Protokoll der Sitzung vom 26.06.2003

Und eine Alternative, Herr Minister Methling? Warum wird nicht das ganze maritime Gebiet des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft ausgewiesen? Warum nicht? Gucken Sie sich die Karten ganz genau an! Und spielen – das frage ich wirklich immer wieder – die Kiefernwälder wirklich eine Rolle? Hat man nicht schon 1999 den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft, der den höchsten nationalen Schutzstatuts hat, in Gänze ausgewiesen? Und was ist da mit Vernetzung der Lebensräume und so weiter und so fort? Wissen Sie, Ihre Argumentation ist für mich an diesem Punkt nicht zutreffend.

Und uns Panik zu unterstellen, Angstmache – da müssen Sie sich selber mal fragen, welche Ihrer Aussagen aus dem Jahre 1999 vier Jahre später noch Bestand haben. Das müssen Sie sich wirklich mal selber fragen und inwieweit so politische Verantwortung von Ihnen wahrgenommen wurde und wahrgenommen wird. Denn Sie haben heute an vielen Stellen deutlich machen müssen, dass Ihre Aussagen von damals heute in weiten Teilen nicht mehr zutreffend sind. Das ist die Tatsache.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Frau Abgeordnete, Sie dürfen jetzt fragen.

Herr Rehberg, ich möchte Sie gern als Vorsitzende des Umweltausschusses fragen: Wenn Ihre Fraktion so detaillierte Kenntnisse darüber hat, dass gravierende Fehler bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie hier im Land gemacht werden, warum haben die Mitglieder Ihrer Fraktion diese Fragen nicht dem Staatssekretär und den dabei anwesenden Fachleuten aus dem Ministerium in der Umweltausschusssitzung am 18.06. gestellt?

(Rudolf Borchert, SPD: Ja, eine berechtigte Frage.)

Frau Schwebs, erstens: Das Umweltministerium mauert.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Ich hätte erwartet, dass man vorher,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Heinz Müller, SPD – Glocke des Vizepräsidenten)

wenn man diese Fragen im Umweltausschuss stellen will, die Unterlagen, die den Landkreisen übergeben worden sind, bekommt und diese auch den Abgeordneten des Umweltausschusses zur Verfügung gestellt werden.

Und dann haben Sie natürlich einen Riesenberg vor sich für das ganze Land, das ist schlichtweg so. Ich habe mich mit meiner Region beschäftigt, weil ich diese kenne. Ich habe mir also diese Unterlagen besorgt. Das ist ganz einfach so, manchmal bleiben auch Straßenbahnen stehen. Das sind aber die offiziellen Unterlagen.

Und wissen Sie, für mich wäre viel interessanter, nachzuforschen,

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

wie die Schattenlisten schon 1998/99, die kompletten Listen,

(Heinz Müller, SPD: Das war nicht auf die Frage, die Frau Schwebs gestellt hat.)

über die wir heute reden, bei den Naturschutzverbänden gelandet sind und die Sie dann nach Brüssel getragen haben, was der damalige Staatssekretär ja im August 1999 zugegeben hat.

(Heinz Müller, SPD: Sie weichen der Frage aus.)

Also wir sind im Augenblick dabei, auf welchen Wegen auch immer wir diese Unterlagen bekommen haben, sie durchzugucken. Und da fallen uns diese offenkundigen fachlichen Fehler auf. Ich muss sagen, dies ist nicht mit einer kleinen Entschuldigung des Ministers hier im Landtag getan.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Minister Dr. Wolfgang Methling: Sie drehen die Worte um.)

Bitte keine Äußerungen von der Regierungsbank.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/523. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich ums Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Danke schön. Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/523 bei Zustimmung der Fraktion der CDU, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und PDS und zwei Enthaltungen der Fraktion der SPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrages der Fraktionen der PDS und SPD – Förderung der Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern, auf der Drucksache 4/529. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/581 vor.

Antrag der Fraktionen der PDS und SPD: Förderung der Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/529 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 4/581 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Lück für die Fraktion der PDS.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden Regierungsfraktionen bringen hier einen Antrag ein zur Förderung der Baukultur, beispielgebend für den gesellschaftlichen Dialog im Land. Diese Kultur des gesellschaftlichen Dialogs wird durch die rot-rote Landesregierung und insbesondere auch durch das Ministerium für Arbeit, Bau und Landesentwicklung von Beginn an gepflegt und entwickelt und wird in vielen Bereichen erfolgreich praktiziert.

In diesem konkreten Fall gilt der besondere Dank der Architektenkammer Mecklenburg-Vorpommerns, die maßgeblich diese Initiative initiiert und befördert hat. Dank gilt aber auch allen anderen bisher Beteiligten, wie zum Beispiel der Ingenieurkammer und anderen, die zum Entstehen der Initiative zur Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern beigetragen haben.

Nun gilt es, diese Initiative mit Leben zu erfüllen, sie den Menschen im Land näher zu bringen, dafür zu sorgen, dass wir, aber auch viele andere in diesem Land, sich mit dieser Initiative identifizieren, dass sie sich als Teil dieser Initiative verstehen. Baukultur als Gesamtheit der Architektur, der Ingenieurbaukunst, der Stadt- und Regionalplanung, der Freiraumplanung, der gesamten Alltagsumwelt und des Umgangs mit dem kulturellen Erbe hat für Mecklenburg-Vorpommern eine besondere Bedeutung. Als Land des Tourismus und mit geringer industrieller Dichte ist es für uns doppelt bedeutsam, unsere mittelbare und unmittelbare Umwelt zu gestalten, uns mit ihr zu identifizieren und ihre Besonderheit, ihre Einmaligkeit herauszustellen. Dies schließt die Bewahrung ebenso wie die Entwicklung des Neuen ein. Darin – und genau das müssen wir auch stärker als bisher vermitteln – liegen unsere Chancen für ein zukunftsfähiges Mecklenburg-Vorpommern.

In der über tausendjährigen Geschichte des Landes haben sich unverwechselbare Naturräume sowie Bauund Siedlungsstrukturen herausgebildet, weitläufige, unzerschnittene, einmalige Naturräume sind ebenso charakteristisch für unser Land wie die 3.800 Siedlungsbereiche, Dörfer und auch Städte mit ihrem einzigartigen kulturellen Erbe. Gebaute Umwelt beeinflusst in erheblichem Maße – positiv wie auch negativ – den Lebensraum und das Verhältnis der Bürger zu ihrer Umwelt. Baukultur kann einen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt, zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Förderung des Kulturtourismus und zur regionalen wirtschaftlichen Entwicklung leisten, fördert Identität, ist also ein wichtiger Imagefaktor und nicht zuletzt ein Kultur- und Bildungsgut.

Um diese Potentiale auch optimal nutzbar zu machen, bedarf es einer engen Kooperation von Architekten, Stadtplanern, Ingenieuren, Denkmalschützern und auch Künstlern. Es bedarf einer politischen Willensbekundung über Parteigrenzen hinaus. Letztendlich bedarf es auch eines Engagements jeder und jedes Einzelnen. Dies und noch viel mehr ist im Thesenpapier „Initiative zur Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern“ ausgeführt und soll von

uns nun in die Umsetzung geführt werden. Ich denke, dass dies richtig und wichtig ist für die weitere Entwicklung unseres Landes und es sollte von parteiübergreifendem Interesse sein. Darum ist mein Unverständnis über die Haltung der CDU umso größer, die diesen Antrag nicht mit einem interfraktionellen Status ausstatten wollte. Damit sind wir wieder bei der Kultur des Dialogs und der Ehrlichkeit der Opposition, wenn sie davon redet, für das Land und seine Menschen nur das Beste zu wollen.

Und weiter bleibe ich bei der Kultur des Dialogs. Bisher konnte ich mich ja in einigen meiner Wortmeldungen hier im Landtag nicht immer mit der Bundespolitik identifizieren. Das ist für den Bereich der Arbeitsmarktpolitik auch nicht verwunderlich. Hier aber jedoch gehen Bundespolitik und auch die PDS-Landespolitik konform.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Im Jahr 2000 wurde die „Initiative Architektur und Baukultur“ in Deutschland durch die Bundesregierung ins Leben gerufen und Ende 2001 mit dem Statusbericht zur Baukultur in Deutschland die erste Etappe der Initiative auch abgeschlossen. Nun haben die rot-grünen Koalitionäre auf Bundesebene einen Antrag eingebracht, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Voraussetzungen für die geplante Bundesstiftung „Baukultur“ ab 2004 zu schaffen. Mit dieser Stiftung sollen die Positionen Deutschlands im internationalen Wettbewerb, die Sicherung eines hohen und zukunftsgerechten Leistungsstandards von Planungs- und Bauleistungen sowie die Sicherung und Pflege des baukulturellen Erbes gestärkt werden. Dies begrüßen wir sehr. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne damit die Aussprache.

Als Erster hat ums Wort gebeten der Bauminister des Landes Herr Holter. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Geschichte der Menschheit ist auch die Geschichte der Baukunst

(Beifall Norbert Baunach, SPD)

und deswegen müssten wir eigentlich hier über etwas reden, Herr Baunach, was selbstverständlich ist. Aber leider ist es nicht selbstverständlich und deswegen haben Architekten und Ingenieure ja das Vorhaben, eine Initiative zur Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern zu starten, um das, was heute noch nicht selbstverständlich ist, auch tatsächlich zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Das, glaube ich, sind auch der Hintergrund und das Motiv der Koalitionsfraktionen, genau dieses hier im Landtag zu thematisieren und zu debattieren. Nachdem sich nun die CDU entschlossen hat, einen Änderungsantrag einzubringen, frage ich mich, warum das denn nicht bei der Vorbereitung dieses Antrages möglich gewesen wäre, denn inhaltlich wird jetzt deutlich, dass alle drei Fraktionen an einem Strang ziehen.

Wenn man wie ich und viele andere, die hier anwesend sind, aufmerksam durch Mecklenburg-Vorpommern geht, fährt und sich umschaut, wird man feststellen, dass es viele Highlights – Markenzeichen des Landes – gibt. Zwei Hansestädte, die zum Weltkulturerbe gehören, Bauwerke der Backsteingotik dienen als Zeugen der Geschichte, Schlösser, Herrenhäuser oder auch die klassizistische Bäderarchitektur seien hier genannt. Aber es geht auch um die Frage, wie denn die Städte und Dörfer in Zukunft aussehen sollen. Wir haben zumindest in Spezialistenkreisen – die Architektenkammer mit ihrem Vorstand, ihr Präsident ist ja anwesend, auch die Ingenieurkammer – eine Diskussion über die Zukunft der gebauten Umwelt. Das gehört genauso zur Zukunftsdebatte dazu wie die Debatte, die eben stattgefunden hat zum Schutz von Lebensarten und Lebensräumen. Deswegen meine ich, wir müssen es in Übereinstimmung bringen, was die gebaute Umwelt ausmacht. Ich habe das mit der Menschwerdung ja nicht umsonst gesagt, dass es darum geht, Natur, vorhandene Bebauung und neue Bebauung so in Übereinstimmung zu bringen, dass das im Einklang vonstatten geht und wir tatsächlich auch von Modernität sprechen können, damit unser Land weiter lebenswert sowie einladend ist und Menschen regelrecht anzieht. Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen, und deswegen geht es darum, Traditionen, Vorhandenes zu nutzen und zu pflegen, darauf aufzubauen, um modernes Bauen zuzulassen, damit wir tatsächlich hier den Ansprüchen der zukünftigen Entwicklung gerecht werden können.

In Mecklenburg-Vorpommern wurde gerade in den letzten Jahren viel gebaut. Es entstanden zahlreiche Wohnund Gewerbegebiete, Einzelhandels- und Tourismusbauten. Über Schönheit, über städtebauliche Qualität wird bei den einzelnen Standorten immer viel diskutiert, das ist auch gut so und das kann man gerade dort sehen, wo Innenstädte umgestaltet wurden beziehungsweise Großwohnsiedlungen entstanden sind. Das äußere Erscheinungsbild der Städte und Dörfer hat sich nun in der Tat zum Positiven verändert, wie ich es gestern beim Sommerfest des Landtages gerade wieder von Besuchern aus Nordrhein-Westfalen bestätigt bekommen habe, die sich hier in Schwerin aufhalten.

Wir haben es aber, und das hat etwas mit Zukunft zu tun, damit zu tun, dass die Einwohnerzahlen in Mecklenburg-Vorpommern zurückgehen und wir einen zunehmenden Wohnungsleerstand haben. Auch hier ist es notwendig, ein Umdenken einzuleiten beziehungsweise dann auch ganz konkret zu praktizieren. Wir brauchen einen Strukturwandel in der Bau- und in der Siedlungsentwicklung. Es geht jetzt nicht mehr vorrangig um Quantität, sondern es geht um Qualität, und deswegen setzt die Initiative Baukultur ja auch darauf, die qualitativen Fragen des Bauens in den Mittelpunkt zu stellen.

Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass wir hier in Mecklenburg-Vorpommern diese Baukulturinitiative haben, und wir werden das als Land insgesamt unterstützen. Nicht zuletzt hat sich der Ministerpräsident ja bereit erklärt, die Schirmherrschaft zu übernehmen. Ich bin froh darüber, dass Architektenkammer und Ingenieurkammer gemeinsam in den letzten zwei Jahren aktiv daran gearbeitet haben. Ich bedauere eins, dass wir erst nach einem Jahr hier im Landtag in der Lage sind, darüber zu debattieren. Ich meine, wir haben ein gutes Stück Zeit verloren. Wir hätten die Debatte unter der Bevölkerung, in der Gesellschaft schon viel intensiver führen können.

Frau Lück hatte es genannt, die Bundesregierung hat eine „Initiative Architektur und Baukultur“ in Deutschland gestartet. Wir haben uns dort sehr frühzeitig angeschlossen. Ich will auf den Bericht der Bundesregierung verweisen, in dem die Aktivitäten aus Mecklenburg-Vorpommern ausdrücklich gewürdigt werden. Das, glaube ich, spricht für sich.

Wir fangen nicht beim Thema null an. Es gibt viele, viele Aktionen und Aktivitäten, die auf die hohe Bau- und Architekturqualität in Mecklenburg-Vorpommern verweisen und auch in das öffentliche Bewusstsein dringen. Morgen werden die Tage der Architektur in Mecklenburg-Vorpommern eröffnet, wieder eine gute Gelegenheit, sich mit modernem Bauen auseinander zu setzen. Aber wir haben auch den Landesbaupreis, den Ingenieurpreis und den Landesdesignpreis. Es gibt die Aktion „Unser Dorf soll schöner werden – unser Dorf hat Zukunft“ und es gibt die Tage des offenen Denkmals sowie die lokalen und die regionalen Agendaprozesse.