Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

(Gabriele Schulz, PDS: Herr Dr. Jäger, denken Sie an Ihre Wahlprüfsteine und sagen Sie die Wahrheit! – Angelika Gramkow, PDS: Das kann er nicht.)

Ja, wissen Sie, Sie haben alles Mögliche reingeschrieben in Ihre Versprechungen, zum Beispiel eine Anhebung der Verbundquote. Was ist daraus geworden?

(Beifall und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Das ist doch ein Bettvorleger, Frau Schulz. Legen Sie mir nicht dauernd den Ball auf den Elfmeterpunkt! Ich neige dazu, manchmal sogar ein Tor zu schießen. Lassen Sie es!

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Gabriele Schulz, PDS: Oh! – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sie haben ja Schwierigkeiten, den Elfmeterpunkt zu finden. – Angelika Gramkow, PDS: Und außer- dem steht kein Torwart drin.)

Also Ihre geistigen Höhenflüge machen mich heute richtig fröhlich.

(Unruhe bei Abgeordneten der PDS – Zurufe von Peter Ritter, PDS, und Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Frau Kollegin Gramkow, wenn Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer das sagt, kann ich das ertragen. Bei Ihrer Intelligenz – nö, lassen Sie es!

(Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Lutz Brauer, CDU)

Aber kommen wir mal zur Sache. Der Innenminister hat gefragt, wie macht man denn so was Kompliziertes. Herr Innenminister, Sie wissen es doch, wir hatten es Ihnen doch schon auf den Tisch gelegt. Es gab ein gemeinsames Papier, einen Entschließungsantrag, in dem alle Modalitäten beschrieben waren: die Kostenfolgeabschätzung, die Frage, wann Konnexität, wann nicht. Das war ein sehr gutes Papier.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Er leidet stark unter Amtsentzug.)

Nein! Nein! Es war richtig schön. Es war im Innenministerium – wir haben damals im Arsenal getagt – und wir waren eigentlich alle – die Sprecher hatten sich darauf geeinigt, das können Sie mir beide bestätigen – sehr zuversichtlich. Und dann kam ein ganz dramatischer Akt. Und, Herr Schoenenburg, da traten Sie auf die Bühne.

(Beifall Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig. – Heiterkeit bei Gabriele Schulz, PDS)

Er trat auf und dann wurde kurz geflüstert und dann war das Papier vom Tisch.

(Beifall Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig.)

Richtig. Und da ist er heute noch stolz drauf.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Zu Recht.)

Und zu Recht, sagt er. So, meine Damen und Herren, wir grübeln heute noch, wer hat denn nun eigentlich damals so hintenrum die Strippen gezogen. Ich weiß es nicht so genau. Die einen sagen, der jetzige Wirtschaftsminister Herr Dr. Ebnet als damaliger Chef der Staatskanzlei, die anderen sagen, Frau Keler sei es gewesen, die Finanzministerin. Ist auch egal,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Nee, da kann ich Sie beruhigen. Frau Keler war es nicht. – Ministerin Sigrid Keler: Nein, ich war es nicht.)

beide sind sicher nicht in den Verdacht zu bringen, dass sie besonders kommunalfreundlich sind, zu beiden würde es sicher passen.

(Lutz Brauer, CDU: Frau Keler ist schon verschnupft.)

Was ist dann passiert? Wir haben dann eine Verfassungsänderung mit großer Begeisterung beschlossen. Dann wurde das zum Teil zurückgenommen, Sie haben damals dieses berühmte Gegenstromprinzip erfunden. Da hat man schon gemerkt, begeistert waren Sie von dem, was Sie getan hatten, doch nicht, so der Mut fehlte.

(Zuruf von Ministerin Sigrid Keler)

Und dann, Herr Innenminister, über ein Jahr haben Sie nichts vorgelegt, aber auch gar nichts.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist typisch für die Regierung.)

Wenn Sie jetzt sagen, es wird in der Landesregierung kräftig gearbeitet, mag ja sein, aber gesehen haben wir nichts.

(Zuruf von Ministerin Sigrid Keler)

Und wenn Sie jetzt sagen, also weil die Opposition in der Enquetekommission nicht dabei ist, deswegen läuft’s nicht – ja, wir können nicht alles für Sie machen, ein bisschen müssen Sie schon selber tun!

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Gabriele Schulz, PDS: Ooh! Hört! Hört! – Heinz Müller, SPD: Tätä! Tätä! Tätä!)

Herr Müller, Sie sollten das draußen auch machen – da Sie das so lustig finden –, dass Sie große Versprechungen quer durchs Land abgeben, und hinterher verkriechen Sie sich. Sie tun ja gar nichts in der Richtung.

(Heike Polzin, SPD: Ooh! – Gabriele Schulz, PDS: Sie müssen’s ja wissen!)

Ich bin richtig traurig.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD)

Ja, meine Damen und Herren, Sie werden diesen Antrag mal wieder ablehnen,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wenn Sie nicht dabei sind, können Sie das auch nicht gut einschätzen.)

weil Sie nicht den Mumm haben. Aber Sie werden dem nicht entkommen. Sie müssen jetzt sagen, ob Sie wirklich Konnexität wollen. Und das war sogar in den Äußerungen des Innenministers, das hat er uns tatsächlich zugestanden, zu erkennen, man kann es nur anwenden, wenn man entsprechende, Herr Innenminister, untergesetzliche Regelungen trifft, und das können zum Beispiel Vereinbarungen mit den kommunalen Landesverbänden sein. Die gibt es, Herr Innenminister, veröffentlicht von Ihrem Kollegen in Schleswig-Holstein im „Amtsblatt“ von SchleswigHolstein aus dem Jahre 1999. Stellen Sie die kräftigen Arbeiten, die Sie offenbar die ganze Zeit betreiben, einfach ein! Schreiben Sie nur die richtigen Namen rein, stimmen Sie das mit den kommunalen Landesverbänden ab, legen Sie’s auf den Tisch! Und dann sollte das so schnell wie möglich verabschiedet werden.

Und, meine Damen und Herren, es ist keine unziemliche Eile, wenn man das bis zum 30. Juni hinkriegen will. Wenn Sie’s wollen, werden Sie’s hinkriegen. Mir scheint, Ihnen fehlt wie immer der Mut, für die Kommunen etwas zu tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Müller von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Müller.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als wir vor gut einem Jahr im Innenausschuss und in vielen Runden, die nicht unbedingt in parlamentarischen Gremien waren, über das Konnexitätsprinzip diskutiert haben, da haben wir uns Unterstützung aus SchleswigHolstein geholt. Das wissen alle Beteiligten und das war auch gut so. Und damals hat uns einer der kommunalen Funktionsträger aus unserem Nachbarbundesland gesagt, das war zunächst mal für viele von uns etwas erstaunlich: Die entscheidende Wirkung des Konnexitätsprinzips besteht unter anderem darin, dass man zunächst erst mal nichts merkt, sondern dass bei allen Beteiligten, bei Regierungen, bei Parlamentariern ein Nachdenken einsetzt,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist richtig.)

eine Selbstbeschränkung einsetzt und dass Parlamente und Regierungen jetzt gezwungen sind, wenn sie Aufgaben überlegen – und das Überlegen, das könnten wir ja den Kommunen übertragen –, an die Kosten zu denken. Entscheidende Folge des Konnexitätsprinzips ist eine Veränderung im Denken.

Und ich glaube, nach einem Jahr Konnexitätsprinzip in Mecklenburg-Vorpommern kann ich sagen: Herr Rentsch, der uns dieses gesagt hat, hatte Recht. Ich sage das auch, und das hat eine Spur von Selbstkritik, im Blick auf meine eigene Fraktion, dass natürlich auch in meiner eigenen Fraktion über Vorhaben plötzlich anders gedacht wird, wenn ein solches Prinzip in der Verfassung steht und man gezwungen ist, immer sofort auch an finanzielle Auswirkungen zu denken. Selbstbeschränkung ist also eine zentrale Folge von Konnexität und ich kann feststellen, das Konnexitätsprinzip wirkt.

(Beifall Gabriele Schulz, PDS)

Nur an einem Punkt scheint es mir noch nicht zu wirken. Ich habe noch nicht festgestellt, dass eine Veränderung im Denken der Opposition eingetreten ist,

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD, und Gabriele Schulz, PDS)

denn ich glaube, auch parlamentarische Fraktionen müssen, wenn sie Anträge einbringen, bei denen das Konnexitätsprinzip berührt ist, hierüber nachdenken und natürlich auch darüber,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Die CDU ist resistent gegenüber der Konnexität.)

wie Kostenfolgen zu bewältigen sind, wie wir den Kommunen die Kosten erstatten. Und das hat meines Erachtens bei Ihnen bisher leider noch nicht stattgefunden.

Wir haben eine zweite Folge, wo ich meine, dass das Konnexitätsprinzip in massiver Weise wirkt, ohne dass wir eine Mark hin- oder herschieben. Und da, meine Damen und Herren, darf ich gerade Ihnen von der Opposition, die Sie in der Enquetekommission nicht mitarbeiten, berichten, dass die Verankerung des Konnexitätsprinzips unsere Arbeit in der Enquetekommission natürlich massiv erleichtert. Wir haben diese Enquetekommission mit vier Arbeitsaufträgen hier in diesem Landtag ins Leben gerufen. Einer dieser Arbeitsaufträge lautet verkürzt, eine Funktionalreform vorzubereiten. Diskussionen, wie sie mit den kommunalen Verbänden stattfinden, Veranstaltungen, die wir gemeinsam durchführen, sie wären überhaupt nicht möglich, wenn sich die kommunalen Verbände nicht darauf verlassen könnten, dass es dieses Konnexitätsprinzip gibt und dass wir dieses Konnexitätsprinzip anwenden. Wir führen eine faire, eine offene Diskussion über Funktionalreform in der Enquetekommission. Und ich denke, dieses ist ein besonders schönes Beispiel dafür, dass die kommunalen Verbände hier sehr viel Vertrauen in uns setzen und dass sie sehen, dass es auf dieser veränderten Rechtsbasis natürlich ein völlig verändertes Arbeiten miteinander ist. Auch dieses sollte die CDU zur Kenntnis nehmen.