Protokoll der Sitzung vom 30.01.2002

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Das, meine Damen und Herren, ist die kommunalfreundliche und zukunftsorientierte Finanzpolitik der Landesregierung zur Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung der Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern. Natürlich sind damit nicht alle finanziellen Probleme unserer Kommunen im Lande gelöst. Manche Wünsche nach mehr Geld werden wohl auf ewig unrealistisch bleiben. Ich verfolge das Ziel, in Zeiten knapper Ressourcen effizient zu wirtschaften, und zwar Land und Kommunen gemeinsam.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich weiß durch vielerlei Gespräche, dass wir viele engagierte Mitstreiter an unserer Seite haben. Sparsamkeit und Phantasie auf Seiten aller politisch und administrativ

Verantwortlichen sind natürlich hier auf allen Ebenen gefragt, bei den Kommunen ebenso wie bei der Polizei, in den Schulen und anderswo.

(Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

Wie man dieses machen kann, habe ich in der letzten Woche in der Landeshauptstadt im Hinblick auf die Umsetzbarkeit des Großvorhabens BUGA 2009 vor Augen führen können.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Dies ermöglicht einen dreistelligen Millionenbetrag Euro seitens der öffentlichen Hand zur Stadtentwicklung und zur Belebung der örtlichen Wirtschaft. Herr Böttger, Sie schmunzeln?!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Gerd Böttger, PDS: Ich freue mich.)

Es wird in diese Richtung gehen.

Wenn wir nun die Ausgabenseite unserer Kommunen im Bundesvergleich darstellen, dann müssen wir unter dem Strich Folgendes feststellen: Obgleich von Jahr zu Jahr der Personalkostenaufwand spürbar abgesenkt werden konnte, liegt der Personalbesatz pro 1.000 Einwohner hierzulande immer noch höher als in den westdeutschen Bundesländern. Gleiches gilt für die durchschnittlichen Personalkosten. Außerdem: Der laufende Sachaufwand ist zwar rückläufig, aber immer noch höher als der Durchschnitt der übrigen neuen Bundesländer. Und auch im Bereich der kommunalen Unternehmen lassen sich Effizienzpotentiale erschließen.

Wir müssen heute feststellen, dass die Kommunen mehr in ihre Unternehmen reinstecken, als sie herausholen können. Das ist eine für die weitere Entwicklung der kommunalen Unternehmenstätigkeit schwierige Ausgangslage. Ich kann nur raten, auch in diesem Bereich die Kooperation mit Privaten oder mit anderen Kommunen intensiv weiterzubetreiben. Einiges dazu ist im Kommunalen Haushaltsbericht 2000 mitgeteilt worden.

Wenn ich zu Beginn des Jahres 2002 nach vorne schaue, dann darf ich drei Dinge hervorheben:

Erstens. Das Konnexitätsprinzip wird die Kommunen vor Aufgabenübertragungen schützen, die nicht bezahlbar sind.

Zweitens. Der Gleichmäßigkeitsgrundsatz verknüpft die Einnahmen von Land und Kommunen rechtlich klar. In guten und in schlechten Zeiten sitzen wir nun auch durch Gesetz in einem Boot.

Drittens. Effizienzgewinne liegen bei der Senkung von Verwaltungsausgaben. Deshalb wird zu Beginn der nächsten Legislaturperiode die Umsetzung dessen, was in der Enquetekommission des Landtages dieser Legislaturperiode an Beschlüssen gefasst wird, eine zentrale Aufgabe zwischen Land und Kommunen sein. Ich meine, hier liegen noch sehr viele Ressourcen, die wir erschließen können.

Wenn, meine Damen und Herren, Land und Kommunen diese ehrgeizigen Ziele im Blick behalten, brauchen wir auch in Zeiten knapper öffentlicher Haushaltslagen den Leistungsvergleich der Kommunen über die Landesgrenzen hinaus nicht zu scheuen. Daran arbeiten wir und wir

werden auch in Zukunft daran weiterarbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat die Vorsitzende der PDS-Fraktion Frau Gramkow. Bitte sehr, Frau Gramkow.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus eigener Erfahrung einer zehnjährigen aktiven Kommunalpolitik sage ich, die finanzielle Situation der Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern ist kompliziert. Trotzdem funktioniert die kommunale Verwaltung und Bürgerorientierung. Dafür gilt unser Dank – vielleicht ja auch der Dank des Hauses – den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern, ihren Verwaltungen und ihren Kommunalen Spitzenverbänden für ihre engagierte Arbeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, PDS und Dr. Armin Jäger, CDU – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Und das gilt gerade, weil diese Arbeit im Spannungsfeld zwischen Kommunen und Land stattfindet. Die Hoffnung der 90er Jahre, Herr Jäger, dass unsere Kommunen ganz schnell ein annähernd gleiches Entwicklungsniveau erreichen wie die westdeutschen Kommunen, ist ja wohl nicht eingetreten.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Leider nicht. – Wolfgang Riemann, CDU: Ja, leider.)

Fakt ist, dass unsere Kommunen nur 40 Prozent der Steuerkraft vergleichbarer westdeutscher Kommunen haben.

(Wolfgang Riemann, CDU: Herr Timm hat aber eben was anderes erzählt. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Die Ursache dafür ist das anhaltend niedrige Wirtschaftsniveau. Und warum ist eigentlich die Gewerbesteuer eine kommunale und die Biersteuer eine Landessteuer? Und natürlich sind auch die hohe Arbeitslosigkeit und die Einkommensschwäche sowie der Bevölkerungsrückgang dafür ursächlich verantwortlich. Und hinzu kamen ja, Herr Rehberg, bundespolitische Gesetze, die die Kommunen zusätzlich belasteten. Aber: Die Steuersenkungsgesetze und die Unternehmenssteuerreform werden somit 21 Milliarden Euro für die Kommunen bedeuten. Was hätte es bedeutet, wenn die CDU sich durchgesetzt hätte mit den Grausamkeiten, die Sie vorgeschlagen haben, auch jetzt mit der Vorziehung der Steuerreform? Sagen Sie das auch dazu?

(Wolfgang Riemann, CDU: Dann hätte es einen Ausgleich gegeben, Frau Gramkow, so wie früher auch. – Zurufe von Angelika Peters, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine Damen und Herren! Unsere Kommunen hängen zu 55 Prozent am Tropf des Landes.

(Zurufe von Dr. Gerhard Bartels, PDS, und Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Dies macht ihre große Abhängigkeit deutlich, auch von politischen Unwägbarkeiten im 4-Jahres-Rhythmus.

Das Ungleichgewicht, was wir im Einnahmebereich und nicht nur bei den Steuern zu verzeichnen haben, trifft natürlich auch den Ausgabenbereich. Oder sehen Sie

etwa nicht die Zunahme im Sozialkostenbereich und auch bei der Jugendhilfe?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, genau.)

Drastische Reduzierungen bei Personalkosten und bei den Sachausgaben konnten doch hier die Finanzsituation nicht nachhaltig verbessern. Zur Finanzierung wurde Vermögen verkauft und jetzt geht – und das können Sie in dem Bericht nachlesen – der Griff in die Rücklagen. Diese Situation führt zu einem drastischen Rückgang in der Investitionstätigkeit, der doch nun wirklich bedenklich ist.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Eben! Das scheint aber Ihr Minister nicht gelesen zu haben.)

In dieser Situation hat allerdings die Landesregierung angesichts der eigenen Haushaltslage fair und abfedernd reagiert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Eckhardt Rehberg, CDU: Das kommt mir alles so bekannt vor.)

Der Minister ist auf diese Situation eingegangen. Aber – und das sage ich hier auch klar – all diese Maßnahmen wirken nur dämpfend, sie lösen die eigentlichen Probleme nicht. Aus Sicht der PDS-Fraktion ist es unabdingbar – und ich sage das, weil der Innenminister das gesagt hat und ich das ja neuerdings sogar im Wahlprogramm der CDU lese –, dass eine Gemeindefinanzreform stattfinden muss.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Klar.)

Dabei geht es nicht um das Mehr, sondern es geht darum, wie die Finanzierung der Kommunen zukünftig erfolgen kann, ob man den Forderungen zur Abschöpfung der Gewerbesteuer nachgibt oder – wofür wir eintreten – darüber nachdenkt, die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer zu verbreitern. Sollten wir nicht darüber nachdenken, dass die Finanzierung der Landkreise strukturell völlig überholt ist, indem sie ausschließlich über die Kreisumlage verfügen? Warum gilt eigentlich das Prinzip „Wer bestellt, der bezahlt auch.“ auf Bundesebene nicht?

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Und warum kann man nicht aus den Gewinnen der UMTS-Lizenzen den Kommunen eine Investitionspauschale zur Verfügung stellen?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Richtig.)

Zweitens. Wir sehen Novellierungsbedarf im Finanzausgleichsgesetz des Landes. Einige Stichworte sind hier die Berücksichtigung von Schülerbeförderungskosten, der öffentliche Personennahverkehr und auch Veränderungen in der Theaterfinanzierung, die Berücksichtigung der Stadt-Umland-Funktionen, indem man zum Beispiel darüber nachdenkt, Kooperationen zu belohnen.

Drittens. Es ist unabdingbar, dies zu verbinden mit den ernsthaften Ansätzen zur funktionalen Verwaltungsreform, die es hier weiterzuentwickeln gilt. Die PDS-Fraktion ist weiterhin bereit, in Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene sich diesem Problem zu stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion Herr Schlotmann. Bitte sehr, Herr Schlotmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema dieser Aktuellen Stunde ist zugegebenermaßen kein Thema zum Jubeln, weder für die Regierungsfraktionen noch für die Opposition, und auch kein Thema, bei dem sich Politiker beruhigt zurücklehnen können, aber auch kein Thema für einseitige Schuldzuweisungen oder für Diskussionen unter dem Motto „Das Abendland geht unter“.

Ich sage Ihnen ernsthaft, inhaltlich ist es von Herrn Rehberg auch gar nicht gewollt, dieses Thema, sondern – zumindest nach unserer Einschätzung – ein sehr dünner Auftakt für das Wahljahr, so ist es wohl gemeint.