Protokoll der Sitzung vom 30.01.2002

(Dr. Ulrich Born, CDU: Die er vorher schon zurückbehalten hat.)

Damals betrug der kommunale Eigenanteil im Bereich der GA übrigens noch 20 Prozent.

Was glaubt denn diese Landesregierung, was glaubt denn der Ministerpräsident, was glaubt denn der Wirtschaftsminister, wann die Kommunen ihre Haushalte aufstellen, wann sie Investitionen auslösen?

(Dr. Ulrich Born, CDU: Gar nichts, der glaubt gar nichts.)

Was glaubt denn diese Landesregierung, wie viel Spielraum Nachtragshaushalte der Gemeinden haben? Und glaubt denn diese Landesregierung, jede Gemeinde dieses Landes benötigt Investitionen in die touristische Infrastruktur

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

oder dass jede Gemeinde einen Hafen hat, der Investitionen benötigt? Auch hier war und ist die Investitionsbreite der GA zu gering ausgelegt und sie ist es noch heute. Auch wenn es nur 20 oder 10 Prozent kommunaler Eigenanteil bei der GA sind, die Gemeinden, eine Vielzahl von Gemeinden sind damit schon überfordert, Herr Ministerpräsident und Herr Beschleunigungsminister! Dieses auch deshalb, meine Damen und Herren, weil weder bei der Dorferneuerung noch im Wasser- und Abwasserbereich, noch in der Städtebauförderung der kommunale Eigenanteil gesenkt wurde, sondern im Gegenteil, er hat sich seit Regierungsantritt von Rot-Rot im Land erhöht. Und wo ist hier die Kommunalfreundlichkeit der Landesregierung?

Und, Herr Innenminister, wenn Sie das Konnexitätsprinzip uns hier lang und breit erläutert haben: Eineinhalb Jahre – und im Dezember waren es ein und ein halbes Jahr nach der Verfassungsänderung – ist diese Landesregierung immer noch nicht fertig, eine klare, mit den Kommunalverbänden abgestimmte Aussage zu treffen, was unter dieses Konnexitätsprinzip fällt und wie die notwendigen Folgekostenschätzungen vorgenommen werden. Das, meine Damen und Herren, ist eine Missachtung des Willens dieses Parlaments und der Gemeinden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Das ist die Unterordnung von Minister Timm unter das Diktat der Finanzministerin.

Herr Riemann, kommen Sie bitte zum Schluss!

Einen letzten Satz: Wie sieht die Situation aus? Landkreise und Gemeinden fahren …

Einen letzten Satz, Herr Riemann, sagten Sie.

Ja, das ist der letzte Satz.

Dann machen Sie einen letzten Satz.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Der macht seine Sätze ohne Interpunktion.)

Landkreise und Gemeinden fahren die Investitionen zurück, das Wachstum verharrt im Minusbereich, die Besten gehen in den Westen und diese Landesregierung hat weder ein Konzept für die Kommunen noch für die Menschen in diesem Land. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Nach meiner Zeichensetzung waren das vier Sätze, Herr Riemann.

(Wolfgang Riemann, CDU: Mit Kommas. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Frau Schulz von der PDS-Fraktion, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Das von der CDU in der heutigen Aktuellen Stunde ausgewählte Thema „Kommunalfinanzen“ war, ist und bleibt immer aktuell. Es passt also thematisch zunächst auch in eine Aktuelle Stunde, könnte man meinen. Gleichzeitig aber – und das dürfte den hier Anwesenden doch unstrittig sein – ist die Behandlung eines derart komplexen Themas in einem zeitlichen Rahmen von 60 Minuten kaum möglich, noch weniger, wenn sich damit die finanzielle Situation der Gemeinden und Städte im Land überhaupt nicht verändert.

Meine Damen und Herren, die Kommunalfinanzen lassen sich mindestens von folgenden drei Ebenen aus analysieren und bewerten:

Erstens. Die Beziehungen zwischen Bund, Land, Kommunen und EU haben wir auch zu berücksichtigen. In diesen Komplex gehören neben EU-Vorgaben, Bundes- und Landesgesetzgebung die konjunkturelle Gesamtentwicklung der Volkswirtschaft mit all ihren Auswirkungen und Verflechtungen und natürlich die finanzpolitische Großwetterlage.

Zweitens geht es um die Beziehungen zwischen Land, Landkreisen und Gemeinden. Hier stellt sich beispielsweise bereits einnahmeseitig ein sehr differenziertes Bild dar. Der Innenminister hat darauf verwiesen: kreisangehörige Gemeinden mit einem positiven, Landkreise und kreisfreie Städte mit einem eher negativen Finanzierungssaldo. Dies sagt zunächst nur einmal, dass ein Pauschalurteil fehl am Platze ist, meine Damen und Herren.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Drittens. Schließlich lassen sich Fragen der Kommunalfinanzen auch im Rahmen des Ländervergleichs, insbesondere unter den neuen Bundesländern, behandeln. Und wenn wir uns den Bericht zur kommunalen Haushaltslage ansehen, dann werden die Finanzausgleichsleistungen

der Kommunen in unserem Bundesland im oberen Bereich der neuen Länder eingeordnet.

Meine Damen und Herren! Die Entwicklung des Steueraufkommens, das Verhältnis eigener Einnahmen zu Bundes- und Landeszuweisungen, der Stand der Verschuldung, die kommunalen Ausgaben und der Finanzbedarf, dies alles sind notwendige Aspekte, deren vollständige Benennung allein schon als Beantwortung in dieser Aktuellen Stunde gar nicht gegeben werden kann. Grundsätzlich kann und muss man zum Komplex „Kommunalfinanzen“ aus der Sicht der Arbeit des Landes aber Folgendes aussprechen und festhalten:

Erstens. Im Doppelhaushalt 2002 und 2003 haben SPD und PDS die Verankerung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes zur Bemessung der Finanzausgleichsleistungen festgeschrieben, ganz im Unterschied zu Zeiten Ihrer Regierungsverantwortung, meine Damen und Herren von der CDU!

(Beifall Angelika Gramkow, PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Da gab es mehr. Da gab es 28 Prozent.)

Fragen – Herr Jäger, hören Sie mir genau zu! –, die in den letzten Jahren immer wieder Zankapfel aus der Sicht der Kommunen waren, sind planungssicher entschieden, und zwar so, dass bei Mehreinnahmen die Kommunen beteiligt werden und bei Mindereinnahmen die Größe für die Kommunen mit 2,5 – das wissen Sie ganz genau – festgeschrieben ist,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wir waren noch nie drunter. Wir waren noch nie drunter.)

also zugunsten der Kommunen entschieden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist Sozialhilfedenken.)

Damit habe ich den zweiten Punkt „Festschreibung der 2,5 Milliarden“ benannt und habe gleichzeitig benannt, dass wir das auch für das Jahr 2003 gemacht haben, nämlich im Unterschied zu Ihrer Regierungsverantwortung, wo Sie uns 1998 einen großen Schuldenberg hinterlassen haben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Absolut falsch, was Sie da sagen.)

Drittens. Es geht um die Verpflichtung, Ausgleichszuweisungen

(Dr. Armin Jäger, CDU: Absolut falsch.)

nach dem Konnexitätsprinzip zu gewähren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nee, Sie haben keine Ahnung.)

Ich denke, damit ist der kommunalen Finanzsituation kein Glorienschein aufgesetzt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie wissen alles besser.)

Meine Kollegin Frau Gramkow hat eben Handlungsfelder, an denen wir weiter arbeiten müssen, benannt. Aber ich denke, wir sollten dann auch das, was Sie in Ihrem Wahlprogramm festgeschrieben haben, ernst nehmen und gemeinsam dafür sorgen, dass neben der Verankerung in unserer Landesverfassung dieses auch im Grundgesetz erfolgt. Diese Grundentscheidungen, meine Damen und Herren, sind allesamt – auch im Gegensatz

zur Arbeit in der letzten Legislatur – in Übereinstimmung mit den kommunalen Verbänden unseres Landes getroffen und nicht nur getroffen, sondern gemeinsam erstritten worden,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

denn durch die weiterhin unproportionale Finanzkraft unserer Kommunen behält der kommunale Finanzausgleich einen zentralen Stellenwert.

In dem bereits erwähnten Bericht zur kommunalen Haushaltslage werden eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen zur weiteren Verbesserung. Zu zweien möchte ich mich noch abschließend äußern:

Erstens zur Verstetigung beziehungsweise Erhöhung eigener Einnahmen im Bereich der Gebühren und Beiträge. Das ist zunächst aus landespolitischer Sicht eine verständliche, weil unschädliche Forderung. Aus kommunalpolitischer Perspektive sieht dies aber bereits ganz anders aus. Bei einer notwendigen Novellierung auch des Kommunalabgabengesetzes wird dieser Strauß konstruktiv auszufechten sein, allerdings im Interesse des Landes und der Kommunen und vor allem seiner Bürgerinnen und Bürger.

Zweitens noch eine Bemerkung zur Zusammenlegung kleiner Gemeinden. Und hier sind wir auf den ersten Blick mitten in der Arbeit der Enquetekommission. Wagen wir den zweiten um zukunftsfähige Gemeinden, dann geht es auch darum, optimale Lösungen in den Stadt-UmlandBeziehungen und eine umfassende Funktionalreform durchzusetzen. Das ist in dieser Legislatur kaum noch zu leisten, darum werden wir weiterarbeiten müssen. Sorgen wir gemeinsam dafür, …

Frau Schulz, …