Protokoll der Sitzung vom 24.06.2004

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Glawe von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU – Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Die Stärkung von Disease-Management-Programmen in Mecklenburg-Vorpommern, denke ich, ist eine wichtige Aufgabe. Sie soll ja dazu führen, dass es vor allen Dingen den chronisch Kranken besser geht. Vor allen Dingen geht es darum, das, was im Jahr 2001 beschlossen wurde, die Chroniker-Programme für Disease-Management-Programme und im RSA zu vernetzen, umzusetzen. Diese leitlinienorientierten Behandlungsprogramme sollen gleichzeitig die Behandlungsqualität verbessern und sie sozusagen auf die weiteren Dinge, die durch die Gesundheitsreform auf den Weg gebracht sind, vorbereiten.

Das Problem ist vorhin schon von meinem Kollegen und der Frau Ministerin besprochen und auch zielgenau dargestellt worden. Wir haben, wie man früher bei der Frage Arzt-Patienten-Verhältnis sagte, das Vertrauen. Wir müssen weiterhin aufklären und versuchen, mehr Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern davon zu überzeugen, dass sie sich in diese Programme einschreiben, um eine Mitarbeit und ein Mittun der Patienten auch zu garantieren. Das ist ja das Entscheidende! Das Entscheidende ist für die Kassen am Ende das Geld. Aber die Qualität der Gesundheit und die Gesundheitsangebote in den Krankenkassen sind eindeutig so zu verstehen, dass sie auf den Patienten gezielt sind, dass Behandlungsleitlinien für den Patienten umgesetzt werden und dass andererseits die Therapiefreiheit des Arztes dadurch nicht untergraben wird.

Als Beispiel dafür, das haben Sie vorhin ja auch schon ausgeführt, ist ein Vertrag zwischen der AOK Mecklenburg-Vorpommern und der Kassenärztlichen Vereinigung im Land Mecklenburg-Vorpommern geschlossen worden. Ich glaube, er ist vom 1. Juli 2003. Daraus ergeben sich natürlich auch einige Einnahmeprobleme, Herr Kollege Nieszery, denn wenn man erst relativ spät, Mitte des Jahres, solche Verträge schließt, kann man natürlich auch nicht beklagen, dass man auf der einen Seite 5 Million e n Euro weniger Einnahmen hatte als andere im Vergleich. Deswegen, meine ich schon, muss in dieser Frage auch weiterhin intensiver zwischen den Aufsichtsbehörden, und da sind Sie als Ministerin, Frau Linke, ja in besonderer Weise gefordert, gearbeitet werden.

Eins ist Fakt: Wenn die größte Kasse im Land einen Vertrag schließt, zum Beispiel zum Diabetes mellitus Typ II, dann ziehen alle anderen Krankenkassen automatisch nach, denn sie sind genauso gezwungen, in diesen Wettbewerb einzusteigen und gleiche Angebote auch ihren Patienten, die sozusagen bei ihnen in den anderen Krankenkassen versichert sind, anzubieten. Und hier brachten Sie ja auch das Beispiel, dass die Barmer jetzt nachgezogen hat. Die anderen Kassen werden es auch auf ähnliche Art und Weise tun.

Es geht uns vor allen Dingen darum, dass wir dafür Sorge tragen, dass Schulungsangebote eben auch für die Patienten angeboten werden, um die Bereitschaft der Ärzte, diese Disease-Management-Programme für chronisch Kranke aufzugreifen, es zu propagieren und gut zu vertreten. Andererseits ist der bürokratische Aufwand zwar minimiert worden, aber er ist immer noch erheblich. Die Ärzte müssen dokumentieren und auch die Kasse muss dokumentieren, denn beide sind berichtspflichtig. Nur wenn diese Berichtspflichten eingehalten werden, dann fließt auch Geld, ansonsten eher nicht.

Ich meine, in dieser Frage sind wir uns weitestgehend einig. Wir müssen aber darauf hinweisen, dass es insgesamt darum geht, die Wahlfreiheit des Patienten aufrechtzuerhalten und die Therapiefreiheit des Arztes zu garantieren. Ansonsten haben wir diesem Antrag eigentlich nichts hinzuzufügen. – Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und Jörg Heydorn, SPD)

Danke schön, Herr Glawe.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS der Abgeordnete Herr Walther. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wieder einmal holt uns eine englische Begrifflichkeit im täglichen Leben ein. Nachdem wir vor nicht allzu langer Zeit hier auch im Landtag über DRGs, also die Fallpauschalen, gesprochen haben, sprechen wir heute über die DMPs, das Disease-Management-Programm, welches auch auf Mecklenburg-Vorpommern ausgedehnt werden soll. Ich glaube, allein solche Begrifflichkeiten, die für den normalen Nutzer nicht durchschaubar sind, führen mit zu der Verhaltensweise, dass solche Programme nur in unzureichendem Maße angenommen werden. Herr Glawe hat ja eben dazu Ausführungen gemacht.

Die DMPs bei uns in Mecklenburg-Vorpommern sollen in erster Linie zur Verbesserung der Versorgungslage chronisch kranker Menschen dienen und sie sollen in strukturierter Form Sektoreninstitutionen und professionsübergreifende Behandlungen der jeweiligen Krankheiten ermöglichen. Dabei sehen wir vor allem den Vorteil in der Verzahnung der ambulanten und stationären Behandlung sowie der Arznei-, Heil- und Hilfsmittelversorgung für die betroffenen Patienten.

Auch die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens ist nicht zu unterschätzen, setzt sie doch Synergieeffekte frei. Und auch die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Gesundheitsberufe, Ärzte, Apotheker, Krankengymnasten beispielsweise, sind Zielrichtung solcher DMPs. Dabei sollen im Regelfall der Hausarzt oder die Hausärztin eine Art Lotsenfunktion für die Programme haben und in dem verzweigten Gesundheitssystem auch für den Patienten die Koordinierung übernehmen. Aber dem Patienten fällt stärker als bisher auch eine aktive Rolle bei dem Programm selbst zu. Beispielsweise kann er in der Art und Weise der Aufklärung der Nutzen- und Risikostrukturen solch einer Diagnostik und Therapie durch sein Patientenrecht ganz aktiv mitgestalten, wie so eine Therapie aussehen kann. Ärzte müssen gemeinsam mit dem Patienten individuelle Therapieziele vereinbaren und festlegen und natürlich auch über die Wirksamkeiten und die Unterschiedlichkeiten der einzelnen Therapieformen aufklären.

Im Mittelpunkt der DMPs stehen natürlich die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die damit einhergehen und das Ganze begleiten sollen, damit auch immer die aktuellen und modernsten Forschungsergebnisse gemäß den Wünschen der Patienten in die Behandlungen mit einfließen. Leitlinien sind für solch eine Struktur nötig. Die jeweiligen Programme sollen die genannten Effekte erzielen wie Wirksamkeitssicherheit und Nutzen. Die Patienten haben einen Anspruch auf wissenschaftliche Begleitung, ich

habe das eben gesagt, und auch auf die bestmögliche Behandlung nach dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Für die Ärzte sind so genannte Behandlungskorridore vorgegeben und dementsprechend entsteht auch hier eine Therapiefreiheit des Arztes, so, wie sie ja gewünscht und auch nötig ist, wo also immer noch im Einzelfall an den individuellen Bedürfnissen der Patienten die Behandlungsfolge festgestellt werden kann.

In der internationalen Gesundheitspolitik sind die DMPs schon länger als Alternative zur Einzelfallversorgung eingesetzt worden. Bei uns im Land, wir hatten darüber gesprochen, noch nicht in dem Maße, wie wir es uns gerne vorstellen würden.

Generell ist es so, dass die Gefahr gemindert werden kann, dass auch wiederholten Behandlungen von vermeidbaren Spätschäden und Komplikationen vorgebeugt werden kann, wenn beispielsweise durch effiziente DMProgramme die Patienten behandelt werden. Zweigleisige Behandlungsprozesse sind bei der DMP-Behandlung federführend, das ist einmal das Zusammenfließen sämtlicher relevanter Informationen beim behandelnden Arzt und andererseits die Förderung und Stärkung des Patientenselbstmanagements durch vermehrte Einbeziehung der Patienten und anderer beteiligter Parteien. Im Versorgungsprozess soll erreicht werden, dass ein gemeinsames Problemverständnis eintritt. Wir wissen ja, dass die Psyche des Menschen nicht ganz unerheblich bei der Folge der Krankheitsbehandlung ist. So sollen also eine systematische Verbesserung des durchschnittlichen Gesundheitszustandes der chronisch Erkrankten und eine verbesserte Primärprävention erreicht werden.

Die Vorredner verwiesen auf die Folgen für den Risikostrukturausgleich. Generell ist es so, dass wir hier bei uns im Land Mecklenburg-Vorpommern durch die Mitgliedschaft der Krankenkassen für solche Programme werben sollten, und zwar auch im politischen Raum.

Meine Vorredner haben schon vieles zu den einzelnen Krankheitsbildern gesagt. Sie haben auch die Auswirkungen für die Krankenkassen, insbesondere die AOK in Mecklenburg-Vorpommern angesprochen, die momentan gerade einmal 20 Prozent dessen auslotet, was in den Programmen möglich wäre. Was es nachher in reellen Zahlen bedeutet, haben meine Vorredner auch gesagt. Daher will ich es mir an der Stelle ersparen. Ich glaube, die fortgeschrittene Tagesordnung dankt es uns, wenn wir an der Stelle weiterhin zügig verfahren.

Wichtig ist für uns, für die PDS im Landtag Mecklenburg-Vorpommern, dass wir die Einbeziehung der Hausärzte in die Programme als federführendes Organ für wichtig ansehen. Die chronisch Kranken müssen selbst ihre Probleme und ihre Krankheitsbilder erkennen können, um in diesem Sinne an der Umsetzung der vernünftigen DMPs mitwirken zu können.

Fazit: Die DMPs können nur bei einer hohen Motivation aller Beteiligten einen Erfolg haben und auch die Behandlung kann nur gemeinsam mit den Ärzten und natürlich den Krankenkassen im Land gesteuert werden. Die DMPs sind ein Vorgang von unwahrscheinlich hoher sozialer Komplexität. Das kann natürlich nur gelingen, wenn alle Beteiligten, alle Verbände und auch alle Berufsgruppen vertrauensvoll zusammenarbeiten. Diese vertrauensvolle Zusammenarbeit ist dringend notwendig.

Auch bei der Endauswertung des Diabetes-Projektes in Sachsen-Anhalt im April 2004 ist noch einmal die Erkennt

nis zum Tragen gekommen, dass durch klar strukturierte Behandlungen und aufeinander abgestimmte Zusammenarbeit von Hausärzten, Fachärzten und Krankenhäusern diese Ziele am besten erreicht werden können. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Jörg Heydorn, SPD)

Danke schön, Herr Walther.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/1238. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Danke schön. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/1238 bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD und PDS sowie Stimmenthaltung der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Offensive für den Aufbau Ost, auf der Drucksache 4/1231.

Antrag der Fraktion der CDU: Offensive für den Aufbau Ost – Drucksache 4/1231 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Born. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen Wochen wurde viel über den Aufbau Ost diskutiert und zum Teil auch nicht gerade sehr sachkundig,

(Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig.)

sondern zum Teil sehr reißerisch, leider teilweise in einer Art und Weise, die mehr pauschalierend und sogar als abwertend bezeichnet werden muss. Die von manchen gezogenen Schlussfolgerungen, dass der Aufbau Ost gescheitert sei, ist ebenso verfehlt wie die Ansicht, die Probleme der neuen Länder seien ursächlich für die anhaltende Stagnation beziehungsweise Rezession in Gesamtdeutschland. Nach meiner Auffassung befinden wir uns in einer entscheidenden Phase, das lässt sich sicherlich nicht bestreiten, die den weiteren Verlauf des Aufbaus der neuen Länder maßgeblich bestimmen wird.

Folgende Entscheidungen stehen unmittelbar bevor: einerseits die rechtlichen Normierungen der Leistungen aus dem Solidarpakt Korb II in Höhe von 51 Milliarden Euro für überproportionale Leistungen ab dem Jahr 2005, unter anderem im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe, und andererseits die quantitative und qualitative Ausgestaltung der Strukturfondsmittel für die regionale Wirtschaftsentwicklung der kommenden Förderperiode, die ab dem Jahre 2007 beginnt. In dieser Situation ist unsere Landesregierung nachdrücklich aufgefordert, die Interessen des Landes mit einem Maximum an inhaltlicher und auch physischer Präsenz zu vertreten.

(Beifall Andreas Petters, CDU)

Im Vordergrund muss dabei die Chance stehen, als die die laufende Diskussion um den Aufbau Ost aus meiner Sicht zu begreifen ist. Es kommt darauf an, jetzt in die Zukunft zu schauen und die weitere Ausgestaltung der

Aufbauarbeit in den neuen Ländern mit eigenen konkreten inhaltlichen Vorschriften zu untersetzen.

Vielen Dank, Frau Kollegin Polzin, dass Sie das, was ich gerade vorgetragen habe, auch so positiv sehen.

(Heike Polzin, SPD: Eher symbolisch, Herr Kollege.)

Dieses setzt zunächst eine vorbehaltlose Analyse des Ist-Zustandes voraus, um darauf aufbauend mit einer gegebenenfalls nötig gewordenen Neuausrichtung der politischen Rahmensetzung die Effizienz und Effektivität der Maßnahmen zu erhöhen.

(Angelika Gramkow, PDS: Das steht aber in Ihrem Antrag nicht so drin!)

Diese Ist-Analyse, Frau Kollegin Gramkow, da sind wir uns sicherlich einig, muss anders erfolgen, als es zum Beispiel in den eingangs erwähnten reißerischen Artikeln der Fall gewesen ist.

(Angelika Gramkow, PDS: Na dann mal los, Herr Dr. Born! Na dann mal los, dann machen Sie doch mal!)

Genau das ist es ja, wenn Sie unseren Antrag lesen, …

(Angelika Gramkow, PDS: Da steht nichts drin von neu, da steht alles alt. Das ist Backpulver!)

Aber, Frau Kollegin! Frau Kollegin Gramkow, ich kann ja gern den Antrag gleich noch einmal vorlesen oder wir lesen gemeinsam.

(Angelika Gramkow, PDS: Das haben Sie gerade getan!)

Um Missverständnissen vorzubeugen, es bedeutet nicht etwa, dass bereits getroffene Vereinbarungen wieder in Frage gestellt werden, sondern nur, dass die inhaltliche Ausrichtung gegebenenfalls nachjustiert wird.

Punkt 1 unseres Antrages fordert die rechtliche Normierung der Solidarpakt-II-Mittel in vereinbarter Höhe und Laufzeit. Wie wenig konkret der so genannte Korb II bisher ausgestaltet ist, zeigt sich insbesondere an der Tatsache, dass letztlich nicht einmal geklärt ist, ob die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe nun Bestandteil sind oder nicht.