Protokoll der Sitzung vom 28.01.2004

Aber mitunter ist das mit der Aktualität ja so schnell anders. Ich habe das soeben an der Rede von Frau Lochner-Borst bemerkt, die sicherlich am Wochenende sehr gründlich recheriert hat, um ihre Rede zusammenzutragen. Aber die Gegebenheiten dieser Woche – und damit meine ich die Ergebnisse des Kompromisses, der gestern schon über die Ticker lief – haben natürlich die Aktualität dieser Rede wieder in einigen Teilen in Frage gestellt und ich bin sehr froh darüber.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Um gleich wieder etwas Nettes zu sagen: Frau Lochner-Borst, was Sie zur Rolle und Bedeutung der Hochschulen sagen, das können wir natürlich mit fast jedem Satz unterstreichen,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

und ich werde das auch nicht wiederholen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Handeln!)

Das Problem dabei ist nur, dass wir daneben auch noch ein paar andere haben.

(Vincent Kokert, CDU: Einfach anfangen!)

Wir alle haben gemeinsam teilgenommen an der Anhörung der Hochschulrektoren. Dem Kanzler, den AStA-Vertretern und uns allen war als Fachpolitiker klar, wir müssen in diesem Bereich sehr sensibel handeln, wir können manche Dinge nicht eins zu eins umsetzen, weil es nicht nur rechtliche, sondern eben auch andere hochschulpolitische Probleme gibt. Der Kompromiss – und ich stehe zu diesem Zeitpunkt hier am Rednerpult, weil ich für die SPD-Fraktion an den Verhandlungen teilgenommen habe – ist ein Kompromiss, den man wirklich als Fachpolitikerin tragen kann. Denn im Ergebnis – Sie haben die Zahlen sicherlich schon mehrfach gehört – kommt dabei heraus, dass das ohnehin verhandelte Konzept, das sich im Hochschulkorridor über die Jahre wiederfindet, angerechnet wird auf die Problematik „Personalkosteneinsparungen für alle Bediensteten im Landesbereich“. Es kam zu einer Kürzung um immerhin 148 kw-Vermerke für den Hochschulbereich. Und wir haben damit die Zahlen, die ohnehin ausgebracht sind, vorgefunden. Das ist keine zusätzliche Geschichte. Was das Problem ist, ist, dass im Falle des Scheiterns von Tarifverhandlungen diese kwVermerke anstatt von 2004 bis 2009 zum 01.09.2004 ausgesprochen werden müssen. Ich sage dazu gleich noch einmal etwas, weil ich einfach auch nicht mehr hinnehmen möchte, dass die Landesregierung hier als Buhmann dasteht, der mit Stellenkürzungen das Land niedermäht. Wir alle wissen, wie das ganze Problem zustande gekommen ist

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja. – Zuruf von Andreas Petters, CDU)

und dass es hierbei um Personaleinsparungen geht, die wir als Land als unumgänglich ansehen,

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

die auch wir als SPD-Fraktion nicht hinbekommen,

(Wolfgang Riemann, CDU: Spart erst mal zwei Minister ein!)

solange kein Verhandlungspartner am Tisch sitzt.

(Harry Glawe, CDU: Sie wollten doch alles besser machen.)

Und darauf gehe ich nachher auch gerne noch einmal ein.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Zunächst zum Kompromiss. Mich störte ein bisschen in der Rede, Frau Lochner-Borst, dass Sie die Polarisierung so aufgemacht haben:

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Sie sind immer noch nicht aufgewacht!)

Die Finanzministerin spart die Stellen ein und der Bildungsminister sagt stopp. Ich will es mal ganz kurz sagen: Wenn Frau Keler sagt, es geht um alle Landesbediensteten, hier muss man ein Gleichheitsgebot durchsetzen, hier braucht man als Verhandlungsgrundlage auch insgesamt die breite Mannschaft, dann hat sie Recht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Und wenn Herr Metelmann sagt, wir müssen in den Hochschulen aufpassen, dass Lehre und Forschung gesichert sind, hat er auch Recht.

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Dann hat er erst recht Recht! – Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Warum hat er dann so komische Ergänzungslisten vor- gelegt? – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Rainer Prachtl, CDU)

Moment! Das Gute daran ist, dass man beides unter einen Hut kriegt. Und ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Mit dem Kompromiss sind die Gegebenheiten für die Spezifika der Hochschulen gesichert.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Es ist ein Absinken der kw-Vermerke vorgenommen worden. Es ist die Möglichkeit, um Lehrveranstaltungen zu sichern, durch zusätzliches Geld von 500.000 Euro im System gegeben worden und alle kw-Vermerke werden bei Erfolg im Rahmen des Hochschulkorridors – also unter den gegebenen Vereinbarungen – eingehalten. Ich finde, das ist ein sehr positives Ergebnis, und ich gehe davon aus, dass die Hochschulen damit arbeiten können und dass die Grundlage des bisherigen Vertrages steht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Ich sage Ihnen aber auch ganz deutlich: Für die Beschäftigten im Hochschulbereich wird es die Ausnahme nicht geben. Wir sind hier als Personen nicht betroffen. Das ist doch etwas, was man als Landespolitiker nicht akzeptieren kann. Hochschulen sind wichtig, Bildung ist wichtig. Wir haben Schulen als Thema gehabt. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, es gibt auch noch andere Bereiche in diesem Land, die sehr sensibel sind. Ich nenne nur mal das Stichwort Polizei. Wir werden auch hier gucken müssen, wie das Problem umzusetzen ist.

(Wolfgang Riemann, CDU: Wieso? Der Innenaus- schuss hat doch ohne Diskussion zugestimmt.)

Ja, richtig, aber auch ohne Lösung, Herr Riemann, richtig?

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, ohne Lösung.)

Das machen wir dann wieder als Finanzer, ne? Also da kriegen wir was hin.

(Unruhe und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Beifall Ute Schildt, SPD)

Natürlich, wir müssen ja.

(Vincent Kokert, CDU: Keine Zwiegespräche! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Und bis jetzt ist es uns auch noch gelungen, und zwar gemeinsam mit der Finanzministerin und nicht gegen sie, Lösungen zu finden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Reinhardt Thomas, CDU: Ja, es gibt nichts, was Sie nicht kaputtspielen würden.)

Ich kann Ihnen wirklich nur sagen, dass die Verhandlungen getragen waren von dem festen Willen, eine sachliche Lösung zu finden. Das ist uns gelungen und ich bin froh, an dieser Stelle damit weitermachen zu können.

Im Übrigen habe ich für meinen hochschulpolitischen Sprecher natürlich nicht die Rolle vorwegzunehmen. Mir ging es nur darum darzustellen, wie die SPD-Fraktion mit diesem Kompromiss umgehen kann, und ich sage Ihnen: Sehr gut!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Frau Polzin.

Das Wort hat jetzt der Bildungsminister Herr Professor Metelmann.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zur Zukunft der Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern hat sich der Ministerpräsident beim Neujahrsempfang der Landesregierung am 22. Januar in Binz in einer strategischen Rede geäußert und ich möchte daraus drei programmatische Kernsätze herausstellen.

Der erste. Die Hochschulen müssen, und jetzt zitiere ich: „mehr als bisher zu Motoren wirtschaftlicher Entwicklung im Land werden.“

(Reinhardt Thomas, CDU: Die fühlen sich angesprochen. Erzählen Sie das mal denen!)

Wir wissen alle, dass die Hochschulen vielfältige Aufgaben haben. Sie sind Bildungsanstalten für akademische Berufe, sie sind Werkstätten für Innovation und Forschung, sie sind Archive geistigen Lebens, sie sind die Institution, von der wir alle erwarten, dass sich die Menschen, die dort arbeiten, mit den großen Fragen unserer Zeit beschäftigen, und zwar Gesundheit, Gerechtigkeit, Frieden und Bildung für alle. Die Hochschulen sind aber auch ein Instrument der Regionalpolitik, der Arbeitsmarktpolitik, der Wirtschaftspolitik, sie sind Motoren der Landesentwicklung, sie bilden Führungskräfte und Fachpersonal aus. Sie sind einer der wichtigsten Gründe für junge Menschen, um in dieses Land zu kommen, um hier Familien zu gründen, um hier in diesem Land zu bleiben. Sie holen Drittmittel ins Land, die in Bauten oder in neue Arbeitsplätze hineingehen, sie fördern Unternehmensan

siedlungen, Ausgründungen und sie sind ein wichtiges Element unseres Selbstbewusstseins. Und diese Aufgabe, die sie jetzt schon haben, müssen sie noch mehr entwickeln. Das liegt auch ganz im Interesse der Hochschulen. Das Land wirtschaftlich stark zu machen bedeutet natürlich auch, dass das Land mehr Kraft für seine staatlichen Hochschulen ausgeben kann.

Ich möchte einen zweiten Kernsatz aus der Rede des Ministerpräsidenten nennen. Die Hochschulen stehen vor der Aufgabe, ich zitiere: „im weltweiten Wettbewerb um Studenten und Hochschullehrer ihr Profil zu schärfen.“ Ohne Frage sind der europäische Hochschulraum und der europäische Forschungsraum ein Raum des Wettbewerbs, eines Wettbewerbs um hervorragende Hochschullehrer. Wir brauchen gerade in kleinen Hochschulen, wie wir sie haben, die sehr von der Qualität der Lehrstuhlbesetzung abhängig sind, prägende Persönlichkeiten, die Kompetenz in Lehre und Originalität in Forschung mitbringen. Diese müssen in einem weltweiten Wettbewerb gewonnen werden. Dieser Wettbewerb ist auch ein Wettbewerb um Studierende, denn er wird in dem Augenblick eine noch stärkere Dimension erreichen, wo sich Studierende an der finanziellen Ausstattung ihrer Hochschulen beteiligen, seien es Absolventenbeteiligungen, wie wir sie hier bearbeiten, seien es Studiengebühren oder seien es Bildungsgutscheine, die das Land seinen Abiturienten in die Hand drückt. Und dann werden sich dies diejenigen, die studieren wollen, sehr genau überlegen, ob die Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern so attraktiv und so überzeugend sind, dass sie ihre Gelder oder ihre Gutscheine hier an unsere Hochschulen tragen. Wir wollen alle nicht, dass unsere Landeskinder das Geld außer Landes tragen. Die Hochschulen müssen ihr Profil im weltweiten Wettbewerb um Studenten und Hochschullehrer schärfen.

Und ein dritter Satz aus der Neujahrsansprache, ich zitiere: „Auch die Hochschulen selbst können vor Ort durch sinnvolle Strukturentscheidungen Schwerpunkte schaffen, die international Beachtung finden“. Die Hochschulen haben im Landeshochschulgesetz ein hohes Maß an Autonomie erhalten. Und das ist gerade jetzt bei der Entwicklung der Hochschulentwicklungspläne sinnvoll, denn die Hochschulen vor Ort wissen, welche regionale Einbindung sie haben, wie ihre Wirtschaftsbeziehungen in das Umfeld sind, welche internationalen Partner sie haben, wo ihre Stärken und Schwächen sind, welche Nachfragen und welche Traditionen sie haben. Aus diesen Hochschulentwicklungsplänen müssen wir gemeinsam eine sinnvolle Struktur entwickeln, und zwar auf das Land bezogen, eine Struktur in einer Hochschullandschaft in Deutschland, die sich auch zur Förderung von Leistung und von Elite bekennt, die Wettbewerbsfähigkeit ganz bewusst in unserem Bundesland im Verbund sucht. Eine strukturierte Wissenschaftsregion, in der Hochschulen mit Unternehmen, die forschungsaktiv sind, mit außerhochschulischen Forschungszentren kooperieren, im Verbund mit der Wirtschaft, BioCon Valley als Pilotprojekt, und im Verbund im ganzen Ostseeraum, Stichwort ScanBalt.

Unsere Hochschulen müssen internationale Beachtung finden, denn Drittmittel werden heute europaweit ausgeschrieben, Studierende sind mobil, sie haben konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge und sie bewegen sich über Landesgrenzen hinaus. Hochschulkooperationen entstehen über Landesgrenzen hinaus. Ich denke hier an den Verbund der Universität Kopenhagen und der Universität Lund mit den Hochschulen in Mecklenburg-Vorpom