Protokoll der Sitzung vom 28.01.2004

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 28. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 28. Sitzung liegt Ihnen vor.

Meine Damen und Herren, von der Fraktion der CDU liegt Ihnen auf Drucksache 4/995 ein Antrag zum Thema „Sicherung und Perspektive der Wirtschafts- und Infrastrukturförderung durch die Gemeinschaftsaufgabe ,Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur‘“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraph 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden. Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht?

Herr Abgeordneter Petters, Sie haben das Wort.

Danke sehr, Frau Präsidentin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihnen liegt heute ein Antrag der CDU-Fraktion vor. Die Präsidentin hat den Titel schon vorgelesen. Ich möchte aber, weil Sie das hier als Tischvorlage bekommen haben, noch einmal kurz auf die Punkte eingehen.

Wir stellen den Antrag, dass die Landesregierung aufgefordert wird,

„1. sich im Bundesrat, bei der Bundesregierung sowie im Bund-Länder-Planungsausschuss der Gemeinschaftsaufgabe ,Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur‘ (GA) dafür einzusetzen,

dass die GA mit ihrer Koordinierungs- und Ordnungsfunktion als ein wichtiges wirtschafts- und strukturpolitisches Instrument bestehen bleibt, um weiterhin zur Investitionsförderung und zum Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur eingesetzt zu werden,

dass die GA unter Berücksichtigung der spezifischen Eigenheiten der Wirtschafts- und Infrastruktur der ostdeutschen Bundesländer mittelfristig auf hohem Niveau fortgeführt wird,

dass die Funktionen der GA bei der Investitionsförderung und dem Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur bis zum Abschluss des Aufholprozesses der ostdeutschen Länder bestehen bleibt,

2. alle Anstrengungen zu unternehmen, die möglichst umfassende Kofinanzierung der bereitgestellten GAMittel durch das Land sowie den Abfluss bereitgestellter Mittel auch unter Berücksichtigung des von den Kommunen zu erbringenden finanziellen Eigenanteils zu sichern.“

Auf der zweiten Seite lesen Sie eine umfassende Begründung, die ich hier nicht vorlesen möchte. Ich möchte nur den letzten Absatz der Begründung vortragen:

„In Zeiten angespannter öffentlicher Haushalte ist es eine besondere Herausforderung für das Land, die hälftige Kofinanzierung für die vom Bund bereitgestellten GAMittel möglichst sicherzustellen und auch die Kommunen

in die Lage zu versetzen, die ihrerseits notwendigen finanziellen Eigenanteile an der Förderung aufzubringen. Hierzu müssen – auch im Interesse der zukünftigen fiskalischen Situation – alle Anstrengungen unternommen werden. Denn eine wachsende Wirtschaftsleistung, auf die der Einsatz der GA abzielt, ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen und damit auch für die Verbesserung der Einnahmesituation der öffentlichen Haushalte.“

Zur Dringlichkeit möchte ich Folgendes sagen: Wir hatten vom Landtag einen Antrag in den Wirtschaftsausschuss überwiesen bekommen – „Solidarpakt II“. In der letzten Ausschusssitzung hier im Sitz des Landtages sind wir aus zeitlichen Gründen zu der Auffassung gekomm e n – zumindest im Ausschuss –, dass wir einen interfraktionellen Antrag zu diesem Thema stellen wollen. Mittlerweile ist es leider so, dass dieser interfraktionelle Antrag nicht mehr zustande gekommen ist.

(Angelika Gramkow, PDS: Richtig.)

Ich darf darauf hinweisen, dass der von mir vorgelesene Antragstext bereits mit einer der Regierungsfraktionen, und zwar der SPD-Fraktion, auf Arbeitsebene abgestimmt wurde und wir daher auch sehr enttäuscht sind, dass wir einen interfraktionellen Antrag hier nicht zustande bekommen haben.

Unabhängig von der Zeitschiene ist ein politisches Signal zum Erhalt der GA wichtig und notwendig, um den Tendenzen zur Aufweichung und Abschaffung der GA frühzeitig entgegenzuwirken, denn die GA ist neben dem Europäischen Strukturfonds das bedeutendste Instrumentarium der Wirtschaftsförderung in den neuen Bundesländern. Der Haushalt des Bundes – und deswegen ist auch Eilbedürftigkeit gegeben – ist unverändert aus dem Vermittlungsausschuss zurück an den Bundesrat überwiesen worden.

(Angelika Gramkow, PDS: Herzlichen Glückwunsch an die CDU!)

Dringlichkeit ist gegeben, weil die entscheidende Sitzung des Bundesrates – das ist die letzte theoretische Einflussmöglichkeit – am 13.02. stattfindet. Aus diesen Gründen bitten wir, diesen Antrag auf diese Tagesordnung zu setzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Wird das Wort zur Gegenrede gewünscht?

Frau Schulz.

Seitens der Koalitionsfraktionen möchte ich die Dringlichkeit in Frage stellen. Insbesondere zu Ihrem Punkt 1, denke ich, bedarf es nicht einer dringlichen Beschlussfassung. Ich gehe davon aus und erwarte, dass der Wirtschaftsminister hier handelt.

Zu Punkt 2. Herr Petters, wissen Sie, der Finanzausschuss hat sich gestern mit den Fragen beschäftigt. Die GA und die Umsetzung in Mecklenburg-Vorpommern sind auf den Weg gebracht. Und auch hier, kann man sagen, liegt die Dringlichkeit entsprechend nicht vor.

(Wolfgang Riemann, CDU: Dann hat der Finanzausschuss sich nicht damit beschäftigt.)

Wir lehnen die Dringlichkeit ab.

(Angelika Gramkow, PDS: Klar, wir haben sogar mehr Geld zur Verfügung gestellt. – Wolfgang Riemann, CDU: Da bin ich nicht dabei gewesen, Frau Gramkow!)

Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Wer ist dagegen? – Damit ist der Erweiterung der Tagesordnung um diesen Dringlichkeitsantrag nicht stattgegeben worden und die Tagesordnung der 28. Sitzung gilt gemäß Paragraph 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Wahl weiterer stellvertretender Schriftführer des Landtages.

Wahl weiterer stellvertretender Schriftführer des Landtages

Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS: Wahl weiterer stellvertretender Schriftführer des Landtages – Drucksache 4/987 –

Meine Damen und Herren, zu Beginn einer neuen Wahlperiode wählt der Landtag gemäß Paragraph 2 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages einen ersten und zweiten Schriftführer und deren Stellvertreter. In Paragraph 2 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung ist vorgesehen, dass der Landtag beschließen kann, weitere Schriftführer zu wählen. Im Ältestenrat bestand Einvernehmen darüber, für die Dauer der 4. Wahlperiode weitere sechs stellvertretende Schriftführer gemäß Paragraph 2 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages zu wählen. Wer dieser Erhöhung der Anzahl der stellvertretenden Schriftführer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Erhöhung der Anzahl der stellvertretenden Schriftführer einstimmig zugestimmt worden.

Es liegt Ihnen ein interfraktioneller Wahlvorschlag auf Drucksache 4/987 vor. Gemäß Paragraph 109 unserer Geschäftsordnung ist interfraktionell vereinbart worden, abweichend von Paragraph 2 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages die Wahl der weiteren stellvertretenden Schriftführer offen abzustimmen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich lasse nun hierüber abstimmen. Wer dem interfraktionellen Wahlvorschlag auf Drucksache 4/987 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der interfraktionelle Wahlvorschlag auf Drucksache 4/987 einstimmig angenommen worden.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der SPD hat gemäß …

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Sind wir schon einverleibt?)

Nein, die Fraktion der CDU hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zum Thema „Die Zukunft der Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern“ beantragt.

Aktuelle Stunde Die Zukunft der Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern

Das Wort hat zunächst die Abgeordnete Frau LochnerBorst von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hunderte von Studenten, Professoren und Mitarbeitern der Hochschulen sind heute nach Schwerin gekommen. Sie stehen immer noch unten vor der Tür, um uns auf die angespannte Situation der Hochschulen in unserem Land aufmerksam zu machen. Sie sind nicht hier, weil sie ihre persönlichen Belange zur Schau tragen, sondern sie sind hier, weil sie etwas erkannt haben, was in der Landesregierung außer dem Bildungsminister scheinbar niemand erkennen will.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Oh, oh, oh!)

Die Hochschulen sind ein wichtiger Pfeiler unser aller Zukunft. Sie sind die Leuchttürme, von denen wir immer alle dann gerne reden, wenn es um die Entwicklung des Landes geht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vincent Kokert, CDU: Richtig.)

Meine Damen und Herren, wir verfügen in Mecklenburg-Vorpommern über eine sehr überschaubare Hochschullandschaft und deshalb sollte es in unseren Augen auch möglich sein, moderne Strukturen und Steuerungselemente an den Hochschulen einzuführen, denn diese sind die Grundvoraussetzungen für die internationale Konkurrenzfähigkeit unserer Hochschulen im Hinblick auf die wachsende europäische Integration, aber auch im Hinblick auf die zunehmende Globalisierung im Wissenschafts- und Forschungsbereich. Auch ist heute nicht mehr von der Hand zu weisen, dass der Bildungsstand unserer Bevölkerung eine ganz klare Auswirkung auf unsere Lebens- und Arbeitswelt hat. Wir alle wissen, dass die klassischen Lebensbiographien der Industriegesellschaft immer mehr verschwinden werden. Wir brauchen immer mehr qualifizierte und hoch qualifizierte Arbeitsund Führungskräfte, die dem globalen Wettbewerb auch gewachsen sind. Mit anderen Worten: Internationale Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Wohlstand hängen ganz direkt vom Bildungsstand unserer Bevölkerung ab. Dabei sind die Hochschulen von zentraler Bedeutung, denn in einer zukünftigen Gesellschaft wird in immer stärkerem Maße wissenschaftlich fundiertes Wissen eine wesentliche Rolle spielen. Es geht also um den Wettbewerb der Hochschulen um die besten Köpfe, das heißt bei den Lernenden als auch bei den Lehrenden. Deshalb müssen wir unsere Hochschulen in die Lage versetzen, sich im Wettbewerb gut zu positionieren. Wir können nicht auf der einen Seite Spitzenleistungen in Forschung und Lehre erwarten, wenn wir auf der anderen Seite die Finanzmittel ständig kürzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Den Hochschulen in unserem Land wurde ein fester Hochschulfinanzkorridor zugesichert. Jeder, der sich mit den Haushalten der Hochschulen befasst hat, weiß jedoch, dass der jährliche Anstieg von 1,5 Prozent nicht einmal für die tariflichen Steigerungen bei den Personalkosten ausreicht. Nun soll dieser zugesicherte Finanzkorridor zusätzlich beschnitten werden. Die Hochschulen haben sich auf das Wort der Landesregierung verlassen, gehalten hat es nicht einmal bis zum Abschluss der Zielvereinbarungen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Genau.)

Ich frage mich ernsthaft, wie nach einem solchen Vertrauensbruch auf gleicher Augenhöhe zwischen Hoch

schulen und Landesregierung weiterverhandelt werden soll. Glücklicherweise sind unsere Hochschulen immer noch so reformbereit, dass sie den Weg zu den Zielvereinbarungen weitergehen wollen. Jetzt muss aber auch die Landesregierung den Hochschulen entgegenkommen. Deshalb, Frau Finanzministerin: Streichen Sie die Haushaltsvermerke! Lassen Sie den Sammeltitel unberührt und geben Sie vor allem Ihr Vorhaben auf, Stellen an unseren Hochschulen zu kürzen!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)