Protokoll der Sitzung vom 22.05.2003

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Mit Frankreich.)

Wenn wir Wendelstein 7-X in diesem Sinne stark machen,

(Zuruf von Kerstin Fiedler, CDU)

dann haben wir auch eine reale Chance, an der Entwicklung des ITER-Projekts teilzunehmen. Dazu möchte ich auch Sie, meine Damen und Herren von der CDU, gewinnen. Bitte verzichten Sie darauf, so zu tun, als könnten wir das gesamte ITER-Projekt nach Deutschland, nach Lubmin holen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dieser Zug ist lange abgefahren.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Und das wissen Sie doch auch, Herr Riemann. Lassen Sie sich einmal erinnern: Im Mai 1996 hat es hier einen Antrag gegeben, gemeinsam von der SPD und der CDU,

und wir haben gesagt, wir wollen Bewerbungen für das ITER-Projekt Greifswald. Und dann hat es damals eine Reaktion gegeben aus dem Bund. Da ist am 10.07. von dem zuständigen Minister gesagt worden: Angesichts der in Deutschland in allen Bereichen zu erbringenden Einsparungen ist deshalb ein deutscher ITER-Standort mit den damit verbundenen besonderen Beiträgen als Sitzland nicht realisierbar.

(Zuruf von Kerstin Fiedler, CDU)

An einem finanziellen Wettlauf um den ITER-Standort kann und will sich Deutschland nicht beteiligen.

(Zurufe von Kerstin Fiedler, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

Dann hat sich später auf Nachfrage des damaligen MP der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag geäußert, im Oktober 1996, und hat geschrieben, es werde keine realistische Chance gesehen, das Großprojekt ITER in Deutschland zu realisieren.

(Wolfgang Riemann, CDU: Es ging um andere Beträge, das wissen Sie genau! – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

In dem Brief heißt es dann weiter, die Bundesregierung habe im Zusammenhang mit dem Fusionsexperiment Wendelstein 7-X, und dafür sind sie ja dankbar, besondere finanzielle Anstrengungen unternommen, um den Forschungsstandort Greifswald abzusichern, aber mehr sei nicht möglich. Meine Damen und Herren: Was hat sich seit damals geändert? Hat sich etwas geändert?

(Wolfgang Riemann, CDU: Herr Braune hat es im Wahlkampf versprochen.)

Ja, aber nicht zum Positiven.

Meine Damen und Herren, die finanzielle Lage ist deutlich noch schlechter geworden. Und es hat sich in den letzten zehn Jahren noch deutlicher herausgestellt, derartige große Forschungsvorhaben wie in der Kernfusion gehen nur in internationaler Zusammenarbeit,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

über internationale Netzwerke. Schon deshalb hat doch Ihr Antrag „ITER nach Lubmin“, der auf ein Alles oder Nichts hinausläuft, keine realistische Chance. Der Wissenschafts- und Forschungsminister des Landes hat gerade das Nötige dazu gesagt. Außerdem – und da wird es jetzt vielleicht ernst – finde ich es nicht gut, dass das Themen sind, die wir auch in der Öffentlichkeit diskutieren müssen.

(Der Abgeordnete Dr. Ulrich Born bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Nachher, Herr Born, wenn Sie erlauben.

Es gibt auch Dinge, da muss man vielleicht handeln und nicht nur Anträge stellen. Da würde ich Sie auch bitten, uns gemeinsam zu unterstützen. Ich will ganz klar sagen: So ein Antrag ruft doch ganz selbstverständlich – auch weil sie an weitere Gelder wollen – Gegenkräfte auf den Plan, Gegenkräfte, die sich sowieso schon von der Fusionsforschung trennen wollen. Und wenn wir uns objektiv die Lage ansehen, dann haben wir doch die Frage, ob wir bei der Energieversorgung jemals auf Kernfusion setzen können. Das wird sich doch vor 2030, 2040 nicht ernsthaft endgültig klären lassen.

Und deshalb ist doch klar, dass für die Versorgungsprobleme der nächsten Jahrzehnte wir verstärkt auf erneuerbare Energien werden setzen müssen. Das ist etwas, was sich auch in den letzten zehn Jahren im Hinblick auf ITER negativ verändert hat, dass es starke Kräfte gibt, die angesichts dieser absehbaren Entwicklung natürlich sagen, wir können Forschungsmittel nicht so stark wie bisher in der Fusionsforschung einsetzen, sondern eben auch bei den erneuerbaren Energien.

Und, meine Damen und Herren, wenn wir mal genau hinschauen, dann ist das eine Entwicklung, die ja nicht nur negativ für Mecklenburg-Vorpommern ist. Im Gegenteil, das kann doch für uns sehr interessant sein. Nehmen Sie Sonnenenergie, Windenergie, die Entwicklung bei den nachwachsenden Rohstoffen. Diese Hinwendung zu erneuerbaren Energien bietet uns ganz eindeutig ebenfalls sehr große Chancen. Ich werbe dafür, dass wir mit dieser Situation Fusionsforschung einerseits in Greifswald – ganz wichtiger Standort – und andererseits den Möglichkeiten der erneuerbaren Energien klug umgehen. Es ist doch ganz klar in unserem Interesse, wenn zum Teil umgesteuert wird zu den erneuerbaren Energien. Das kann uns in Mecklenburg-Vorpommern sehr zugute kommen. Wichtig ist dabei nur eins,

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

das darf eben nicht zu Einschnitten bei Wendelstein 7-X und zur Gefährdung der Fusionsforschung in Greifswald führen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Daran müssen wir arbeiten. Das muss unser Ziel sein. Das liegt im Interesse des Landes und im Interesse der Region Vorpommern. Und jetzt, meine Damen und Herren von der CDU, hören Sie bitte zu!

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

Diesem Ziel, daran zu arbeiten, die Fusionsforschung in Greifswald sicherer zu machen und zu erhalten, diente unter anderem der Parlamentarische Abend gestern in Berlin in unserer Landesvertretung,

(Michael Ankermann, CDU: Großartig, zwischen zwei Landtagssitzungen. – Zurufe von Rainer Prachtl, CDU, und Eckhardt Rehberg, CDU)

bei dem ich eben Sie, Frau Lochner-Borst, vermisst habe, und auch sonst leider niemanden von der CDU erkennen konnte.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Das ist schade, das ist schade.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist der Stil Ihrer Regierung, ständig Termine auf Landtagssitzungen zu legen.)

Herr Rehberg, ich habe dieser Landtagssitzung gestern bis zum Schluss beigewohnt und bin dennoch pünktlich in Berlin gewesen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Eckhardt Rehberg, CDU: Wahrscheinlich dürfen wir nicht so schnell fahren wie Sie. Das ist der Un- terschied. – Zuruf von Ilka Lochner-Borst, CDU)

Meine Damen und Herren, ich bitte doch jetzt um eine sachliche Diskussion!

Ich bedaure das deshalb, weil es gestern möglich war, mit den Greifswaldern, mit den Wissenschaftlern und anderen Beschäftigten von 7-X zu sprechen, ihre Sorgen zu erfragen und auch in Gesprächen mit den zuständigen Politikern auf Bundesebene zu vermitteln. Dazu diente dieser Abend. Wir sind damit dem ausdrücklichen Wunsch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Wendelstein 7-X nachgekommen, die sich Hilfe suchend an uns gewandt haben.

Und ich sage Ihnen noch etwas. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Wendelstein 7-X wollen Ihren ITERAntrag nicht, sondern sie wollen volle Unterstützung für Wendelstein 7-X.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dass ITER nicht als Einzelprojekt nach Greifswald kommen kann, ist den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Wendelstein 7-X sehr klar, denn diese Mitarbeiter kennen die Fakten sehr genau und wissen, dass die grundsätzlichen Entscheidungen sowieso schon 1996 von der CDU getroffen worden sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU, lassen Sie bitte bei diesem wichtigen Thema die oppositionellen Spielchen! Verzichten Sie darauf, auf Kosten des Forschungsstandortes Greifswald, auf Kosten von Vorpommern kurzfristig in der Öffentlichkeit Punkte zu sammeln!

(Dr. Ulrich Born, CDU: Wenn einer hier Spielchen macht, dann sind Sie das!)

Ziehen Sie den Antrag zurück und unternehmen Sie mit uns gemeinsam alle Anstrengungen, die Fusionsforschung in Greifswald zu unterstützen! – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr bezeichnend. Es ist unglaublich! – Wolfgang Riemann, CDU: Das sehen die Kollegen im Kreistag ganz anders.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Bartels von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zwei Vorbemerkungen.

Ich habe gestern Abend in Berlin den Leiter der Landesvertretung, Staatssekretär Dr. Freund, auf die Terminfrage angesprochen. Er hat mir daraufhin erstens erklärt, dass Herr Rehberg als Fraktionsvorsitzender bereits eine Antwort auf seinen Brief mit der Beschwerde erhalten habe, wo er dazu Stellung nehme. Und zweitens hat er darauf hingewiesen, dass diese Abende natürlich nicht in erster Linie für die Abgeordneten in Schwerin, sondern für die Bundestagsabgeordneten und die Bundespolitik veranstaltet werden und man sich natürlich nach Sitzungsperioden des Bundestages richten müsse. Dass sich da häufig Überschneidungen zwischen Landtagssitzungen und Bundestagssitzungen ergeben, sei leider nicht zu vermeiden. Ich will nur darauf hinweisen, um hier nicht den Eindruck entstehen zu lassen oder stehen zu lassen, dass man sich um solche Fragen nicht kümmert.