Wenn hier behauptet wird, dass die Bürgerversicherung – ich freue mich schon auf Ihre Fragestellung nachher, Frau Gramkow –, wenn wir hier an dieser Stelle sagen, die Bürgerversicherung löst das Problem, dann sage ich Ihnen, die Bürgerversicherung löst aus meiner Sicht keine strukturellen Probleme. Davon bin ich überzeugt.
Es werden hier einfach zusätzliche Geldquellen erschlossen. Das mag auch ganz gut am Anfang funktionieren,
da einfach erst einmal ein. Aber das Problem ist doch nur kurz aufgeschoben. Das, was Sie jetzt immer machen, Schwankungsreserve absenken und ähnliche Maßnahmen, das sind alles kurzfristige Maßnahmen, die das Problem aus meiner Sicht nicht lösen werden.
Sie verteuern hier den Faktor Arbeit und das führt dazu, dass die Anreize, neue Arbeitsplätze zu schaffen, weiter nach unten gehen. Das hatte ich schon ausgeführt.
Über verfassungsrechtliche Dinge, die auf uns zukommen werden, und Ähnliches möchte ich an dieser Stelle nicht weiter referieren.
Ich habe auch persönlich Probleme zu glauben, dass Sie einen gewissen Wettbewerb, der ja zu effektiveren Strukturen führen soll, dass das durch diese Bürgerversicherung erreicht wird. Was ich auch gar nicht abkann, ist, wenn Sie immer sagen, wir sind die Einzigen, die sozial gerecht denken und Ähnliches.
Ich muss Ihnen sagen, wie stehen Sie dann zu solchen Sachen, dass nichtberufstätige Ehefrauen zum Beispiel weiter kostenlos in der Bürgerversicherung versichert werden? Ist das gerecht? Mit der Beitragsbemessungsgrenze wird es sicherlich innerhalb Ihrer Partei auch unterschiedliche Auffassungen geben. Das sind doch viele Punkte, die man diskutieren soll.
Ich möchte auch noch mal am Beispiel der Ministerin Frau Schmidt aufzeigen, wie sich aus meiner Sicht die Situation überhaupt darstellt. Wir alle haben diese demographischen Probleme vor uns, die gelöst werden müssen. Wenn Sie Veranstaltungen von der Ministerin Ulla Schmidt verfolgen, wo sie versucht, Verständnis für die anstehenden Reformen bei den Menschen zu bekommen, was gleichbedeutend ist mit Kürzungen, dann bekommt sie nur wenig Verständnis. Wenn sie sich, das wird sicher der eine oder andere gesehen haben, bei Veranstaltungen vor Hunderten von Leuten, hauptsächlich älteren Leuten, wie Politiker dann äußert – sie steht für mich jetzt dort als Politikerin, die eher ausgebuht werden –, wenn ich dann aber aus sozialdemokratischer Sicht zum Schluss einen Schwenk mache und sage, meine Damen und Herren,
Dann hole ich mir zwar die Leute kurzfristig auf meine Seite, aber das wird das Problem in der Gesellschaft, was wir haben, nicht lösen.
(Zuruf von Heike Polzin, SPD – Frank Ronald Lohse, SPD: Wer schreibt dir bloß immer diese blöden Reden?!)
Ich sage Ihnen, ab 2006 gilt es, diese Probleme zu lösen, anzupacken, und da werden wir politisch gesehen eine Situation in Deutschland haben ähnlich wie heute. Wenn ich mal davon ausgehe, dass dann die beiden großen Volksparteien circa 80 Prozent der Wählerstimmen hinter sich vereinigen können, dann sage ich Ihnen voraus, es muss Kompromisse geben. Ich lehne es ab, hier einfach zu sagen, schwarz oder weiß.
Was mir noch so ein bisschen im Magen liegt: Wenn Ihnen vielleicht aus populistischen Gründen der Begriff „Bürgerversicherung“ mit der Umschreibung nicht ausreicht und Sie wie in Ihrem Antrag den Begriff „solidarisch“ davor setzen, dann wird das Ganze aus diesem Grunde nicht gerechter und nicht richtiger, sondern das zeigt mir einfach nur, dass es hier darum geht, Schaufensteranträge zu stellen, und ich sage Ihnen, diese Schaufensteranträge lehnen wir ab.
(Angelika Gramkow, PDS: Sie können mich da gerne mahnen, das ist so. Das kann ja wohl nicht wahr sein!)
Sehr geehrte Damen und Herren, ich weiß nicht, ob sich die Redezeiten vielleicht verändert haben, aber das, was ich jetzt machen muss, tue ich mit Widerwillen, aber ich muss mit einer Polemik beginnen.
Die SPD hat dankenswerterweise die Initiative zu diesem Antrag ergriffen und wir sind Mitautor dieses Antrages. Und als Mitautoren sagen wir seitens der PDS, wir verwahren uns dagegen, diesen Antrag als einen Schaufensterantrag zu bezeichnen.
Herr Renz, auch zu Ihnen ganz persönlich, mir ist das gestern aufgefallen und heute wieder: Die Redebeiträge von Kollegen aus der SPD und der PDS erhalten von Ihnen hier Benotungen.
Ich persönlich bin sehr bestürzt darüber, dass Sie offensichtlich intellektuell nicht erfasst haben, dass dieses Thema, was hier auf der Tagesordnung steht, ein zentrales Thema des gesellschaftlichen Zusammenlebens überhaupt ist.
Die Entschließung, denke ich, ist eine ganz wichtige Positionsbestimmung, wie wollen wir zukünftig überhaupt zusammenleben und wie sollen in Anbetracht der gegenwärtigen Rahmenbedingungen die sozialen Sicherungssysteme sich weiter gestalten. Insofern hat dieser Antrag etwas ganz Besonderes. Aus meiner Sicht, wenn ich das mal vergleiche in der Art und Weise, wie sich andere Landtage damit auseinander setzen, gibt er im Gegensatz zu anderen Stellungnahmen und Positionierungen eine Antwort, wie wir zu einem zukunftsfähigen Gesundheitswesen kommen können jenseits von Leistungskürzungen und Zuzahlungsregelungen. Die Entschließung ist ein deutliches Zeichen gegen den Missbrauch des Begriffs „Reform“. Willy Brandt hat einmal gesagt: Reform ist, was die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen verbessert.
Angesichts von Arbeitsplatzabbau und Arbeitsverdichtung klingt das Wort „Reform“ für die Beschäftigten im Gesundheitswesen oft wie eine Drohung. Und angesichts der geplanten Eintrittsgebühr beim Arzt, der Selbstzahlung von Brillen und Kontaktlinsen, der Privatisierung der Vorsorge beim Krankengeld und in der Zahnmedizin – Sie wollten übrigens seitens der CDU den Bürgerinnen und Bürgern schon immer an die Zähne –
Unsere Entschließung hat einen grundsätzlich anderen Ansatz als den, der gegenwärtig diskutiert wird. Ich möchte auch noch mal den Satz betonen, den Frau Sozialministerin Linke schon herausgestellt hat. Der erste Satz des Antrages lautet: „Schutz, Erhalt und Wiederherstellung der Gesundheit gehören zu den elementaren Aufgaben öffentlicher Daseinsvorsorge.“ Diese wichtige Feststellung entspringt für die PDS der Auffassung, dass der so genannte Gesundheitsmarkt kein Gütermarkt ist. Wer Ärzte- und Gesundheitseinrichtungen als kaufmännische Einrichtungen auf dem Gesundheitsmarkt und Patienten als Kunden sieht – beide also als gewöhnliche Akteure des marktwirtschaftlichen Spiels –, irrt sich nicht nur, sondern liegt aus unserer Sicht kreuzgefährlich.
Der übliche Kunde vermag selber zu definieren – das ist vorhin auch schon mal gesagt worden –, was er haben will. Wenn er sich geirrt hat oder getäuscht wurde, kann er umtauschen. Im Gesundheitswesen hat der Patient in der Regel diese souveräne Stellung nicht. Deshalb kommt von Seiten des Patienten Vertrauen und von Seiten der Leistungsanbieter neben der medizinischen Kunst das Gewissen ins Spiel. Vertrauen und Gewissen sind jedoch keine handelbaren Güter. Geld und Geldvermehrung sind kein Nährboden für Vertrauen und Gewissen. Genau deshalb darf Gesundheit selber keine Ware sein. Gesundheit und Gesundheitsvorsorge sind ein elementares Menschenrecht. Und gerade angesichts der gegenwärtigen Debatte in der CDU sage ich ganz deut