Protokoll der Sitzung vom 10.04.2003

Meine Damen und Herren, ich habe es in der Aussprache zur Ersten Lesung angekündigt, und zwar, dass dieser Nachtragshaushalt der Landesregierung die parlamentarischen Beratungen nicht unverändert durchlaufen werde. Ich hatte angekündigt, dass die Koalitionsfraktionen Schwerpunkte in die Beratungen einbringen und umsetzen würden. Und genau so ist es, meine Damen und Herren, geschehen. Wir haben in sehr enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Ministerien, und hier an erster Stelle mit dem Finanzministerium, Umschichtungen im Haushalt vorgenommen und Ansätze gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf verändert. Dies zeigt, dass wir unsere Aufgabe sehr ernst nehmen und in der Lage und willens sind, Schwerpunkte zu setzen und sie dann auch durchzusetzen.

Meine Damen und Herren, wir haben nachgebessert bei Frauen- und Mädchenhäusern, bei Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen, bei Suchtprävention, bei der Kriminalprävention, bei Integrationsprojekten für Lesben und Schwule, für den Landesjugendring, bei den Jugendfeuerwehren, den Musikschulen, der Straffälligenhilfe, beim Umweltschutz und bei Investitionen für nachwachsende Rohstoffe – und zugegebenermaßen an der einen oder anderen Stellen sogar im Einklang mit der Union. Das begrüße ich hier noch einmal ganz ausdrücklich.

Für uns als Koalition, aber vor allem für die SPD-Fraktion, ist es von zentraler Bedeutung, dass wir gehandelt haben im Zusammenhang mit der dramatischen Ausbildungsplatzsituation. Bis zu 10 Millionen Euro aus Landesmitteln und korrespondierenden ESF-Mitteln können für weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Ausbildungsplatzangebotes eingesetzt werden. Und ich denke, da sollten wir gemeinsam froh drüber sein.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Um eins klarzustellen: Bei jedem einzelnen dieser von mir vorgetragenen Punkte und darüber hinaus hätte ich mir viel mehr vorstellen können. Da bin ich mir einig mit fast allen Fachpolitikern. Aber wichtig ist, dass wir überhaupt nachbessern konnten, dass wir überhaupt nachgebessert haben, leider aber nur an einigen Stellen Schmerzen haben lindern können.

Und was für mich auch sehr wichtig ist, ich hatte in der Ersten Lesung ebenfalls gefordert, dass man sich auf solche Punkte konzentrieren möge, wo Ansatzerhöhungen mittelfristig gesichert werden können. Damit habe ich keinen dogmatischen Besitzstandswahrungen das Wort geredet. Nein, ich wollte eigentlich sehr klar machen, dass es eben keinen Sinn macht, notwendige Strukturentscheidungen durch kurzfristige Ausgabenerhöhungen im Nachtragshaushalt um wenige Monate bis zum nächsten Haushalt zu verschieben.

Und die CDU? Meine Damen und Herren der CDU, was soll eigentlich diese Frage. Wie üblich kamen dann zahlreiche Anträge für Mehrausgaben, aber von solider Deckung keine Spur. Und ich kann daraus nur ableiten, Sie scheinen sich in Ihrer Oppositionsrolle, auch was das

Thema Haushalt anbelangt, sehr wohl zu fühlen. Bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, sind doch auch die meisten Abgeordneten kommunalpolitisch aktiv.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Dann denken Sie doch mal an die Kommunalverfassung! Da gibt es eine Regelung, wonach bei jedem Antrag für Mehrausgaben immer zugleich auch ein konkreter Deckungsvorschlag eingebracht werden muss.

(Wolfgang Riemann, CDU: Haben wir!)

Nur, so haben Sie weder früher, weder im Bund noch hier im Land Finanzpolitik gemacht. Für Sie war es ja immer einfacher, Geld auszugeben, ohne darüber nachzudenken, woher das Geld kommt. Wobei ich mich natürlich korrigieren muss, das gebe ich zu, einen grandiosen Deckungsvorschlag hatten Sie dann natürlich doch parat.

(Wolfgang Riemann, CDU: Welchen meinen Sie denn, Herr Schlotmann?)

Aber Ihre mehr als 9 Millionen Euro Ansatzveränderungen sollten über globale Minderausgaben gedeckt werden.

(Wolfgang Riemann, CDU: Nicht nur!)

50 Millionen Euro, davon 20 Millionen Euro aus dem Bereich der Hochbaumaßnahmen, sollte die Landesregierung durch globale Minderausgaben zusätzlich erwirtschaften. Da kann ich nur sagen, toll.

(Zuruf von Kerstin Fiedler, CDU)

Diese globale Minderausgabe käme dann zu der ohnehin aus allen Einzelplänen zu erbringenden globalen Minderausgabe in Höhe von 30 Millionen Euro hinzu. Wie das aussehen soll, darauf ist die CDU wie üblich die konkrete Antwort schuldig geblieben. Aber Sie haben ja gleich noch die Gelegenheit, dies sachlich fundiert zu begründen. Ich sage Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Schaufensterreden zu halten ohne konkrete Substanz, darin sind Sie dann wieder recht groß.

Meine Damen und Herren, ich komme da zu einem aktuellen Beispiel. Der Kollege Ringguth hat, ich sag es mal ein bisschen salopp, soeben mal 100 Millionen Euro mehr für die Kommunen gefordert. Wenn wir sie hätten, hätten Sie in mir den intensivsten Verfechter, dass wir das machen. Wenn wir uns das leisten könnten, wenn wir das Geld auf der Kante hätten, würden wir es sofort machen. Nur, ich frage Sie wirklich noch einmal ernsthaft: Woher nehmen? 100 Millionen Euro mehr Neuverschuldung? So, wie Sie es früher gemacht hätten? Das geht nicht. Dann wäre der Haushalt verfassungswidrig und da wären Sie die Ersten, die schreien. Also wo ist der konkrete Deckungsvorschlag? Weitere 100 Millionen zusätzlich aus den globalen Minderausgaben? Ich sage Ihnen, so kann man keine ernsthafte Politik machen. Ich kenne keinen in der SPD-Fraktion, der sich nicht für 100 Millionen Euro mehr für die Kommunen einsetzen würde, wenn es finanzierbar wäre, wenn es in den finanzpolitischen Gesamtkontext passen würde. Und dass Sie das eigentlich auch nicht ernsthaft wollen, wird für uns zumindest daran deutlich, dass es einen solchen Antrag in den Haushaltsberatungen von Ihnen nicht gegeben hat. Ich sage Ihnen noch einmal, so kann und sollte man keine Politik betreiben.

Meine Damen und Herren, das ist die Art der Opposition in diesem Land, Politik zu machen, hier so zu reden,

draußen wieder ganz anders, hier hü, dort hott. Mit Glaubwürdigkeit hat das nicht allzu viel zu tun. Und wie einheitlich Sie dabei agieren und wie gut Ihr Landesvorsitzender, sage ich jetzt mal, die öffentlichen Äußerungen auch zu solchen Themen im Griff hat, durften wir ja in der zurückliegenden Woche wieder einmal erleben. Die ChristlichDemokratische Arbeitnehmerschaft, kurz CDA, die Kollegen schätze ich sehr, hat uns allerdings als Koalition in Mecklenburg-Vorpommern vorgeworfen, wir würden viel zu viel Landespersonal abbauen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, was denn nun? Sie, Herr Rehberg – wahrscheinlich in den Presseräumen gerade aktiv –, Sie, Herr Rehberg, sagen uns, wir würden viel zu wenig Personal abbauen. Ihre christlich-demokratischen Arbeitnehmer sagen das Gegenteil.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ich nenne einige Fakten zu dem Punkt:

Erstens. Diese Koalition hatte sich in der Koalitionsvereinbarung von 1998 auf einen Personalabbau verständigt und hat diesen auch umgesetzt beziehungsweise sogar noch überumgesetzt, wenn man so will.

Zweitens. Diese Koalition hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung von 2002 auf einen Personalabbau verständigt und wird diesen auch umsetzen.

Drittens. Da unterscheiden wir uns vielleicht, aber das sollten Sie dann auch wirklich mal öffentlich bekunden, dieser Personalabbau erfolgt nicht durch betriebsbedingte Kündigungen.

Dieser Weg ist trotzdem alternativlos. Wir werden den Arbeitsmarkt durch diesen Personalabbau nicht belasten, so, wie das Ihre Politik im Allgemeinen ist.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Meine Damen und Herren, diese Zweite Lesung des Nachtragshaushaltes ist ein nicht zu unterschätzender, aber eben doch nur ein Zwischenschritt. In wenigen Monaten haben wir die nächsten Haushaltsberatungen anstehen. Der nächste Doppelhaushalt für die Jahre 2004 und 2005 ist dann zu beraten. Und ich denke, ich trage Eulen nach Athen, wenn ich hier sage, dass die finanziellen Rahmenbedingungen sich wahrscheinlich nicht wesentlich verbessern. Das macht das Agieren für die Landesregierung und uns als Koalition, aber auch für uns als Parlament nicht eben leichter. Leider, so muss man ehrlicherweise eingestehen, für die Politik gibt es schon lange keine Wohltaten mehr zu verteilen. In diesem Bewusstsein der Verantwortung, die wir alle tragen, und zwar Regierungskoalition und -fraktionen wie auch die Opposition, angesichts der Tatsache, dass der vorliegende Nachtragshaushalt über alle Einzelinteressen hinweg versucht, die Lasten aller gerecht zu verteilen, möchte ich dafür werben, diesem Nachtragshaushalt zuzustimmen, meine Damen und Herren.

Ich möchte zum Schluss eine Anmerkung machen, die indirekt sicherlich nur mit dem Haushalt zu tun, aber massive Auswirkungen hätte, wenn sich das durchgesetzt hätte, was die Union wollte. Es ist in der Debatte vorhin zu einem anderen Punkt hier eine Aussage zum Föderalismuskonvent durch den Kollegen Rehberg getroffen worden. Ich sage Ihnen eins, ich habe mir wirklich vorgenommen, heute sehr ruhig und gelassen dieses Thema hier zu diskutieren. Aber wenn hier wirklich in infamer Weise die

Tatsache verdreht wird, dass es die CDU in diesem Konvent war, die die Steuerhoheit, und zwar insgesamt, allein auf die Länder übertragen wollte und damit genau weiß – und da hat Ihr Kollege Rehberg nicht dagegengehalten –, dass mit diesem Vorteil die Südschiene uns hier ausbremst und wir im Nordosten dann wirklich eine Sahelzone werden, diese Ehrlichkeit hätte ich auch von einem Kollegen Rehberg erwartet. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Gabriele Schulz, PDS: Richtig.)

Danke schön, Herr Schlotmann.

Als Nächstes hat das Wort der Abgeordnete Dr. von Storch für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Nachtragshaushalt 2003. Wenn ich die bisherigen Ausführungen von Herrn Schlotmann – ich glaube, er ist gar nicht da – zur Kenntnis genommen habe, dann habe ich den Eindruck, dass die Opposition im Wesentlichen Schuld an allem trägt, was hier in Mecklenburg schlecht läuft.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Margret Seemann, SPD: Na ja, an allem nicht.)

Meine Damen und Herren, ich frage mich, ob eine solche permanente Schuldzuweisung eigentlich zu den Sternstunden dieses Parlaments gehört, jedenfalls für einen Neuling ist das nicht der Fall. Es genügt auch nicht, wenn man die Opposition damit überzieht, sie habe keine solide Haushaltspolitik gemacht. Ich komme darauf noch im Einzelnen zurück. Nicht immer ist Angriff die beste Verteidigung. Und die permanenten Belehrungen, wie wir Politik zu betreiben haben, die sollte man tunlichst sein lassen. Die sind überflüssig wie ein Kropf. Und wenn unsere CDA eine Meinung äußerst zum Personalabbau, dann ist das eine Meinungsäußerung, die in den Grundsatz der Meinungsfreiheit gehört, und als solche zu respektieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von Kerstin Fiedler, CDU, und Angelika Gramkow, PDS)

Da kommen wir sehr schnell an die Frage des Demokratieverständnisses innerhalb der Parteien,

(Reinhard Dankert, SPD: Das haben wir auch nicht in Frage gestellt.)

darüber sollten wir lieber nicht diskutieren.

(Heiterkeit bei Reinhard Dankert, SPD: Fragen gehört doch genauso zur Meinungsfreiheit. – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat sich in mehreren Sitzungen mit diesem Nachtragshaushalt befasst. Wir werden diesem Nachtragshaushalt bis auf den Einzelplan 02 unsere Zustimmung nicht geben können.

(Angelika Gramkow, PDS: So, so!)

Wir sind der Auffassung, dass der vorgelegte Nachtragshaushalt nicht in die aktuelle gesamtwirtschaftliche Situation der Bundesrepublik und in Mecklenburg gehört. Und wir sind auch der Auffassung, dass aufgrund unserer

geringen Steuerdeckungsquote für uns die Gesamtsituation Deutschlands maßgeblich ist und zugrunde gelegt werden muss bei all unseren politischen Überlegungen. Wir sind nun einmal eingebettet in die Situation, die wir insgesamt in Deutschland haben.

Meine Damen und Herren, ich erkenne ausdrücklich an, dass das Finanzministerium, dass die Landesregierung sich bemüht hat, die Staatsausgaben zu begrenzen. Das ist in dem vorgelegten Entwurf deutlich worden. Ich muss aber auch sagen, dass die Einsparungen, die vorgelegt worden sind, per saldo zu gering sind. Und dass dieser Sparkurs am Ende nicht durchgehalten wurde, das haben wir in den letzten Sitzungen im Finanzausschuss gesehen, als es um die sozialen Wohltaten ging, die doch noch zu verteilen waren.

(Rudolf Borchert, SPD: Sie möchten noch schneller und noch stärker sparen. – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Ich zitiere den Bundeskanzler Schröder, der gesagt hat, wir können nur das verteilen, was wir vorher erwirtschaftet haben. Daran sollten wir uns bei all unseren Überlegungen regelmäßig messen lassen, meine Damen und Herren.

(Jörg Heydorn, SPD: Das müssen Sie aber zuerst Herrn Rehberg erzählen. – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Der Nachtragshaushalt enthält Einsparungen von rund 70 Millionen Euro,