Protokoll der Sitzung vom 31.01.2002

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ich nehme zum Anlass, dass zwei Meldungen uns in diesen Tagen erreicht haben: Das eine ist, was der Umweltminister sagte, der Stand der Verabschiedung der Novellierung des Bundesgesetzes und das Zweite ist die Meldung, die uns heute erreicht hat, nämlich dass die Klage in Hinsicht Wakenitz vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen ist.

(Beifall Dr. Manfred Rißmann, SPD)

Hier war es quasi die Anwendung einer Verbandsklage, nicht nur, aber auch eines Verbandsklagerechtes, was dazu geführt hat, dass die Ostseeautobahn bei Lübeck nicht aufgehalten wird, sondern dass die Wakenitz durchquert wird. Und ich halte dies auch für eine gute Nachricht. Das muss ich ganz klar hier sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das, was Sie sonst oft als Phantom an die Wand gemalt haben, nämlich diese Zelebrierung des wirtschaftlichen Niederganges, wenn ein solches Klagerecht eingeführt wird,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

hier haben Sie ein solches Beispiel, dass die Klage abgewiesen wurde und mit höchster Wahrscheinlichkeit auch nicht noch einmal vor dem Bundesverfassungsgericht landet. Was ich bedauere, ist die zeitliche Verzögerung.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja eben. Ja eben.)

Das muss man auch mal so sehen. Die meisten Klagen gehen übrigens nicht positiv für die Verbände aus. Das haben wir Ihnen hier schon seit Jahren auch statistisch nachgewiesen. Und auch dieses Urteil wird zeigen, dass man in Zukunft sorgfältiger bei Planungsvorbereitungen vorgeht und dass man natürlich auch immer weiß: Aha, es gibt dann die Möglichkeit eines Klagerechtes. Sei also sorgfältig und arbeite vernünftig.

(Peter Ritter, PDS: Drum prüfe, wer sich ewig bindet!)

Und das ist eine Art, sagen wir mal, präventive Funktion, aber kein Vetorecht. Das haben wir heute auch mit diesem Urteil erfahren. Insofern, meine ich, sollten wir uns jetzt auf den Abschluss der Novellierung in unserem Landesnaturschutzgesetz konzentrieren und das Bundesrecht, das ja unabhängig von uns in Kraft tritt, auch umsetzen.

Ja, ich war eigentlich am Schluss meiner Ausführungen. Ich sehe aber, es gibt noch eine...

Herr Jäger, Sie wollen eine Frage stellen? Erlauben Sie das, Herr Klostermann?

Bitte sehr, Herr Jäger.

(Zuruf von Siegfried Friese, SPD)

Herr Kollege Klostermann, darf ich aus den letzten Ausführungen Ihrer Rede entnehmen, dass Sie ein extremes Misstrauen gegen die Naturschutzbehörden unseres Landes haben, weil Sie sagen, wir brauchen eine Verbandsklage,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Caterina Muth, PDS: Oh! Herr Jäger!)

damit die sorgfältig arbeiten?

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Denken Sie sich doch mal was Neues aus, Herr Jäger! Das ist ja! – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Und der zweite Teil ist: Können Sie uns sagen, wie lange dieses Verfahren, das jetzt einen, ich glaube, für das Land glücklichen Abschluss gefunden hat, die tatsächliche Entwicklung aufgehalten hat?

Also die zweite Frage ist spekulativ: hätte, wäre, wenn. Zumindest ist für mich der Zeitraum zu lang, vielleicht zwei Jahre zu lang. Aber Sie wissen, es war ein sehr umständliches Verfahren.

Zum Ersten: Misstrauen ist nicht das richtige Wort, Herr Kollege Jäger.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Ich denke, es muss das Recht geben, noch einmal gegen eine Verwaltungsentscheidung vorzugehen, in dem Moment, wo ich nicht persönlich betroffen bin – Sie wissen es ja selbst am besten –, sondern wo die Natur nicht als Kläger auftreten und dann ein Verein diese Klage vorbringen kann.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Beate Mahr, SPD)

Das halte ich für ein demokratisches Grundrecht, wenn wir die Natur auch einbeziehen, von der wir leben wollen.

(Angelika Gramkow, PDS: Müssen.)

Ja, wenn es Ihnen reicht. – Danke sehr.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Frau Muth, Sie haben das Wort. Bitte sehr. Frau Muth gehört zur PDS-Fraktion.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Angelika Gramkow, PDS: Da bleibt sie auch.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich kenne die meisten von Ihnen und vor allen Dingen die Umweltpolitikerinnen und -politiker ja schon ein paar Jahre.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, PDS: Und man ist immer wieder überrascht.)

Zu Ihrem heutigen Antrag zum Bundesnaturschutzgesetz muss ich sagen, Sie hatten hier und da schon mal bessere Anträge.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber nicht sehr oft, nicht sehr oft!)

Angesichts der Inhaltsleere Ihres jetzt vorliegenden Antrages fällt es mir auch nicht gerade leicht, mich mit diesem auseinander zu setzen, aber ich will es trotzdem versuchen.

Da wir nicht zum ersten Mal zu diesem Problem Naturschutzgesetznovelle sprechen und uns damit beschäftigen, gibt es ja ein großes Sammelsurium an Äußerungen auch der Opposition. Und der Minister ist vorhin schon darauf eingegangen, dass uns Frau Holznagel bereits in einem Antrag der CDU vom 21.03.2001 aufgefordert hat, die Novelle des Landesnaturschutzgesetzes auszusetzen, da das Bundesgesetz, also das Rahmengesetz, noch nicht verabschiedet ist. Wenn wir jetzt vermuten, dass sie

damals vielleicht auf Inhalte eingegangen wäre oder auf mögliche Belastungen für Landwirte oder öffentliche Haushalte, der irrt. Nein, Frau Holznagel hat damals nur versucht, uns darauf hinzuweisen, dass es doch demokratischer wäre zu warten, bis der Bund so weit ist.

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Nun, Frau Holznagel, ein Jahr später sind Sie nun so weit, dass Sie erkennen, dieses Bundesgesetz hat doch wirklich Auswirkungen. Also das ist ja ein Ding!

(Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS, und Peter Ritter, PDS)

Und Sie stellen das fest, nachdem der Bundestag das Gesetz bereits in der Zweiten Lesung verabschiedet hat, Sie stellen es fest, nachdem der Bundesrat sich damit befasst hat, Sie stellen es fest, nachdem der Vermittlungsausschuss sich nun auch schon damit befasst hat.

(Peter Ritter, PDS: Es ist ja ein Wunder, dass das heute kein Dringlichkeitsantrag war.)

Guten Morgen, kann ich da nur sagen! Guten Morgen!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Interessant sind Ihre Feststellungen darüber hinaus natürlich auch, wenn Sie zum Beispiel von zusätzlichen Belastungen der öffentlichen Haushalte und der Landwirtschaft sprechen oder diese betrachten. Und ich sage Ihnen, und jetzt werde ich etwas ernster als bisher, da Sie ja Ökologin sind, denke ich, wenn Sie hier als umweltpolitische Sprecherin agieren: Kann man im Ernst einen ökologischen Wandel von Produktionsweise anstreben und dabei von vornherein eine Gruppe wesentlich Beteiligter an diesem Wandel – und das sind Landwirte nun einmal – per Generalvollmacht von allen notwendigen Veränderungen und damit einhergehenden Belastungen ausschließen? Ich denke, das wollen nicht mal Sie! Ist es nicht vielmehr vernünftiger, wenn man zunächst kritisch analysiert und, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, Unvernünftiges im Interesse aller besser sein zu lassen, diese nicht per Generalklausel von dieser Pflicht zur Vernunft zu befreien?