Aber was ist in Berlin los? Statt eines dritten Sicherheitspaketes wird die ganze Bevölkerung wegen so genannter Nachbarschaftshilfe kriminalisiert.
Sicherheit muss in Deutschland und auch in diesem Lande einen viel höheren Stellenwert erhalten. Dafür haben hier heute die Polizisten demonstriert und sie haben zu Recht dafür demonstriert. Natürlich kostet Sicherheit Geld, aber auch in schwierigen Zeiten muss ich mit dem wenigen Geld Prioritäten setzen. SPD und Grüne verschwenden doch bis heute gutes Geld für BKA- und BND-Umzüge. 400 Millionen für diesen unsinnigen BKAUmzug! Damit können wir doch eine ganze Menge im Bereich Sicherheit tun. Das sind Prioritäten!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Absolut richtig. – Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)
Die Zustimmung für das vorliegende Gesetz verbinden wir mit der Aufforderung an die SPD – ich glaube, an die PDS können wir uns das ersparen –, sich für ein drittes Sicherheitspaket mit den genannten Forderungen zu engagieren und den Verfassungsschutz sowie die Polizei in diesem Lande zu stärken und nicht weiter durch diesen bis heute fahrlässigen Personalabbau zu schwächen und damit die Sicherheit in diesem Lande aufs Spiel zu setzen.
Und, Frau Keler – ich habe das in der Zeitung gelesen –, nicht nur Hochschulen genießen politische Priorität. Es gibt drei Schwerpunkte und dazu gehört auch die Sicherheit. Wir müssen doch heute befürchten, dass hier die Sicherheit auf dem Altar des Koalitionsfriedens zwischen SPD und PDS geopfert wird. Das darf nicht passieren, da sind Sie in der Verantwortung. Und wir können Sie als Opposition nur darauf hinweisen, das nicht zu tun. Im Übrigen verweisen wir auf den neuesten Terrorismusbericht, mit dem neue Sicherheitsstrukturen in Deutschland gefordert werden,
das heißt, neue Sicherheitsstrukturen werden nicht gefordert, weil die derzeitigen genügen. Wir müssen mehr tun in diesem Land. In diesem Sinne stimmen wir Ihrem Gesetz in der Hoffnung zu, dass die SPD mehr Einsicht zeigt als ihr Koalitionspartner und in Zukunft einem Sicherheitspaket III zustimmt und in diesem Lande mehr für die Sicherheit tut. – Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Thomas, ich will das Problem gar nicht klein reden, aber was Sie alles in so einen Antrag hineinpacken, das ist schon bemerkenswert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf ist weder so überraschend noch so spektakulär,
als dass man den Ausführungen von Herrn Thomas wirklich uneingeschränkte Zustimmung schenken könnte, denn der Gesetzentwurf spiegelt zum einen nur wider – das hat der Innenminister hier dargestellt –, was der Bund mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz Nummer 1 und 2 den Ländern vorgegeben hat, und zum anderen, dass der Gesetzentwurf ein Reflex auf die EU-Sicherheitspolitik ist, die sich inzwischen wesentlich als Vorbeugung und Bekämpfung des Terrorismus versteht.
In diesem Sinne haben wir wohl auch die Begründung des Gesetzentwurfes zu verstehen, wenn es heißt, der Schwerpunkt des Entwurfs liege darin, der Verfassungsschutzbehörde die nötigen gesetzlichen Befugnisse für eine wirkungsvollere Bekämpfung des nationalen und internationalen Terrorismus zu geben.
Und somit, meine Damen und Herren, bekommt der Verfassungsschutz – jedenfalls durch die bundesgesetzliche Vorgabe – beispielsweise Auskunftsbefugnisse gegenüber Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten sowie Finanzunternehmen, gegenüber Postdienstleistern, Luftfahrtunternehmen, Telekommunikations- und Teledienstleistern. Die Seele des Gesetzentwurfes ist also die Ausdehnung des Verfassungsschutzes und so steht es in der Überschrift: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes.
Natürlich – Herr Thomas hat darauf hingewiesen – findet der Gesetzentwurf in den Reihen meiner Fraktion, wie Sie sich sicher denken können, erwartungsgemäß keinen rauschenden Beifall, denn den Verfassungsschutz als allgemeines Allheilmittel zur Bekämpfung des Terrorismus zu erklären, das tragen wir so nicht mit.
Und ich verrate auch kein Geheimnis, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich feststelle, dass die PDS im Vorfeld vor allem dafür gesorgt hat, dass eine maßvolle Umsetzung der bundesgesetzlichen Vorschriften erfolgt.
Mit der Änderung des G-10-Gesetzes haben wir keine Probleme, denn sie erweitert die Kontrolle der G-10-Kommission. Das ist gut und schön, egal, was man auch immer von der Wirksamkeit dieser Kontrolle halten mag.
Was die Änderung des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes betrifft, so stanzt sie lediglich bundesgesetzliche Maßnahmen durch. Danach werden nunmehr auch Personen der Sicherheitsüberprüfung unterliegen, die, wie es heißt, an „sicherheitsempfindlichen Stellen“ von „lebens
oder verteidigungswichtigen Einrichtungen“ tätig sind oder werden wollen. Der Kern – die anwesenden Juristen mögen mir verzeihen – dieses Juristendeutsches ist eine nachhaltige Erweiterung der Überprüfungsmöglichkeiten und damit auch der Zahl der Betroffenen. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, da der Verfassungsschutz stets mitwirkende Behörde ist, bedeutet dies auch eine Erweiterung seiner Zugriffsmöglichkeiten auf persönliche Daten. Insofern hat die Kritik unseres Landesdatenschutzbeauftragten mehr als Berechtigung. Aber immerhin bekommen wir eine gesetzliche Definition, was lebenswichtige und verteidigungswichtige Einrichtungen sowie sicherheitsempfindliche Stellen sind, die möglichst präventiv zu schützen wären.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist auch bemerkenswert, wie schnell und gründlich dieser Gesetzentwurf die Problematik der eingetragenen Lebenspartnerschaften und Lebensgefährten klärt, obwohl wir uns doch auf anderen Rechtsgebieten damit recht schwer tun. Sie werden nämlich gleich mit in die Überprüfung einbezogen. Das ist in der Tat eine echte Totallösung. Die Änderung des Verfassungsschutzgesetzes ist, was die Auskunftsbefugnis des Verfassungsschutzes betrifft wie auch die lange Speicherungszeit persönlicher Daten, natürlich gravierend. Aber auch diese Regelung ist eine Folge der bundesgesetzlichen Maßgaben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf liegt aus der Sicht der PDS leider im gegenwärtigen Trend. Im Interesse vermeintlicher Sicherheitsgarantien wird die Freiheit weiterhin suspendiert. Die diesbezüglichen Sicherheitspakete des Bundes lassen in der Umsetzung nur die Möglichkeit einer vorsichtigen und maßvollen Ausregulierung auf Landesebene. Dabei möchte ich zugleich nicht verhehlen, dass wir es gern gesehen hätten, wichtige andere Änderungen an den bestehenden Sicherheitsgesetzen vorzunehmen, beispielsweise die unzureichende Unterscheidung des Verfassungsschutzgesetzes zwischen Betroffenen und Dritten, die nämlich nahezu unter gleichen Voraussetzungen geheimdienstlich bearbeitet werden können. Es ist in unseren Augen nicht nur ein Anachronismus, sondern eine direkte Diskriminierung, wenn nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz ausnahmslos jeder zu Überprüfende durch die Mühlen der Birthler-Behörde gedreht wird.
Wenn man sich einmal anschaut, meine sehr verehrten Damen und Herren, welche Angaben vom ehemaligen DDR-Normalbürger, der freiwillig oder unfreiwillig überprüft wird, als Sicherheitserklärung abverlangt werden, sträuben sich einem die Nackenhaare. So muss man nicht nur seine Beziehungen zu verfassungsfeindlichen Organisationen angeben, welche damit auch immer gemeint sein mögen, der entsprechende abzuarbeitende Fragenkatalog enthält 22 Positionen, teilweise noch mit Unterfragen untergliedert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Problemkreise, die durch die Gesetzesänderung betroffen sind, sind im Einzelnen durchaus gravierend, aber sie sind aus unserer Sicht begrenzt. Bekanntlich hat der Bundestag im Terrorismusbekämpfungsgesetz ausdrücklich festgelegt, dass die Änderungen der entsprechenden Bundesgesetze bis zum 11. Januar 2007, also für fünf Jahre gelten, dass dann der alte Rechtszustand wieder eintritt und die erfolgten Neuregelungen vor dem Fristablauf zu eva
luieren sind. Diese Festlegung trifft natürlich auf die Regelungen unseres Gesetzentwurfes zu, das heißt, die wichtigsten Regelungen haben für vier Jahre Bestand.
Ich denke, dass es in dem Zusammenhang an der Zeit wäre, so, wie es die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern bereits seit längerem gefordert haben, ausnahmslos alle Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden zu überprüfen, und zwar durch unabhängige Stellen und anhand objektiver Kriterien.
Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Körner. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich sehe nicht wie Kollege Thomas die Situation, dass die Sicherheit in diesem Lande auf dem Altar eingeschränkter Finanzen geopfert wird.
Ich sehe allenfalls, dass manche Äußerungen des Kollegen Thomas vor dem Hintergrund eines effektiven Zeitmanagements entfallen können, und so will ich nicht der Versuchung unterliegen, die sicherheitspolitische Weltlage im Horizont des vorliegenden Gesetzesentwurfes einzuschätzen.
Dennoch kann ich hier andeuten, dass wir auch in unserem Land von einer angespannten Sicherheitslage ausgehen sollten und dass wir diese angespannte Sicherheitslage nicht unterschätzen sollten. Alle, die sich an diesem Punkt wirklich sachkundig machen wollen, kann ich auf eine Studie des Bundesinnenministeriums zum Thema Islam/Islamismus – sie ist Ende vorigen Jahres der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden – hinweisen, wo auf mehreren hundert Seiten dargestellt wird, dass es sehr deutliche und sehr gravierende Unterschiede zwischen der Religion Islam auf der einen Seite und der politischmilitärischen Inanspruchnahme des Islam für politische und militärische Zwecke gibt, zwei völlig unterschiedliche Seiten, die in der öffentlichen Wahrnehmung oft genug in eine Nähe gesetzt werden, die nicht vorhanden ist. Schauen Sie sich diese Studie an! Sie werden dort eine Fülle von Informationen finden, die das heutige Gesetz rechtfertigen.
Ich denke, es ist ein guter Gesetzesentwurf, der hier vom Innenministerium vorgelegt wurde, und ich kann den Innenminister zu diesem Gesetzentwurf nur beglückwünschen: Herzlichen Glückwunsch, Herr Innenminister.
Sie haben mit diesem Gesetzentwurf das Kunststück hinbekommen, dass drei Faktionen dieses Hohen Hauses diesem Gesetz ihre Zustimmung signalisiert haben, wenn auch nicht mit rauschendem Beifall bei der Fraktion der PDS und auch nicht mit einer völligen Infragestellung und übermäßigen Forderungen bei der CDU.