Protokoll der Sitzung vom 06.11.2002

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Es muss eine Lösung gefunden werden, denn die gegenwärtige Hängepartie ist nicht gut für die Beschäftigten und sie ist auch nicht gut für das Unternehmen.

Meine Damen und Herren, momentan sind vier Lösungsansätze im Gespräch:

Erstens. Das Unternehmen wird auf der Basis der bestehenden 50:50-Beteiligung funktionsfähig gemacht. Ich denke, das könnte eine Lösung sein, wenn man es hinbekommt.

Zweitens. Die Bahn übernimmt die Anteile des dänischen Staates. Ich meine, damit könnten wir auch sehr einverstanden sein.

Drittens. Das Unternehmen wird wieder getrennt. Doch davon ist die Bahn wieder abgerückt, da sie hier rechtliche und wirtschaftliche Probleme sieht.

Und viertens. Die Deutsche Bahn AG verkauft ihre Anteile an den dänischen Staat. Meine Damen und Herren, da sind wir entschieden dagegen, weil wir befürchten, dass dann Arbeit von Rostock nach Kopenhagen verlagert wird. Und wir brauchen jeden Arbeitsplatz im Land.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Im Übrigen, Herr Rehberg, bestreitet Herr Mehdorn, dass bereits unterschriftsreife Verträge für einen Verkauf der DB-AG-Anteile an Scandlines vorliegen würden, wie Sie das behauptet haben. Ich meine, Herr Mehdorn muss es eigentlich wissen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Und hilfreich ist es auch nicht für das Unternehmen Scandlines, wenn hier immer Angstszenarien in die Welt gesetzt werden.

Meine Damen und Herren, es geht bei Scandlines um die Zukunft eines für uns bedeutenden Unternehmens und um die Zukunft der Beschäftigten. Deshalb wäre es sinnvoll, mit dem Thema in der Öffentlichkeit behutsam umzugehen, um nicht den Interessen von Scandlines und den Beschäftigten zu schaden. Leider, Herr Rehberg, haben Sie in der Vergangenheit wieder wie der berühmte Elefant im Porzellanladen gepoltert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Wir sollten aufpassen! Elefanten im Porzellanladen hinterlassen gewöhnlich einen Scherbenhaufen. Aber einen Scherbenhaufen als Ergebnis können wir wirklich nicht brauchen. Wir wollen, dass die 614 Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern – 614, nicht 2.000, nicht 1.100, wie Sie gesagt haben, Herr Rehberg –, dass die 614 Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern erhalten bleiben und dass Rostock Firmensitz bleibt. Um das zu erreichen, ist es notwendig, an diesem Ziel konsequent zu arbeiten.

Das hat die Landesregierung in der Vergangenheit getan und das tun wir weiterhin. Wir sind dauernd – und ich wiederhole –, dauernd im Gespräch mit der Bahn und der Bundesregierung. Am letzten Freitag erst fand ein Gespräch statt: Ministerpräsident, Wirtschaftsminister, Herr Mehdorn. Wir sind dauernd im Gespräch mit der Bahn und der Bundesregierung und setzen uns für den

Standort Rostock-Warnemünde und die Arbeitsplätze im Land ein. Es gibt hier kein Defizit in der Landespolitik, es gibt allenfalls ein Informationsdefizit der CDU.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Ab- geordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Es gibt aber auch kein Ergebnis des Regie- rungshandelns. – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Volker Schlotmann, SPD: Herr Riemann ist wieder da. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Meine Damen und Herren, den Beschäftigten bei Scandlines in Rostock hilft kein öffentliches Getöse und, Herr Riemann, auch kein Getöse von Ihnen hier im Landtag. Die Beschäftigten bei Scandlines brauchen eine dauerhafte Lösung für ihr Unternehmen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

die Klarheit schafft und Arbeitsplätze in MecklenburgVorpommern sichert. Und dafür wird sich die Landesregierung weiter mit aller Kraft einsetzen. – Danke sehr.

(Beifall bei SPD und PDS)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrter Herr Rehberg! Sie haben eingangs Ihrer Rede die Frage gestellt, warum sich der Sprecher des DTM dazu äußert, dass das Dänische Transportministerium tatsächlich die 50-Prozent-Anteile der Deutschen Bahn AG an Scandlines übernehmen will. Da kann ich Ihnen oder die SPD-Fraktion kann Ihnen da nur empfehlen, Herrn Birch zu fragen. Da sind wir hier heute nicht an der richtigen Stelle.

Ich kann Ihnen aber, weil Sie ja so gerne zitieren, auch ein Zitat geben, und zwar das von Herrn Mehdorn, gleichfalls vom 30.10.2002, also unmittelbar folgend auf das, was Sie eben genannt haben. Und darin heißt es in der Presseinformation der Deutschen Bahn AG: „Mit großem Befremden hat die Deutsche Bahn die öffentliche Äußerung des dänischen Gesellschafters zur Kenntnis genommen, den deutschen Anteil der Scandlines übernehmen zu wollen.“ Richtig ist, dass die Gesellschafter über Möglichkeiten einer Verbesserung der unternehmerischen Führung gesprochen haben. Im Grunde hätte sich mit diesem Zitat der Deutschen Bahn AG die ganze Sondersitzung am heutigen Tage erübrigt

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU, und Eckhardt Rehberg, CDU)

und wir könnten wahrscheinlich etwas Sinnvolleres tun, als uns hier heute darüber zu unterhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: Das sehen die Arbeitnehmer aber anders.)

Da kommen wir noch zu.

(Heiterkeit bei Volker Schlotmann, SPD – Heinz Müller, SPD: Sehr gut.)

Haben Sie keine Angst! Ich spreche auch über die Arbeitnehmer noch. Also das ist ja bei einem SPD-Abgeordneten wahrscheinlich auch nicht so verwunderlich. Das ist eher eine Frage bei Ihnen, vielleicht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nö.)

Mecklenburg-Vorpommern ist gerade aufgrund der erfolgreichen Bemühungen der Landesregierung in den vergangenen Jahren immer weiter aus seiner Randlage in eine zentrale Rolle als Bindeglied zwischen dem Ostseeraum und Mitteleuropa hineingewachsen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das sehen die Arbeitslosen im Land auch anders.)

Ja, aber vielleicht wäre es ja noch schlimmer mit der Arbeitslosenquote, wenn Sie weiterregiert hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU: Jaja.)

Gerade der Ostseeraum, meine Damen und Herren, gerade der Ostseeraum entwickelt sich durch die Integration der Beitrittskandidaten in die Europäische Union zu einem EU-Binnenmeer. Und das muss man deutlich mal sehen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

dieser Wirtschaftsraum hat einen potentiellen Binnenmarkt von 70 Millionen Menschen. Und das ist natürlich auch ein Entwicklungspotential, gerade hier für dieses Land, das sich zu einer Drehscheibe in diesem Verkehrsbereich entwickelt. Das ist eine Chance, die die Landesregierung unter der SPD-Führung sicherlich weiterhin auch nicht vergeben wird. Sie wird alles tun, um die entsprechenden Investitionen, die auch von Ihnen hier angesprochen worden sind und die auch sinnvoll waren, weiter zu verstärken, um den Menschen hier – und da kommen wir auch schon auf die Arbeitsplätze – tatsächlich die Chance zu geben, hier im Land Arbeit zu finden.

In diesem Zusammenhang muss man natürlich deutlich sehen, dass die Fährreedereien – gerade was Sie ja auch angesprochen haben, Autobahnen über die Ostsee – eine nicht unbedeutende Rolle in der ganzen Angelegenheit und damit auch eine wichtige Rolle für die weitere wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes spielen. Das billige ich Ihnen ja auch gerne zu oder die SPD billigt Ihnen das ja auch gerne zu, dass Sie das auch so sehen und dass Ihnen das auch bewusst ist. Und das ist ja wohl auch der Grund dafür, dass Sie den Wunsch verspürt haben, heute eine Sondersitzung des Landtages zu beantragen. Aber die Frage, die sich dann stellt, ist doch ganz einfach: Muss man wirklich jedem Wunsch nachgeben, der einen überkommt?

(Zurufe von Martin Brick, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Natürlich ist es richtig – ich kann hier auch ein Horrorszenario aufbauen –, dass mit einer Umstrukturierung der Gesellschafterverhältnisse wesentliche Veränderungen in der strategischen Ausrichtung von Scandlines verbunden sein können. Das ist bei Fährreedereien nicht anders als bei anderen Unternehmen auch. Wenn ich dort einen Gesellschafterwechsel habe, dann kann ich auch Veränderungen in der Unternehmenskultur haben und in der Unternehmensstruktur. Selbstverständlich ist es richtig, dass eine mögliche andere strategische Ausrichtung von Scandlines nach einem Gesellschafterwechsel dann auch zu einer Beeinträchtigung der Fährstandorte und der Beschäftigungsverhältnisse hier führen kann. Das sind alles Eventu

alitäten, die man grundsätzlich nie ausschließen kann. Ich kann Ihnen auch heute nicht sagen, wie das in zehn Jahren mit Scandlines aussehen wird. Das werden Sie auch nicht sagen können.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Natürlich ist es auch so, dass aus einem Verkauf der Gesellschaftsanteile der DB an Scandlines an das DTM Szenarien zu entwickeln sind – Sie haben das hier angesprochen, Rødby–Puttgarden, Fehmarnbeltquerung, ich will das nicht noch mal wiederholen –, die nicht mit den Interessen dieses Landes korrespondieren. Aber um noch mal auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Muss man jedem seiner Wünsche nachgeben? Gerade wenn man das so sieht, wenn man diese Befürchtungen hier so hat, dann ist es doch nicht Sinn der Sache, das in der Öffentlichkeit breitzutreten, im Grunde den Gesellschaftern in den Rücken zu fallen, Gespräche zwischen den Gesellschaftern zu konterkarieren, sondern dann sollte man doch tatsächlich vielleicht mal überlegen, ob man an der einen Stelle die Medienwirksamkeit etwas zurücknimmt

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und stattdessen diejenigen, die mit der Arbeit dort auch verbunden sind, arbeiten lässt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Und das genau ist es, was die Landesregierung unter Ministerpräsident Harald Ringstorff und mit dem Wirtschaftsminister Ebnet tut. Und das ist es auch – und da kommen wir auch wieder zu den Beschäftigten hier in diesem Land, und das sind nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Familienangehörigen und alles, was da mit dranhängt –, das ist es, was die Beschäftigten in diesem Land tatsächlich zu Recht erwarten.

Alles andere und somit insbesondere Ihr Verhalten, Herr Rehberg, in der Vergangenheit, das immer wieder in die Medien zu ziehen,

(Harry Glawe, CDU: Ja, ja.)