Warum vertrauen wir dann den Gestaltungs- und Kontrollkräften der Kommunen bei der Regelung der öffentlichen Wasserversorgung nicht, im Jahre 13 nach der Wende, meine Damen und Herren? Mehr Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung, auch in unserem Land, meine Damen und Herren!
Daher schlägt Ihnen die Fraktion der CDU vor, in dem Antrag von SPD und PDS die Ziffer 2 gänzlich zu streichen. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist eine wirkliche Herausforderung, und zwar nicht mit dem Urschleim, wohl aber mit dem Ursprung aller Dinge zu beginnen.
Thales von Milet – er lebte etwa zwischen 624 und 546 vor dem Beginn der Zeitrechnung in Griechenland – wurde von seinen Landsleuten liebevoll als der Älteste der sieben Weisen verehrt, zu Recht, wie wir heute wissen, denn in Thales Philosophie galt das Wasser als der Urgrund, als das Wesen aller Dinge. Und, meine Damen und Herren, viele von Ihnen wissen es sicherlich nicht, bis heute gilt Thales als der erste namentlich bekannte europäische Philosoph. Damit bin ich dann auch ganz dicht wieder an unserem Antrag. Es geht um Wasser, die Versorgung mit Wasser, speziell mit Trinkwasser, und – Herr Ringguth hat es erwähnt – es geht um Europa.
Der Entwurf zum GATS, dem Allgemeinen Handelsabkommen über Dienstleistungen, sah ursprünglich nämlich doch vor, dass die Wasserversorgung europaweit für den privaten Wettbewerb geöffnet werden soll, was nach Auffassung der PDS weder einer vernünftigen regionalen, noch einer nachhaltigen Wasserwirtschaft nutzen würde.
In seiner verschärften Form, so sehen es die aktuellen GATS-Entwürfe vor, die im Übrigen bis zum Sommer 2004
schriftlich fixiert werden sollen, wären aber einmal durchgeführte Privatisierungen nicht mehr rückgängig zu machen, nicht bei einem Regierungswechsel und nicht einmal in einer Notstandssituation. Und da, Herr Ringguth, muss ich Ihnen sagen, GATS ist immer noch offen, es wird immer noch weiterdiskutiert mit einem Beschluss, dass wir es nicht wollen hier in diesem Landtag. Mit einer eindeutigen Positionierung können wir natürlich die Diskussion darüber beeinflussen.
Um aber Trinkwasser, meine Damen und Herren, in hervorragender Qualität immer und an jedem Ort in ausreichender Menge zur Verfügung zu haben, bedarf es einiger Voraussetzungen und Reglementierungen. Dazu zählen unter anderem ein qualitativ hoher, standardisierter Gewässerschutz und eine geregelte Entnahme, um die Ressource Wasser so sparsam wie möglich zu verwenden.
Da gibt es einiges zu tun, auch hier im Lande, damit für alle, die sich aus dem Grundwasserspeicher bedienen, gleiche Ausgangsbedingungen herrschen, sei es für den eigenen Bedarf, wie es beispielsweise viele landwirtschaftliche Unternehmen tun, oder sei es für diejenigen, die die Bevölkerung mit Trinkwasser versorgen. Für alle Nutzer müssen gleiche Bedingungen gelten. Und damit meine ich zum Ersten die regelmäßige Kontrolle der entnommenen Wassermengen an allen Entnahmestellen und zum Zweiten die Einrichtung von Trinkwasserschutzzonen. Die Ausweisung derartiger Zonen, ihre Kontrolle und die Arbeit von Schutzkommissionen – eine Art runder Tisch der von den Trinkwasserschutzzonen Betroffenen – wurde in früheren Zeiten durch eine Verordnung geregelt. Heute ist es offen.
Zweckverbände, deren Aufgabe darin besteht, Trinkwasser in guter Qualität und ausreichender Quantität zur Verfügung zu stellen, weisen meines Erachtens nicht zu Unrecht darauf hin, dass diese beiden Probleme mit der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in den Landesgesetzen zumindest diskutiert werden müssen, um auf durchaus bestehende Interessenkonflikte zu reagieren. Ich denke, in diesem Rahmen könnte man vielleicht auch eine Anhörung zu dieser Problematik mit durchführen.
Aber, meine Damen und Herren, ich möchte Ihre Aufmerksamkeit nochmals auf den Punkt 1 des Antrages lenken, in dem wir die Landesregierung auffordern, dafür Sorge zu tragen, dass die Wasserversorgung – und ich beziehe mich an dieser Stelle explizit auf die Trinkwasserversorgung – als ein wesentlicher Teil der Daseinsfürsorge hoheitlich und in kommunaler Trägerschaft verbleibt, denn die bisherigen Erfahrungen mit der Privatisierung von Teilen der öffentlichen Daseinsfürsorge zeigen, dass sie meist mit einer Verteuerung für die Nutzer einhergehen. Und nicht selten ist ein absoluter Qualitätsverlust zu verzeichnen.
Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Jäger? interjection: (keine Zustimmung)
für diese Behauptung. Ich greife da nur mal ganz willkürlich das Beispiel Großbritannien heraus. Seit der Privatisierung der Wasserversorgung unter Margaret Thatcher sind die Preise für Wasser um durchschnittlich 50 Prozent gestiegen, Fälle von Hepatitis A um 200 Prozent und die Ruhrerkrankungen treten sogar um 600 Prozent häufiger auf. Wird die Trinkwasserversorgung privatisiert, wird Gesundheit zum Luxusgut, soziale Standards und Umweltbestimmungen fallen als Handelshemmnisse der Privatisierung zum Opfer. Deshalb bin ich froh, dass sich die EU-Kommission im Moment entschieden hat, den Wassermarkt in Europa nicht zu liberalisieren.
Das kommt dem Ansatz der PDS, Wasser und speziell Trinkwasser grundsätzlich als gesellschaftliches Eigentum zu behandeln, sehr entgegen. Wenn Nutzungsrechte daran und Versorgungsaufgaben an Dritte übergeben werden, so ist unser Anspruch, sollen die Bedingungen transparent und überschaubar sein. Auf genehmigende und überwachende Tätigkeit zur Sicherung und Einhaltung getroffener Regelungen darf bei aller notwendigen Zusammenarbeit mit Dritten aber nicht verzichtet werden.
Abschließend möchte ich Sie auch noch mal auf das Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaft zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse hinweisen. Das Grünbuch schlägt vor, dass Kommunen wie auch Unternehmen, Vereine und Verbände gemeinsam mit dem Land prüfen sollten, inwieweit geplante Liberalisierungen von Dienstleistungen, die von den Kommunen selbst beziehungsweise in deren Auftrag von Dritten erbracht werden, den Interessen von Bürgerinnen und Bürgern entsprechen. Ich denke, das ist eine interessante Urlaubslektüre für die Sommerferien, die uns hier bevorstehen.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Martin Brick, CDU: Da stelle ich mir was anderes vor.)
Frau Kollegin Schwebs, ist Ihnen bekannt, dass derzeit die Wasserversorgung im Gegensatz zur Abwasserbeseitigung zwar eine kommunale Aufgabe, aber keine hoheitliche ist? Und ist Ihnen weiter bekannt, dass wir deswegen bei der Wasserversorgung Umsatzsteuer zahlen und bei der Abwasserbeseitigung nicht? Und drittens: Wären Sie bereit, auf den Begriff „hoheitlich“ zu verzichten, weil Sie ihn nämlich neu einführen müssten?
Jetzt hat noch einmal das Wort die Abgeordnete Frau Schildt für die Fraktion der SPD. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sicherung der Leistungen der Daseinsfürsorge bewegt sich in einem besonderen Spannungsverhältnis zwischen kommunaler Selbstverwaltung, den Interessen der Verbraucher, den Interessen privater Dienstleister sowie den Anforderungen des europäischen Wettbewerbsrechts. Es geht damit grundsätzlich um eine richtige Balance zwischen Belangen des Wettbewerbs und des Gemeinwohls. Der Druck auf die Europäische Union, den Wettbewerb auch in Bereichen der Daseinsfürsorge stärker zuzulassen, ist in den vergangenen Jahren erheblich gewachsen. Damit ist auch die Ausgestaltung der Wasserversorgung zum Gegenstand intensiv und kontrovers geführter Diskussionen auf europäischer und nationaler Ebene geworden. Stichwort ist in diesem Zusammenhang hier die Liberalisierung der Wasserwirtschaft.
Im deutschen Rechts- und Gesellschaftssystem ist die Daseinsfürsorge eng mit dem Begriff des Gemeinwohls verbunden. Darauf ausgerichtet ist auch die Begriffsbestimmung der Daseinsfürsorge. Ich will sie hier kurz erläutern. Leistungen der Daseinsfürsorge sind gemeinwohlorientierte Leistungen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Art, an deren Erbringung die Allgemeinheit und der Staat ein besonderes Interesse haben. Sie sind gekennzeichnet durch die Gewährleistung gleichberechtigten Zugangs aller Bürgerinnen und Bürger zu wichtigen Dienstleistungen und Einrichtungen, Versorgungssicherheit und Kontinuität der Dienstleistungen sowie bei hoheitlicher Trägerschaft durch demokratische Kontrolle und öffentliche Verantwortung für die Dienstleistung.
Sie ist Wesenselement der kommunalen Selbstverwaltung. Dabei ist die Betrauung privater Unternehmen mit der Wahrnehmung von Dienstleistungen von öffentlichem Interesse grundsätzlich zulässig. So weit zur Definition.
Meine Damen und Herren, wir wollen für die Wasserversorgung als Kernbereich die Daseinsfürsorge diesen Prinzipien erhalten. Die Befürworter einer Liberalisierung der Wasserwirtschaft analog zur Liberalisierung im Stromund Gasbinnenmarkt oder der Telekommunikation unterstellen im Wesentlichen eine Erhöhung der Effizienz der Wasserversorgung und sinkende Preise für die Verbraucher. Demgegenüber stehen unter anderem folgende fundierte Befürchtungen:
2. die Gefährdung des Weges zu einer nachhaltigen Wasserwirtschaft Die nachhaltige Wasserwirtschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass Wasser so genutzt wird, dass die Bedürfnisse der heute lebenden Menschen und der Umwelt befriedigt werden, die Verfügbarkeit von Wasser und die davon abhängigen Ökosysteme aber nicht so verändert werden, dass eine zukünftige Nutzung eingeschränkt wird.
3. die Gefährdung der Regionalität der Wassergewinnung und Verteilung in Verbindung mit den von Wasserversorgung durchgeführten Maßnahmen zu Ressourcen Umwelt und Naturschutz
4. die Vernachlässigung kleiner Wassergewinnungsgebiete und damit der Ressourcenschutz vor Ort zugunsten kostengünstigerer Vorkommen
5. die Verringerung der Rohrnetzpflege und damit erforderlich ein erhöhter Einsatz von Desinfektionsmitteln
6. die Verschlechterung der Trinkwasserqualität durch die im Wettbewerb mögliche Mischung verschiedener Wasser
7. die mögliche Verringerung von Instandhaltungsinvestitionen im Ressourcenschutz, die Aufbereitung und Verteilung des Trinkwassers mit der Folge hygienischer Risiken
Ein Beispiel für die möglichen negativen Folgen einer Privatisierung der Wasserversorgung ist England.