Protokoll der Sitzung vom 26.06.2003

Viel Vergnügen, wie Sie das realisieren wollen! Oder Sie schaffen das noch, dass Sie diese Zonen herausnehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es stellt sich mir immer wieder die Frage: Wie kommen diese Schattenlisten nach Brüssel? Es gibt eine Aussage aus dem August 1999, dass bereits im Februar 1999 die Umweltverbände des Landes sämtliche Listen an FFH-Gebieten nach Brüssel gemeldet oder geschickt haben. Sind Naturschutzverbände in unserem Land in der Lage – allein von meiner Region ist das so ein dicker Aktenordner, nur die Nachmeldungen, wenn ich die anderen dazunehme, ist das doppelt so dick –, diese zu erstellen oder wo kommen die her? Wenn ich dann noch Meldungen des NABU aus dem Jahr 1999 lese – und das ist jetzt Realität geworden –, dass die nachträgliche Herausnahme einzelner Gebiete aus der Liste wegen wirtschaftlicher, nicht fachlicher Gründe keinen Rechtsbestand haben wird, und sie werden die vollständige Schattenliste aller zu schützenden Gebiete übermitteln, dann muss ich Ihnen sagen, dass ich mich frage: Wer regiert eigentlich in diesem Land, die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern oder die Naturschutzverbände? Ich habe hier den Eindruck, dass bei diesem ganzen Punkt die Umweltverbände die Hosen angehabt haben.

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ums Wort hat noch einmal gebeten der Umweltminister Herr Professor Dr. Methling. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Herr Kollege Rehberg, in der Konsequenz Ihrer Argumentation empfehlen Sie uns doch wohl den Austritt aus der Europäischen Union, wenn ich das richtig verstehe.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Ich will daran erinnern, dass die FFH-Richtlinie unterzeichnet worden ist im EWG-Rat durch den Bundeskanzler Helmut Kohl und Deutschland zu den aktiven Entwicklern dieser Richtlinie gehörte.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Rudolf Borchert, SPD: Sehr positiv.)

Damals spielte Deutschland übrigens auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle. Inzwischen sind wir in eine andere Position geraten,

(Torsten Koplin, PDS: Damals hat Herr Rehberg auch noch anders geredet. – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

wie auch in Brüssel eingeschätzt wird. Also es ist europäisches Recht, dem wir uns zu stellen haben. Und was nun die Konsequenzen für das Land betrifft, in der Tat gibt es ein paar Dinge, die uns nicht gefallen an dieser Rechtssetzung. Im Übrigen gibt es auch in Brüssel Nachdenken darüber, ob diese Richtlinie, so, wie sie 1992 formuliert worden ist, nicht in einigen Teilen hätte anders formuliert werden können.

(Zuruf von Gesine Skrzepski, CDU)

Wir haben aber nach der vorhandenen Richtlinie zu arbeiten und nationales Recht im Bundesnaturschutzgesetz und im Landesnaturschutzgesetz umgesetzt. Das ist unser Auftrag. Da ist auch formuliert, wie die Meldungen zustande kommen. Ich will hier eindeutig betonen, es ist 1999 die Meldung des Landes gewesen, wie es 1998 die Meldung des Landes war. Die 98er-Meldung hat hier noch keine Rolle gespielt. Damals, in Verantwortung des Landwirtschaftsministeriums wurde der Naturschutz zugeordnet, waren 1,5 Prozent der Fläche gemeldet worden. Im Übrigen ist es kein Geheimnis, dass der Vorschlag aus dem Ministerium heraus, der Fachvorschlag, auch umfänglicher war als das, was gemeldet wurde.

(Angelika Gramkow, PDS: Ja, das könnte Herr Brick bestätigen.)

Also insofern haben wir dort die gleiche Situation. 1999 haben wir diesen Anteil dann auf das Fünffache erhöht, indem wir auf 7,8 Prozent der Landesfläche kamen.

Und nun zum Bezug Landesfläche oder Landfläche, Herr Rehberg. Auch dieses ist uns nicht überlassen, wie wir definieren. Das ist inzwischen einheitlich in Europa gehandhabt, dass nach Landfläche Relativzahlen angegeben werden, ob uns das passt oder nicht. Da haben insbesondere die Länder, die nicht über Meeresgebiete ver

fügen, darauf Wert gelegt, weil sie mit Meeresanteilen keine Landesanteile ausweisen konnten. Also ist jetzt der Vergleichsmaßstab Landfläche. Das hat auch dazu geführt, dass wir nicht mehr 7,8 Prozent haben, sondern 4,7, weil der Bezug ein anderer ist. Landfläche meint also auch Binnenseen. Also so weit zu dem Bezug.

Ich weiß, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern Vogelschutzgebiete ausgewiesen haben, in etwa 18 Prozent. Ich weiß, dass die FFH-Gebiete dann dazukommen, aber es ist nicht redlich, sie einfach zu addieren. Dieses haben wir auch schon sehr oft klargestellt, weil es nämlich zum großen Teil Deckungsgleichheit gibt zwischen FFH-Gebieten und Vogelschutzgebieten. Dieses sollten Sie zumindest fairerweise sagen.

(Torsten Koplin, PDS: Ja, das ist der politische Stil von Herrn Rehberg.)

Und jetzt auf einmal 10 Prozent Artikel-10-Gebiete dazuzurechnen, das ist eine Kunst, die wohl nur Sie verstehen.

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS)

Unsere Naturschutzbehörden verstehen es noch nicht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Ich habe mit großem Interesse in der Zeitung gelesen, Herr Rehberg, dass Sie die Auffassung vertreten – mal abgesehen von der Bewertung meiner Fachkompetenz, die Sie ja mit einer Note versehen –, im Übrigen gäbe es genug andere Gebiete in Mecklenburg-Vorpommern, die man statt der touristischen Bereiche in dieser Region unter FFH-Schutz stellen könnte.

(Torsten Koplin, PDS: Hört, hört!)

Mich würden mal Ihre Vorschläge interessieren

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

und möglichst wirklich Vorschläge für dieses Land, vielleicht sogar in Ihrem Wahlkreis. Das würde die Diskussion dann wesentlich bereichern.

Übrigens hat einer meiner Vorgänger im Amt, Frieder Jelen, so gehandelt. Ich habe ihm gesagt, Herr Jelen, wenn Sie mit einem Vorschlag nicht einverstanden sind, machen Sie einen anderen Vorschlag. Und er hat einen anderen gemacht, den wir aufgenommen haben, jetzt übrigens im Rahmen der Ressortbeteiligung und es wird sicherlich noch andere solche Vorschläge, hoffentlich, geben.

(Gabriele Schulz, PDS: Ja, wenn man will, kann man miteinander reden. – Zurufe von Rudolf Borchert, SPD, und Udo Timm, CDU)

Ja. Im Übrigen darf ich hier feststellen, dass die Landräte in aller Regel viel souveräner und sachlicher damit umgehen, als Sie dieses hier tun.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD – Torsten Koplin, PDS: Gut zu wissen.)

Übrigens auch Ihre Landräte von der CDU.

Nicht nur unser ehemaliger Kollege Seidel, sondern auch junge Landräte, zum Beispiel im Strelitz-Kreis, gehen damit ganz souverän um. Wir haben dazu etwas vorgetragen, wir haben vereinbart, wie wir damit umgehen wollen. Ich finde es sehr gut, wenn Landkreise sich auch

im Kreistag damit beschäftigen. Wir sind auch gern zu Diskussionen bereit. Aber bitte beschließen Sie nicht Dinge, die rechtswidrig sind! Die müsste allein der Landrat schon kassieren, weil solche Beschlüsse rechtswidrig sind. Das macht doch keinen Sinn. Lassen Sie uns konkrete Diskussionen führen!

Ebenso ist es ganz einfach nicht zutreffend, dass der FFH-Schutzstatus ja ein europäischer Schutzstatus ist, der dem nationalen widerspricht. Ich sage noch einmal den Grundsatz, dass der nationale Schutzstatus in aller Regel unsere Aufgabe ist, also bei uns Nationalparke, soweit vorhanden, Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete und das soll auch so bleiben. Bei diesen Schutzgebietsanforderungen ist eben die Besonderheit zu berücksichtigen, dass hier europäisch wichtige Lebensräume und -arten zu berücksichtigen sind. Insofern ist es durch nationalen Schutzstatus oder durch Managementpläne oder durch Vertragsnaturschutz zu sichern, dass die Erhaltungsziele erreicht werden.

Was die finanzielle Förderung betrifft, in der Tat ist das ein Problem, Herr Rehberg.

(Zuruf von Gesine Skrzepski, CDU)

Das ist ein Problem, was auch in der EU-Kommission erkannt worden ist. Wir haben auch hochgerechnet, wir kommen sogar noch zu größeren Zahlen als denen, die Sie genannt haben, 130 Euro pro Hektar. Wenn man dann so vorgehen würde, wie man das lege artis täte, weil man Planungsbüros und so weiter mit einbeziehen müsste, würde das für unser Land bedeuten jährlich 35 Millionen Euro.

(Gesine Skrzepski, CDU: Ja.)

Natürlich unbezahlbar. Das ist in der Europäischen Union in der Konsequenz auch erkannt worden und man denkt darüber nach, welche Instrumentarien man einrichten kann, um dem zu entsprechen. Dabei denkt man unter anderem daran, das Live-Förderprogramm, also ein ausgesprochenes Naturschutzprogramm, dort fortzuführen. Selbstverständlich untersetzen wir das bereits jetzt durch Vertragsnaturschutz, der aus den europäischen Fonds mit finanziert wird. Also diese Möglichkeiten werden genutzt und Sie müssen keinen Keil zwischen Landwirtschaft und Umweltministerium treiben. Wir gehen sehr gemeinschaftlich vor, wenn wir solche Programme entwickeln. Das wird Ihnen nicht gelingen, auch wenn ich nicht von vollständiger Harmonie zwischen Landwirtschaft und Umwelt sprechen kann. Aber die Bauern sind dort viel weiter als manche, die glauben, Bauernvertreter zu sein.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Den Kampf mit Brüssel aufnehmen – also ich war in meiner Dienstzeit schon mehrfach in Brüssel und wir haben manche Fragen dort diskutiert. Wir machen auch Positionen des Landes Mecklenburg-Vorpommern dort deutlich. Ich war vor wenigen Tagen in Brüssel, als es um die Live-Programme ging, und habe dort unsere Position dargestellt, dass dieses Programm fortgeführt wird. Aber einen Kampf dafür zu führen, dass europäisches Recht nicht gilt, das ist doch de facto von vornherein ausgeschlossen. Das können Sie auch von mir nicht verlangen. Die Konsequenz, die Sie eigentlich ausgedrückt haben, habe ich ja zu Anfang skizziert. Das wird nicht gehen.

Nun komme ich mal zu der sehr interessanten Frage, warum der Müritz-Nationalpark nicht in Gänze ausgewie

sen wurde. Diese Frage habe ich selbst gestellt, um das hier deutlich zu sagen, nämlich an meine Fachleute, weil dieses häufig vorgeschlagen wurde, übrigens von Menschen, die für Naturschutz sind, zum Teil auch dagegen, mit unterschiedlichen Gründen. Der ehemalige Leiter des Nationalparkamtes Dr. Jeschke hat zum Ausdruck gebracht: Das wird sich entwickeln, dann wird es ein FFH-Gebiet sein, während es jetzt zum großen Teil keins ist. Kiefernwälder sind keine FFH-Gebiete, die sozusagen von dieser Bedeutung sind. Jetzt ist das Interessante: Wir sollen aus Ihrer Sicht den ganzen Nationalpark ausweisen, obwohl nicht im ganzen Nationalpark FFH-Gebiete und -arten vorhanden sind.

(Rudolf Borchert, SPD: Das ist das Problem.)

Das ist doch gerade das, was Sie uns vorwerfen, dass wir willkürlich Gebiete ausweisen,

(Rudolf Borchert, SPD: Ja.)