Ach, Herr Timm, wer zu spät kommt, hört nicht alles, was gesagt wird. Viele Dinge, die Sie uns vorgeworfen haben, habe ich in der Einbringungsrede gesagt. Schade, dass Sie es nicht gehört haben.
Mit dem Beitritt Polens, meine Damen und Herren, Litauens, Estlands und Lettlands zur Europäischen Union gewann die Gemeinschaft unglaubliche Naturschätze und wunderschöne Landschaften dazu. Aber wie beim Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik Deutschland ist auch dieser Zugewinn nicht problemlos. Nicht nur die schönen Landschaften und Naturreichtümer kamen hinzu, sondern auch eine Menge Altlasten, die im Laufe der nächsten Jahre beseitigt werden müssen. Sicher sind sie nicht mehr so spektakulär wie vor 15 Jahren, denn das individuelle und das gesellschaftliche ökologische Problembewusstsein sind wesentlich sensibler als damals. Dennoch, Umweltprobleme machen bekanntlich nicht an Grenzen Halt. Außerdem verbindet uns durch die Ostsee ein gemeinsames Meer mit Polen, Litauen, Estland und Lettland, das zu den problematischen und am meisten belasteten Meeren zählt.
Die drei baltischen Staaten und Polen werden noch eine geraume Zeit brauchen, um sozialen und wirtschaftlichen Anschluss an den europäischen Standard zu finden. Dennoch haben sich auch diese Länder in Rio einer nachhaltigen Entwicklung verpflichtet. Internationale Zusammenarbeit und Hilfe sind hier also notwendig. Alle Bemühungen zur Entwicklung dieser Länder und zur Bildung eines Umweltbewusstseins werden letztendlich nur Erfolg haben, wenn die Europäer das als eine wesentliche und gemeinsame Aufgabe begreifen.
Das ist einer der Grundgedanken der Agenda 21 und dieser Aufgabe stellt sich Mecklenburg-Vorpommern, wie wir gehört haben, auf verschiedenen Ebenen. Die Republik Polen ist unser direkter Nachbar und natürlich gibt es hier die meisten gemeinsamen Projekte. Einige haben schon eine lange Tradition. Der Minister und auch mein Kollege Herr Jarchow haben auf die Umweltkommission hingewiesen.
Aber ich denke, es lohnt sich auch darüber zu reden, dass das Land jährlich 132 Plätze im Freiwilligen Ökologischen Jahr fördert, von denen fünf ausschließlich für polnische Jugendliche zur Verfügung stehen. Diese Tradition jährt sich 2004 schon zum neunten Mal und basiert auf einer Kooperationsvereinbarung mit der Woiwodschaft Westpommern. Und im Sommer 2003 fand immerhin schon zum sechsten Mal ein zweiwöchiges Praktikum für deutsche und polnische Jugendliche auf polnischer Seite statt. Außerdem wurde zum zweiten Mal ein Seminar mit 25 FÖJ-Teilnehmern im Forstamt Miedzyzdroje und im Nationalpark Wollin veranstaltet. Praktika und Seminare in Polen werden immer mehr zu einem festen Bestandteil des FÖJ. Neben der Förderung von Kontakten zwischen polnischen und deutschen Jugendlichen wird so Umweltbildung und die Entwicklung von Umweltbewusstsein grenzüberschreitend gefördert.
Ein weiteres gutes Beispiel, und auch darüber haben wir schon genug gehört, ist die Agenda 21 Stettiner Haff – Region zweier Nationen. Im Leitbild der Regionalen Agenda 21 Stettiner Haff heißt es: „Die Menschen, die um das Stettiner Haff wohnen, arbeiten und hier zu Gast sind, sollen dieses Gebiet zukünftig als eine Region zweier Nationen mit einer hohen ökologischen Qualität und Lebensqualität erfahren.“ Ich denke, hier sind nicht nur NGOs, Vereine und Verbände mit einbezogen in den Agenda-21Prozess, sondern auch wirtschaftliche Unternehmen auf beiden Seiten, so dass auch dieser Teil nicht zu kurz kommen wird.
Nachhaltigkeit, meine Damen und Herren, ist keine Utopie, sondern sie ist eine reale Vision mit der Chance zu einer dauerhaft zukunftsfähigen und lebenswerten Entwicklung. Es lohnt sich, an der Zukunft unserer beiden Grenzregionen mitzuwirken. Deshalb bitte ich Sie, dem Antrag zuzustimmen. Das hat die CDU-Fraktion auch signalisiert. Und selbstverständlich nehmen wir die Anregungen der CDU-Fraktion sehr gerne an, denn vielleicht können wir damit nicht nur den Umweltminister, sondern auch den Wirtschaftsminister auf eine nachhaltige Politik verpflichten.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1201 abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall, damit ist der Änderungsantrag einstimmig angenommen.
Wer dem Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 4/1179 mit den soeben beschlossenen Ände
rungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall, damit ist der Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 4/1179 mit den soeben beschlossenen Änderungen einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Mittelstand stärken – Finanzierung sichern, Drucksache 4/1169.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um ein zentrales Problem, mit dem der Mittelstand in unserem Land zu kämpfen hat. Deshalb die Überschrift „Mittelstand stärken – Finanzierung sichern“.
„Vor allem kleine und mittlere Unternehmen in ganz Deutschland“ – und insbesondere hier in MecklenburgVorpommern – „haben Schwierigkeiten, von Banken Kredite zu bekommen.“ – Das weiß jeder von uns. – „In Mecklenburg-Vorpommern ist es besonders schwierig für unsere Wirtschaft, weil wir fast nur kleine und mittlere Unternehmen haben und weil die Banken auch … hier manchmal etwas schlechtere Erfahrungen gemacht haben mit dem Kreditrisiko als in anderen“, vor allem alten „Bundesländern.“
Mit dieser Feststellung, meine sehr verehrten Damen und Herren, die ich eben wiedergegeben habe, begann der Wirtschaftsminister vor knapp einem Jahr seine Ausführungen zum Antrag der Fraktionen der SPD und PDS unter der Überschrift „Mittelstandsfinanzierung sichern – finanziellen Spielraum für Wachstum und Innovation vergrößern“. Was damals folgte, war eine Beschreibung der bekannten Situation: Großbanken richten ihre Geschäftspolitik neu aus, Kredite für Kleinunternehmen sind schwer zu bekommen und auch die Durchleitung von Förderkrediten der Mittelstandsbank des Bundes durch die Geschäftsbanken klappt nicht im erforderlichen Maße. Dass dieses Bankenverhalten negative Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung und damit letztlich auch auf Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern hat, versteht sich von selbst.
Getreu dem Motto „Eine gute Zustandsbeschreibung ist die halbe Miete“ wurden im Parlament die Vorstellungen der Landesregierung zur Verbesserung der Finanzierungssituation mit Vorschlägen unterbreitet und geplante Maßnahmen erklärt. Die Errichtung einer eigenen Investi
tionsbank für das Land wurde damals mit der Begründung abgelehnt, dass diese bis zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. „Mit Zulassung und allen anderen Erfordernissen vergingen da wenigstens zwei Jahre“, so der Minister damals. Ich habe damals schon darauf hingewiesen, dass er schon etwas länger als zwei Jahre im Amt ist, aber immerhin, und das war die Begründung – bis heute hat sich am Zustand nichts geändert –, es sollten also nach den Worten des Ministers damals Instrumente her, die schneller und damit sofort wirken.
Die damals ausgemachten Schwachstellen und die damit vorhandenen Ansatzpunkte der Wirtschaftspolitik wurden und werden in wesentlichen Punkten von meiner Fraktion geteilt. Eine oftmals in der Praxis gemachte Beobachtung ist, dass Unternehmen unzureichend auf Gespräche mit Banken vorbereitet sind. Oft sind es nur scheinbar unbedeutende Punkte, die sich für eine positive Kreditentscheidung schnell als so genanntes K.-o.-Kriterium herausstellen können. Es kommt also darauf an, dass Unternehmen besonders gut auf entsprechende Bankengespräche vorbereitet werden.
Ich will an dieser Stelle gerne konstatieren, dass die Landesregierung im Rahmen ihrer Mittelstandsrichtlinie ein entsprechendes Förderengagement zeigt. Allerdings frage ich mich, wer von den Unternehmen im Land diese Möglichkeit überhaupt kennt und ob sich die Effekte des entsprechenden Programms nicht doch in einem viel zu geringen Umfang bewegen.
Ich treffe jedenfalls, und ich denke, das wird den meisten von Ihnen nicht anders gehen, häufig auf Schulterzucken im Gespräch mit Unternehmern, wenn ich sie auf diese Möglichkeiten hinweise.
Unsere im Wesentlichen kleinstrukturierte Wirtschaft hat überproportionalen Bedarf an Kleinstdarlehen und gerade die sind es, die für Banken häufig wenig lukrativ sind, da der entsprechende Aufwand genauso groß ist wie bei größeren Kreditvolumina und die zu erwartenden Margen häufig übertrifft. Das damals vom Wirtschaftsminister genannte Existenzgründerdarlehensprogramm können wir hier zwar wohlwollend zur Kenntnis nehmen, allerdings vermag ich nicht, die damit erreichten Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die Mittelstandsfinanzierung zu erkennen, jedenfalls keine nachhaltigen Verbesserungen.
Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Finanzierung des Mittelstandes ist elementarer Bestandteil einer erfolgsorientierten Wirtschaftspolitik. Vor dem Hintergrund des sich vollziehenden Strukturwandels in der Bankenlandschaft und der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben wir Ihnen heute einen Antrag vorgelegt, der zur Verbesserung der Situation für unsere Unternehmen beitragen soll. Wie der Wirtschaftsminister vor knapp einem Jahr richtig bemerkte, kommt es darauf an, die Situation schnell zu verbessern. Es ist an der Zeit, heute eine Evaluierung der Maßnahmen zu vollziehen, beziehungsweise müssen wir heute die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Evaluierung umgehend durchgeführt werden kann.
Wir fordern die Landesregierung deshalb auf darzustellen, wie sich die Finanzierungssituation des Mittelstandes
in Mecklenburg-Vorpommern durch die im Programm des Wirtschaftsministers „Mittelstandsfinanzierung sichern – finanziellen Spielraum für Wachstum und Innovation vergrößern“ verbessert hat. Diese Information ist für das Parlament insgesamt von großer Bedeutung und deshalb der Antrag, dass wir das auch im Landtag erläutert bekommen.
Punkt 2 unseres Antrages setzt sich mit einer elementaren Frage der künftigen Mittelstandsfinanzierung auseinander. Es geht darum, die bisherige Praxis der oftmals reinen Zuschussfinanzierung umzustellen, und zwar dergestalt, dass nur noch ein Teil der öffentlichen Förderungen über Zuschüsse gewährt wird, während ein anderer Teil auf Darlehensbasis an die Unternehmen vergeben wird. Dieser Punkt war unter anderem im 12-Punkte-Programm der Wirtschaft enthalten, in welchem Kammern und Unternehmensverbände gemeinsame Vorschläge zur Änderung der Unternehmensfinanzierung unterbreitet haben.
Nicht nur die laufende Diskussion über die zukünftige Ausgestaltung des Aufbaus Ost macht ein Umdenken in diesem Bereich unerlässlich. Die zu vergebenden Mittel werden tendenziell, und das ist nun keine besonders neue Erkenntnis, in den kommenden Jahren Stück für Stück reduziert. Es stehen schlicht und einfach weniger Gelder für die Zuschussfinanzierung zur Verfügung.
Aber auch aus unternehmerischer Sicht kann die Inanspruchnahme öffentlicher Unterstützung in Form eines Darlehens Vorteile haben. Würden beispielsweise nur 80 Prozent der Gesamtsumme an GA-Zuschüssen beziehungsweise EFRE-Mitteln in Zuschussform ausgereicht, so könnte ein Restbetrag eingesetzt werden, um sich auf dem Kapitalmarkt zu refinanzieren. Somit könnte der nicht ausgezahlte Betrag entsprechend erhöht und als Darlehen an das Unternehmen ausgereicht werden. Dieses dient als Sicherheit für weitere Hausbankmittel. Der Vorteil wäre, dass aufgrund des geringen Subventionswertes der refinanzierten Mittel eine höhere Bonität für das Unternehmen erreicht werden könnte und sich damit das Rating verbessern würde. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass bei detaillierten Befragungen sich Unternehmer ausdrücklich dafür aussprechen, die Finanzierung entsprechend umzugestalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Es kommt einerseits darauf an, die bereits eingeleiteten Schritte regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hin zu evaluieren und andererseits das Engagement zur Verbesserung der mittelständischen Finanzierungssituation deutlich zu erhöhen. Ich kann Sie nur auffordern, erhöhen Sie die Schlagzahl! Ich bitte das Hohe Haus, unserem Antrag im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes, im Interesse unseres Mittelstandes zuzustimmen. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sie wissen, der Wirtschaftsminister ist auf einer Auslandsdienstreise. Ich habe ihn zu vertreten und darf deshalb seine Rede hier heute vortragen. Ich mache das aber sehr gern, weil das Thema natürlich auch die Finanzministerin ja mit berührt.
(Eckhardt Rehberg, CDU: Nicht dass die Finanzministerin uns näher ist als den Vorstel- lungen des Ministerpräsidenten. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)