Protokoll der Sitzung vom 26.06.2003

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Zuschauerbänken! Die Handwerksordnung der Bundesrepublik Deutschland gibt es seit 1953, fünfzig Jahre, ein halbes Jahrhundert. Es besteht also grundlegender Reformbedarf. Das ist unbestritten.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Das Gesetzgebungsverfahren im Bund läuft. Die PDS hält die vorgelegten Gesetzentwürfe in etlichen Teilen für nicht gelungen. Daher möchten wir, dass mit dem vorgelegten Antrag dem Wirtschaftsminister für sein Agieren im Bundesrat und vielleicht auch im Bundestag der Rücken gestärkt wird.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Es geht um den Meisterbrief, es geht um die Rolle, nicht um die Rolle der Bedeutung als Basis aller Fundamente, sondern um die Handwerkerrolle, oft bezeichnet als Relikt mittelalterlichen Zunftdenkens.

Bei dieser Diskussion, liebe Kolleginnen und Kollegen, werde ich immer an US-Minister Ramsfields Deklaration vom alten Europa erinnert. Und so gern ich eine alte Europäerin bin,

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU: Eine junge!)

haben bestimmte Traditionen des Handwerks, die oft vorhandenen Ideale meine Sympathie,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

noch dazu, wo sich das Handwerk gerade hier in Mecklenburg-Vorpommern, in unserem Lande reformwillig zeigt, diesen Antrag mitträgt, ja, ihn sich sogar gewünscht hat. Das Handwerk hat in Mecklenburg-Vorpommern seinen festen Platz im Wirtschaftskreislauf, in der Befriedigung der Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger. Folgende drei Knackpunkte sehe ich daher insbesondere im vorliegenden Gesetzespaket:

1. Die Konkurrenz der Ich-AGs zu existierenden Arbeitsplätzen im Handwerk durch Definition,...

(Karin Strenz, CDU: Ganz neue Töne! – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ach, Herr Riemann, seien Sie doch mal ein bisschen seriös, gerade bei diesem Thema, und hören Sie zu!

(Beifall Angelika Gramkow, PDS – Karin Strenz, CDU: Hü und hott! – Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

... also die Konkurrenz, die entstehen würde durch die Definition, die Ausgliederung und die Kumulationsmöglichkeit so genannter nicht wesentlicher Tätigkeiten

(Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

2. Der Umfang der Verschiebungen zwischen der Anlage A und B,

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, das dauert eine Zeit.)

also zwischen zulassungspflichtigen und zulassungsfreien Gewerben mit all den damit im Zusammenhang stehenden Problemen hinsichtlich Ausbildungspflicht und Umfang

3. Die Herstellung der EU-Konformität

Da es in Europa allein in Deutschland eine Handwerksordnung gibt, ist dies zur Wahrung der Wettbewerbsfreiheit meines Erachtens ein sehr schwieriges Terrain.

Es gibt also sehr viele Aufgaben, die zu regeln sind. Und ich meine, Herr Wirtschaftsminister, nehmen Sie unseren Willen mit auf die Bundesebene. Ich hoffe, dass das Gesetzgebungsverfahren an dieser Stelle mal eine Sternstunde des Parlamentarismus wird, dass gehört wird, was das Länderbegehren ist, denn ich weiß, dass viele Länder sich artikulieren werden, dass gehört wird, was die Vertreter der Praxis in den Verbänden in den hoffentlich stattfindenden und sicherlich stattfindenden Anhörungen sagen werden, damit das alles gebührend Beachtung findet und wirklich eine vernünftig reformierte Handwerksordnung herauskommt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, PDS und Dr. Ulrich Born, CDU)

Danke schön, Frau Dr. Bunge.

Es hat jetzt das Wort die Abgeordnete Frau Schildt für die Fraktion der SPD. Bitte schön, Frau Schildt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Wir haben heute als ersten Tagesordnungspunkt diskutiert, wie wir unserem Mittelstand helfen können, eine bessere Finanzierung darzustellen. In dem Zusammenhang haben wir sehr klar die Stärken in unserem Mittelstand gekennzeichnet und haben festgestellt, dass es gerade das Handwerk ist, das eine große Solidität für die Wirtschaft unseres Landes ausmacht. Deshalb müssen wir auch sehr deutlich hinhören, wenn das Handwerk uns Botschaften übermittelt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Und wir haben in den letzen Tagen sehr umfangreiche Gespräche geführt zu den Novellen, die vorliegen, und – das will ich auch einmal deutlich sagen, das ist in den Gesprächen ganz deutlich hervorgekommen – die Notwendigkeit von Novellen wird durch das Handwerk absolut akzeptiert.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Jawohl.)

Da sind wir auf einem Weg, dass es Veränderungen geben muss, aber diese Veränderungen müssen in einem Konsens passieren und das Handwerk muss dabei gehört werden. Für unser Land ist es doch so – und deshalb sage ich, wir brauchen die Novellen, wir brauchen Existenzgründungen,

(Torsten Koplin, PDS: Genau.)

wir brauchen Initiative, das alles brauchen wir –, aber das kann nicht auf dem Rücken des Handwerks ausgetragen werden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Es muss auf dieser Strecke eine gute Abstimmung geben. Und deshalb muss es auch erlaubt sein, an dieser Stelle noch einmal Korrekturen möglich zu machen, Standpunkte aufzunehmen, wenn sie anders sind als die anderer Kollegen. Und ich denke, dass das Hohe Haus heute einen vernünftigen Entschluss gefasst hat, gemeinsam, fraktionsübergreifend einen Antrag auf den Weg zu bringen. Das ist ein sehr klares Signal für unser Land, für das Handwerk in unserm Land.

Das hohe Lied, das der Minister schon gesungen hat aufs Handwerk, das möchte ich nicht noch mal singen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das muss er in Berlin auch singen.)

Ich denke, und darüber haben wir uns auch schon im Vorfeld verständigt, dass das, was heute gesagt wird, auch mit der Deutlichkeit in Berlin zum Ausdruck gebracht wird.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Und in Hochdeutsch.)

Das ist ja Sinn und Zweck, dass unser Antrag, von der Mehrheit getragen, auch das transportiert. Ich weiß, dass unser Handwerk auch jetzt sehr viel tun wird, um in der Kampagne, die wir fahren, für viel Ausbildung im Land, und Sie wissen, in den letzten Tagen hat die Kampagne begonnen, wir haben ein großes Problem und wir haben sehr große Hoffnung und sehr große Erwartung an Sie als Handwerker, so wie Sie an uns, dass Sie uns dabei behilflich sind. Wir wissen, dass wir auf ein gutes Fundament aufbauen, und ich denke, dass unser Bekenntnis zum Handwerk an dieser Stelle auch die entsprechende Resonanz von Ihnen zur Folge haben wird.

Ich will das gar nicht weiter ausführen. Das, was meine Kollegen schon gesagt haben, kann ich nur bestätigen. Ich wünsche mir, dass wir uns gar nicht schwer tun, heute mal gemeinsam einen Beschluss zu fassen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Danke schön, Frau Schildt.

Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 4/585. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 4/585 bei einer Stimmenthaltung angenommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Wolfgang Reus, ein deutscher Satiriker, hat einmal gesagt: Seltsam, alle wollen in den Urlaub fahren, möglichst ganz, ganz weit weg, aber dort bleiben wollen sie dann auch wieder nicht. Nun, das dürfen Sie auch nicht, denn wie wir heute gehört haben, ist der Landeshaushalt für die Zeit nach der Sommerpause angekündigt. Er wartet also auf uns. Aber bis dahin wünsche ich Ihnen, Ihren Familien, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen und des Landtages eine erholsame Urlaubszeit, alles Gute und viele neue Erlebnisse, denn Reisen bildet und Bildung schadet ja nicht.

Ich berufe die nächste Sitzung des Landtages auf Mittwoch, den 10. September 2003, 10.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)