Protokoll der Sitzung vom 25.06.2003

Bei unserem Besuch in Stettin hat sich der von mir bereits erwähnte Ausspruch, dass der Teufel im Detail steckt, gezeigt, wie gerade bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit von Unternehmen aus Deutschland und Polen oder aber beim Sprachunterricht – darauf haben meine Vorredner schon hingewiesen –, besonders in unseren Schulen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Hier gilt es insbesondere, unbedingt solche Hinweise wahrzunehmen, um Missstände abstellen zu können. Dabei, glaube ich, kommt es ganz wesentlich darauf an, dass wir weiter persönliche Kontakte und Begegnungen mit polnischen Bürgern herstellen. Das muss für uns heißen, dass wir versuchen, weiter solche Begegnungen zu organisieren, und an solchen Begegnungen teilnehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mich noch eine letzte Bemerkung, darauf hat mein Vorredner Herr Ankermann hingewiesen. Es gibt außer Polen noch weitere Länder, die der EU beitreten werden. Wir haben insbesondere bei den baltischen Staaten, glaube ich, eine Menge Chancen, die wir nicht verspielen sollten. Insofern würde ich anregen wollen, dass die Landesregierung noch einmal darüber nachdenkt, ob es vielleicht dann doch Sinn macht, gemeinsam mit der Wirtschaft weitere Kontaktbüros in Estland, Litauen und Lettland einzurichten, um dann hier den begonnenen Wirtschaftsaufschwung in diesen Ländern zu nutzen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich bin mir ganz sicher, dass dieser Aufschwung, der jetzt bereits eingesetzt hat, nach dem Beitritt sich dann noch rasend fortsetzen wird. Wir sollten wie gesagt diese Chancen nutzen, um Impulse für unser Land hier ableiten zu können.

Insofern, meine sehr verehrten Damen und Herren, denke ich, dass die nächsten zehn Monate noch bis zum Beitritt sehr spannend sein werden für uns alle. Aber nach dem Beitritt wird es genauso spannend weitergehen. Wir als Parlamentarier sollten diesen Prozess weiter kritisch begleiten und uns einbringen. In diesem Sinne stimmen wir dem Bericht der Landesregierung zu und ich wünsche den Kolleginnen und Kollegen heute Nachmittag ein angenehmes Sommerfest. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Danke schön, Herr Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Neumann von der Fraktion der PDS.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, der Erwartungsdruck an die Geschwindigkeit meiner Rede ist relativ hoch. Trotzdem will ich in einer Geschwindigkeit sprechen, dass Sie mich noch verstehen.

(Siegfried Friese, SPD: Sie haben alle Zeit der Welt.)

Was war eigentlich das Besondere an diesem letzten Wochenende, wo viele Bürgerinnen und Bürger, Politikerinnen und Politiker nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern ich denke, in ganz Deutschland, fieberhaft verfolgt haben eine Abstimmung in einem Nachbarland? Sie war für uns aus vielerlei Gründen extrem spannend. Nicht nur wegen der Änderung des Gesetzes, dass die Wahlbeteiligung am ersten Abend bekannt gegeben wurde und doch dem einen oder anderen tiefe Sorgenfalten auf die Stirn projiziert hat, sondern vor allen Dingen deshalb, weil wir wissen, erlebt haben und erfahren konnten, dass diese Entscheidung unserer Nachbarn für unsere eigene Entwicklung, für unsere eigene Zukunft eine enorme Bedeutung haben wird.

Die polnische Bevölkerung ist sehr selbstbewusst und mit guten Verhandlungsergebnissen den Schritt in die Europäische Union gegangen. Wir in Mecklenburg-Vorpommern wissen aber auch, dass mit diesem Schritt gewaltige wirtschaftliche und soziale Veränderungen verbunden sind, die tief in das Leben jedes einzelnen Menschen eingreifen werden.

Wir haben vor einigen Jahren die Hände ausgestreckt und die Kolleginnen und Kollegen im Sejmik der Woiwodschaft Westpommern haben eingeschlagen. Sie haben bis heute nicht losgelassen. Und auch ich denke, wir haben allen Grund, diese Beziehung niemals abbrechen zu lassen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Die Zusammenarbeit hat sich auf vielen Ebenen entwickelt. Die Landesregierung hat in ihrem Bericht dargestellt, wie diese Zusammenarbeit läuft. Wir wissen, wie das Parlament zusammenarbeitet. Wir wissen, wie viele Verbände, Vereine, Kommunen, Kommunalverbände, Sportverbände bereits die Zusammenarbeit pflegen. Wir arbeiten zusammen außerhalb des roten Teppichs, und das ist, denke ich, der wichtigste Fortschritt. Die Kolleginnen und Kollegen haben heute mitgebracht, und gestern Abend der Präsidentin, einen Katalog der Themen für die weitere Zusammenarbeit. Er umfasst 28 Punkte, genug Arbeit für uns alle – in allen Ausschüssen und nicht nur im Europaausschuss, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Selbst wenn wir zu viel tun würden, würden wir immer noch zu wenig tun. Die Probleme, die vor uns stehen, werden kommen, sie werden entstehen und Problemlösungen werden hart erarbeitet werden müssen. Wir haben den Erfahrungsaustausch zwischen Kollegen, Politikern. Wir brauchen den Informationsaustausch zwischen diesen Politikern, denn es ist notwendig, auch das Problem des Partners zu verstehen, bevor man Lösungen überhaupt finden kann.

Ich gebe zu, ich persönlich bin sehr ungeduldig wie viele andere, denn wir haben auch in dieser Frage Erfolge nötig. Und diese Erfolge müssen organisiert werden, denn die Probleme kommen von ganz allein. Wir brauchen Erfolge in der Frage der Durchlässigkeit der Grenzübergänge, und zwar bevor durch den Beitritt zum Schengener System diese überflüssig sind.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Wir brauchen heute durchlässige Grenzen für Wirtschaftsverkehr, für kulturellen, für sozialen Austausch.

(Kerstin Fiedler, CDU: Sehr richtig.)

Und ich danke dem Ministerpräsidenten ausdrücklich für das richtige Wort zur richtigen Zeit, dass am 1. Mai nicht die Vorbereitung beendet sein kann, sondern am 1. Mai haben wir eine neue Etappe. Und hier wird sich dann beweisen, wie unsere Vorbereitungen tatsächlich fruchten. Deshalb ist es wichtig, dass solche Organisationen wie die Deutsch-Polnische Wirtschaftsfördergesellschaft nicht am 1. Mai nächsten Jahres ihre Arbeit einstellen, wie es von einigen Mitgesellschaftern geplant wird.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Wir sind sicherlich immer Botschafter unseres Landes. Insbesondere ich aus Vorpommern bin natürlich Botschafter der Interessen meines Landes.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Aber eins, denke ich, ist inzwischen allen klar geworden: Wir haben ein ureigenes Interesse an einem wirtschaftlich starken und sozial stabilen Oberzentrum Stettin. Wir haben als Deutschland Interesse an einem wirtschaftlich prosperierenden und sozial stabilen Polen. Auch deshalb dieser Kampf für den Beitritt Polens zur Europäischen Union.

Die Zusammenarbeit ist wichtig für uns und wichtig für unsere Partner. Aber wir wollen auch als Parlament die Landeregierung unterstützen bei ihren weiteren Kooperationsbeziehungen, denen in das Leningrader Gebiet beispielsweise, den Verbindungen nach Südschweden, nach Litauen, Lettland, Estland und zur Woiwodschaft Pommern. Wir teilen den Netzwerkgedanken. Wir wollen diesen Netzwerkgedanken der Wirtschaft auch in diese Beziehung übernehmen. Sicherlich werden wir nicht immer mit der gleichen Intensität und Breite wie in der Zusammenarbeit mit unseren Kollegen in Stettin solche Verbindungen ausbauen können, aber wir brauchen vielfältige, kontinuierliche und verlässliche Kontakte im gesamten Ostseeraum.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Deshalb arbeitet der Rechts- und Europaausschuss gegenwärtig daran, diesem Hohen Hause auch eine Kooperationsvereinbarung mit der Woiwodschaft Pommern vorlegen zu können. Das Parlament wird sicherlich niemals so viel tun können wie die Regierung, aber eben auch für uns sollte gelten, selbst zu viel Zusammenarbeit wäre immer noch zu wenig. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Danke schön, Herr Neumann.

Ich schließe die Aussprache.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, kann ich davon ausgehen, dass wir nach der jetzigen Aussprache die Unterrichtung durch die Landesregierung auf Drucksache 4/463 verfahrensmäßig für erledigt erklären? – Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Schluss...

Bitte, zur Geschäftsordnung.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Landtagskollegen! Ich stelle den Antrag entsprechend der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern Paragraph 74 Absatz 2, dass die heutige Tagesordnung nicht beendet sein soll, sondern prüfen zu lassen, inwiefern unsere umfangreiche Tagesordnung vorgezogen werden kann um einen beziehungsweise sogar vielleicht zwei Tagesordnungspunkte. Denn ich denke, es ist nicht korrekt, dass wir bundespolitisch als auch landespolitisch ausloben, dass die arbeitende Bevölkerung länger arbeiten soll, und wir eine Stunde früher Schluss machen. Das halte ich nicht für korrekt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Frau Abgeordnete, aufgrund der Geschäftsordnung Paragraph 74 müssen vier Abgeordnete diesen Antrag stellen. Ich bitte...

(Zurufe von einzelnen Abgeordneten der CDU und Karsten Neumann, PDS)

Ich lasse gerne über die Veränderung der Reihenfolge abstimmen, würde aber vielleicht doch bitten zu sagen, um welche Punkte es sich handelt, denn es wäre wichtig, weil sich die Redner vorbereiten.

Bitte, Frau Gramkow, noch einmal zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin! Wenn ich Frau Skrzepski richtig verstanden habe, ist es ein Antrag zur Geschäftsordnung und mit der Bitte zu prüfen, welche Tagesordnungspunkte vorgezogen werden könnten. Ich bitte deshalb um eine Auszeit. Sie müssten vielleicht darüber nachdenken, dass der Ältestenrat sich zu dieser Frage entscheidet und uns einen Entscheidungsvorschlag macht. Es kann nicht sein, dass jeder jetzt hier Anträge aufruft, wo auch Kolleginnen und Kollegen, die sich auf morgen eingestellt haben, sich heute noch einstellen müssten. Insofern bitte ich um einen Vorschlag des Präsidiums.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Frau Abgeordnete, ich wollte es insofern dem Ältestenrat etwas leichter machen, wenn schon ein Vorschlag vorgelegen hätte. Das war der Hintergrund.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Bitte, Frau Skrzepski.

Frau Präsidentin, es sei gestattet, den Tagesordnungspunkt 21 „Das neue Preissystem der Deutschen Bahn AG“ vorzuschlagen. Ich bitte die Abgeordneten, das freundlicherweise zu prüfen. In aller Interesse von uns wäre das sinnvoll, wenn wir diese eine Stunde noch nutzen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich unterbreche kurz die Sitzung und bitte den Ältestenrat und die Parlamentarischen Geschäftsführer mal zu mir.