenden eintreiben.)

Nun kann man natürlich fragen: Haushaltssperre richtig in Berlin, weil dort von der CDU entschieden, Bewirtschaftungserlass in Mecklenburg-Vorpommern falsch, weil möglicherweise in dem Falle von der SPD entschieden?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Oder wie sehen Sie das durch Ihre Oppositionsbrille? Mit dem Wortlaut des Antrages vermitteln Sie den Eindruck, die Landesregierung hätte unredlich gehandelt, denn Sie fordern „eine sofortige Aufklärung“ in der Sache.

(Wolfgang Riemann, CDU: Genau.)

Herr Riemann, es ist Grund genug, Ihren Antrag abzulehnen, weil die Exekutive nicht ohne Aufforderung des Parlaments über ihr Verwaltungshandeln unterrichten muss und demzufolge keine Missachtung des Parlaments, auch nicht nur ansatzweise, erkennbar ist.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Deshalb fordern wir Sie ja auf, dass Sie unterrichten sollen.)

Zweitens. Herr Riemann, warum haben Sie nicht von Ihrem parlamentarischen Recht Gebrauch gemacht, zum Beispiel die Finanzausschusssitzung so locker mal am 18. Januar zu nutzen, um von der Finanzministerin kurz und direkt zum Bewirtschaftungserlass informiert zu werden?

(Reinhard Dankert, SPD: Da gibt es ja nicht so ein großes Publikum. – Heinz Müller, SPD: Da wäre nicht so großer Krawall gewesen.)

Wahrscheinlich geht es Herrn Riemann hier doch in erster Linie um Krawall.

Herr Riemann, Sie haben bereits in einer Pressemitteilung am 16. Januar nachlesen können, dass es diesen Bewirtschaftungserlass gibt, und Sie hätten möglicherweise zwischen dem 16. und 18. Januar die Möglichkeit gehabt, sich auf die Finanzausschusssitzung so weit vorzubereiten und dort dann auch die Frage zu stellen. Aber Sie gehen ja ganz offensichtlich andere Wege.

Ich bin im Übrigen sicher, Herr Riemann, die Finanzministerin hätte zu einem bestimmten Termin den Finanzausschuss unterrichtet. So jedenfalls war bisher immer die gängige Praxis und der Umgang im Finanzausschuss – wiederum Grund genug, Ihren Antrag hier abzulehnen.

Drittens. Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat aufgrund der aktuellen Entwicklung finanzwirtschaftliche Vorsorge getroffen. Die Finanzministerin hat ausgeführt, welche Gründe vorlagen, Bewirtschaftungsmaßnahmen zu ergreifen, um für Haushaltsrisiken Vorsorge treffen zu können, unter anderem vor allen Dingen für

zwei konkrete Fälle. Es geht einmal um die BMW-Ansiedlung in Mecklenburg-Vorpommern und natürlich den Zusammenhang mit der BSE-Krise. Wir haben gerade die Ausführungen des Landwirtschaftsministers zu den möglichen Kosten gehört, die praktisch durch die BSE-Krise ausgelöst auf den Landeshaushalt zukommen könnten. Dass im Falle der Ansiedlung von BMW in MecklenburgVorpommern Mehrausgaben auf uns zukommen, darüber wurde der Finanzausschuss bereits in seinen Sitzungen am 14. September und am 12. Oktober letzten Jahres seitens der Landesregierung informiert.

Allein diese beiden genannten Beispiele sind also nicht neu, sondern sind uns seit Wochen, seit Monaten bekannt. Dass die Landesregierung finanzwirtschaftliche Vorsorge trifft, ist die logische Schlussfolgerung. Aber das scheint Ihnen auch nicht recht zu sein, obwohl Sie von der CDU-Fraktion dann die Ersten sind, die Vorwürfe laut erheben werden, wenn eine Industrieansiedlung fehlschlägt. Wie hätten Sie es denn nun gerne? Ihre Empörung über das Regierungshandeln, die Sie mit Ihrem Antrag zum Ausdruck bringen, kann also die SPD-Fraktion überhaupt nicht teilen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das war klar!)

Demzufolge ein dritter guter Grund, Ihren Antrag abzulehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden das Ergebnis der Maisteuerschätzung abwarten müssen. Wie diese ausfallen wird, ob sie uns Steuermehreinnahmen einbringen wird oder nicht, dahin gehend zu spekulieren, dafür ist es heute zu früh. Davon hängt es aber schließlich ab, ob wir 140 Millionen DM aus Einsparungen in den Ressorts erbringen müssen oder nicht. Wir haben jetzt und auch in Zukunft jederzeit die Möglichkeit, uns zu informieren, ob im Finanzausschuss oder auch in anderen Gremien, das Vorgehen der Landesregierung beziehungsweise der Finanzministerin uns dann auch vorlegen zu lassen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Borchert.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Nolte von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will heute besonders den sozialpolitischen Aspekt des Bewirtschaftungserlasses der Finanzministerin beleuchten. Ich denke, dass in diesem Zusammenhang eine einfache Gegenüberstellung von Zahlen mehr aussagt als Polemik.

Bei der Erarbeitung des Haushaltsentwurfes 2001 war für den Bereich des Sozialministeriums eine Etatkürzung von 11,2 Millionen DM beabsichtigt. Das heißt, die Gesamtausgaben sollten von 1.139,2 Millionen DM auf 1.127,9 Millionen DM zurückgehen. Allerdings war bereits im Jahr 2000 der Landesregierung klar, dass der Haushaltsansatz nicht ausreichte, um die Verpflichtungen des Landes finanziell abzusichern. Die Finanzministerin wusste dies in jedem Einzelfall mit dem Datum ihrer Einwilligung in über- und außerplanmäßige Ausgaben.

Mit der Unterrichtung der Finanzministerin laut Drucksache 3/1902 wurden die über- und außerplanmäßigen Ausgaben im zweiten Halbjahr 2000 dargelegt. Hier wurde deutlich, dass im Bereich des Sozialministeriums insgesamt 17 Millionen DM zusätzliche über- und außerplanmäßige Ausgaben erforderlich wurden. Diese gliedern sich auf in zusätzliche Ausgaben zur Unterbringung nach dem PsychKG in Höhe von 5,8 Millionen DM und noch mal 350.000 DM zur Unterbringung in Stralsund, so dass insgesamt 6,1 Millionen DM für diesen Bereich zusätzlich erforderlich wurden. Im Kapitel 1005 wurden rund 6 Millionen DM zusätzlich notwendig, da das Land als Träger der überörtlichen Sozialhilfe seine gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen musste. Und zusätzlich entstand im Kapitel 1027 bei den Kita-Kosten eine zusätzliche Belastung von 4.790.000 DM. Mit der Vorlage hat also die Finanzministerin selbst bestätigt, dass der Etat des Jahres 2000 nicht einmal auskömmlich war, die Verpflichtungen des Landes finanziell abzusichern.

Bei dieser trockenen Analyse der Zahlen darf ich allerdings gleichzeitig darauf hinweisen, dass die vorgenommene Deckung für die zusätzlichen über- und außerplanmäßigen Ausgaben aus meiner Sicht schon leicht skandalösen Charakter angenommen hat.

(Heinz Müller, SPD: Nein.)

Die Deckung für die zusätzlichen Ausgaben im Bereich der überörtlichen Träger der Sozialhilfe wurde aus Investitionszuschüssen nach dem Landespflegegesetz gespeist. Hier wurden also ursprünglich investiv vorgesehene Mittel entgegen diesem Verwendungszweck konsumtiv eingesetzt. Es wird hieran auch gleich eine innere Logik erkennbar, denn mit der Änderung des Landespflegegesetzes, das die Pflegebedürftigen an den Investitionen beteiligt, ist nicht das eingetreten, was die Landesregierung ursprünglich erwartete.

(Wolfgang Riemann, CDU: Die Ärmsten!)

Denn eine Belastung der Pflegebedürftigen mit Investitionsfolgekosten hat unverzüglich und zwangsläufig eine Mehrinanspruchnahme von Kosten der Sozialhilfe zur Folge, wie das aus der eben geschilderten Realität ersichtlich ist.

Besonders skandalös ist, dass der Mehrbedarf von 4.790.000 DM für Kita-Kosten mit 300.000 DM aus den vorgesehenen Zuschüssen für die Jugendarbeit freier Träger gespeist wurde.

(Wolfgang Riemann, CDU: So sieht die Realität aus.)

Die Schmälerung dieses Ansatzes erscheint mir besonders deshalb problematisch, weil hier Maßnahmen des Landesjugendplanes betroffen sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit war also bereits im Jahr 2000 deutlich, dass höhere finanzielle Mittel im Bereich des Sozialministeriums benötigt werden als veranschlagt. Bei der Beratung des Haushaltsentwurfes 2001 wurden mit der Ergänzungsliste insgesamt zusätzliche Ausgabenbedarfe von 11.108,7 TDM eingebracht und auch veranschlagt. Bei dieser Ergänzungsliste wurde allerdings nicht der tatsächlichen Entwicklung aus dem Jahre 2000 Rechnung getragen, sondern lediglich die vorgesehene Reduzierung der Ausgaben im Jahre 2001 rückgängig gemacht. In gravierendem Umfang bezog sich die Ergänzungsliste auch auf gesetzliche Verpflichtungen im Rahmen der Sozialhilfe.

Mit der gleichen Logik wie bei der Entwicklung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben wurden gleichzeitig Kürzungen in den Investitionszuschüssen für Gemeinden und Verbände zugunsten von Behinderteneinrichtungen vorgenommen. Aber es wurden im Haushalt 2001 auch Kürzungen im Bereich des Kapitels 1025, nämlich Jugendarbeit freier Träger, veranschlagt. Gerade vor dem aktuellen politischen Hintergrund stellt diese Kürzung für meine Fraktion ein tatsächliches sozialpolitisches Problem dar.

Auch im Kapitel 1019 wurde das Landeserziehungsgeld von 16,5 auf 5,6 Millionen DM gekürzt, eine Auswirkung, die sich aus der Streichung des Anspruchs der Erziehungsberechtigten nach dem Landesgesetz der rot-roten Koalition ergibt. Zusätzlich wurden auch die Investitionen für Familienferienstätten von 1,6 Millionen DM auf 1,4 Millionen DM reduziert. Meine Fraktion hat bereits während der Haushaltsberatungen diese Entwicklung als folgenschwer und politisch falsch bezeichnet.