Protokoll der Sitzung vom 28.06.2001

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist ja noch nicht mal die halbe Wahrheit.)

Das war die ganze.

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Das war die ganze. Und wenn Herr Caffier seine Meinung geändert hat zu der Arbeitsgruppensitzung heute Nachmittag, dann sollte mich das freuen, dann würde ich dieses gerne so zur Kenntnis nehmen. Wir möchten nämlich arbeiten. Ich darf nur daran erinnern, dass uns die CDU-Fraktion bis heute noch nicht einmal ihre Wissenschaftler benannt hat für die Enquetekommission. Jede Fraktion darf zwei Wissenschaftler benennen. Die CDU hat dieses bis heute nicht getan.

(Siegfried Friese, SPD: Sand ins Getriebe.)

Meine Damen und Herren, das Landesverfassungsgericht – Kollege Schoenenburg hat zu Recht darauf hingewiesen – hat das Urteil gesprochen, indem es natürlich den Fehler, den der Landtag hier gemacht hat, rügt und eine Nachbesserung fordert. Wir werden diese Nachbesserung heute hier beschließen. Wir folgen damit der Aufforderung, der dringenden Aufforderung des Gerichtes. Wir werden klare rechtssichere Zustände herstellen. Und wir werden die Enquetekommission damit ausdrücklich legitimieren, das zu tun, was sie in der Praxis bereits getan hat, nämlich aus ihren eigenen Reihen ihren Vorsitzenden zu wählen.

Der Hintergrund, meine Damen und Herren, ist sehr eindeutig. Für uns – und das geht bis in die Wortwahl, Herr Caffier – gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen einer Enquetekommission und einem Ausschuss dieses Landtags. Und ich denke, dieses muss man zur Kenntnis nehmen. Die Enquetekommission, wie wir sie hier beschlossen haben für die Gemeindestrukturen, besteht aus 20 Personen – vorausgesetzt, alle werden benannt und alle arbeiten mit –, von denen ganze sechs, also 30 Prozent, nicht einmal ein Drittel, Abgeordnete dieses Hauses sind. Und dann zu sagen, den Vorsitz in diesem Gremium bestimmen wir – 30 Prozent! – nach unseren Spielregeln und nach unseren Zählreihen, dieses halten wir allerdings für politisch falsch, weil wir den übrigen Mitgliedern der Enquetekommission sehr deutlich signalisieren wollen, ihr seid in diesem Gremium voll gleichberechtigte Mitglieder mit allem, was dazugehört, einschließlich der Möglichkeit, durch Wahl auf die Besetzung des Vorsitzenden Einfluss zu nehmen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Und zufällig ist der Vorsitzende einer von diesen 30 Prozent.)

Dieses wollen wir den Mitgliedern der Kommission signalisieren

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das kann schon sein. – Dr. Ulrich Born, CDU: Ganz zufällig! Ganz zufällig!)

und dieses wollen wir so haben, weil wir es politisch für sinnvoll halten.

(Siegfried Friese, SPD: Auch von CDU- Mitgliedern ist er gewählt worden.)

Und jetzt schauen wir uns mal den Änderungsantrag der CDU an. Ganz nebenbei, Herr Dr. Born, es ist kein

Änderungsantrag, es ist ein eigener Antrag, weil er unseren Vorschlag nicht verändert, sondern einen ganz anderen alternativ dagegensetzt. Und nun kommt Herr Caffier mit der Theorie, die ja zunächst mal richtig ist, es könnten ja viele Enquetekommissionen in einer Legislaturperiode eingesetzt werden. Und wenn der Vorsitzende jedes Mal gewählt wird, dann könnte das ja theoretisch immer auf die gleiche politische Gruppierung zulaufen. Theoretisch richtig. Und dann kommt der großartige Verteidiger der parlamentarischen Demokratie Lorenz Caffier und sagt: Nee, das wollen wir nicht, das machen wir anders. Aber es wäre ganz einfach anders zu lösen, wenn Sie sagen würden, bei Enquetekommissionen läuft das genauso nach dem Zugriffsverfahren. Nur, genau das schreiben Sie ja nicht in Ihrem Antrag, sondern Sie wissen, welche Situation jetzt, hier und heute in diesem Landtag herrscht. Deswegen sagen Sie, Enquetekommissionen und Sonderausschüsse bilden eine gemeinsame Zählreihe, und dann geht es nach dem Zugriffsverfahren. Denn wir wissen alle, dass wir einen Sonderausschuss gehabt haben, Vorsitzender war ein Sozialdemokrat. Und wenn wir Ihrer Formulierung folgen würden, dann wäre nicht die Demokratie gerettet, sondern dann wäre das inhaltliche Ziel der CDU, dass sie nämlich das Zugriffsrecht auf diesen Vorsitzenden hat, das wäre gerettet. Und das und nichts anderes, nicht mehr und nicht weniger ist Ihr Ziel! Sie wollen mit pseudojuristischen Argumenten politisch sicherstellen, dass Sie das Zugriffsrecht auf diesen Vorsitz haben. Das ist alles.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Nichts weiter.)

Und dieses halten wir nicht für legitim.

Deshalb, rein rechtlich betrachtet, würden wir auch mit Ihrem Vorschlag der Vorgabe des Landesverfassungsgerichtes folgen. Aber, ich glaube, es ist klar geworden, dass wir dieses nicht tun werden, sondern dass wir Ihren Änderungsantrag selbstverständlich ablehnen und bei unserer Position, die ich inhaltlich begründet habe, bleiben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Kreuzer?

Von Herrn Kreuzer selbstverständlich.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der PDS)

Bitte sehr, Herr Kreuzer.

Danke schön.

Herr Müller, da langsam, aber sicher sich auch der größte Vorrat an Geduld aufbraucht, denke ich, wird es doch Zeit, die Frage zu stellen, und die stelle ich jetzt an Sie: Haben Sie ein Zeitgefühl dafür, wie lange wir der CDU-Fraktion nun noch nachlaufen sollen und ihnen sagen sollen, bitte, bitte, nun macht doch endlich mit in der Enquetekommission? Meinen Sie nicht, dass es an der Zeit ist, jetzt festzustellen, die CDU ist nicht interessiert an der Arbeit, sondern nur an der Besetzung eines Repräsentativpostens, und dabei bleibt es eben?

Herr Kollege, auch wenn wir dieses so feststellen, bin ich der Meinung, und ich glaube, ich habe das einleitend ausgeführt, dass ich aus übergeordneten Gründen an einer Mitarbeit der CDU interessiert bin. Fakt ist, dass wir vier Arbeitsgebiete in dieser Enquetekommission haben. Im Einsetzungsbeschluss können Sie

die nachlesen. Den Punkt 1 werden wir in Kürze zu Ende bringen und ich glaube, wir werden ihn ohne die CDU zu Ende bringen. Und auch im Punkt 2 sind wir sehr weit, was die Akzeptanzhilfen angeht. Wir werden dann aber in den weiteren Beratungen der Enquetekommission die Themen Speckgürtelproblematik – ich darf das mal so locker ausdrücken – und Funktionalreform ansprechen. Und ich hielte es für sinnvoll, wenn die CDU bei diesen Themen ihre Position mit einbringt. Das heißt nicht, dass wir alles, was gewesen ist, wieder aufrollen, der CDU zuliebe, aber bei den weiteren Diskussionen hätte ich sie gern dabei.

Damit, meine Damen und Herren, habe ich Ihnen in Beantwortung der Frage des Kollegen Kreuzer auch schon einen kleinen Zwischenstand gegeben und einen kleinen Ausblick auf das, was auf uns zukommt. Dass der Begriff „Funktionalreform“ da drinsteht – Kollege Markhoff ist gerade reingekommen –, geht übrigens auf Kollegen Markhoff zurück. Wir hatten das im Einsetzungsbeschluss ganz allgemein formuliert. Er wollte, dass der Begriff enthalten ist, wir haben ihn reingenommen. Und wir haben in der Einsetzung ganz viel einvernehmlich gemacht, auch die sechs Personen, Herr Caffier. Wir haben nur fünf Personen von Seiten der Koalition namentlich vorgeschlagen. Fünf! Und es war die Ausführung von Herrn Markhoff, der gesagt hat, da muss noch ein Landrat rein, ihr habt da zwar den Landkreistag drin als Organisation, aber da muss unabhängig vom Landkreistag noch ein Landrat rein. Dem haben wir zugestimmt. Übrigens, da können Sie Kriterien, von denen Sie vorhin gesagt haben, die gibt es ja gar nicht, die können Sie aus unserer Innenausschussdiskussion – ich glaube, ich habe das Protokoll dabei – wunderbar rauslesen. Da können Sie alles nachlesen und da können Sie auch rauslesen, dass wir sinnvollen Argumenten wie denen, dass da ein Landrat rein muss, unabhängig vom Landkreistag, sehr wohl gefolgt sind. Also, so böse, wie Sie uns hier gerne hinstellen, sind wir ja gar nicht, sondern sinnvollen Argumenten gegenüber sind wir sehr offen.

Und wir haben uns damals einvernehmlich auf Herrn Kautz geeinigt. Herr Kautz hat uns nun schriftlich mitgeteilt – wir kennen alle den Hintergrund, er ist als Landrat nicht wiedergewählt worden –, dass er seine Arbeit einstellt. Nun haben Sie gesagt, wir als Koalition hätten ja nicht das Vorschlagsrecht. Jeder Abgeordnete in diesem Landtag hat das Vorschlagsrecht und jeder Abgeordnete hat das Recht vorzuschlagen, dass wir an Stelle von Herrn Kautz Herrn X oder Frau Y benennen können. Und wir haben von unserem parlamentarischen Recht Gebrauch gemacht, Herr Caffier, und ich weiß auch nicht, wo da die Untat liegen soll, dass wir dieses tun, sondern ein Funktionsträger scheidet aus und wir schlagen einen anderen vor.

Wenn Sie meinen, der Vorschlag sei nicht so günstig, dann kann ich Ihnen sagen, wir haben, ich wiederhole es, vor uns insbesondere die Schwerpunkte Funktionalreform und Stadt-Umland-Problematik. Zum Thema Funktionalreform hätten wir sicherlich eine Reihe von interessanten Kandidatinnen und Kandidaten. Zur Frage der StadtUmland-Problematik müsste man schon ein bisschen genauer gucken. Und wir wollten auch das, was wir damals im Innenausschuss beschlossen haben, dass es ein Landrat sein soll, nicht aufgeben. Also haben wir unter den Landräten zu suchen. Landräte wie Herr Wack aus

Uecker-Randow oder Herr da Cunha aus Güstrow scheiden aus, weil sie meines Erachtens nicht Spezifika mitbringen können, denn sie haben eben nicht die StadtUmland-Probleme, sie haben keine Grenze zu einer kreisfreien Stadt. Damit scheiden einige Landräte von vornherein aus.

Dann haben wir einige Landkreise, in denen die Landräte soeben neu gewählt worden sind, wie etwa in Mecklenburg-Strelitz, oder wo das Ganze noch in der Schwebe hängt, wie etwa auf Rügen. Ich denke, es wäre nicht sinnvoll, wenn wir einen völlig neuen Landrat hier für eine solche Funktion vorschlagen würden, sondern es wäre schon gut, er könnte aus einem erheblichen Erfahrungsschatz schöpfen und könnte aus dem Erfahrungsschatz etwas für die Arbeit der Kommission einbringen. Damit bleiben eigentlich nur noch vier. Das sind die Landräte von Demmin, Parchim, Ludwigslust und Bad Doberan.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ostvorpommern.)

Pardon, Herr Kollege, ich hatte gesagt, wenn wir einen neuen Landrat haben, dann wollte ich ihn nicht nehmen. Ich dachte, in Ostvorpommern kriegen wir einen neuen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Es gibt ja eine neue Landrätin dort.)

Ach so, na gut.

Und noch einen würde ich gerne ausschalten, nämlich den aus Nordvorpommern. Der sitzt nämlich in der Kommission schon drin. Es würde natürlich keinen Sinn machen, ihn jetzt in anderer Funktion zu benennen. Damit haben wir die genannten vier.

(Vizepräsidentin Kerstin Kassner übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube, Demmin ist von seiner Struktur her nicht so sehr durch die Speckgürtelproblematik geprägt, sondern eher durch die dünne Besiedlung und die extreme Strukturschwäche. Da könnte Herr Jelen sicherlich etwas beitragen. Parchim und Ludwigslust sind Sektoralkreise in Bezug auf die Landeshauptstadt Schwerin und deswegen ist unser Vorschlag entstanden, den Mantelkreis Bad Doberan mit seinem Landrat Herrn Leuchert hier in die Diskussion einzubringen. Wir haben Herrn Leuchert gefragt. Herr Leuchert ist dazu bereit. Und ich halte dies für einen aus der Sache heraus guten und sinnvollen Vorschlag. Und wenn Sie anderer Meinung sind, dann sollten Sie vielleicht einen anderen Vorschlag machen und sollten ihn auch begründen. Wir haben das für unseren Vorschlag getan. Zu sagen, aus grundsätzlichen Überlegungen spielen wir nicht mit, dieses, Herr Caffier, ist zu einfach.

Also, meine Damen und Herren, ich darf zusammenfassen: Wir haben ein Urteil des Landesverfassungsgerichtes. Selbstverständlich setzen wir dieses Urteil um. Selbstverständlich kommen wir zu einer klaren, eindeutigen und juristisch sauberen Regelung. Wir bleiben dabei, dass Enquetekommissionen etwas anderes sind als parlamentarische Ausschüsse. Wir respektieren die Arbeit der Nichtparlamentarier, wir respektieren ihr Engagement und wir geben ihnen nicht nur das Gefühl, sondern die Realität, dass sie auf gleicher Höhe mit den Abgeordneten in einer solchen Kommission arbeiten.

Und das ist für mich das wichtigste Stichwort. Diese Kommission soll und muss arbeiten. Sie tut es, sie tut es mit großem Erfolg und ich glaube, sie wird es auch in den

übrigen Arbeitsfeldern, die fachlich sehr schwierig werden, mit Erfolg tun. Das sollten wir befördern, das sollten wir unterstützen. Wir sollten Beiträge leisten zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes einschließlich der kommunalen Ebene

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

und nicht versuchen, parteipolitische Süppchen zu kochen und aus parteipolitischem Egoismus Sand ins Getriebe zu streuen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Vielen Dank, Kollege Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Caffier von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Gestatten Sie mir einige Klarstellungen, Richtigstellungen, aber auch noch mal abschließend ein Angebot. Es ist korrekt, dass ich die Arbeitsgruppensitzung im Vorfeld untersagt habe oder nicht genehmigt habe und das auch im Ältestenrat so definitiv mitgeteilt habe. Es ist aber nicht korrekt, dass ich gesagt habe, ich genehmige gar keine, sondern ich habe gesagt, wenn der Beschluss im Landtag realisiert ist,

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das.)

dann kann sie sofort im Anschluss daran tagen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist das.)

Es ist so, dass wir Ihrer Fraktion und der PDS-Fraktion entgegengekommen sind, da der Tagesordnungspunkt 23, der zuerst abends drauf war, bereits jetzt dran ist.