(Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff: Dort fahren aber auch mehr Autos. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)
Ich werde von der Kienbaum-Studie hier erst gar nicht reden. Die Belastung bei Verkehrsunfällen pro 100.000 Einwohner liegt bei uns bei circa 3.850, in NRW bei 2.900, in Schleswig-Holstein bei 2.250. Sie hatten doch Zahlen erwartet, Herr Dr. Körner. Aber auf Ihr Niveau würde ich mich niemals begeben.
Bezogen auf die polizeiliche Kriminalstatistik, also Fälle pro Polizeivollzugsbeamten, liegt Mecklenburg-Vorpommern mit 34 bis 35 auch an der Spitze Deutschlands. Unsere Bürger sind im Vergleich mit anderen Flächenländern am stärksten mit Kriminalität belastet. Dieser Vergleich bezieht sich aber nur auf die Wohnbevölkerung, er berücksichtigt nicht die reisenden Straftäter und nicht die Mehrbelastung für 18,3 Millionen Übernachtungen bei 4,3 Millionen Gästen im vorigen Jahr. Bei der Fremdenverkehrsintensität, das sind Übernachtungen pro 1.000 Einwohner, lagen wir 1999 mit 8.700 auf Rang 1, gefolgt von Schleswig-Holstein mit 7.414 und Bayern mit 5.850. 1992 hatten wir noch Rang 7.
Vor dem Hintergrund des weiter steigenden Belastungsindex Polizei und dem Ziel, dass Sicherheit ein unverzichtbares Markenzeichen für das Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern bleiben muss, verbietet sich ein Abbau von Polizeivollzugsstellen also generell. Bei der Festlegung neuer Organisationsstrukturen sind zudem die zukünftigen Mehrbelastungen zu berücksichtigen. Und da sind zu nennen:
verstärkte Bildung von SoKos, vielleicht kriegen wir mal eine SoKo Bau, die ist unbedingt notwendig,
Abschiebungen, Justiztransporte und auch Castortransporte, bei denen unsere Beamten ganz schön verschlissen werden.
Dr. Timms zukünftige Organisationsstruktur wird, so ist zu befürchten, auf dem Rücken der bis dato hochmotivierten Polizei ausgetragen.
Es gibt auch keinen Anhaltspunkt, das muss man auch mal ganz deutlich sagen, für die Entlastung von sachfremden Tätigkeiten und für den verstärkten Einsatz von Tarifbeschäftigten, wie zum Beispiel beim Schreibpool-Projekt. Das ist auf Eis gelegt worden, davon redet niemand mehr. Die Zusammenfassung der Ausbildung, Fortbildung und Aufstiegsausbildung an der Fachhochschule Güstrow begrüßen wir ausdrücklich.
Aus unserer Sicht muss aber geprüft werden, ob und wie der Fachbereich Polizei in die Struktur des Bildungsinstitutes noch eingegliedert werden kann, um weitere Synergieeffekte nutzen zu können. Überfällig ist nunmehr auch die Vorlage eines überarbeiteten Aus- und Fortbildungskonzeptes für den Polizeivollzugsdienst.
Aus unserer Sicht wäre es auch sinnvoller gewesen, die Anwerbung und Einstellung bei der Bereitschaftspolizei zu belassen, um die Zusammenarbeit mit dem Bildungsinstitut zu fördern. Mit der Streichung von sechs Polizeiinspektionen allein ist es nicht getan. Der Sitz der jeweiligen Polizeiinspektion muss ausschließlich vom Schwerpunkt polizeilicher Arbeit abhängig gemacht werden. Und ich nenne hier nur das Beispiel Ribnitz-Damgarten, das war wohl nicht ganz nachvollziehbar.
Die Konzentration der Vollzugsbeamten in Revieren zur effektiven Absicherung des Fahrzeugstreifendienstes wird sich wegen der fehlenden Beamten zu Lasten der Polizeistationen und damit zu Lasten der Präsenz in der Fläche auswirken. Das ist leider so. Um den flächendeckenden Streifendienst in den Revieren durchführen zu können, werden viele Stationen tagsüber nur noch mit einem Beamten besetzt werden können. An den Wochenenden fürchten wir, dass auch in den Tourismuszentren die Polizeistationen nur noch für die Aufnahme von Anzeigen genutzt werden können. In anderen Regionen bleiben sie an Wochenenden wahrscheinlich sogar unbesetzt.
Unakzeptabel, und das muss man auch mal unterstreichen, ist auch die Zerschlagung der Inspektion Zentrale
Dienste. Das für die Verkehrsüberwachung speziell ausgebildete Personal, und nur hierum geht es, wird dezentral aufgeteilt. Das führt aus unserer Sicht zu Defiziten im Gesamtkomplex der Verkehrssicherheit und nur hierum geht es. Auch die Errichtung einer neuen Behörde – und ich sage das mal ganz deutlich: Behörden haben eine eigene Dynamik, da ist nicht immer „effektiv“ an erster Stelle –, also Amt für Technik und Beschaffung, sehen wir deswegen eher skeptisch. Wir befürchten einfach eine Verschlechterung fachbezogener Technikentwicklung, verzögerte Beschaffung und – die Erfahrungen haben wir ja auch gemacht nach 1998 – eine Aufblähung des Führungsstabes, wenn auch nicht der Polizei, aber in anderen Bereichen der Verwaltung.
Mit der Umwandlung der Kriminalkommissariate der sechs aufgelösten Polizeiinspektionen in Kriminalkommissariatsaußenstellen wird aus unserer Sicht auch keine größere Effektivität erreicht. Wenn – wie in den Eckpunkten des Innenministeriums vom Februar 2001 dargestellt – in den Revieren und Stationen nur noch Kleinkriminalität behandelt werden soll, gleichzeitig aber Kriminalitätssachbearbeitung in diesen Revieren erfolgt, dann ergeben sich doch wohl Zuständigkeitsprobleme.
Die Gesamtbewertung der Polizeiorganisation und -struktur ist also nur im Kontext derzeitiger und zukünftiger Aufgabenstellungen möglich. Pläne für eine Organisationsstruktur, und das sagen wir hier sehr deutlich, mit der letztlich kein Polizist mehr auf der Straße zu sehen ist und die mit dem Verlust an Flächenpräsenz und Bürgernähe einhergeht, können wir nicht billigen.
Der akzeptablen Konzentration des Streifenfahrzeugeinsatzes in den Polizeirevieren stehen zu viele, wirklich zu viele negative Aspekte gegenüber. Da wären noch mal:
Verlust an personellem Know-how in den Stationen vor Ort, der sich in der Präventionsarbeit und beim Bäderdienst doch auswirken wird, weniger Beamte mit höherer Belastung sind eben keine Stärkung der inneren Sicherheit,
Bruch innerhalb der jetzigen Struktur der Kriminalpolizei mit KK-Außenstellen in Revieren anstelle der KK in den Polizeiinspektionen,
negative Folgen für die Verkehrsüberwachung, ich sagte es schon, durch die Zerschlagung der Inspektion Zentrale Dienste.
Fazit aus unserer Sicht: Die vom Innenminister angekündigten und von Ihnen so bestätigten Veränderungen berücksichtigen eben nicht die besonderen Erfordernisse an ein Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern. Die Veränderungen berücksichtigen auch nicht die zukünftigen Potentiale im maritimen Tourismus, die mit erheblichen Mehrbelastungen verbunden sind. Das müssten Sie eigentlich wissen. Yachten und Zubehör waren für Kriminelle schon immer mehr als interessant. Da lassen Sie sich mal die Zahlen geben, aber das ist ja wohl zu viel verlangt.
Das vorliegende Polizeiorganisationsgesetz und die Strukturveränderungen unterhalb der Polizeidirektion entsprechen nicht den besonderen Erfordernissen an zukünftige Schwerpunkte in der Kriminalitätsentwicklung und an die des Tourismuslandes Mecklenburg-Vorpommern. Bei
Gästen aus dem Ausland konnten wir zum Beispiel ein Plus von 16,4 Prozent erreichen. Sicherheit, und das wissen wir, vor allem für unsere ausländischen Gäste ist ein wichtiger Standortfaktor im weltweiten Tourismus.
(Gerd Böttger, PDS: Hören Sie doch mal auf! Ach, hören Sie doch mal auf! An der Polizei liegt es ja wohl wirklich nicht!)
Der vorliegenden Beschlussempfehlung können wir insgesamt mit Bezug auf unsere jetzt eben genannten Kritikpunkte leider – und ich betone: leider – nicht zustimmen. Es gibt einige sehr vernünftige Ansätze, aber insgesamt ist aus unserer Sicht die Vorlage nicht zustimmungsfähig. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Moment, Herr Dr. Körner, dann müssen wir jetzt mal fragen. Ich hatte es vorhin so verstanden, Herr Thomas, dass Sie …