Protokoll der Sitzung vom 12.03.2003

Es muss möglich sein und es ist Ihre Pflicht, den Menschen die Angst zu nehmen, ins Bodenlose zu fallen, und gleichzeitig Anreize zu geben, sich auf Neues auch einzulassen. Vor allem sind Sie dafür verantwortlich, den Menschen eine Möglichkeit zu geben, Beschäftigung überhaupt aufnehmen zu können. Der Wähler hat Ihnen Regierungsverantwortung übertragen.

(Volker Schlotmann, SPD: Das ärgert Sie. Das wissen wir ja nun.)

Nun nutzen Sie diese auch und setzen sich doch ein für das Ostmodul oder, wie Sie sagen, eine Sonderregelungsregion Ost auf Bundesebene mit konstruktivem Gegendruck, was immer das auch heißen soll, Herr Minister Holter! Fordern Sie das versprochene Infrastrukturprogramm Ost ein, das ist Ihre Verpflichtung!

(Beifall Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig.)

Sie können nicht ernsthaft alle Schuldzuweisungen in Richtung Bund schieben, als wäre die rapide Streichpolitik der einzige Grund für die Misere in diesem Land.

Die Presse hat ja nun auch schon berichtet – beschämenderweise muss man es aus der Presse erst erfahren –, dass die so genannte Landesgruppe Hartz, die Adresse hier in Mecklenburg-Vorpommern, so habe ich es noch im Ohr, gar nicht mehr existiert und ihre Hoffnungen aufgegeben hat.

(Volker Schlotmann, SPD: Ich weiß ja nicht, was Sie lesen, aber Sie lesen verkehrt.)

Also, Herr Minister Holter, hören Sie doch auf mit den unglaubwürdigen Presseankündigungen zum großen Wurf, vor allen Dingen hören Sie auf mit dem Gejammere, fangen Sie an zu arbeiten und klären Sie uns auf!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Dass die CDU Aufklärung braucht, das glaube ich Ihnen! – Heiterkeit bei Volker Schlotmann, SPD, und Dr. Gerhard Bartels, PDS – Volker Schlotmann, SPD: Vom Jammern haben Sie mehr Ahnung, das stimmt! – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Dass Ihnen das Lachen noch nicht vergangen ist, wundert mich doch wirklich sehr.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Volker Schlotmann, SPD: Ihre eigenen Kollegen wollen sich hier beschweren! – Heinz Müller, SPD: Junge, Junge! – Harry Glawe, CDU: Er hat doch immer die Pla- kate getragen „Arbeit her!“. Was wird denn nun?)

Die schnelle Vermittlung – und dies ist ja der Kernansatz von Hartz – hätte in Mecklenburg-Vorpommern durchaus klitzekleine Früchte tragen können,

(Harry Glawe, CDU: Schwarz auf weiß.)

vorausgesetzt, die Regierung hätte in der letzten Wahlperiode entsprechende Weichen gestellt, doch sie hat sie verpasst,

(Heinz Müller, SPD: Wer hat Ihnen den Mist aufgeschrieben? – Volker Schlotmann, SPD: Sie müssen ein bisschen fester hauen, dann werden Sie der zweite Herr Rehberg!)

sie hat sie verspielt, sie hat sie abgelehnt. Ich sage nur BMW, Airbus und Transrapid.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heike Polzin, SPD: Endlich!)

Ich lege den Finger in Ihre Wunde. Sie wollen es nicht hören.

(Volker Schlotmann, SPD: Wir sind begeistert.)

Ja, das freut mich. Aus Fehlern kann man lernen.

(Heiterkeit bei Volker Schlotmann, SPD: Wir haben gedacht, Sie lernen dazu.)

Das sind Ihre Fehler.

(Volker Schlotmann, SPD: Wenn das der Nachwuchs der CDU ist, um Gottes willen!)

Aus Fehlern kann man nur lernen, vorausgesetzt, Sie sind nicht beratungsresistent.

(Volker Schlotmann, SPD: Sie sind be- ratungsunfähig! – Harry Glawe, CDU: Ach, und Sie wollten alles besser machen!)

Einige resistente Kollegen sitzen vor mir, das habe ich schon gemerkt. Aber gut Ding will Weile haben.

Auf der PDS-Klausurtagung, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, hieß es doch so oft, wir brauchen, wir brauchen, wir brauchen.

(Regine Lück, PDS: Das ist ja unter der Gürtellinie, Frau Strenz!)

Was soll das sein? Ein einsamer Ruf hinaus auf die Ostsee? Beschwörungsformel hinter verschlossenen Türen? Auch hier haben wir wieder nur gehört: Wir brauchen, wir brauchen. Von Ihnen kommt nichts!

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Angelika Gramkow, PDS: Ha, ha! – Regine Lück, PDS: Aber von Ihnen!)

Vorschläge liegen auf dem Tisch, doch was will die Regierung in diesem Lande wirklich? Es erschließt sich nicht, und aus diesem Grund auch der Antrag.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Volker Schlotmann, SPD: Der Union erschließt sich nichts, das ist richtig.)

Meine Damen und Herren, die erschütternde Wahrheit und Situation ist folgende: Schlusslicht bei den Arbeitslosenzahlen …

(Heinz Müller, SPD: Ihre Rede ist erschütternd! – Volker Schlotmann, SPD: Zwerchfell kaputt!)

Könnten Sie den jungen charmanten Mann

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

auffordern, etwas leiser zu schreien? Das stört.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Volker Schlotmann, SPD: Leiser schreien geht nicht. – Angelika Gramkow, PDS: Ich glaube nicht, dass Sie den Präsidenten auffordern können.)

Die erschütternde Wahrheit und Situation ist folgende: Schlusslicht bei den Arbeitslosenzahlen zu sein – deutschlandweit – ist nicht mehr zu ertragen. Die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit hat hier in Mecklenburg-Vorpommern an erster Stelle zu stehen. Es ist schon bezeichnend, wenn Arbeitslose keinen anderen Ausweg sehen, um sich Gehör zu verschaffen,

(Volker Schlotmann, SPD: Und sich an die CDU wenden.)

und sich auf den Weg machen vor die Staatskanzlei und gegen diesen unzumutbaren Zustand demonstrieren. Aber was mussten wir erleben? Es ist mehr als eine Peinlichkeit, sondern eine Verhöhnung der Erwerbslosen, wenn ausgerechnet Sie, Herr Arbeitsminister Holter, mit Ihrer Kollegin Gramkow von der PDS sich klammheimlich unter die Demonstranten mischen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Nee, ganz öffentlich! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Heinz Müller, SPD: Frau Strenz, Karneval ist vorbei!)

die mit Verlaub darüber nicht sonderlich erfreut waren.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und PDS – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Gabriele Schulz, PDS: Man darf nicht nur die „BILD-Zeitung“ lesen! – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Sogar Herr Schlotmann war verwundert über dieses Verhalten.

(Karsten Neumann, PDS: Sagen Sie mal, wo waren Sie denn? – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Anstatt der Aufforderung nachzukommen, lieber in Berlin zu demonstrieren als vor der Staatskanzlei,

(Zuruf von Gabriele Schulz, PDS)

halte ich es für plausibler, sich mit ganzer Kraft den Problemen unseres Landes zu widmen, als sich weiter unter Demonstranten zu mischen.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und PDS – Angelika Gramkow, PDS: Das lassen Sie mal meine Sorge sein, Frau Strenz! – Volker Schlotmann, SPD: So was machen wir unter uns aus. Dafür brauchen wir euch noch lange nicht! – Glocke des Vizepräsidenten)

Abgesehen davon, wer sieht es schon gerne, wenn ein PDS-Minister gegen die eigene Regierungskoalition, besser gegen den Koalitionspartner, demonstriert?!