Der aktuelle Ausbruch der MKS hat wohl auch dem letzten Verbraucher und der letzten Verbraucherin eindringlich vor Augen geführt, welche unvorstellbaren Tiertransporte es quer durch Europa gibt. Deshalb halte ich es für außerordentlich dringend erforderlich, für den Transport von lebenden Tieren und von Tieren stammenden Erzeugnissen in der EU strengere Maßregelungen zu entwickeln und, soweit notwendig, einschneidende Verbote vorzusehen, um eine Ausbreitung von Seuchen, insbesondere der MKS, aber auch anderen Seuchen, zu verhindern, und als strategisches Ziel eine Verringerung der Gesamtzahl von Tiertransporten vorzusehen und diese dann auch endlich durchzusetzen. Diesbezügliche Aktivitäten der Bundesregierung und auch Aktivitäten innerhalb des eigenen Landes werde ich gemeinsam mit Ihnen umsetzen.
Aus den oben genannten Gründen meine ich, dass wir innerhalb der Landesregierung eine ganze Reihe von Aktivitäten entwickelt haben. Ich erinnere an unsere Checkliste und verschiedene andere Maßnahmen. Ich meine, dass die Strategie nach wie vor sein muss, die gefährlichste Tierseuche vom Erdball endgültig zu verbannen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Scheinbar kommt die Landwirtschaft in Europa, in Deutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern nicht zur Ruhe.
Nachdem die BSE strukturelle Defizite in der europäischen Landwirtschaftspolitik deutlich gemacht hat, steht nach dem Ausbruch der MKS auch die Politik der Seuchenbekämpfung insgesamt auf dem Prüfstand. Insofern könnte man dankbar sein, dass die CDU dieses Thema mit ihrem Antrag in den Landtag gebracht hat. Damit ist aber – und das stelle ich voran – nichts über die Eignung dieses Antrages gesagt.
Ich möchte einige Zahlen, die der Minister genannt hat, ergänzen. In dem Vereinigten Königreich Großbritannien wurden über 1.500 Höfe betroffen. 290 Fälle von MKS gab es in Argentinien, Dutzende von Fällen in Frankreich und in den Niederlanden. Es gab Fälle in der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Damit ist klar und deutlich, dass die Maul- und Klauenseuche kein regionales und auch kein nationales Problem ist, sondern wir brauchen Lösungen auf der europäischen Ebene.
Es ist auf den verschiedenen Ebenen gearbeitet worden – der Minister hat davon gesprochen – und es wurden auch Lösungen entwickelt. Deshalb, meine Damen und Herren von der CDU, erscheint Ihr Antrag zu einem Zeitpunkt, zu dem eigentlich die wichtigsten Entscheidungen getroffen worden sind.
In einem stimme ich Ihnen zu, denn ich habe persönlich erlebt, was die Maul- und Klauenseuche bedeutet: Sie ist eine der gefährlichsten Tierseuchen, die sehr schwer zu beherrschen ist und die massive wirtschaftliche und auch soziale Schäden verursacht. Die Lebensqualität in den Regionen, wo Maul- und Klauenseuche herrscht, ist massiv eingeschränkt. Aber ich glaube, dass die Form des Antrages nicht besonders günstig ist, denn man kann auch im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern naturwissenschaftliche Tatsachen nicht per Mehrheitsbeschluss feststellen. Wenn naturwissenschaftliche Fakten gegeben sind, dann sind sie gegeben, dann kann man sie nicht per Mehrheit beschließen lassen. Wenn man das könnte, dann könnten wir ja auch beschließen, dass das Wetter schön ist oder dass die Welt eine Scheibe ist.
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Oder der Mond eckig ist oder so was.)
Aber das hat noch nie geklappt. Insofern, glaube ich, haben wir genug von dem Thema und von den Weisheiten, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Meine Damen und Herren, damit gehört eigentlich der Punkt 1 des Antrages in die Begründungen, die sowieso nicht beschlossen werden können.
Über den Punkt 2 des Antrages will ich auch nicht weiter reden. Da werden eine ganze Reihe von Maßnahmen aufgezählt, die eingeleitet werden sollten. Ich möchte hier in dem Zusammenhang nur daran erinnern, dass die Agrarministerkonferenz vom 23.03. dieses Jahres eine Reihe von Entscheidungen getroffen und Vorschläge erarbeitet hat und dass sich auch der Bundesrat am 11.05.2001 positioniert hat und Festlegungen getroffen hat. Damit ist eigentlich der Sinn des Antrages erfüllt und erledigt.
Ich denke aber, dass man auf etwas noch zu sprechen kommen kann, was in dem Antrag nicht enthalten ist,
nämlich wie man prinzipiell bei Tierseuchen und speziell bei der Maul- und Klauenseuche im Vorfeld, und zwar präventiv, tätig werden kann, wie man die Gefahren von Tierseuchen reduzieren kann. Ich glaube, dass die CDU dies aus einem guten Grund unterlassen hat, nämlich weil damit einer bestimmten Logik widersprochen wird, und das ist die Logik des liberalisierten Marktes mit seinen radikalen, allein auf Gewinn orientierten Kräften.
Der Landwirtschaftsminister hat ebenfalls darauf verwiesen und sich eigentlich zu diesem Markt bekannt. Ich tue das nicht so gerne, weil nämlich dort, wo die Tiere lebend und ohne Rücksicht auf Verluste quer durch Europa gekarrt werden, nur damit die Schlachter in Frankreich und in Spanien ein paar Mark sparen, einfach die Gefahr besteht, dass infizierte Tiere, die sich noch innerhalb der Inkubationszeit befinden, auf dem Transport sind. Und dabei besteht die Gefahr, dass die Transportfahrzeuge gleichzeitig die Virusüberträger sind und die Höfe rund um den Schlachthof infizieren. Es wird eben leider in Europa ein Markt favorisiert, auf dem die Lebensmittel quer über die Kontinente verschifft werden. Damit sorgen wir für eine permanente Seuchengefahr, das ist wohl ganz klar.
Wir haben allerdings auch festgestellt, lieber Herr Brick, dass in Ihrem Antrag in der Begründung sogar richtigerweise von den Tieren als „Mitgeschöpfe“ gesprochen wird, die in ihrer Haltung einer besonderen Verantwortung des Menschen unterliegen. Warum geht man aber in dem Antrag nicht so weit, dass man auf das Verbot von zu langen Tiertransporten kommt?
Der Tierschutzbund spricht von Tiertourismus, wenn diese Tiertransporte länger als vier Stunden dauern. Dieser Schritt kommt allerdings dem globalen Markt nicht entgegen, von dem Sie sicher glauben, dass er schon alles richten wird.
Ich gehe davon aus, dass der liberalisierte Markt zu keiner Selbstbeschränkung fähig ist. Das haben wir alle im letzten halben Jahr auch an den Beispielen der Maul- und Klauenseuche und der BSE schmerzhaft erfahren. Deshalb gestatten Sie den logischen Schluss, dass regionale Wirtschaftskreisläufe einer der Wege sind, die ein rapides Ausbreiten von Tierseuchen zumindest erschweren. Deshalb muss es in unserem Interesse sein, die Tierproduktion stärker zu regionalisieren. Das bedeutet natürlich, dass im Land regionale Herkunftsnachweise, regionale Siegel eingeführt werden, dass eigene Erzeuger- und Absatzlinien auf- und ausgebaut werden. Dazu gehört aber auch der Mut zu einer zumindest partiellen Abkehr von der Allmacht des Marktes.
2. Sie haben es nicht verstanden, wesentliche Ursachen für das massive Ausbreiten der Maul- und Klauenseuche, von Tierseuchen überhaupt, zu benennen und eine Lösung anzubieten.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist eine Tatsache: Fast alle unabhängigen Seuchenexperten haben gewarnt, dass nach Ende der Impfung 1991 wieder mit MKS-Ausbrüchen zu rechnen ist – also hat die Impfung einen Sinn gehabt –, da sah die Mehrheit der Agrarminister keinen Grund, das Vorgehen zu ändern.
Und, lieber Hans Scheringer, es gibt keine einzige Entscheidung zu Impfungen. Insofern hat der Antrag seine Berechtigung. Es gibt nur Entscheidungen gegen Impfungen. Es ist das Anliegen des Antrages, das zu ändern.
Und, Herr Minister, eine Impfung war auch zu DDR-Zeiten von den Veterinären flächendeckend in eineinhalb Tagen zu schaffen und wir hatten mehr Tiere als heute. Insofern dauert das nicht Monate. Und es ist auch falsch, was Ihre Typentheorie anbelangt. Es gibt drei Haupttypen und 80 Subtypen. Die Grundimmunität ist bei jeder Impfung gegeben. Davon sind wir auch zu DDR-Zeiten ausgegangen. Es hat sehr gut geholfen,
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ich bin ja nun wirklich mal erstaunt. – Barbara Borchardt, PDS: Das ist aber typisch. – Zurufe von Minister Till Backhaus und Peter Ritter, PDS)
Die europäische Kommission hatte 1990 eine beachtliche Wirtschaftlichkeitsrechnung aufgemacht: Auf zehn Jahre berechneten Impfkosten von 2,2 Milliarden DM standen nur veranschlagte 70 Millionen DM für eine Nichtimpfpolitik gegenüber. Die Wende in der Seuchenpolitik war ein Produkt – nun kannst du genauer hinhören, Hans Scheringer, weil ich von dir Kritik bekommen habe – des schrankenlosen europäischen Binnenmarktes und von Exportinteressen. Aber seit dem 20. Februar dieses Jahres wachsen die Zweifel an der Strategie.
Den eingesparten Impfkosten, Herr Minister, stehen – ganz anders als im zweiten Absatz Ihrer Presseerklärung, wo Sie es genau umdrehen – Milliardenverluste durch die Lähmung des öffentlichen Lebens in den betroffenen Gebieten gegenüber: Einbußen beim Tourismus, Wartezeiten von Lastwagen an der Grenze, Schließungen von Tierparks, Zirkusse dürfen nicht auftreten, Reitturniere finden nicht statt, Galopprennen nicht, Viehmärkte nicht, Verdienstausfälle sind zu verzeichnen und Arbeitsplätze sind verloren gegangen. Das Virus ist also ein echter Konjunkturkiller. Dazu
kommt die Entschädigung für gekeulte Tiere. Nach Angaben vom Verbraucherschutzkommissar Byrne sind das vom Jahresanfang bis jetzt bereits 500 Millionen DM.
Richtig, es geht vordergründig um den Export. In Wahrheit geht es aber um Geld, globale Märkte und um den schrankenlosen Handel. Der Export war schon vor Beginn des aktuellen Seuchenzuges ein zweifelhaftes Argument, sich gegen Impfungen zu wehren. Wer definiert eigentlich, und das fragt unser Antrag auch, grundlegendes gemeinschaftliches Interesse?
einigen in der Landwirtschaft, vor allem aber den Handelsunternehmen einiger EU-Länder, viel Geld gebracht. Der Großteil der Einnahmen stammt aber nicht aus den Verkaufserlösen, sondern aus Beihilfen für den Export. Nichtimpfpolitik sichert den Fleischexporteuren ungestörten Zufluss von Subventionen, wenn die Gemeinschaft die hohen Inlandspreise jedes Jahr mit Milliardenbeträgen aus der Agrarkasse auf das Weltmarktniveau heruntersubventioniert.
Dabei tritt Deutschland – auch das sollte man festhalten, wenn man von Impfung redet – kaum als Schnitzeloder Steakexporteur auf. Der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch liegt bei 81 Prozent, bei Milch bei 98 Prozent, bei Rindfleisch sind es 112 Prozent, und das auch nur dank der Exporterstattung, der Silomaisprämie und der Rinderprämie, sonst wäre das nämlich nicht so. Der deutsche Markt wäre also groß genug, um die Existenz der Bauern trotz Exportverbotes zu sichern. Dies ist auch die Chance – das wünschen Sie sich ja immer alle so sehr – für regionale Märkte und zur Abschaffung von langen Lebendtiertransporten. Wird Fleisch nur tiefgekühlt transportiert, fällt eine der Übertragungshauptursachen einfach aus. Nichtimpfpolitik ist letztendlich die Konsequenz verfehlter Agrarpolitik.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Kommission und die Landwirtschaftsminister die Forderungen des wissenschaftlichen EU-Ausschusses für Tiergesundheit, die Impfpolitik zu überprüfen, nicht zur Kenntnis genommen haben. Dieses oberste Beratungsgremium warnte schon im Frühjahr 1999 vor dem außerordentlichen Risiko neuer Seuchenausbrüche und forderte von den Regierungen der Mitgliedsstaaten umfassende Notimpfpläne. Das Gutachten verstaubte. Die Folge: Die EU war auf die Seuche nicht vorbereitet. Das alles zeigt, dass man sich zu sehr auf der sicheren Seite geglaubt hat. Es gab nie eine wissenschaftlich überzeugende Begründung für einen Impfstopp. Die Entscheidung hatte allein handelspolitische Gründe.