Protokoll der Sitzung vom 12.03.2003

Das wissen Sie auch.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

So, meine Damen und Herren, das sind die Eckpunkte.

Wir müssen uns weiter darüber Gedanken machen, was in den Fachabteilungen der Krankenhäuser passiert Da müssen Konzentrationen stattfinden. Die Diskussion zu den Fallzahlen ist eine ganz entscheidende. Das wird von Ihnen einfach nicht beachtet. Sie tragen hier immer nur populistisch vor sich her, der Bund soll machen, alle sollen machen. Aber da, wo Sie Verantwortung tragen, sagen Sie dazu gar nichts oder sehr wenig.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Entschuldigen Sie, wir haben zwei Redner, Herr Glawe. Hören Sie doch erst zu!)

Meine Damen und Herren, weitere Dinge, die zu klären sind: die Zukunft der KV in Mecklenburg-Vorpommern, die Frage der Fachärzte, die Aussagen zu den Hausärzten. Sie sagen, der Hausarzt als Lotse. Das ist nichts Neues, denn wenn Sie sich zurückerinnern wollen: In den Jahren vorher gab es diese Funktion schon. Es war üblich, dass der Hausarzt eine Überweisung zu einem Facharzt gegeben hat, und dahin wollen Sie jetzt wieder zurückrollen. Das ist, sage ich, nichts Neues, was Sie neu erfinden. Das ist sozusagen der Blick etwa zehn Jahre zurück, da war es üblich.

(Heiterkeit bei Torsten Koplin, PDS: Besinnung auf das, was war.)

Sehen Sie, und das war mal CDU-Politik!

(Heiterkeit bei Torsten Koplin, PDS)

Meine Damen und Herren, eine entscheidende Frage sind auch die Apotheken. Ja, da können Sie nur den Kopf schütteln.

(Zuruf von Andreas Bluhm, PDS)

Apothekenketten, sage ich mal, reden Sie jetzt das Wort. Dann müssen Sie sich auch die Frage stellen: Wollen Sie freie Berufe schützen in diesem Land oder wie gehen Sie mit diesen freien Berufen um? Wie gehen Sie damit um, dass ein Berufsstand, der seit über hundert Jahren etabliert ist, sozusagen von einem Tag zum anderen zur Disposition gestellt wird? Das kann es nicht sein!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Und da fordere ich Sie zum Umdenken auf.

Die Frage der Verweildauer hatten wir vorhin kurz andiskutiert.

Zur Frage der Fallpauschalen. Die Fallpauschalen der Krankenhäuser, die jetzt an den Fallpauschalen arbeiten, liegen im Durchschnitt bei 1.600 Euro pro Fall. Das wird auch zu Finanzierungsproblemen, zu ganz neuen Überle

gungen bei den Betriebskosten in den Krankenhäusern führen. Auch diese Diskussion muss geführt werden und dazu kann ich Sie alle nur einladen. Denn wenn das nicht stattfindet, versäumen wir die Dinge, die in diesem Land am meisten brennen. Das ist die Krankenhausplanung und das ist das Landespflegegesetz, das auch darüber zu befinden hat: Welche Investition ist noch machbar? Wie laufen sie? Wie soll die Versorgung laufen und welche Investitionskosten muss der Heimbewohner zukünftig bezahlen oder auch nicht? Wie hoch ist der Betrag? Diese Diskussionen erwarte ich von Ihnen

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

und nicht hochtrabende Dinge, die Sie hier nicht beeinflussen können. Sie haben auf Bundesebene nichts mehr zu sagen

(Torsten Koplin, PDS: Oh!)

und jetzt versuchen Sie, dieses Medium, den Landtag, einfach als Sprachrohr zu gebrauchen, um dem Bürger noch etwas zu vermitteln. Sie haben im Deutschen Bundestag nur zwei Stimmen und die werden nicht reichen, …

Herr Abgeordneter, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass die Redezeit abgelaufen ist.

… um irgendwelche Gesetzesentscheidungen voranzubringen, meine Damen und Herren. Ich lade Sie …

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Hier hat es noch nicht geblinkt. Aber gut.

(Torsten Koplin, PDS: Er wollte uns doch gerade einladen. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, ich biete Ihnen Zusammenarbeit an in den entscheidenden Fragen: Wie kommen wir im Land Mecklenburg-Vorpommern weiter im Interesse der Arbeit? Wie kommt Beschäftigung ins Land? Wie sichern wir das und wie können wir auch die neuen Aufgaben für die Zukunft im Gesundheitswesen schaffen und sichern? – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Glawe.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der SPD-Fraktion Herr Dr. Nieszery.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, Sinn und Zweck dieser Aktuellen Stunde ist es, dass wir uns hier einmal auf grundsätzliche Positionen bei der Gesundheitsreform verständigen.

(Karin Strenz, CDU: Etwas lauter!)

Ich denke, eine Debatte zum Krankenhausplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist hier nicht angedacht gewesen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

Vor uns liegen wegweisende Reformen im Gesundheitswesen, die langfristig auch die Richtung angeben werden, in die sich die Generalreform unseres Sozialstaates bewegen wird. Wir stehen vor einer politischen Grundsatzentscheidung, die gravierende und wohl auch dauerhafte Auswirkungen auf die Organisation und Zielstellung der sozialen Sicherungssysteme in der Bundesrepublik haben wird. Und die Wahrheit, meine Damen und Herren, liegt irgendwo in der Mitte zwischen „Wünsch dir was“ und einer Erosion unseres Sozialstaates. Deshalb lassen Sie mich gleich zu Beginn festhalten, dass wir Sozialdemokraten zum Solidarprinzip und zur paritätischen Finanzierung im Gesundheitswesen stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Torsten Koplin, PDS: Das ist gut.)

Eine medizinische Versorgung, die ausschließlich den Inhalt eines Geldbeutels berücksichtigt, darf es nicht geben.

Uns ist klar, dass wir das nur erreichen können, wenn wir zwei Dinge gleichzeitig tun: Zum einen müssen wir auf der Ausgabenseite die Wirtschaftlichkeitsreserven konsequent ausschöpfen, zum anderen müssen wir auf der Einnahmeseite Veränderungen in der Beitrags- und Finanzierungsgestaltung herbeiführen. Wirtschaftlichkeitsreserven gibt es in allen Bereichen – bei den Versicherten, bei den Leistungserbringern, im Bereich der Arzneimittelversorgung und natürlich auch bei den Krankenkassen.

Lassen Sie mich einige Beispiele aufzählen. Die freie Arztwahl wird von vielen Versicherten missverstanden oder auch in missbräuchlicher Weise wahrgenommen. Durch die einfache Chipkarte können verschiedene Ärzte aufgesucht werden, ohne dass die Möglichkeit besteht, Diagnose und Medikation aufeinander abzustimmen. Dies ist nicht nur gefährlich, sondern verursacht auch hohe Kosten. Wir plädieren daher für eine konsequente Umsetzung und Umstellung auf das Hausarztprinzip. Und da gebe ich Ihnen Recht, Herr Glawe, das hatten wir schon, aber ich denke, wir haben jetzt einen hohen Missbrauch, der bekämpft werden muss und der sehr kostenintensiv ist. Facharztbesuche dürfen, mit Ausnahme von Notfällen, künftig nur noch möglich sein nach einer vorherigen Überweisung durch den Hausarzt. Wenn das erreicht ist, können wir über Vergütungspauschalen pro Patient reden, wie dies beispielsweise in Italien seit jeher gang und gäbe ist, ohne dass es zu einer Massenverarmung der Allgemeinmediziner oder zu einer höheren Sterblichkeit geführt hätte. Weiterhin ist nichts dagegen einzuwenden, wenn gesundheitsförderndes Verhalten belohnt wird. Allerdings darf das nicht dazu führen, dass Krankheit bestraft wird.

Eine der größten Schwächen unseres Gesundheitssystems ist die strikte Trennung zwischen dem Bereich der niedergelassenen Ärzte und den Krankenhäusern.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD)

Diese führt immer wieder zu teuren Doppeluntersuchungen und -behandlungen, die das Budget der Krankenkassen und natürlich auch die Patienten belasten. Wir begrüßen daher die Pläne der Bundesgesundheitsministerin, eine Verzahnung der Bereiche herbeizuführen. Die fachärztliche Versorgung, unter anderem die teure Gerätemedizin, soll demnach durch direkte Verträge der Ärzte mit den Kassen bedarfsorientiert gesteuert werden. Es kann nicht sein, dass auch weiterhin das Angebot den Bedarf bestimmt. Es ist nicht einzusehen, um einmal ein

drastisches Beispiel zu nennen, warum es im Großraum Berlin genau so viele radiologische Niederlassungen gibt wie in ganz Italien. Offensichtlich haben wir in einigen Bereichen eine eklatante Überversorgung.

Nach den vorläufigen Finanzergebnissen haben die gesetzlichen Krankenversicherungen im Jahre 2002 ein Minus von 2,96 Milliarden Euro eingefahren. Rund zwei Drittel dieses Defizits werden durch die viel zu hohen Ausgaben im Arzneimittelbereich verursacht. Hier ist dringender Handlungsbedarf geboten. Neben einer Novellierung der Arzneimittelpreisverordnung fordern wir eine konsequente Anwendung der Aut-idem-Regelung und die verbindliche Einführung einer Positivliste, die zwangsläufig zu Ausgabenreduzierungen führen wird. Um die Verwaltungskosten der Kassen langfristig zu verringern, unterstützen wir die Forderung, die Fusionsmöglichkeiten der Kassen zu erweitern, die im Falle der AOK auch vor Landesgrenzen nicht Halt machen darf. Zudem ist an einem Risikostrukturausgleich festzuhalten, der zügig und konsequent zu einem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich weiterentwickelt wird.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, PDS)

Ein Problemfall bleiben die versicherungsfremden Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen, die jährlich Einnahmeausfälle und Mehrausgaben von circa 5 Milliarden Euro verursachen. Um eine Entlastung der Kassen zu gewährleisten, müsste man sich auf eine Steuerfinanzierung dieser Leistungen verständigen.

Über eine Stärkung der Einnahmeseite wird derzeit viel spekuliert. Eines ist jedoch für uns Sozialdemokraten vollkommen klar: Eine radikale Leistungsbegrenzung, wie von der Union gefordert, bei gleichzeitigem Einfrieren der Arbeitgeberanteile, wird es mit uns nicht geben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, PDS)

Vielmehr ist an eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage zu denken, indem andere Einkommensarten wie Zinsen, Mieten sowie Einnahmen aus Dienst- und Werkverträgen beitragspflichtig werden. Zudem kann man sich auch über eine Erhöhung der Pflichtversicherungsgrenze und der Beitragsbemessungsgrenze unterhalten. Eine Zweckbindung von Tabak- und Alkoholsteuer halte ich für nicht praktikabel. Allerdings, und das sage ich jetzt hier mal als bekennender Raucher,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Torsten Koplin, PDS: Oh!)