Protokoll der Sitzung vom 10.09.2003

und insofern es hier nicht um eine Wiederholung geht?

(Regine Lück, PDS: So ist es.)

Frau Kollegin Dr. Bunge, selbstverständlich geben Sie den Sachverhalt richtig wieder,

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

dass unser Antrag...

(Peter Ritter, PDS: Bestens vorbereitet.)

Aber, Entschuldigung, selbstverständlich gibt Frau Kollegin Dr. Bunge den Antrag in der Überschrift zutreffend wieder. Aber genauso weiß natürlich zumindest Frau Kollegin Bunge so gut wie ich, dass diese beiden Sachverhalte so eng miteinander verknüpft sind, dass wir zu Recht damals darauf hingewiesen haben, was passiert, wenn wir das Scandlines-Problem nicht gelöst bekommen,

(Beifall Karin Strenz, CDU)

dass wir nämlich dann genau sehen müssen, dass es zu einer festen Fehmarnbelt-Querung noch leichter kommt, als es jetzt der Fall ist, und dass wir deshalb allen Grund hatten, diese Problematik miteinander zu verknüpfen. Sie haben den Sachverhalt völlig richtig dargestellt. Aber wir hatten auch allen Grund, in unserer Begründung auf die Gefahr einer festen Fehmarnbelt-Verbindung hinzuweisen.

(Angelika Gramkow, PDS: Ach Gott, in der Begründung!)

Und ich habe gesagt, ich freue mich, dass die Koalitionsfraktionen heute sich in der Lage sehen, einen solchen Antrag einzubringen und damit ja auch die Landesregierung aufzufordern, mit allem Nachdruck tätig zu werden.

Ist eine Nachfrage möglich?

Wenn der Abgeordnete sie gestattet.

Selbstverständlich. Natürlich.

Bitte.

Herr Abgeordneter, in meiner Rede habe ich gesagt, dass in Schleswig-Holstein sowohl Landesregierung als auch Landtag sich positioniert haben. Warum sollte das für Mecklenburg-Vorpommern nicht möglich sein? Warum meinen Sie, dass wir hier unsere Regierung zum Jagen tragen?

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Ja, Frau Kollegin, dass Sie da nicht so gerne aus dem Nähkästchen plaudern, kann ich gut nachvollziehen. Wir als Opposition haben es etwas leichter, wenn wir auch in aller Öffentlichkeit feststellen, dass es immer wieder erforderlich ist, diese Landesregierung zum Jagen zu tragen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Aber wir unterstützen Sie ja gerne dabei, wenn Sie intern Ihre Möglichkeiten nutzen. Wir machen das dann auch in dieser Form im Landtag mit Ihnen gemeinsam öffentlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Born.

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Herr Schulte für die Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Kollege Born, einen Satz vielleicht vorweg: Ich denke nicht, dass es Aufgabe der Koalitionsfraktionen ist, die Landesregierung zum Jagen zu tragen oder wo sonst auch immer hin.

(Zuruf von Martin Brick, CDU)

Ich denke schon, dass gerade der Wirtschaftsminister in der Vergangenheit deutlich genug gemacht hat, wo die Interessen dieses Landes sind.

(Beifall Beate Mahr, SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: Wir kennen die schon etwas länger.)

Und letztendlich, meine Damen und Herren, sind Sie es von der CDU, die zu Recht ja immer wieder herausstellen, dass gerade das Parlament auch eine eigene politische Verantwortung hat. Ich denke, mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen wird hier durch den Landtag selber noch einmal deutlich gemacht, was unsere gemeinsame Position ist. Und Sie haben ja dargestellt, dass Sie unserem Antrag auch zustimmen wollen. Es wird hier deutlich, dass nicht nur die Landesregegierung irgendwelche Interessen vertritt, nein, es wird hier deutlich, dass es die Vertreter des gesamten Landes sind, die hinter dieser Position stehen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Und ich denke mir, dass es gerade angesichts der Schwierigkeiten, die Sie ja zutreffend geschildert haben, immer wichtiger wird, dass nicht nur einzelne Regierungsmitglieder hier im Lande Position beziehen, sondern dass insgesamt alle politischen Vertreter in diesem Land deutlich machen, welche Interessen hier tatsächlich verfolgt werden müssen.

Meine Damen und Herren, Europa wächst zusammen, darüber haben wir gerade auch in diesem Haus immer wieder gesprochen, und der Ostseeraum entwickelt sich gerade durch die Integration der Beitrittskandidaten in die Europäische Union zu einem EU-Binnenmeer. Unser Land und unsere Häfen profitieren in vorderster Linie hiervon. Der bisherige Ausbau der Hafenverkehrsinfrastruktur gerade mit Unterstützung des Bundes hat dazu beigetragen, dass der Seegüterumschlag in den Häfen allein in den Jahren 1995 bis 2000 um fast 15 Prozent gestiegen ist. Dabei ist der Seegüterverkehr mit den Ostseeanrainerstaaten von besonderer Bedeutung. Und hierbei wiederum, und das muss man ganz deutlich sagen, trägt der Fährverkehr unserer Häfen an dem positiven Gesamtergebnis einen überragenden Anteil.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Die Schaffung neuer beziehungsweise der Ausbau bestehender Verkehrsverbindungen wird unumgänglich. Ein positives Beispiel auch für unser Land ist der Bau der A 14, der unseren Häfen und unserem Land insgesamt einen weiteren Wachstumsschub geben wird.

Die Internationalisierung der Wirtschaft mit weiter zunehmender Arbeitsteilung und dem damit einhergehenden Warenaustausch wird auch zukünftig steigende Ansprüche an die Mobilität stellen. Mobilität ist – und darüber brauchen wir nicht zu diskutieren – eine der wesentlichen Voraussetzungen für die internationale Arbeitsteilung und den damit verbundenen Austausch von Produkten. Prognosen sehen daher bundesweit bereits eine Steigerung des Schwerlastverkehrs bis 2010 um mehr als 50 Prozent im Vergleich zu 1998 voraus.

Die Frage, die in diesem Zusammenhang zwingend verkehrs- und wirtschaftspolitisch geklärt werden muss – und dazu dient ja hoffentlich dann auch die Debatte heute –, ist: Welche Verkehrswege braucht die Wirtschaft und wie muss sich unser Land im Hinblick auf die eigenen verkehrspolitischen Situationen positionieren? Ich denke mir, und das ist auch die gemeinsame Vorstellung dieses Hauses, dass aus landespolitischer Sicht die Entscheidung relativ einfach ist. Wenn wir weiterhin an der wirtschaftlichen Entwicklung im Ostseeraum teilhaben wollen, dann müssen auch zukünftig wesentliche Teile der Wirtschaftsströme über unsere Häfen geleitet werden.

Aber sehen wir doch einmal über den eigenen Tellerrand hinaus. Gibt es, von unseren eigenen verkehrs- und wirtschaftspolitischen Interessen einmal abgesehen, tatsächlich Gründe, die für die Schaffung einer festen Fehmarnbelt-Querung aus übergeordneten Interessen als sinnvoll oder gar unvermeidlich erscheinen können? Was kann, was soll durch eine feste Querung erreicht werden?

Ein Hinweis vorweg: Die Idee einer festen Querung über den Fehmarnbelt ist inzwischen auch schon in die Jahre gekommen. Die Idee stammt noch aus der Zeit vor der Maueröffnung. Und der Wunsch nach einer festen Verbindung nach Skandinavien war zumindest bis 1989 aus westdeutscher oder westeuropäischer Sicht vielleicht

nachvollziehbar. Aber man muss natürlich feststellen, seit 1989 haben sich die Bedingungen nicht nur politisch, sondern auch verkehrlich und verkehrspolitisch wesentlich geändert, auch wenn man bei manchem Befürworter der Fehmarnbelt-Querung heute noch nicht erkennen kann, dass sich das bis zu ihm herumgesprochen hat. Westeuropa wird gerade nicht mehr durch ein Nadelöhr mit Skandinavien verbunden, vielmehr sind zu den Häfen in Kiel und Lübeck die hocheffizienten Häfen an der mecklenburg-vorpommerschen Ostseeküste getreten.

Was kann also tatsächlich eine feste Querung erreichen? Vorgeblich geht es um die Verbesserung der Mobilität durch die Verkürzung der ökonomischen Entfernung zwischen Skandinavien und Mitteleuropa. Wenn es aber hauptsächlich um die Verbesserung der Mobilität geht, unterstellt dieses gleichzeitig – und das muss man ganz deutlich in diesem Zusammenhang ausdrücken –, dass der derzeitige Status der Wege über die Ostsee unbefriedigend ist oder aber zumindest in absehbarer Zeit wirtschaftlich unbefriedigende Ergebnisse zeigen wird. Oder um es noch einfacher auszudrücken: Stellen die Fährverbindungen über die Ostsee Engpässe innerhalb der Verkehrsströme dar oder liegen die Engpässe nicht möglicherweise eher im Hinterland? Und sollten die bestehenden Verkehrswege ineffizient sein oder in absehbarer Zeit ineffizient werden, müssen wir sie dann ertüchtigen oder ist es erforderlich, dass andere Verkehrswege an ihre Stelle treten?

Der Kollege Born hat es eben schon angesprochen: Alle Untersuchungen, die derzeit vorliegen, stellen fest, dass die bestehenden und sich zukünftig entwickelnden Verkehrsströme nach Skandinavien heute, aber auch zukünftig mit einem sich weiter entwickelnden Verkehrssystem effizient bewältigt werden können. Eine Unzulänglichkeit des bestehenden Systems, welches eine Nachfrage nach einer Alternativlösung heraufbeschwören würde, liegt somit nicht vor. Vielmehr ist es gerade so, dass aufgrund der Wettbewerbsfähigkeit der Fährverbindungen im Ostseeraum private Investoren keine Bereitschaft zeigen, eine feste Fehmarnbelt-Querung ohne erhebliche öffentliche Mitfinanzierung errichten zu wollen. Zumindest auf deutscher Seite wurde in der Vergangenheit mehrfach und öffentlich erklärt, dass für die Bundesrepublik Deutschland eine vollständige private Finanzierung ohne staatliche Garantien Voraussetzung für die Errichtung einer festen Querung sei.

So weit, so gut. Vom Grundsatz her könnte man das Thema damit abhaken. Ich glaube nicht, dass es unsere Aufgabe ist, den Wettbewerb zwischen verschiedenen Verkehrssystemen, die im freien Wettbewerb ohne staatliche Subvention miteinander konkurrieren, tatsächlich zu beeinflussen. Wenn es private Investoren gäbe, die eine feste Fehmarnbelt-Querung bauen wollten, dann ließe sich das sicherlich auch nicht durch den Landtag Mecklenburg-Vorpommern oder auch nicht durch die Bundesrepublik verhindern. Aber das Problem ist doch gerade, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Tatsächlich ist es doch aber vielmehr so, dass man unter Voraussetzung einer privaten Finanzierung einer festen FehmarnbeltQuerung zurzeit sicher sein kann, dass sich kein Investor findet, der bereit ist, die feste Querung bei Übernahme des vollen Risikos privat zu finanzieren.

Bedauerlicherweise ist jedoch festzustellen, dass gerade aus den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein der Ruf nach einer zumindest teilweisen öffentlichen Finanzie

rung des Projektes in einem Gesamtvolumen von inzwischen über 4 Milliarden Euro weiterhin zu hören ist. Und unsere norddeutschen Freunde stehen längst mit ihren Rufen nicht mehr allein. Dass die dänische Regierung das Projekt von Anfang an unterstützt hat und auch weiterhin unterstützt, ist gleichfalls nicht neu, auch – und das muss man in diesem Zusammenhang ebenfalls sehen – wenn gerade in Dänemark mit der Öresund-Brücke deutlich wurde, dass sich die Sinnhaftigkeit fester Querungen zumindest unter betriebswirtschaftlichen Aspekten nur schwer darstellen lässt. Was jedoch wesentlich gravierender ist – und Frau Kollegin Bunge hat es auch schon angesprochen –, ist der Umstand, dass auch die EU-Kommission inzwischen bereit ist, das Projekt zu unterstützen und sich mit Investitionsbeihilfen an der Realisierung des Vorhabens zu beteiligen. Das – und das ist das Gravierende an der ganzen Angelegenheit – nährt natürlich das Verlangen nach weiteren Mitteln der öffentlichen Hand. Hier an diesem Punkt müssen wir weiter agieren und verdeutlichen, dass gerade in Zeiten immer knapper werdender finanzieller Mittel die Sinnhaftigkeit einer Infrastrukturinvestition besser einmal mehr als einmal zu wenig beleuchtet wird, bevor – und das ist meine ganz persönliche Meinung – das Geld dann doch woanders ausgegeben wird.

Wer die bestehenden und zukünftigen Skandinavienverkehre entlasten will, muss die Entlastungen tatsächlich dort vornehmen, wo sie wirklich angebracht sind, das heißt, die verkehrlichen Nadelöhre im Raum Hamburg entschärfen und mehr Schwerlastverkehr von der Straße auf die Schiene verlagern. Das nützt den Hamburgern, das nützt in gewisser Weise auch den Schleswig-Holsteinern und das nützt sicherlich dem Land Mecklenburg-Vorpommern.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns im Klaren sein, dass die Entscheidung über die Errichtung oder Nichterrichtung einer festen Fehmarnbelt-Querung noch nicht getroffen ist. Wir sollten uns allerdings auch nicht in einer trügerischen Sicherheit wähnen, dass das Vorhaben allein deswegen nicht kommt, weil es sich privatwirtschaftlich nicht rechnet. Allein der Umstand, dass auch das Bundesverkehrsministerium – ich will die Gründe dafür gar nicht bewerten – vielleicht nur aus Rücksicht auf unsere dänischen Nachbarn bisher noch keine ausdrückliche Absage hinsichtlich des Baus einer festen Fehmarnbelt-Querung erklärt hat, wird alle, die noch auf eine zumindest überwiegend öffentlich finanzierte Realisierung setzen, nicht ruhen lassen.

Aber um es noch einmal deutlich zu sagen, und ich glaube, auch da besteht Konsens in diesem Haus: Wer die Errichtung einer festen Fehmarnbelt-Querung unter Verwendung – und da sage ich ausdrücklich hier diesen Einschub – öffentlicher Mittel befördert, wendet sich ausdrücklich gegen die verkehrlichen und wirtschaftlichen Interessen unseres Landes.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Bereits aus diesem Gesichtspunkt – und damit nehme ich im Grunde das wieder auf, was ich zum Anfang gesagt habe – ist die heutige Entschließung des Landtages wichtig. Sie unterstreicht noch einmal die Position unseres Landes und stärkt unserer Landesregierung den Rücken dafür, sich auch weiterhin mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen eine nicht rein privatwirtschaftlich und das heißt, auch ohne öffentliche Bürgschaften errichtete

Fehmarnbelt-Querung einzusetzen. Und in diesem Sinne, denke ich mir, wird der Antrag sicherlich am heutigen Tage hier auch eine Mehrheit finden. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)